Ansichten eines Informatikers

Enwicklungsstufe E7: Der SPIEGEL zwischen Scientology und Dystopie-Roman

Hadmut
10.2.2019 16:53

Der SPIEGEL rutscht gerade völlig auf Propaganda- und Absurditäten-Postille ab. [Update]

Gestern wie mich ein Leser auf einen SPIEGEL-Artikel hin, bei dem es mir echt die Socken ausgezogen hat.

Zukunftsanalyse nach Jane Loevinger – Was nach der Leistungsgesellschaft kommt

Es geht wieder um das bedingungslose Grundeinkommen. Alle machen sie jetzt Druck, es stinkt wieder bestialisch nach gesteuerter Kampagne und Befehlsjournalismus. Nicht mal der Rinderwahn war so synchron. (Apropos Rinderwahn: Sollten wir daran nicht genauso sterben wie einst am Waldsterben und am Ozonloch?)

Sie beziehen sich dabei auf eine verstorbene jüdische Psychologin namens Jane Loevinger Weissman, von der nicht nur ich noch nie gehört habe, sondern von der auch die englische Wikipedia nicht wesentlich mehr zu sagen weiß, als dass sie halt gelebt hat und eine theory of personality entwickelt habe. In der deutschen Wikipedia findet sich was über ihre „Ich-Entwicklung”

Der Begriff der Ich-Entwicklung wurde von Jane Loevinger (1966, 1976) geprägt, die im Zuge anderer Studien auf ein unerklärliches Muster in ihren Daten gestoßen war. Als sie erkannte, dass sich dahinter eine Entwicklungssequenz verbarg, entwickelte sie ein über vierzig Jahre währendes Programm, das sich der Messung und weiteren Erforschung dieses „Master traits der Persönlichkeit“ widmete. Nach ihr ist Ich-Entwicklung das spezifische Muster, wie eine Person sich selbst und die Welt wahrnimmt und interpretiert. Dieses Muster (Ich-Struktur) unterliegt im Zuge der Entwicklung mehrfachen Transformationen, die zu einer immer größeren Bewusstheit führen. Nach Loevinger ist das Ich nicht eine psychische Instanz (wie z. B. in der Psychoanalyse), sondern ein Prozess, der die Gedanken und Erfahrungen eines Menschen organisiert (vgl. William James Unterscheidung zwischen „I“ und „Me“). Dieser Prozess des Selektierens und Interpretierens von Gedanken und Erfahrungen ist das, was die Stabilität der jeweils erreichten Ich-Entwicklungsstufe mit dem Eintritt des frühen Erwachsenenalters (Anfang bis Mitte Zwanzig) ausmacht.

Mir wird immer ganz schwummrig, so ganz tief unten zwischen den Zehen, wenn einer daherkommt um mir die Erklärung für Unerklärliches zu liefern.

Wikipedia weiter:

Dem Ich-Entwicklungs-Modell liegt ein konstruktivistisches Entwicklungsverständnis zugrunde, das auf dem strukturgenetischen Ansatz des Entwicklungspsychologen Jean Piaget gründet (2003). Dieser Ansatz geht davon aus, dass ein Mensch Denkstrukturen aufbaut, mit denen er sich ein Verständnis seiner Welt erarbeitet. Von Entwicklung wird dann gesprochen, wenn diese Strukturen differenzierter und integrierter werden und damit ein immer adäquateres Abbild der Wirklichkeit möglich wird. Im Zuge dieser Entwicklung erfolgen qualitative Sprünge, bei denen es jeweils zu einer neuen internen Struktur kommt, die sich als Entwicklungsstufen beschreiben lassen. Geschieht dies, spricht man von einer Transformation, denn eine neue und umfassendere Art und Weise, sich selbst und die Welt zu erfassen, ist entstanden.

