Narren an die Macht: Der nächste Schritt zur Zwangsvergrünung
Wie man Demokratie zertrümmert.
Ich hatte doch geschrieben, dass man so erstaunlich viel Werbung für Ungarn und teils sogar Bulgarien als Bleibe für Rentner mit wenig Rente anpreist.
Ich hatte vermutet, dass das damit zusammenhängt, dass man die Renten nicht erhöhen und die Wohnungen freiräumen will. Orban will keine Migranten, also bekommt er eben unsere Rentner, und dann stimmt’s wieder. Oder so.
Ein Leser wies mich aber darauf hin, dass das noch eine andere Komponente habe. So tief bin ich jetzt im Wahlrecht nicht drin, um das ad hoc zu beurteilen. Er meinte, damit fielen die Leute aus den Wahlen raus. Moment, dachte ich, Deutsche im Ausland können doch per Briefwahl wählen. (Falls die Briefe dann auch ankommen.) Er schrieb mir aber, es gehe um die Kommunalwahlen. Da könnten sie nicht mehr mitwählen.
Jetzt kommt gerade so eine Jungschreibse (Journalistin würde ich sowas nicht nennen) bei der TAZ daher und fordert die Alten auf, mit dem Führerschein auch gleich das Wahlrecht abzugeben.
Als ob die Alten nur noch zur Wahl gehen, um den Jungen das Leben zu versauen:
Liebe Mitwählende über 60, wir unter 30 hätten ja auch gerne was von diesem Wohlstand, nicht zuletzt weil wir schon jetzt ärmer sind, als unsere Elterngeneration es je war, uns von Befristung zu Befristung hangeln und eigentlich nie so richtig freihaben, weil wir unsere Wochenenden damit verbringen, die letzte noch bezahlbare Wohnung zu finden (eure Renten finanzieren wir natürlich trotzdem gerne).
Leider habt ihr uns aber nicht nur eine prekäre Arbeitswelt hinterlassen und ein Europa mit kollektiver Identitätskrise und Nationalismusproblem, sondern auch den Planeten zugemüllt mit Kohlekraftwerken und Plastiktüten. Und ihr wollt über unsere Zukunft bestimmen?
Sie merken, ich steigere mich da in etwas hinein. Ich mach’s also kurz: Führerscheine sollte man im Alter abgeben. Warum nicht auch das Wahlrecht? Ja, ich weiß – ein Menschenrecht. Aber es sollte doch auch für uns Junge ein Menschenrecht darauf geben, mindestens Ende siebzig zu werden wie der durchschnittliche Mensch in Europa heute, und das, ohne abwechselnd von Sturmfluten und Waldbränden heimgesucht zu werden.
Die Alten sind schuld dran, dass die Jungen nicht 70 werden können.
Die fiesen Alten hätten die Welt mit Kohlekraftwerken und Plastiktüten zugemüllt.
Stimmt nicht ganz. Die jetzt Alten waren zwar die mit den Plastiktüten. Aber eben auch die mit den Kernkraftwerken. Die wollte man dann ja unbedingt abschaffen. Deshalb haben wir die Kohlekraftwerke.
Und auch das mit den Plastiktüten, sorry, aber das hat viel mit a) Globalisierung und b) Abschaffung der Hausfrau zu tun.
Und das mit der prekären Arbeitswelt, das liegt nicht an den Alten, sondern an den Jungen, die a) nichts gescheites mehr lernen und b) alles zerquoten, wo dann jeder mal randarf.
Was wir brauchen, ist eine Epistokratie der Jugend: das Wahlalter herabsenken und nach oben begrenzen – oder zumindest deutliche Anreize dafür setzen, die eigene Stimme an Jüngere zu delegieren. Zugespitzt hieße das, Unschuldige vor einer in fundamentalen Fragen inkompetenten Wählerklientel zu schützen. Das kann man jetzt demokratiefeindlich finden, ich finde es nur vernünftig, sich darüber zumindest mal Gedanken zu machen.
Ah, ja.
Junge, die noch nie gearbeitet und noch keinen Beruf erlernt haben, die noch keinerlei Lebenserfahrung haben und heutzutage nicht mal mehr rechnen und schreiben können, die sollen kompetent sein, und die Alten mit Wissen und Lebenserfahrung nicht.
Weil die Jungdummen, woher auch immer, so ganz urtümlich wahlkompetent sein sollen. Weil sie blind und widerstandslos wählen, was sie wählen sollen.
Narren an die Macht.
Merkt Ihr, wie man den nächsten Kommunismus-Klassenkampf, jung gegen alt, anzetteln möchte?