Ansichten eines Informatikers

Der WDR und die kleine Kamerausrüstung

Hadmut
24.12.2018 16:37

Eine übellaunige Anmerkungen.

Der – ja auch als Politsender verschriene – WDR ließ vergangene Woche wissen, dass ihm das Geld nicht reicht und er die Rundfunkgebühren anheben will. So schreibt etwa Heise:

Der Westdeutsche Rundfunk hat seine Finanzplanung bis 2022 abgeschlossen. Der Haushalt der kommenden zwei Jahre beruhe auf jährlichen Einnahmen von 1,4 Milliarden und darin, die Rücklagen aufzubrauchen, heißt es in einer Mitteilung des WDR. Danach hänge die Entwicklung von politischen Entscheidungen ab.

Der WDR hat 2016 bis 2021 rund 500 Stellen abgebaut. “Dass der WDR noch schwarze Zahlen schreiben kann, haben wir einem harten Sparprogramm zu verdanken. Gleichzeitig konnte der WDR nur so in die neuen digitalen Medien investieren”, sagte der Vorsitzende des Rundfunkrats, Andreas Meyer-Lauber. “Ein weiteres Einfrieren des Rundfunkbeitrags nach 2020 würde die Leistungen des WDR wie auch der ARD ernsthaft gefährden.”

Ääähh … was genau wären die Leistungen der ARD im Allgemeinen und des WDR im Besonderen, die man überhaupt ernsthaft gefährden könnte? Allzuviel fällt mir da jetzt nicht ein. Die Sendung mit der Maus ist toll. Mord mit Aussicht ist auch nicht schlecht. Der Münsteraner Tatort war lange Zeit der beste, inzwischen ausgelutscht. Das muss man ihnen zugestehen, ein paar gute Sendungen machen sie schon. Aber für die braucht man keine Milliarden. Das ist finanziell Kleinkram.

Und spätestens wenn Hirschhausen mit „Frag doch mal die Maus” aufkreuzt, wird’s kritisch, das hält man schon nicht mehr dauerhaft aus. Warum in Fernsehshows immer teure Promis sitzen müssen, konnte mir auch noch keiner erklären. Diese großen Shows sind richtig teuer – und richtig schlecht. Ich muss da immer an „Verstehen Sie Spaß” mit Kurt Felix denken. Die Jüngeren und auch die Mittelalten unter den Lesern werden das nicht kennen oder sich nicht daran erinnern, aber früher war die Sendung mal so richtig gut, als das nämlich keine Show war, sondern Kurt Felix einfach in einem leeren kleinen Studio auf einem Barhocker saß, erzählt hat, was sie da treiben, dann kam am Seil eine Leinwand runtergeklappt und los ging’s. Als das dann eine Riesen-Show mit Promis und Gesang und Halle und Zuschauer und Firlefanz wurde, wurde es teuer und schlecht. Und mittlerweile sind die Gags ja sowas von witz-, inhalts- und belanglos und auch unglaubwürdig, dienen eigentlich nur noch als Alibi, warum der stinklangweilige Promi X mal wieder vor die Kamera kann. Aber das nur als historisches Negativbeispiel zur Erläuterung, Verstehen Sie Spaß wird vom SWR verbrochen, was am grundsätzlichen Problem nichts ändert. Dasselbe in grün. (Spässle g’macht.)

Vor allem seit ich mich auf Journalistenkonferenzen rumtreibe und das auch im Fernsehen (bisher: NDR), drängt sich mir immer stärker auf, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk als leistungsunabhängig vom Bürger zwangsfinanziert genauso wie auch die Universitäten mit ihren Professuren zum Futtertrog für parteinahe und ideologienützliche Taugenichts entwickelt hat. Öffentlich-rechtliches Fernsehen ist heute ein Mischung aus schlecht bezahlten Menschen, die die echte Arbeit machen und einer Ansammlung höchstbezahlter widerlicher Figuren, die da ihre Ideologie ausleben und gehoben sechsstellig abkassieren, plus fette Pension. Nicht selten als parteihörige Propagandadienstleister. Es ist eigentlich auch völlig egal, wieviel Geld man ihnen gibt, sie werden es immer komplett ausgeben und dann natürlich im nächsten Jahr mehr brauchen.

Eigentlich wäre ich so als Informatiker und technikaffiner Hobbyfotonoiker mit inzwischen deutlich über 40 Jahren eigener Fotoerfahrungen und etwas Einblick in die Profiszene der Überzeugung, dass Fernsehen billiger werden müsse. Und zwar aus folgenden Gründen:

  • Digitalisierung. Der ganze aufwendige Kram rund um den chemischen Film fällt weg. Man muss nichts mehr entwickeln, rumfahren, einscannen, mit Klebeband von Hand schneiden. Früher hat man da Ausstattungen in Millionenhöhe rumstehen gehabt, heute kann das ein gewöhnlicher PC.
  • Technikfortschritt, Massenmarkt und Miniaturisierung. Früher hatten selbst elektronische Kameras und Monitore noch Bildröhren, und schafften damit gerade mal die PAL-Auflösung mit 625 Analog-Zeilen oder dann den digitalen 720×576.

    Heute bekommt man für dreistellige Eurobeträge einfache Kameras (z.B. GoPro), die schon prima 4K-Aufnahmen machen, und wenn man 10.000 Euro ausgibt, was früher gar nichts gewesen wäre, bekommt man heute locker eine komplette 4K-Ausrüstung mit Zoom, Wechselobjektiven, Mikrofonen und allem, was man braucht. Die noch dazu wesentlich weniger anfällig und empfindlich ist. Früher war eine Kamera locker mal in Größenordnungen von 100.000 Mark. Plus Zubehör.