Mir wird es dann an anderer Stellen schwummrig, wenn diese Erklärung dann auf der Grundlage „…geht davon aus, dass …” beruht. Ich hätte ja noch Verständnis für „unterstellt, dass” oder „vermutet, dass” oder „beruht auf der Annahme, dass”, weil das immer noch erkennen lässt, dass es um eine Hypothese geht, die auf einer noch nicht geprüften und nicht verifizierten Prämisse aufbaut, also höchst wackelig ist. Die Redewendung „davon ausgehen” heißt aber soviel wie „für wahr halten”, keinen Zweifel daran erkennen. Das ist immer etwas, was von anderen vorgeliefert wurde und dessen Wahrheitsgehalt außerhalb der Hypothese steht. Liest man in den Geisteswissenschaften oft, dass die irgendwo in der freien Luft anknüpfen und sich ihre Gedankengebilde mit „geht davon aus” irgendwo an beliebiger Stelle im Nichts annageln.

Sie teilt dann die Studen der Erkenntnis in E3 bis E7 ein, als ob man auf dem Weg zur Erleuchtung so verschiedene Entwicklungsstufen durchwandert und sich immer weiter verbessert. Hört sich so schematisch nach Scientology, L. Ron Hubbert und dem „Operierenden Thetan der 5. Stufe” an, geschrieben nach zusätzlichem Konsum von Trash-Sciencefiction.

Wobei man einräumen muss, dass es durchaus solche Entwicklungsstufen gibt. Evolutionspsychologen interpretieren das Verhalten von Kindern und Jugendlichen als evolutionär entwickeltes Programm. So wären etwa kleine Kinder sehr stur in ihren Essgewohnheiten (Pommes mit Ketchup geht immer, aber Spinat oder Tomaten oder sowas geht gar nicht), weil das ein Schutz gegen Giftpflanzen wäre. Wenn man mal etwas hat, was bekannt ungiftig ist, bleibt man stur dabei und lässt sich nicht auf Experimente ein. Die Stinkigkeit der Pubertät ist die Trennungsphase von der elterlichen Erziehung, der Streit dient der Ablösung, dem Distanzgewinn und dem Finden eigener Reviere. Irgendwann geht es nicht mehr mit dem von den Alten Erlernten, sondern man muss sich selbst das weitere Leben erarbeiten. Eine Freundin von mir befasst sich gerne mit Vögeln. Sie hat auch einen Vogel. Einen Graupapagei. Als Papageienkind bekommen, alles gut. Plötzlich war das zuvor liebe und gelehrige Federvieh übellaunig, aufsässig und renitent, wohlgemerkt bei nicht zu unterschätzendem Schnabel. Sie erkundigte sich beim Züchter, ob das unter die Gewährleistung fiele, der aber lachte: „Der ist in der Pubertät!”. Tatsächlich, ein halbes Jahr später, die Bewusstseinswandlung zum intelligenten Erwachsenen, die Freundin jubelte „Ich habe einen neuen Vogel”.

Tatsächlich durchgehen höhere tierische Lebewesen Verhaltensphasen, die aber durchaus nicht „erarbeitete Erkenntnisstufen” sind, sondern eher mit dem Wachstumsprogramm vom Kind zum Erwachsenen zu tun haben und per biologischem Programm ablaufen. Natürlich hängen die auch immer mit der geistigen Entwicklung zusammen, eine Dreijährige hat einfach noch nicht die geistigen Mittel, das Verhalten Erwachsener vertieft in Frage zu stellen (auch wenn ich Dreijährige erlebt habe, die das versuchten). Es geht einfach um den auch im Tierreich zu beobachtenen Wechsel zwischen der Lebensphase, in der man von den Alten abhängig ist und ihnen folgen muss, und der Phase der Selbständigkeit, die eine Änderung des Verhaltens zwingend erforderlich machen. Bei den Spezies, die nicht von Alten aufgezogen werden, sondern selbständige Nestflüchter sind, hat man das nämlich nicht. Es geht also bei der Phasenabfolge nicht primär um Intellektualität, sondern um Anpassung an die Aufzucht durch die Eltern. Und die ist natürlich da, um die körperliche und geistige Reifung zu ermöglichen, die beide mit dem Körperwachstum und einer gewissen Lernzeit zusammenhängen. Es ist aber nicht so, dass wir pubertär werden, weil uns das Lernen in der Grundschule auf die nächste Stufe gehoben hat. Die Geschlechtsreife ist kein Bildungserfolg.

