Ansichten eines Informatikers

The Good, the Bad, and the Tagesschau

Hadmut
1.9.2019 11:31

Der Kern des Problems öffentlich-rechtlicher Rundfunk.

Der Laden Tagesschau ist durch und durch krank und kaputt.

Wir hatten das ja auch schon auf Twitter angesprochen, dass die Tagesschau von heute sich drastisch von der von vor 20 Jahren unterscheidet, sie senden ja gelegentlich im Dritten und auf der Webseite die alten Ausgaben noch einmal. Damals: Sachlich, nüchtern, neutral, informativ.

Heute: Propaganda- und Erziehungsfernsehen, Meinungsmache. Wiedergänger der „Aktuellen Kamera” in FullHD.

Noch schlimmer bei Tagesthemen (selber Redaktionsssumpf) und auch das, was ich auf den Konferenzen im NDR häufig beobachtet habe: Die informieren nicht, die fühlen sich im Krieg. Die halten das für ihre Aufgabe, Hauptaufgabe gar, den einen zum Sieg zu verhelfen und die anderen zu vernichten.

Mir ging schon öfters durch den Kopf, gerade auch auf diesen Konferenzen, dass das ganze Prinzip des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht nur politisch kaputt ist (man merkt den massiven Einfluss der SPD an allen Ecken, beispielsweise auch wenn Pro Quote da wirklich alles vor sich her- und umtreibt), tiefenverdreckt, sondern schlicht auch technisch veraltet.

Dieselbe Diskussion führe ich gerade an anderer Front darüber, was eigentlich Presse ist. Manche Juristen meinen, das setze bedrucktes Papier voraus, während ich versuche zu erkären, dass Verlage und Redaktionen, wie wir sie bisher kennen, dafür nur symptomatisch, aber nicht konstituierend sind und waren, weil es früher eben nicht anders ging und der Buch- und Zeitungsdruck und der Vertrieb so aufwendig, teuer, kapitalintensiv waren, dass das nur über die Zusammenfassung und Kooperation zu machen war.

Heute ist das völlig anders, zum Publizieren reicht im Prinzip ein Notebook aus dem Supermarkt, man kann auch als Einzelkämpfer nach Feierabend bloggen. Können sich manche nicht vorstellen, geht aber.

Selbst wenn man unterstellt, dass es nicht geht, weil man doch Lektorat und so weiter brauche, bietet die Digitalisierung heute ganz andere und vor allem viel losere Formen der Zusammenarbeit, weshalb Leute selbst dann, wenn sie kooperieren, sich nicht mehr zu einem Verlag oder einer Redaktion zusammenfinden müssen. Man könnte ja auch die ganze deutsche Blogosphäre als eine Zeitung auffassen, obwohl die meisten miteinander gar nichts zu tun haben.

Genauso sehe ich das beim Fernsehen/Rundfunk/Radio. Es gibt auch Youtuber, die alleine viel auf die Beine stellen, und denen im Extremfall ein Handy aus dem Supermarkt reicht. Der Rest der Publikationsarbeit beruht auf frei verfügbaren und nutzbaren Funktionsmodulen im Großraum Internet, Cloud, Webserver.

Zwar gibt es dann insgesamt immer Abstriche in der Darstellungsqualität, man hat halt eben doch keinen Lektor und kein schönes Fernsehstudio mit professionellen Cuttern, die Frage ist aber, ob das erforderlich ist, um Presse oder Fernsehen zu sein. Denn eigentlich sind dafür nur zwei Kritieren maßgebend: Der – meinungsbildende und politisch relevante – Inhalt und die weite, nicht beschränkte Verbreitung.

Mir ging schon lange durch den Kopf, dass man daran unbedingt etwas ändern müsse.

Dass es beispielsweise mehr Sender geben muss, die politisch besser verteilt sind, als diese zwei monopolitischen Meinungsdiktaturklötze ARD/ZDF. Ich habe das ja neulich schon mal geschrieben, dass ich das für Wahnsinn halte, dass man als Fernsehsender eine Lizenz braucht. Das ist zwar historisch – und da sind wir wieder bei alter Technik – gerechtfertigt, weil die Funkfrequenzen ein knappes Gut waren und deshalb nicht für irgendwelchen Blödsinn vergeudet werden durften, sondern ernsthafen Sendern vorbehalten sein mussten, aber erstens haben wir nicht mehr drei, vier, Sendefrequenzen in meiner Jugend (als man für jeden Sender und jeden Frequenzbereich noch ein eigenes kurios anmutendes Antennengestell oben auf das Dach an den Antennenmast schraubte und vom Fernsehtechniker ausrichten lassen musste, man also nicht einfach mal so einen neuen Sender hinzufügen konnte), sondern über DVB-T2, Kabel- und Satellitenfernsehen zig- oder hunderte Sender verteilen können. Wenn ich mal einen Fernseher für DVB-T einrichte, schmeiße ich ein gefühltes Dutzend Sender sofort raus, die nur Müll senden, viele Dauerverkaufssender, Religionsshows und so’n Kram. Wenn wir usn die leisten können, dann kann es für demokratische Meinungsvielfalt auch nicht zu knapp sein, zumal sie doch alle nach Vielfalt und Diversität schreien.

Und im Internet ist das dann sowieso grenzenlos. Es gibt übrigens auch DVB-T2-Programme, die nur ein Titelbild und eine Internetadresse senden, und bei denen der Fernseher (die neueren) dann automatisch auf Internet-Streaming schaltet, fühlt sich an, als hätte man den Sender normal empfangen.

Ein Gedanke, der mir schon durch den Kopf ging, war, diese absurden Moderations- und Talkshowkasper wie Anne Will oder Maybrit Illner loszuwerden, die sowieso nichts beitragen außer dazwischenzureden und fett abzukassieren.

Vorschlag

Wie wäre folgendes: Eine feste Sendung, beispielsweise 60 oder 90 Minuten, wöchentlicher Termin.

Reihum oder zufällig gezogen hat immer eine Partei/Fraktion des Bundestags den Hut auf und darf die erste Hälfte der Sendung ganz allein gestalten, sprich: ein Video von 30 oder 45 Minuten einreichen, in dem sie zeigen und sagen dürfen, was sie wollen, und sich eben auch blamieren.

Alle anderen Parteien bekommen das Video unter Schweigegebot vorab, etwa 3 Tage im voraus, und dürfen RESTZEIT / (n-1) Minuten lang ihren Kommentar dazu abgeben, wieder ungestört und durch Einreichung eines Videos. Also 30 oder 45 Minuten verteilt auf die jeweils anderen Parteien, eingespielt in zufälliger Reihenfolge. Kein Moderator, kein Redaktionsteam, das die Teilnehmer nach Adressbuch auswählt, keiner, der dem anderen ins Wort fallen kann. Und spottbillig obendrein, weil man nur die eingesandten Videos zusammenpappen muss und fertig. Kein Studio, kein Moderator, nix, haben die Parteien alles selbst.

Was die dann jeweils damit machen, ist Sache der Parteien und sonst nichts.

Also im Prinzip nicht unähnlich den Wahlwerbesendungen, aber eben ständig, und nicht nur vor der Wahl.

Und jede Partei hat das volle Recht, sich durchzublamieren.

Unser derzeitiges Fernsehen muss meiner Überzeugung nach in seiner derzeitigen Form abgeschafft werden. Wir müssen von diesen Meinungsmonopoltempeln weg.