Ansichten eines Informatikers

Pressesausen

Hadmut
21.9.2018 17:14

Es scheint als dämmert ihnen, dass sie sich selbst ins Aus gefahren haben.

Ausgerechnet im Tagesspiegel erschienen heute zwei Artikel darüber, dass dass unsere Presse vielleicht doch einfach nur’n großer Scheiß’ ist:

Aus dem ersten:

Viele Bürger begreifen die unterschiedliche Wahrnehmung der Gewalt von rechts und links in Teilen der öffentlichen Meinung nicht. Im einen Fall, so der Vorwurf, wird dramatisiert, im anderen Fall bagatellisiert. Abgesehen von der zentralen Aussage, Linke verträten humane Ziele, Rechte nicht, argumentieren Kritiker dieser Sichtweise unterschiedlich.

Linke Gewalttäter gelten als Chaoten, was ihren politischen Anspruch unterschlägt

Die eine Strategie läuft darauf hinaus, linke Gewalttäter als „kriminelle Idioten“ (Ralf Stegner, SPD) abzustempeln, so mit Blick auf die Ausschreitungen beim G-20-Gipfel 2017 in Hamburg. Der Hinweis auf „Chaoten“ unterschlägt oder bestreitet gar das politische Engagement. „Links“ setzt Stegner mit Freiheit und Gerechtigkeit gleich, „rechts“ mit Ressentiments gegen Minderheiten. Dies stimmt zwar nicht, erklärt aber das oft anzutreffende Missverhältnis in der Perzeption. Es trifft deshalb nicht zu, weil rechte Demokraten ebenso wie linke Demokraten die politische Willensbildung bestimmen. Hehre Ziele rechtfertigen niemals inhumane Methoden, gegen welche Minderheiten auch immer.

Die andere Variante lautet: Gewalt, moralisch legitimiert, sei nur verständliche Gegengewalt gegen die strukturelle Gewalt des Staates oder gegen die konkrete der Polizei. Es mache einen riesigen Unterschied aus, ob ein wehrloser „Fremder“ attackiert wird, ein Schwacher, oder ein bewaffneter Polizist, ein Starker. Im ersten Fall sei dies feige, im zweiten Fall mutig.

Aber: Das Leben eines jeden Menschen ist gleich viel wert. Und: Ist ein „Fremder“ immer schwach, ein Polizist immer stark?

Der zentrale Fehler ist überhaupt, Moral als Maßstab zu verwenden. Denn sie ist subjektiv-willkürlich und führt dazu, die eigenen Zwecke zu heiligen, die dann sprichwortsgemäß gleich auf die Mittel durchheiligen. Umgekehrt teufelt schon die Abweichung von der eigenen Moral die gegnerischen Ziele und damit deren Mittel. Deshalb zerreißt’s Linke auch so gern, wenn deren Gegner ihre Mittel anwenden.

Im im zweiten Artikel:

Ein Haltungsjournalismus, der Rechtsextremismus anprangert und Linksextremismus verharmlost, ist eine Gefahr für die Demokratie.

Hanns Joachim Friedrichs fehlt – der Journalist, der die ARD-„Tagesthemen“ prägte. Sein Berufsverständnis beschrieb er so: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache – auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazugehört.“
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Was würde er dazu sagen, wie sein Berufsstand heute mit Chemnitz und dem Hambacher Forst, mit den Folgen der Migration und der privaten Flüchtlingsrettung im Mittelmeer umgeht? Viele Journalisten scheinen ihre Aufgabe so zu verstehen, als ginge es darum, Haltung zu zeigen, nicht nur im Kommentar, sondern bereits in der Nachricht. Dabei lautet der Auftrag der Medien Information, nicht Erziehung.

Nochmal: „Haltung zu zeigen, nicht nur im Kommentar, sondern bereits in der Nachricht”

Wo hat es mehr Rechtsbrüche und Verwundete gegeben, in Chemnitz oder im Hambacher Forst? Der Ton in vielen Medien ist umgekehrt. Chemnitz wird als verabscheungswürdige braune Stadt vorgeführt. Trotz der erschreckenden Gewalt gegen Polizisten im Hambacher Forst scheint in vielen Berichten eine unjournalistische Sympathie mit den Aktivisten durch. Die Proteste, wird betont, seien friedlich oder weitgehend friedlich verlaufen. Wäre die Überschrift „Friedliche Proteste in Chemnitz“ ebenso denkbar?

Nach dem tödlichen Unfall eines Fotojournalisten im Hambacher Forst ist der mediale Reflex nicht: Sind die illegalen Baumhäuser nicht wirklich eine Gefahr für Leib und Leben und sollten die Aktivisten ihren Widerstand aufgeben, um weitere Unfälle zu vermeiden? Sondern: Aus Betroffenheit müsse man die Räumung beenden. […]

Und: Hat die Branche in den zwei Wochen seit Chemnitz eine breite selbstkritische Debatte geführt, ob es handwerklich richtig war, die These von Menschenjagden in Chemnitz zu verbreiten, die sich auf ein aus dem linken Spektrum (“Antifa Zeckenbiss”) lanciertes Video stützte? […]

Abgesehen von handwerklichen Regeln ist auch nach der Wirkung eines Haltungsjournalismus zu fragen. Hat die Praxis, die AfD und ihre Wähler als Neonazis zu porträtieren, diese Partei stärker oder schwächer gemacht?

Im Ausland sind die Gefahren zu besichtigen, wenn Medien in den Augen ihrer Nutzer den Ruf verlieren, dass sie berichten, was ist. Die USA haben einen Präsidenten, der Journalisten „Feinde des Volkes“ nennt. Donald Trump sagt oft die Unwahrheit – und kommt zum Entsetzen der traditionellen Medien ungestraft davon, weil viele Bürger der Behauptung glauben, die Medien verfolgten eigene politische Agenden und seien nicht der unbestechlichen Darstellung der Fakten verpflichtet. […]

Das gilt heute nicht mehr, weil ein großer Teil der Medien sich als Teil eines politischen Lagers versteht. Die einen verteidigen Trump, egal was er sagt. Die anderen greifen ihn an. Was „wahr“ ist und was „Lüge“, ist nicht mehr eine Frage des „Fact Checking“, sondern Meinungssache.

Diese bedrohliche Entwicklung hat vor gut zwei Jahrzehnten mit dem Vorwurf begonnen, die „Mainstream“-Medien sympathisierten mit der Linken. Entscheidend war, dass ein Gutteil der Bürger diesen Vorwurf als berechtigt empfand.

Gut, neu ist die Erkenntnis nicht. Außerhalb der Presse ist dies längst bekannt und längst völlig aus-, durch- und zerbloggt worden. Der Überraschungswert liegt darin, dass es nun auch auf Zeitungspapier angekommen ist (oder jedenfalls derer Webseiten).

Es gibt so eine alte Redewendung: „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht.”

Die Presse hat sicherlich nicht immer gelogen, aber zweifellos mehr als oft genug, dass die daraus erwachsende sprichtwörtliche Misstrauensverstärkung die Presse längst flächendeckend trifft.

Selbst schuld.

Man hat sich jahrelang selbst mit Idioten angereichert und das mit linker Verherrlichung, Quoten und solchen Spinnereien gerechtfertigt und sich selbst vorgelogen.

Das ist beachtlich, denn: Die Presse hat sich mit eben jeder Ideologie und Politisierung, die sie als das Heilmittel schlechthin angepriesen hat, selbst vergiftet.

Die Presse ist ein Quacksalber, der gerade vor unser aller Augen an seiner eigenen gepanschten Wundermedizin stirbt.