Dazu kommt, dass die Einstufung einfach albern ist und Moralität mit Intellekt verwechselt, etwa wenn sie die Stufe E3 beschreibt mit

Eigener Vorteil steht im Vordergrund, andere Menschen werden als Mittel zu eigener Bedürfnisbefriedigung gesehen, weniger als Wert an sich, opportunistisches Verhalten anderen gegenüber.

Ich halte sowas für Blödsinn. Wie früher schon beschrieben hege ich die gegenteilige Vermutung, dass es sich um verschiedene evolutinär entwickelte und genetisch vererbte Verhaltensprogramme handelt. In manchen Umgebungen hat sich das „Jeder für sich” bewährt und Diebe und Räuber hervorgebracht, in anderen das „Zusammen” und die Kooperative und gesetzestreue Bürger erzeugt. Jeweils das, was sich als im Sinne des Überlebens und der Fortpflanzung als am effektivsten erwiesen hat. Deshalb gibt es Tierarten mit hohem Rudel- und Sozialverhalten und solches mit Einzelgängen, die sich gegenseitig anfallen oder vertreiben. Immer das, was am besten überlebt. Es ist nicht so, dass der Büffel eine höhere Bewusstseinsstufe als der Löwe hat. Das Gegenteil ist der Fall: Raubtiere und Einzelgänger brauchen intellektuell höhere Fähigkeiten. Das lässt sich sogar physiologisch darlegen, haben wir schon im Bio-Unterricht gelernt, dass nämlich Fluchttiere, oft Pflanzenfresser, meist nicht gut in dreidimensionalem Erfassen sind, sondern halt ihr Gras fressen und wenn etwas nach Feind aussieht, wegrennen, deshalb die Augen auch meist so haben, dass sie nicht dreidimensional (genauer gesagt: stereoskopisch) sehen, das auch nicht können, weil sich die Blickfelder der Augen kaum überlappen, sondern einen möglichst großen Winkel abdecken, um nahende Feine zu erkennen. Raubtiere dagegen müsse die Entfernung abschätzen und sich auf ihr Opfer fokussieren, haben daher Augen, die in die gleiche Richtung zeigen und damit stereoskopisches Sehen und Entfernungsschätzungen ermöglichen. Ich habe mich auf einer Schafweide Schafen schon gut genährt (zum Fotografieren, nicht was Ihr jetzt wieder denkt), indem ich im Zickzack gegangen bin. Laufe ich auf sie zu, rennen sie auch bei 100 Meter entfernung sofort weg, weil sie mich frontal sehen. Laufe ich Zickzack, sehen sie mich nur von der Seite und fühlen sich nicht angegriffen, auch wenn ich auf 10 Meter dran bin, weil sie die Entfernung nicht kapieren. Mit einem Tiger, Bären oder Löwen könnte ich mir sowas nicht erlauben, die merken sofort, wenn ihnen einer zu nahe kommt. Nach der Skala von Loevinger wäre das Schaf aber auf einer höheren Bewusstseinsstufe als der Löwe.

Oder anders gesagt: Ich halte das für zusammengebastelten Käse. Wenn sie damit ihr halbes Leben verbracht hat, bin ich nicht neugierig darauf, was sie sonst noch so gemacht hat.