    Scheinwerfer bekommt man heute auch kleiner, leichter, billiger in LED-Technik. Und so weiter.

  • Auch im Studio ist vieles, was man früher von Hand machen musste, viel einfacher und billiger geworden. Früher hatte man das ganze Gekabels, heute ein Funkmikrofon. In vielen Studios fahren Roboter die Kameras.

  • Früher musste man mühsam Schaltungen beantragen oder Funkstrecken aufbauen, oder einen Boten mit dem Film schicken, heute geht das alles über’s Internet.
  • Einkauf. Früher hat man selbst produziert. Als ich Kind war, hat das ZDF manchmal im Dezember, dann jedes Jahr zwischen Weihnachten und Silvester einen mehrteiligen selbstproduzierten Knaller gebracht. Der Seewolf. Timm Thaler. Anna.

    Ich kann mich noch an Der Seewolf von 1971 erinnern, Raimund Harmstorf als Kapitän, der eine Kartoffel zerdrückt. War Tagesgespräch. Am übernächsten Tag kam in der Schule der Sachkundelehrer rein und führte uns zu allgemeinem Staunen ebenfalls vor, dass er eine Kartoffel in der Faust zerdrückte. Dazu lernten wir dann, dass eine Kartoffel aus einzelnen Zellen und Stärke und so weiter besteht, und dass man die Zellen zerstören und damit zerdrückbar machen kann, indem man die Kartoffel einmal einfriert und wieder auftaut.

    Heute? Genderscheiße rauf und runter, Soko irgendwas bis zur Verzweiflung. Vorabendleichen ohne Ende, und die meisten sind an Langeweile gestorben. Fernsehshow, Talkshows, und eingekauftes Zeug.

Und so weiter und so fort. Jede Menge Leute schaffen es, mit Handys im dreistelligen Kostenbereich Videos aufzunehmen, direkt auf dem Handy zu schneiden, zu vertonen und mit Text zu versehen und direkt von unterwegs auf Youtube hochzuladen.

Anstatt aber diese Einsparungen zu nutzen, kompensiert man sie durch wuchernde Überflüssigkeit. Es werden immer mehr Pseudosender aufgemacht, um Geld und Ressourcen zu verbrauchen.

Ich war mal auf einer der Journalistenkonferenzen bei einem Gespräch mit Ulrich Wickert von den Tagesthemen dabei, der auch erzählte, wie sich das alles im Laufe der Zeit verändert hat. Wie da früher noch der Bote mit dem Film reinkam und man das dann mühsam bearbeiten und schneiden musste, und wenn es nicht ein paar Stunden vor der Sendung da war, dann wurde es eben erst in der Tagesschau am nächsten Abend gezeigt. Heute geht das alles rasend schnell, ruckzuck, elektronisch am Rechner, und sie schaffen es, Filmbeiträge zu senden, die erst ganz kurz vor der Sendung oder manchmal auch erst während der Sendung reinkamen, so schnell und effizient sind sie. Und das führt dazu, dass sie heute auch viel mehr senden. Früher hat der Nachrichtensprecher was erzählt und saß vor einer statischen Tafel mit einem Bild oder zusammengeklebtem Text, heute gibt es von überall sofort Videoeinspieler, weil ja auch jeder Reporter heute eine Videokamera in der Tasche hat.

Ich habe ihn dazu mal gefragt, was eigentlich mehr Arbeit macht, damals oder heute. Er meinte, das sei ungefähr gleich geblieben, denn durch die moderne Technik würde das alles zwar viel weniger Arbeit machen, aber gleichzeitig würden sie das dadurch wieder verbrauchen, weil sie ja heute viel mehr produzieren. Früher gab es eine Nachrichtensendung um 5 und eine um 8, und das war es. Heute produzieren sie permanent und sofort und mit Sondersendungen und Webseiten und Kurznachrichten.

Das heißt, sie haben eigentlich gar keinen Finanzbedarf. Egal, wieviel Geld man ihnen gibt, und egal, wieviel sie einsparen, sie werden immer alles ausgeben und nach mehr schreien, weil immer alles Geld verheizt und immer mehr produziert wird, was von immer weniger Leuten gesehen wird. Weil es nicht mehr um Zuschauer geht, sondern um Umsatz, der Futtertrog muss groß genug sein.

Ist mir am Samstag so aufgefallen. Da hatte ich beim Zappen einmal zu oft auf PRG- gedrückt und war beim WDR gelandet. Eine mir bis dahin unbekannte Sendung namens Lokalzeit sandte einen linkischen Reporter zu einem Weihnachtsbaumverkäufer, um zu erfahren, dass Weihnachtsbäume alle irgendwie krumm sind und schon mal einer einen Weihnachtsbaum nach Weihnachten kaufte, weil zu Silvester die Schwiegermutter kam und dafür ein Baum her musste. Ja.

Was mir daran aber so auffiel, war, dass der nicht mit einem Fernsehteam loszog, sondern sich im Selfie-Stil selbst filmte. Vor dem Beitrag nämlich kam das:

Der zieht da alleine und mit einem Handy als Kamera auf einem Gimbal los. Sie nennen es die „kleine Kameraausrüstung”. Den Wert schätze ich nach dem, was ich da sehe (iPhone, Gimbal, Mikrofon, GoPro, Modelle nicht genau zu erkennen.), so grob auf 1000 bis 1800 Euro, sowas haben viele Privatleute unterm Weihnachtsbaum.

Nicht, dass ich da technisch oder qualitativ etwas daran auszusetzen hätte. Die machen gute Aufnahmen.

Aber wie das zum angeblich so gestiegenen Finanzbedarf passt…