Ein Steak vom goldenen Kalb
Über Essen.
Jetzt kracht’s im Fußball, bei den Bayern.
Deren Franck Ribéry – laut Focus verdient er mehrere Hunderttausend Euro in der Woche – hat für Ärger gesorgt. Erst hat er sich bei einem Kumpel in Dubai ein mit Blattgold überzogenes goldenes Steak für 1.200 Euro servieren lassen. Siehe hier:
Was ich jetzt als jemand, der ein paarmal in Dubai war, dort wirklich für gewöhnlichen Kleinkram halte.
Ich kann mir das auch nicht leisten (obwohl: Wenn ich überlege, was mich Reisen und Fotozeugs kosten, wäre das jetzt auch nicht so abwegig, die Drohne, die ich mir in Neuseeland gekauft habe, liegt in diesem Preisrahmen), aber wenn man Ribéry das Geld gibt, dann kann er damit machen, was er will. Und in Dubai gehen die Preise stark auseinander. Verblüffenderweise (so mache ich das dann) kann man in Dubai vergleichsweise günstig leben. Ordentliche bis gute Hotels findet man ab 50 Euro pro Nacht (versucht das mal in München…), mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fährt man schnell, gut, sicher und sauber für 80 Cent, und in den Einkaufszentren (derer sie nun wirklich mehr als genug haben) kann man für unter 10 Euro prima essen. Die Eintrittspreise sind dann allerdings gesalzen.
Allerdings ist Dubai auch der Ort der Extremreichen, den dem die Geldperversionen nach oben offen sind. Von der Studentin, die an der Uni vom Fahrer im schwarzen Rolls Royce abgeholt wurde, habe ich erzählt.
Sorry, aber es ist lächerlich: Ein Steak für 1.200 Euro ist in Dubai wirklich lächerlicher Kleinkram, nicht der Erwähnung wert. Da gibt es viel dekadentere Sachen. Ob Ribéry das überhaupt bezahlt hat, würde ich eh bezweifeln, denn erstens soll der Inhaber des Restaurants ja ein Kumpel sein, und zweitens war das exzellente Werbung. Da kommt jetzt jeder reiche Araber vorbei und will so ein Ding. (Hier sagt sogar ein Fußballer, dass Ribéry eingeladen war und das ein Marketing-Gag des Restaurant-Besitzers ist. Insofern wäre die Ansage bei FOCUS, dass ihn das 1.200 Euro kostet, einfach falsch. Außerdem heißt es hier, dass dieses Steak nicht 1.200 Euro, sondern 1.200 Dirham, mithin also 300 Euro kostet und manche einfach nur zu doof sind, eine Speisekarte in fremder Währung zu lesen.)
Und das mit dem Gold sollte man auch nicht überbewerten. Blattgold ist so dünn, dass da auf dem Steak höchstens ein Kleingeldbetrag klebt. Bei Amazon kosten 100 Blatt Blattgold 34,88 Euro. Vermutlich hat das Gold auf diesem Steak keine zwei Euro gekostet, weil in Dubai billiger als hier. Die Gewürze sind womöglich teurer. Es gibt ja auch Getränke, in denen Blattgold rumschwimmt. Der frisst ja da keinen Goldbarren, sondern nur ein paar Atomschichten. Das dürfte man beim Essen vermutlich nicht mal merken. Außerdem ist es kulturelle Ignoranz, denn Gold hat in Dubai einen sehr hohen Stellenwert und hohe kulturelle Bedeutung. Die Araber stehen nicht nur auf Gold, sie zeigen auch in den Museen, dass Dubai vor dem Ölgeschäft im wesentlichen nur vom Goldhandel lebte und ein kleines, bescheidenes Wüstenkaff war. Gold ist mit deren Geschichte eng verbunden, und Goldbarren liegen in deren Schaufensterauslagen (ich hab’s ja neulich gezeigt).