Und wenn ich dann so einen Zuordnungskrampf sehe, von wegen ganz oben Alchemist, der „soziale Transformation entwickelt” und „gesellschaftlichen Wandel vorantreibt”, dann hört sich das nach Propagandablödsinn an, der die Soziologen oder Leninisten als die intellektuell Höchststehenden darstellen soll, obwohl sie bekanntlich am untersten Ende der Skala rumhängen. Einfach Tünnef zur Selbstüberhöhung und Pseudolegitimierung. Dunning Kruger. Die halten uns alle für blöd, weil sie intellektuell-charakterlich unter uns stehen und einfach nicht verstehen, wie genial wir sind. Ein Geisterfahrer? Hunderte! Hört sich an wie Karate-Fu oder Gesellschaftsgenialität, 9. Dan. Oder eben operierender Thetan der 15. Stufe. Hat(te) die noch alle Latten am Zaun?

Und aus diesem Senf baut sich der SPIEGEL nun ein Weltbild, das das BGE erzwingen soll:

Bedingungsloses Grundeinkommen und wahre Gleichstellung: Deutschland könnte auf der Schwelle zu einem neuen Zusammenleben stehen. Warum, erklärt ein entwicklungspsychologisches Konzept.

Ein Konzept ist es ja schon mal von vornherein nicht.

Stellen Sie sich vor, Sie würden in einer Welt leben, in der Sie sich frei entwickeln können. In einer Gesellschaft, in der Selbstverwirklichung einen höheren Stellenwert hat als Produktivität. In der Sie weniger arbeiten und dafür Ihren Sehnsüchten nachgehen. Und in der Ihre Mitmenschen Sie nicht nur tolerieren, sondern annehmen, wie Sie sind – mit Ihrem Lebenskonzept, Ihrer Hautfarbe, Ihrer sexuellen Orientierung.

Erster Schritt: Das Blaue vom Himmel versprechen. Paradies kommt.

Es ist möglich, dass wir die Anfänge eines solchen Zeitalters gerade erleben. Denn es gibt Anzeichen, dass sich unsere Gesellschaft fundamental weiterentwickelt. Genauer gesagt: dass sich viele Menschen fundamental weiterentwickeln. Viele Psychologen glauben, dass in der gezielten Entwicklung des Ichs, dieser geheimnisvollen, uns allen innewohnenden Instanz, der Schlüssel zu einer offeneren Gesellschaft liegt.

Wir entwickeln uns gerade fundamental, das ist richtig. Aber ein Fortschritt ist es nicht. Und die Diktion erinnert doch stark an die Werbung von Scientology von vor 30 Jahren.

Die Theorie der Ich-Entwicklung wird von manchen Forschern abgelehnt. Kritiker stören sich daran, die komplexe menschliche Natur in ein starres Schema zu pressen. Es ist aber mittlerweile Konsens, dass Loevingers Theorie zumindest eine gute Orientierung gibt, was mit unserer Persönlichkeit im Laufe unseres Lebens passiert.

Konsens bei wem?

Journalistisches Doppelsprech? Normalerweise stufen sie jeden auf Null, der ihnen nicht passt, indem sie ihn als „umstritten” klassifizieren. Brauchen sie aber was, dann gibt es ein paar unwichtige Kritiker, aber einen nebulösen Konsens, den niemand nachlesen und nachprüfen kann.

Die heutige Forschung zur Ich-Entwicklung unterscheidet zehn bislang messbare Stufen , wobei sich kein Mensch komplett nur auf einer Stufe befindet. Oft verteilt sich unsere Entwicklung auf vier oder mehr Stufen, auf einer davon aber hat das Ich seinen Schwerpunkt.

Die heutige Forschung? Er verweist auf ein Pamphlet von 1985, nochmal publiziert 2008. Wessen Forschung überhaupt? Und was soll daran „messbar” sein?

Seit den Sechzigerjahren wurden umfassende Erhebungen dazu durchgeführt, welche Ich-Stufen in Nordamerika sowie in West- und Mitteleuropa am stärksten verbreitet sind. Man kann heute in etwa von folgender Verteilung ausgehen:

So’n Scheiß. Irgendein Hochschul-Quoten-Krämpflein blubbert irgendwas, und daraus folgert der SPIEGEL „man kann heute davon ausgehen”.

