Die Zensurschwingungen der CDU
Die haben auch den Bodenkontakt verloren.
Die CDU ist ja neulich durch Axel Voss schon mal negativ aufgefallen, als sie dieses Leistungsschutzrecht und die Uploadfilter auf EU-Ebene durchsetzt und beweist, dass sie von Technik praktisch keine Ahnung hat, aber für Korruption und Lobbyismus immer zu haben ist und dafür gerne das Internet kaputt macht.
Ein Leser machte mich heute auf diesen Artikel in der Schwäbischen aufmerksam, in dem es darum geht, dass der „Medienexperte der CDU” (Boah, noch nie habe ich erlebt, dass die allgegenwärtigen „Medienexperten” der Parteien irgendeine ernstzunehmende Ahnung vom Fach hatten) Raimund Haser (der hier hat BWL an Akademien studiert, na wenn das nicht zum Medienexperten macht, was dann?) den Standpunkt vertrete:
Bei einer Messerattacke auf dem Marienplatz in Ravensburg sind kürzlich drei Menschen verletzt worden, zum Teil schwer. Kurz nach dem Vorfall ist auf der Internetplattform Youtube ein Video der Szene aufgetaucht, das ein Beobachter dort eingestellt hat. „Die Digitalisierung macht 85 Millionen Menschen in Deutschland zu 85 Millionen Journalisten“, sagt Haser. „Der, der das Video hochgeladen hat, wusste wahrscheinlich noch nicht mal, dass er das nicht darf.“ Der Pressekodex verbiete die Verbreitung solcher Inhalte, Berufsjournalisten wüssten das.
In seinem Papier fordert Haser, die LfK finanziell endlich so aufzustellen, dass sie ihrer Kontrollaufgabe nicht nur bei privaten regionalen Fernsehsendern und Radiostationen, sondern auch im Internet nachkommen kann. Von aktuell 25 Mitarbeitern bei der LfK seien aktuell sieben „oft oder manchmal“ mit der Medienkontrolle betraut, erklärt ein Sprecher.
Da rollten sich nicht nur dem Leser, der mir das schickte, sondern auch mir die Zehennägel.
Zwar gibt es tatsächlich ein Verbot in diese Richtung, den § 201a StGB, wie ich neulich mal in Bezug auf die Frage vertiefte, ob dem Säugling in Hamburg der Kopf abgeschnitten wurde oder nicht, aber selbst der verliert gegen ein Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit. Was steckt dahinter, wenn die Öffentlichkeit nicht mehr soll erfahren dürfen, mit welcher Gewalt man hier nun umgeht?
Und mit dem Pressekodex hat es gar nichts zu tun. Der hat überhaupt keine Verbindlichkeit.
Das ganze Ding ist aber noch aus einem anderen Grund eine Frechheit: Ich habe ja beschrieben, dass viele Behörden nur gegen Vorlage des Presseausweises Auskunft geben und man den nur bekommt, wenn man mehr als die Hälfte seines Einkommens als Journalist erzielt. Also sollen alle, die das als Nebenberuf oder frei machen, zwar keine Journalisten sein und keine Rechte haben, aber an deren Pflichten gebunden sein.
Wenn man fragt, wie das mit dem Grundgesetz zusammenpassen soll, das solche Einschränkungen nicht zulässt, bekommt man nie eine Antwort, höchstens Abwimmelgefasel. Heißt: Pflichten und Verbote für alle, Rechte nur für wenige.
Passt natürlich mal wieder prima zur offensichtlich getrübten Sachkunde.
Ich habe also mal bei ihm angefragt, worauf die Ansicht beruhe, dass der Pressekodex einem irgendwas verbieten könnte. Antwort kam prompt:
das Zitat war insofern missverständlich, als dass ich folgenden Sachverhalt dargestellt habe: Würde dieses Video eine der Kontrolle einer Landesmedienanstalt unterliegenden Senderstation zur Verfügung gestellt, würde der Sender dieses Video mit Verweis auf den Pressekodex nicht senden.
In diesem Zusammenhang habe ich gesagt, dass derjenige, der das Video hochgeladen hat, kein Unrechtsempfinden hat, weil er ja gegen nichts verstößt.
Ach, jetzt ist es genau umgekehrt? Er hat kein Unrechtsempfinden, weil er ja gegen nichts verstößt?
Und es würde nur durch die Sender gesperrt, die der Kontrolle einer Landesmedienanstalt unterliegen?
Warum würden die Landesmedienanstalten es sperren, wenn es gegen nichts verstößt? Das Grundgesetz sagt, eine Zensur fände nicht statt. Auf welcher Rechtsgrundlage würden die Landesmedienanstalten dann solche Kontrolle ausüben?
Das ist doch dann politische Zensur.
Und die soll jetzt auch auf Private und Meinungsäußerungen ausgedehnt werden? Obwohl das Grundgesetz solche Einschränkungen gerade nicht duldet?
Er stellt es weiter klar:
Meine Gedanken gehen aber dahin, dass wir doch überlegen müssen, ob eine Kontrolle und Maßregelung allein bezogen auf die Presse insgesamt ausreichend ist, wenn das Internet und Social Media letztlich alle Menschen zu potenziellen Journalisten machen.
So?
Wie gesagt, die Politik verweigert mir Pressefreiheit und Presseausweis, weil ich in meinem Hauptberuf mehr verdiene als als Blogger. Und dann schreibt der mir, das Internet würde alle Menschen zu potenziellen Journalisten machen.
