Beyond Diversity
Wäre ich Soziologe und in deren dumpfen Sprachgebrauch, würde ich sagen: „Das postdiverse Zeitalter bricht an”.
Oder als Künstler: Wir treten in die Postdiverse ein.
Denn: Ein Unternehmen rechnet nun ab.
Kennt Ihr Atlassian?
Die meisten sicherlich nicht. Und die wenigen unter den Lesern, die die kennen dürften, wohl auch eher, weil das eben ein Informatikerblog ist.
Atlassian ist ein australisches Softwareunternehmen, dass die zeitgeistigen Softwareschmieden, vor allen, wenn sie auf Scrum sind, mit Modesoftware versorgt. Vor allem die Ticket-Verwaltung Jira, das Wiki Confluence und die Quelltextverwaltung Bitbucket. Quasi der Standard, bei allen, die hip sind. Die arbeiten also nicht nur selbst als Teams, die liefern auch den Teamverwaltungskram für moderne Softwarebastelbranche.
Meine Begeisterung für deren Produkte und vor allem deren Support hält sich allerdings in überschaubaren Grenzen, aber das ist ein anderes Thema.
Nun, auch in Australien und wo die sonst so sitzen (es bezieht sich wohl vor allem auf die USA), wird massiv gegendert, und der Diversitätsdruck ist hoch, aber anscheinend hat Atlassian von der Genderei, den Quoten und der Diversität die Schnauze voll.
Die haben dazu nämlich eine Erklärung veröffentlicht und das PR-mäßig als Fortschritt verpackt: From Diversity & Inclusion to Balance & Belonging
Atlassian’s mission is to unleash the potential in every team—including our own. We know that the highest performing teams include people with diverse perspectives and ways of solving problems. We also know that in order to help those people do their best work, they need to feel like they can be authentic at work and feel that they belong on their team. Research has shown that diverse teams perform better, but how can companies reap these benefits? Diversity starts at the team level, and we must think more deeply than simply top-line representation, and think more broadly than defining diversity in terms of gender and race.
Zuerst mal das große „Ja, wissen wir alles, Diversität ist toll und super.”
This year, we’ve realized that in order to continue making progress, we’ve got to go beyond diversity. It’s not about how many people of a specific demographic are represented at the company level, it’s about balancing perspectives across teams, at all levels of the organization and how people feel when they come to work. What, exactly, is beyond diversity?
Es kommt nicht darauf an, dass Leute bestimmter Bevölkerungsanteile in der Firma „repräsentiert” sind, sondern darum, die Ansichten über die Teams auszubalancieren und dafür zu sorgen, dass die Leute sich noch wohlfühlen, wenn sie zur Arbeit kommen.
Heißt: Es soll nicht mehr auf Herkunft, sondern auf Hirn ankommen.
Balance
We’re moving away from the idea of “diversity” in order to build balanced teams. Our 2018 State of Diversity Report showed that people associate the word “diversity” with underrepresented people, which is getting in the way of progress. Why? It subtly suggests that people from majority groups aren’t a part of diversity, which isn’t correct or right.
Heißt: Bisher hielt man Diversität für wichtig und verstand darunter, dass alle Personengruppen anteilig vertreten sind. Ihnen kommt es aber auf Ideen und Sichteweisen an, nicht auf Bevölkerungsanteile.
Man habe immer unterstellt, dass die Angehörigen einer großen Bevölkerungsgruppe keine Diversität sein könnten (heißt: Weiße Männer), das sei aber falsch. Denn auf Meinungen und Standpunkte käme es an.
We’re trying to build teams where people can bring their unique viewpoints, and know that they’re valued. We’re trying to build balanced teams. We believe that helps everyone feel like they have a stake in the conversation, and helps create greater incentives for people to be involved.
Heißt: Sie wollen es nicht mehr hinnehmen, dass Leute nur deshalb kaltgestellt und zum Schweigen gebracht werden, weil sie einer großen Bevölkerungsgruppe angehören. Jeder müsse in der Teamarbeit mitwirken können und dafür auch seine Bestätigung bekommen.
Unter „Diversity” war das offenbar nicht mehr gegeben, da wurden dann Leute ausgegrenzt, weil sie einer großen Bevölkerungsgruppe angehörten.
Belonging
We’re also thinking beyond “diversity” as our ultimate goal, and moving past inclusion. We want to focus on something deeper, a fundamental need that we all have: belonging. We’ve always said that we want people to be able to do the best work of their lives at Atlassian, and we know that feeling like you belong is crucial in order to fulfill that promise, and for people to feel like they can be authentic at work. In order to draw greater focus to this crucial issue, we’re releasing data on belonging at Atlassian for the first time.
Das ist jetzt etwas nebulös formuliert. Sie wollen weg von Inklusion, wo man jeden Deppen reinnehmen muss, damit er sich nicht ausgegrenzt fühlt, hin zu „Belonging”. Also irgenwie sowas wie Bestimmung, passt da rein und so. Sie wollen, dass die Leute sich fühlen, als gehörten sie da auch hin.
We learned a lot over the past year, not only from success, but from our failures (see our 2017 Diversity & Inclusion Report for additional year-over-year data). We recognize that building balance and belonging happens over time, and what we learned this year will inform where we invest in the upcoming year.
Sie haben festgestellt, dass es bisher nicht gut lief.
#BLM
Grouping Black and Latinx employees together as “underrepresented minorities” in many of our analyses obscures important patterns that we need to dig into. For a variety of reasons, our Black employees face different challenges than other underrepresented groups, and we need to do better to understand those challenges and create an environment where folks feel they can show up authentically and feel that they’re valued contributors. We’ve seen a gap in this area, with no progress in representation from 2017 (representation is 2.1%), and a lower sense of belonging compared to other groups in the company.
We’re actively building partnerships to help grow the Black community at Atlassian, and are working with our teammates to build a more robust community internally.
Hähä.
Sie stellen fest, dass es einfach nicht funktioniert, Schwarze und Latinos als „unterrepräsentierte Minderheiten” zusammen in einen Raum zu setzen. Schwarze stünden aus verschiedenen Gründen einfach vor anderen „Herausforderungen” (Neusprech für Probleme) als andere Gruppen. Und diese „Herausforderungen” müsse man erst mal verstehen und für sie dann Arbeitsumgebungen bauen, in denen sie sich authentisch benehmen und als wertgeschätzte Mitarbeiter fühlen können.
Heißt: Die können sich nicht benehmen und sind in der Leistungsskala ganz unten, nicht mal die Latinos halten was von denen. Also muss man für sie eigene Arbeitsbereiche bauen, in denen sie sich „authentisch” benehmen und trotzdem dafür wertgeschätzt fühlen können. So ne Art IKEA-Kinderland. Weil die sonst nicht wissen, was sie in der Firma überhaupt sollen.
Heißt als Ansage:
Der Diversitäts-Scheiß funktioniert nicht. Also lässt man es bleiben, nachdem man genug Probleme damit hatte.
Man wird spezielle Schwarzen-Teams formen und die trennen, damit die sich überhaupt irgendwie zugehörig fühlen und mal ein Erfolgserlebnis haben.
Ist zwar alles sehr verklausuliert und hinter political-correctness-Sprache verpackt, aber trotzdem eine ziemlich klare Ansage der Australier an die Amerikaner, dass ihr Diversitäts-Inklusions-Traum nicht funktioniert.
Kann man auch als die Aussage auffassen: Mit allen anderen Minderheiten wie Latinos geht’s eigentlich irgendwie, aber mit den US-Schwarzen eben nicht.