Entwicklungspsychologischen Studien zufolge sind zum Beispiel Denkkonzepte wie Ethnozentrismus und Autoritätsgläubigkeit auf den Stufen E4 und E5 stark ausgeprägt und nehmen danach rapide ab. Ebenso verhält es sich mit moralistischen Einstellungen wie dem Ablehnen von Abtreibungen oder außerehelichem Sex und mit traditionellen Rollen- und Geschlechtervorstellungen.

Ah ja. Es sei wissenschaftlich erwiesen, dass Konservative Intellektuellen nur auf den untern Stufen angekommen sind. Man müsse es nur in Pseudofasel als E4 und E5 klassifizieren.

Der Organisationsberater Thomas Binder, der seit Jahren zur Ich-Entwicklungstheorie forscht,

Huahaha, was „forscht” der? Die verkaufen Hokus-Pokus-Workshops.

Der Organisationsberater Thomas Binder, der seit Jahren zur Ich-Entwicklungstheorie forscht, sagt, dass sich die Zahl der Bürger auf späteren Entwicklungsstufen in westlichen Gesellschaften über die letzten 100 Jahre erhöht hat. “Das würde zum Beispiel erklären, warum autoritäre Wertmuster in Ehe, Arbeitsleben, Familie und Schule seit den Fünfzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts an Einfluss verloren haben.”

Marxismus als Wissenschaftsgeschwafel verpackt.

Forscher wie Binder betonen, dass keine Ich-Stufe besser oder schlechter ist. Grundsätzlich können Menschen auf den meisten Entwicklungsstufen ein glückliches Leben führen. Gemeinschaftsorientierte E4-Menschen etwa genießen das Leben in Gruppen und setzen sich in Firmen für ein positives Betriebsklima ein. Menschen auf Stufe E7 können ihre Umwelt mit kreativen Ideen bereichern.

Pfff.

In den derzeitigen westlichen Gesellschaften ist das E6. Menschen dieser Stufe streben danach, ihre Lebensziele zu verwirklichen. Die US-Psychologin Susanne Cook-Greuter beschreibt E6 als Macher, die “mit voller Kraft in die Zukunft marschieren” und die aufgrund ihrer Zielstrebigkeit “oft über Zeitnot klagen”.

Wie geil. Ich habe auch Zeitnot. Also liege ich auf Persönlichkeitsenwicklungsstufe E6. Oder?

E6 sind die Prototypen der Leistungsgesellschaft. Ihre Ideale finden sich etwa oft in der Werbung wieder. Sprüche wie “Mach dein Ding” (Hagebaumarkt), “Just do it” (Nike) oder “You can” (Canon) glorifizieren den Erfolgs- und Leistungsmenschen. Sie verdeutlichen: Es ist die eigenbestimmte Stufe, nach der wir streben sollen. Bislang zumindest.

Ach, ja. Es gilt den weißen Mann zu überwinden, deshalb nennen sie das jetzt von E6 auf E7 aufzusteigen.

Laut Loevinger beginnen Erwachsene ab Stufe E7 zu erkennen, dass die Bedeutung aller Dinge relativ ist; dass schon ein Stein am Wegesrand für zwei Betrachter etwas völlig Unterschiedliches bedeuten kann, je nach sozialer und kultureller Prägung. Dieses Relativieren der eigenen Wahrnehmung kann zu einem grundlegenden Umdenken führen.

Laut Loevinger. Soso.

Nach Danisch ist das ein Merkmal intellektueller Insuffizienz, denn alles zu realtivieren und „in Frage zu stellen” ist überhaupt keine intellektuelle Tätigkeit, es ist eine billiger rabulistischer Trick. Alles in Frage zu stellen (insbesondere dann, wenn man es dann nicht schafft, eine ernsthafte Frage zu stellen) ist eine Überlebenstaktik derer, die nichts können und nichts wissen. „Ich weiß, dass ich nichts weiß” Mag sein, aber wofür sollte man den dann ernähren?

