Zensur, Artikel 13 und Terroranschläge
Internetpolitik am praktischen Beispiel.
Wir hatten ja nun die Debatte um Artikel 13 und die Uploadfilter.
Und wir hatten das Mordvideo vom Anschlag in Neuseeland.
Auf Twitter stellte nun einer eine interessante Frage: Müssten der Artikel 13 und die Axel-Voss-CDU-Sichtweise nicht dazu führen, dass der Attentäter von Christchurch jetzt ganz viele Tantiemen bekommen müsste?
Denn so rein urheberrechtlich wäre er dann ja Urheber des Videos.
Was nicht mal so makaber ist, wie es klingt, weil man die Tantiemen dann ja sofort zugunsten der Hinterbliebenen pfänden könnte und würde.
Immerhin liefert der Terroranschlag ein – makabres – Beispiel dafür, dass das mit den Uploadfiltern nicht funktionieren kann. Denn schon dieses eine Video bekommen sie partout nicht eingefangen.
Ein einziges Video. Nur eine einzige Vorlage. Und das bekommen sie nicht eingefangen. Und Merkel und Voss wollen, dass man alle (!) urheberrechtlich geschützten Werke vor dem Upload erkennt und sperrt.
Und es läuft genau, wie ich es im Vortrag sagte:
Videos werden aktuell erst nach einigen Stunden entfernt. Hat der Algorithmus Zweifel, etwa weil ein Nachrichtensender eine zensierte und geschnittene Version des Mordvideos verwendet oder weil ein Nutzer Tricks wie etwa den spiegelverkehrten Upload des Materials nutzt, um den Algorithmus zu täuschen, müssen jedes Mal menschliche Moderatoren entscheiden. Das kann Stunden dauern. In Situationen wie etwa im Falle von Christchurch reicht diese Frist aber nicht.
Wenn es aber bei einer so welt-wichtigen Angelegenheit schon nicht klappt, wie soll es denn dann funktionieren, wenn da nur irgendein Geklimper als urheberechtlich geschützt erkannt werden soll?
Es heißt, weniger als 200 Leute hätten die Ur-Version des Videos im Livestream überhaupt gesehen. Meiner Einschätzung nach dürfte es innerhalb von 3 Tagen zu einem der meistgesehenen Videos überhaupt geworden sein.
Eine mir nicht näher bekannte neuseeländische Organisation namens netsafe empfiehlt, sofort die Polizei zu rufen und das Video keinesfalls herunterzuladen, sollte man irgendwo solche Vorgänge entdecken und jemand in Gefahr sein.
Sogar die deutsche Polizei bittet man um Mithilfe:
Nach den Vorfällen in #Christchurch / Neuseeland bittet die @nzpolice um Mithilfe bei der Löschung von mutmaßlichen Tatvideos oder Bildern.
👉Solltet ihr derartige Inhalte auf Twitter entdecken, meldet diese umgehend bei @Twitter!
🙏 Danke für Eure Unterstützung! 🙏 https://t.co/EZR1T1CD6B
— Polizei Koblenz (@Polizei_KO) 20. März 2019
Ob man sich damit einen Gefallen tut und das angestrebte Ziel erreicht, wage ich zu bezweifeln.
Sogar Erdogan macht das Video zum Gegenstand seiner Wahlreden, und Neuseeland will ihn einzeln zur Rede stellen.