Sich darüber aufzuregen, dass Ribéry, der da sicherlich pro Nacht im Hotel mehr ausgibt, bei einem Kumpel ein 1.200-Euro-Steak mit Blattgoldbelag servieren lässt, ist strunzdumm, zumal im Vergleich zu dem, was sie „Armen” hier in Berlin an Silvester verböllert haben. Oder wenn ich hier die Idioten mit neuen dicken AMG-Mercedessen auf dem Supermarktparkplatz rumröhren sehen, die sich dann totlachen, wenn sie eine Beule oder langen tiefen Kratzer reinfahren.
Außerdem: Wenn man dem legal ein Gehalt zahlt, dann ist das Geld seins, dann kann er damit machen, was er will. So, wie sich Sawsan Chebli dicke Uhren umhängen kann. Wenn man sich aufregen will, dann soll man sich über die Höhe der Gehälter an sich aufregen und nicht darüber, was sie damit dann machen.
Und wenn einen das stört, dann darf man eben auch nicht zum Fußballspiel gehen und die hohen Eintrittsgelder zahlen. Wenn man das Stadion betritt und den Eintritt zahlt, ist man damit einverstanden, dass da unten ein paar Typen für’s Hin- und Herrennen zu fetten Millionären gemacht werden. Das ist aber doch bekannt. Warum geht man da überhaupt hin, wenn es einen stört?
Viel problematischer finde ich die Zahlungen über die Zwangsbeiträge zu ARD und ZDF. Die jammern und wollen mehr Geld, zahlen aber gleichzeitig absurde Beträge für Sportübertragungsrechte.
Meines Erachtens gehört Teueres wie Fußball oder Tennis höchstens im Rahmen der Nachrichten oder bestenfalls von Großereignissen wie olympischen Spielen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ansonsten ist das meines Erachtens genauso wie der Eintritt ins Fußballstadion (wobei die Stadien ja auch öffentlich gefördert werden) eigentlich eine Privatangelegenheit und damit Sache des Privat- oder Bezahlfernsehens.
Das goldene Steak von Ribéry ist mir völlig egal, das kann der von mir aus gerne täglich essen. Das einzige, was mich daran interessiert, ist die Adresse des Restaurants für meine geographischen Notizen – und was dort ein normales Steak kosten würde. Zumindest die Adresse lässt sich über den Namen des Restaurants und deren Webseite leicht herausfinden.
Und dann wurde der wohl übel beschimpft.
Dann ist Ribéry sauer geworden – wofür ich durchaus Verständnis habe – und bei der Sprache allerdings etwas zu weit gegangen:
“Lasst uns 2019 den Punkt auf das i und die Balken auf das t setzen”, beginnt Ribéry seinen Text und schreibt schließlich: “Beginnen wir mit den Neidischen, den Wütenden, die sicherlich durch ein kaputtes Kondom entstanden sind: Fickt eure Mütter, eure Großmütter und euren Familienstammbaum. Ich schulde euch nichts, mein Erfolg habe ich vor allem Gott zu verdanken, mir und meinen Nächsten, die an mich geglaubt haben. Ihr seid nicht mehr als Steine in meinem Schuh.”
In einem weiteren längeren Kommentar wendet er sich an “die Pseudo-Journalisten, die mich und meine Taten immer kritisieren” – wie eben zuletzt aufgrund des goldenen Steaks. Wenn er etwas Gutes täte, würde das allerdings nie in den Medien gewürdigt werden. “Nein, sie reden lieber über die Ferien, die ich mit meiner Familie verbringe, sie scannen meine Handlungen, was ich esse usw.”, resümiert der 35-Jährige.
Wenn es tatsächlich so war, dass dumme Journalisten ihn wegen eines 1.200-Euro-Steaks, das anscheinend nicht mal eines war, ihn da an die Wand genagelt haben, dann kann ich den Zorn wirklich gut verstehen.
Wofür mir das Verständnis allerdings fehlt ist die Ansicht, dass er seinen Erfolg Gott zu verdanken habe.
Zu verdanken hat er das vor allem den Beitragszahlern von ARD und ZDF, den Steuerzahlern und den Käufern der Produkte der Sponsoren.
Nachtrag: Wenn das wirklich seinen Ursprung in der Presse und nicht in den Social Media hatte, dann zeigt das schon wieder einmal, wie strunzdumm, ungebildet und böswillig die Journalie ist.