Menschen der Stufe E7, Individualisten oder Pluralisten genannt, beginnen, die Regeln des sozialen Zusammenlebens mit Abstand zu sehen. Sie hinterfragen kritisch, warum in ihrer Gesellschaft bestimmte Werte, Normen, Maxime und Rollenidentitäten als besonders wichtig gelten und andere nicht. Wie es dazu gekommen ist, dass die Gesellschaft, in der wir leben, so strukturiert ist, wie wir sie kennen.

Heißt: Man kann gar keinen intellektuellen Fortschritt erreichen, ohne zu gendern. Die Möglichkeit, dass der ganze Genderquatsch eben Quatsch ist, kommt nicht vor.

Die einzigen, die derzeit danach aussehen, als ob sie das untersuchen, wie unsere Gesellschaft entstanden ist, sind Historiker, Neurologen und Evolutionspsychologen. (Und manchmal ein Informatiker.) Gender-Religiöse tun das ganz sicher nicht, bilden sich aber ein, es zu tun, und wollen damit über anderen stehen. Die Aussage ist: Wer gendert steht zwei bis drei Erkenntnisstufen über Konservativen und weißen Männern.

E7 zweifeln also Konventionen an. Viele Forscher bezeichnen die Entwicklungsstufen E7 und später daher als postkonventionell. Und der Anteil solcher Menschen an der Gesellschaft könnte – unter anderem durch Globalisierung und Digitalisierung – steigen. Dank Internet kommt heute fast jeder an Informationen, die die eigenen kulturellen Prägungen infragestellen.

Ah. Wer auf Twitter ist und sich bekloppt benimmt, kommt damit auf E7.

E7 soll die Welt retten

Daraus soll dann so eine Lenin’sche Kaderpartei werden:

Was würde passieren, wenn die Pluralisten und Individualisten die Führung übernehmen?

Wenn der Anteil der Stufe E7 eine kritische Größe erreicht, dann dürfte sich die Art unseres Zusammenlebens stark verändern:

Politisch gesehen sind Pluralisten große Verfechter von Diversität. Sie unterstützen die Gleichwertigkeit aller Geschlechter, sexueller Orientierungen, Ethnien, sozialer Schichten, Beziehungs- und Lebenskonzepte. “Die große Frage nach einem wirklich gerechten System würde in der Folge wahrscheinlich konsequenter gestellt”, sagt Ich-Forscher Binder.

Das könnte auf lange Sicht auch Wirtschaftsstrukturen verändern. Verteilgerechtigkeit und die Gleichstellung von Gesellschaftsgruppen etwa könnten steigen.

Die Funktion von Nationalität als identitätsstiftendes Element dürfte nachlassen. Konzepte wie eine rein deutsche “Leitkultur” würden an Attraktivität verlieren, der gesellschaftliche Diskurs würde sich stattdessen um Metakriterien drehen, denen alle in der Gemeinschaft zustimmen können, egal welche Interessen sie haben.

Das Leistungsideal, wie wir es kennen, dürfte an Reiz verlieren. “E7 stellen bei ihrer Lebensplanung verstärkt die Sinn- oder Identitätsfrage”, sagt Ich-Forscher Binder. Das Prinzip “Leistung muss sich lohnen” gilt also noch immer. Nur erscheinen Geld und Status allein immer weniger lohnenswert. Es wird zunehmend wichtiger, sich selbst zu verwirklichen.

Also Marxismus. Wer sich bekloppt benimmt und genug twittert, der kommt auf E7, steht über anderen wie Konservativen und weißen Männern und wird damit Marxist.