Also, keine Angst, es war nicht verboten, das Video hochzuladen. Aber es wäre schön gewesen, man könnte so etwas verhindern. Nicht um die Meinungsfreiheit einzuschränken, sondern weil dieses Video Grenzen überschreitet, die wir als Gesellschaft respektieren sollten.
Wie bitte!?
Also es war nicht verboten, aber in der Schwäbischen steht, dass er sagte, Berufsjournalisten hätten gewusst, dass das laut Kodex verboten ist?
Das heißt, dass sich Berufsjournalisten Pseudoverboten unterwerfen, die nicht existieren?
Und es wäre schön, wenn man Meinungsäußerungen verbieten könnte?
Nicht um die Meinungsfreiheit einzuschränken, aber man nimmt’s halt in Kauf um anderen Interessen zu dienen?
Wer legt das eigentlich fest, welche Grenzen wir „respektieren” sollten?
Mir läuft seit Monaten die Galle über ob der politisch gesetzen willkürlichen und propagandistischen Grenzen, die man angeblich nicht überschreiten soll.
Gegenstand der Meinungsfreiheit ist nämlich, dass man nicht nur das sagt, was man sagen dürfen soll, sondern gerade das sagt, wovon die Regierung meint, dass man es nicht sagen dürfen sollte. Prinzip Erdogan.
Mich schüttelt’s, wenn ich sehe, in welche Richtung sich die CDU entwickelt.
Bisher sind die immer im Geschwätzwindschatten der SPD gefahren. Die SPD redet soviel Mist, dass die CDU da nicht auffiel. Aber man wird sich verstärkt auf die konzentrieren müssen. Und sich mal überlegen, inwieweit sich die Merkel-Partei an Erdogan orientieren will.
Denn gerade dann, wenn die Merkel-Partei mit Merkel immer mehr Migranten ins Land bringt, ist es von elementarer demokratischer Wichtigkeit und Erforderlichkeit, auch Messerstechereien zu zeigen. Ich würde sie nicht für meinungswichtig halten, wenn in einem stabilen sicheren Land mal ein Vorfall passiert, der nicht mit politischen Entscheidungen zu tun hat.
Wenn wir aber jeden zweiten, dritten Tag irgendeinen Messermord oder sowas haben und die Kriminalität nicht mehr zu kontrollieren ist, es mehr offene Haftbefehle als Haftplätze gibt und die Richter jeden laufen lassen, weil sie nicht wissen, wohin mit ihm, dann gehören auch Videoaufnahmen von Messerstechereien zwingend und unverzichtbar zur öffentlichen Meinungsbildung.
Und in dieser Hinsicht bin ich sehr sehr froh, dass heute jeder mit einem Handy und damit einer FullHD-Kamera herumläuft.
Ein solches Verbot von solchen Videos würde ich allerfrühestens dann akzeptieren, wenn die Kriminalität so niedrig ist, dass sie kein Thema politischer Meinungsbildung und politischer Wahlen mehr sein kann.
Ein Beispiel:
Diese Woche war der S-Bahnhof am Alexanderplatz gesperrt, ich musste zwei Stationen zu Fuß gehen. Todesfall, jemand war unter die S-Bahn geraten. Einzelheiten habe ich bisher nirgends gefunden, es hieß nur, die Person sei laut Zeugen ohne Fremdverschulden unter die Bahn geraten. Weil das große Presseschweigen herrscht, könnte man einen Suizid vermuten.
- Im Falle eines Suizids würde ich im Allgemeinen kein öffentliches Interesse sehen und hätte damit auch kein grundsätzliches Problem damit, wenn so ein Video nicht gezeigt wird, weil man es der Privatsphäre der Person zuordnet.
- Auch bei einem Unfall hätte ich damit jetzt kein grundsätzliches Problem, wenn es nicht um Fahrlässigkeit oder wiederholte Versäumnisse geht.
- Auch eine von der S-Bahn zerrissene Leiche muss man nicht sehen, auch die liefert keine meinungserheblichen Inhalte (widerleglich, mir fällt nur gerade kein Grund ein), auch das gehört irgendwo zur Würde und Privatsphäre des Menschen.
- Wenn aber jemand, was wir ja auch schon hatten, jemand anderen vor die S-Bahn stößt, dann ist das politisch entscheidungsrelevant.
Ich erinnere mal an den Fall vor ein paar Monaten, als ein Migrant einer Frau auf einer Treppe einer U-Bahnstation einfach aus Spaß unvermittelt in den Rücken trat. Das hat man zur Fahndung gezeigt, und ich hielt die Aufnahmen für meinungsrelevant.
Wenn hier also politische Fragen berührt werden, wenn es im Import-Gewalt oder religiöse („Der Islam gehört zu Deutschland!”) oder kulturell bedingte Gewalt geht und die Wahlen darauf Auswirkung haben können, dann muss es auch zu zeigen und zu besprechen sein.
Die CDU entwickelt sich in eine sehr bösartige Richtung und es ist unbedingt erforderlich, sich solchen Entwicklungen entgegenzustellen und Grundrechte auch gegen die CDU zu verteidigen.
Und gerade diesen Pressekodex halte ich für völlig inakzeptabel – schon wegen dessen Zustandekommens.