Wichtige Morde, Unwichtige Morde
Über die Differenzierungen der Tagesschau.
Nur eine Randnotiz. Nichts von Bedeutung.
Ein Leser weist mich auf diesen Tweet hin:
Wird heute aus aktuellem Anlass das Thema der @AnneWillTalk-Show geändert? Die Messerattacke von #Offenburg – verroht unsere Gesellschaft? 🤔#AnneWillhttps://t.co/4UjX11UFwW pic.twitter.com/vnxiHlOxXp
— Dora zwitschert (@DoraGezwitscher) 19. August 2018
Vor einigen Monaten hatte ein Deutscher in Pleite-Situation einen migrationsfreundlichen Bürgermeister mit einem Messer angegriffen, weil er sich schlechter behandelt fühlte, und der Fall ging quer durch die Presse, es wurde hochgekocht, ob wir ein einer verrohten Gesellschaft lebten. Zumal zwei Mitarbeiter eines Dönerimbisses dazwischengegangen waren. Der Mann wurde inzwischen verurteilt, und zwar zu einer Bewährungsstrafe. Eine Tötungsabsicht sei ihm nicht nachzuweisen gewesen.
Es reichte aber, den Untergang der Gesellschaft zu diagnostizieren.
Vor einigen Tagen hat ein somalischer Flüchtling in Offenburg mutmaßlich einen Arzt erstochen und die Arzthelferin verletzt. Die zehnjährige Tochter hat das noch mit angesehen. 20 Streifenwagen, Hundestaffel, Hubschrauber haben nach dem Täter gesucht. Die Gründe unklar. Warum geht ein Asylbewerber in eine Arztpraxis und sticht sofort und ohne erkennbaren Anlass den Arzt nieder? Irgendwo hieß es, der Arzt sei im Asylbereich tätig gewesen, da wäre nach dem Motiv zu suchen.
Das Fernsehen geht darüber hinweg. Keine Frage nach der Verrohung einer Gesellschaft.
Viele Fernsehzuschauer beschweren sich darüber, dass es in der Tagesschau nicht erwähnt wurde.
Inzwischen gibt es von der Tagesschau, genauer gesagt Kai Gniffke, eine Erklärung dazu:
Wir berichten in der Tagesschau über Dinge von gesellschaftlicher, nationaler oder internationaler Relevanz. Dinge, die für die Mehrzahl der rund 83 Millionen Deutschen von Bedeutung sind. Dabei können wir nicht über jeden Mordfall berichten. Ich glaube, da würde wohl auch die Mehrzahl unserer Kritiker noch mitgehen. Wo die Meinungen auseinander gehen, ist die Frage, ob wir darüber berichten sollten, wenn es sich beim Tatverdächtigen um einen Asylbewerber handelt. Aus meiner Sicht sollten wir das dann tun, wenn Asylbewerber überproportional an Tötungsdelikten beteiligt wären. Das ist, soweit wir es recherchieren können, nicht der Fall. Deshalb haben wir uns gegen die Berichterstattung entschieden.
So, und nun kommt ein Satz, der mir ganz wichtig ist. Es haben all diejenigen Recht, die sagen, dass der Arzt heute noch leben würde, wenn dieser Flüchtling nicht ins Land gekommen wäre. Stimmt, ganz klar. Aber ich sage ebenso deutlich, dass auch das für mich noch keine Begründung ist, über einzelne Kriminalfälle in der Tagesschau zu berichten, weil das gilt, was ich oben beschrieben habe. […]
Auch wenn wir bei Vorfällen wie in Offenburg traurig oder wütend sind, versuchen wir weiterhin nach journalistischen und ethischen Prinzipien unabhängig und unvoreingenommen zu berichten. Das ist das, was das Publikum von uns zu Recht erwarten darf.
Er meint, man sollte das dann berichten, wenn Asylbewerber überproportional an Tötungsdelikten beteiligt wären. Vermutlich meint er das in Bezug auf Täter, denn wenn sie als Opfer beteiligt sind, wird nicht gezögert.
Irgendwie habe ich da wohl einen falschen Eindruck bekommen, denn wenn ich mich jetzt richtig erinnere (und ich bitte um Hinweis, wenn mich mein altersschwaches Gedächtnis täuscht) sind mir in letzter Zeit verblüffend viele Messermorde mit Migranten auf Täterseite aufgefallen. Deutsche fallen mir da jetzt nicht so ein.
Im April wurde berichtet, dass Offenburg Freiburg als Hauptstadt der Kriminalität im Land überholt habe, wobei mir jetzt nicht ganz klar ist, ob Land da Bundesland oder Deutschland meint. Da heißt es:
Die Zahl der Tatverdächtigen ist 2017 in Offenburg um 9,5 Prozent auf 3214 zurückgegangen, lediglich jeder fünfte Tatverdächtige war weiblich. 48,8 Prozent waren deutsche Staatsbürger, unter den 51,2 Prozent Nichtdeutschen sind aber längst nicht nur Asylbewerber aus Afrika oder Asien, sondern auch viele Menschen aus EU-Ländern. “Die meisten Täter wohnen nicht in Offenburg”, so Dieterle.
Offenburg. Da wo der Arzt erstochen wurde.
51,2 Prozent der Tatverdächtigen Nichtdeutsche. Wohlgemerkt, der Verdächtigen. Nicht der begangenen Straftaten.
Ist das nun überproportional oder haben die schon so viele?