Die Arbeitswelt stünde dadurch vor neuen Herausforderungen. In den Unternehmen dürften sich Partizipation und Selbstorganisation stärker verbreiten. Uneingeschränkter Pluralismus würde Entscheidungsprozesse erschweren. “Dann können Sitzungen endlos lange dauern”, meint US-Psychologin Cook-Greuter. E7 müssten erst lernen, bei Entscheidungsprozessen weiter auf die Fertigkeiten der Stufe E6 zurückzugreifen, um ihre Ziele zu verwirklichen.

So. Meint sie. Und weil die das meint, ist das dann so.

Insgesamt hält Ich-Forscher Binder es für fraglich, “ob eine Gesellschaft, wie wir sie heute kennen, noch funktionieren würde, wenn die Mehrheit der Menschen auf den postkonventionellen Stufen handeln würde”. Denn solche Leute würden sich wahrscheinlich “nicht mehr so leicht in stark arbeitsteilige, fremdbestimmte Strukturen begeben wollen”. Es würde eine neue Art des Zusammenlebens entstehen.

Na, da hat sie Recht. Wenn sie alle so benehmen, funktioniert unsere Gesellschaft nicht mehr. Merken wir ja gerade. Es geht dann keiner mehr arbeiten. Das Problem ist, dass dann auch nichts anderes mehr funktioniert.

Ich sage ja immer, dass die Linken glauben, dass wenn sie einfach alles zerstören, dann von selbst irgendwie und irgendwoher das Paradies kommt. Deshalb haben die auch nie einen Plan, der über das Zerstören des Bestehenden (und das Beschimpfen als „konservativ”, also erhaltend) hinausgeht.

Es ist gut möglich, dass wir uns mit einer solchen Gesellschaftsform bald ernsthaft auseinandersetzen werden; auffällig viele Diskurse unserer Zeit drehen sich um postkonventionelle Denkansätze:

  • Die Grünen, die viele postkonventionelle Werte der Stufe E7 verkörpern, erleben einen starken Aufstieg. Umfragen zufolge liegen sie nur noch knapp hinter der Union.
  • Die wachsende Zahl von Arbeitern in Teilzeit und die Debatten über ein bedingungsloses Grundeinkommen etwa lassen den Schluss zu, dass sich Erwachsene mehr Zeit und Raum zur Verwirklichung individueller Ziele wünschen. Oder sich diese Zeit bereits nehmen.
  • Debatten über polyamore Beziehungen, eine Frauenquote in Führungspositionen, #MeToo oder #MeTwo deuten auf ein Bedürfnis nach stärkerer Gleichstellung von Gesellschaftsgruppen hin.

So ein Schwachsinn. Weil die Wähler von der doofen SPD zu den Grünen wechseln, sollen die alle auf E7 sein und das Modell bestätigen. Wenn’s draußen regnet ist das der Beweis, dass ich gut singen kann, weil ich drinnen bin und man drinnen singt. Genauso könnte ich mich an die Ampel stellen und beobachten, dass viele Radfahrer bei Rot und Grün über die Ampel fahren, aber nur wenige bei Gelb, und damit bewiesen wäre, dass der Trend von der FDP zu Rot-Grün geht.

Es gibt allerdings auch Tendenzen, die auf einen Rückschritt der Gesellschaft hindeuten:

  • Die AfD, die eher autoritäre Werte der Stufen E3 bis E5 verkörpert, sitzt mittlerweile in allen 16 Landtagen. Im Bundesland Sachsen könnte sie bei der nächsten Wahl bis zu 25 Prozent der Stimmen holen.
  • Die Berliner Polizei registrierte im vergangenen Jahr 164 Straftaten gegen homosexuelle und transsexuelle Menschen, die Dunkelziffer dürfte bis zu 90 Prozent höher liegen.
  • Die US-amerikanische Gesellschaft hat sich einen Präsidenten gewählt, den Ich-Forscher Binder auf der Stufe E3 verortet. “Donald Trumps Äußerungen und Verhaltensweisen erinnern meines Erachtens an Menschen auf der opportunistischen Stufe, für die das Durchsetzen der eigenen Interessen an oberster Stelle steht”, sagt er.
  • Der Anteil der Managerinnen in deutschen Chefetagen etwa lag Anfang 2019 bei mageren 8,6 Prozent.

Heißt: Wer den ganzen linken Quark glaubt, hat E7 erreicht, während die anderen alle Doofe auf E3 bis E5 sind. Wie Scientology. Je mehr man die Ideologie glaubt, desto höher steht man in der Rangordnung.

Was kann man tun, damit die Gesellschaft nicht an ihrem eigenen Fortschritt zerbricht?

Ein Techniktrend spielt in diesem Punkt eine zentrale Rolle. Er kann die gesellschaftliche Entwicklung ebenso beschleunigen wie ihre Spaltung, womöglich wird er beides gleichzeitig tun:

Der Wandel der Arbeitswelt durch Künstliche Intelligenz, Robotik und Automatisierung kann im besten Fall die Produktivität von Volkswirtschaften so stark erhöhen, dass die Regierungen sich ein bedingungsloses Grundeinkommen für ihre Bürger leisten können.

Arbeitnehmer müssten dann weniger Zeit und Energie darauf verwenden, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Sie hätten mehr Freiraum, um ihren ureigenen Fragen und Zielen nachzugehen.

Roboter und Künstliche Intelligenz können aber auch viele Menschen in die Krise stürzen. Denn die Arbeit ist seit dem Beginn der Industrialisierung eines der wichtigsten identitätsstiftenden Instrumente. Manche Menschen dürften ein Problem damit haben zu sagen: “Dann mache ich jetzt eben etwas anderes mit meiner Zeit”.

„Kann im besten Fall…” Ja, und in den anderen Fällen?

Wie wäre es denn, wenn wir erst mal die tolle Ernährt-uns-alle-Roboter-KI-Infrastruktur bauen, bevor wir alle das Arbeiten aufgeben? Den Bären erst schießen, bevor wir das Fell verkaufen?

Macht Euch mal klar, was für einen bodenlosen Schwachsinn der SPIEGEL da verbreitet, auf welchen Niveau der da angekommen ist.

Man versucht hier linke Positionen, Gender, BGE und das Schimpfen auf „Rechte” als wissenschaftliches Forschungsergebnis zu verkaufen.

Und dann bilden die sich ein, sie wären auf einer Stufe E7 und die anderen nur E3 bis E5.

Der SPIEGEL ist nun wirklich auf der Stufe Scientology angekommen. Publizierende Thetanen oder sowas.

Da muss man sich über Relotius nicht mehr wundern, wenn sie sogar solchen offenkundigen Blödsinn durchlassen.

Update: Als Journalist im Forst der Psychologen zu wildern kann gefährlich sein. Da kann man leicht selbst als Wildsau pathologisch abgeschossen werden. Ein Leser schreibt mir dazu:

Quatschrunde mit drei gestandenen Psychologen, zwei davon staatlich als psychologischer Psychotherapeut apptobiert:

Keiner kennt Jane Loevinger.

Erster Eindruck: Spekulativer Ansatz, passt nicht in die Empirische (wissenschaftliche) Psychologie, erinnert ein wenig an Fromm, dessen Ideen den 68ern süffig runtergingen.

Klassische Selbsterlösungstheorie. Auch der Inquisitor fühlt sich gut mit der Idee, den armen Sünder mit allen Mitteln zum Bekennen zu bringen und nach erteilter Absolution so schnell wie möglich umzubringen, damit er mangels erneuter Sünden garantiert in den Himmel kommt.

Dein Scientolgy-Vergleich ist gut!

„Klassische Selbsterlösungstheorie”. Man redet sich einfach ein, man sei die Besseren, Überlegeneren, weil die anderen einfach nur nicht erkennen, wie gut man ist.