Das Mädchen im Knabenchor
Eine Variante.
Es war doch neulich eine Rechtsanwältin vor dem Verwaltungsgericht abgeblitzt, als sie ihre Tochter in einen Berliner Knabenchor reinklagen wollte.
Anscheinend hatte dieselbe Mutter es mit derselben Tochter irgendwie geschafft, einen Termin zum Vorsingen am Leipziger Thomanerchor ergattert. Die hielten sich da wohl an das Berliner Urteil, wonach es nicht nach Gendergerechtigkeit, sondern nach künstlerischer Bewertung der Stimme geht, man sich das Mädchen also schon wohl anhören muss, aber dann nach Kunstfreiheit und nicht nach Geschlechterquoten entscheiden kann. Ich habe das Urteil jetzt nicht mehr in Erinnerung, ich bin gerade nicht mal sicher, ob ich es überhaupt gelesen habe, aber es lief wohl darauf hinaus, dass der Chor zwar vielleicht nicht von vornherein nur Jungs reinlassen kann, aber sehr wohl nur solche Kinder, die sich wie Jungs anhören, und das selbst entscheiden darf.
Darum ging’s dann wohl in Leipzig, wie die BZ schreibt. Allerdings hat Mutti selbst nun den Termin abgesagt, mit folgender Begründung:
Wie ein Sprecher der Stadt mitteilte, wurde die Bewerberin am 11. September zum Vorsingen am Montag, 30. September, oder 1. Oktober eingeladen. Jedoch bat die Mutter um einen Aufschub von vier Monaten: Ihre Tochter müsse erst noch den „Knabenchorklang erlernen“.
Die Tochter müsse erst (in 4 Monaten) noch lernen, wie ein Junge zu klingen.
Das war ja, wenn ich mich richtig erinnere, Gegenstand des Gerichtsstreites, dass sie eben behauptet hatte, dass der Klang nichts mit dem Geschlecht zu tun habe, sondern erlernt sei.
Allerdings habe der Chor dann wohl den Standpunkt vertreten, dass es da keine Vorzugsbehandlung gibt. Wenn sie Gleichbehandlung will, wird sie auch gleichbehandelt wie die Jungs, heißt also, sie muss am Einladungstermin kommen und vorsingen. Andere können auch nicht einfach später kommen.
Bemerkenswert, und das finde ich besonders für das linke Leipzig sehr erstaunlich, ist diese Bemerkung:
„Eine solche stimmliche „Umerziehung“ entspricht weder dem Menschenbild der Leitung des Chores noch seiner Auffassung vom Kindeswohl“, hieß es von der Stadt.
Ja.
Mädchen darauf zu trainieren, dass sie wie Jungs klingen, das hat im Prinzip sowas von Schwule heilen. Die Auffassung, dass alles nur ansozialisierung und beliebig umformbar sei.
Das Mädchen tut mir leid.
Irgendwie meine ich da herauszuhören, dass die von einer durchgeknallten und genderprofilneurotischen Mutter unbedingt in etwas reingezwungen werden soll, was die selbst wohl gar nicht will. Wäre das wirklich so, dass das Mädchen selbst geglaubt hätte, im Knabenchor mitsingen zu können und zu wollen, dann wäre sie da (zumindest in Selbstüberzeugung) hingegangen und hätte losgesungen. Wenn die das jetzt, nach monatelanger Klage, erst noch lernen soll, dann hört sich das für mich so an, als würde die Kleine da von ihrer Mutter rumgetrieben. Früher nannte man das Tennismütter.
Warum darf dieses Mädchen nicht einfach ein Mädchen sein? Und singen wie ein Mädchen? (Oder falls sie gar nicht singen will, es einfach auch bleiben lassen?)
Und warum haben wir eigentlich keine bekannten (jedenfalls keine mir bekannten) Mädchenchöre, während es an amerikanischen Universitäten und in amerikanischen Gospelchöre normalerweise die Frauen sind, die den deutlich besseren Gesang abliefern?
Könnte es vielleicht damit zusammenhängen, dass Mädchen und Frauen vielleicht gar keine so guten Chorstimmen haben, aber als Solistinnen oder einzeln heraushörbare Stimmen in kleinen Gruppen so bis fünf oder sechs gut sind?
Wenn ich so drüber nachdenke, sind alle Frauen mit wirklich herausragenden Stimmen, die mir jetzt so einfallen
- Solistinnen und haben manchmal einen Chor, der sie begleitet, aber sind nicht Teil des Chores,
- in kleinen Frauengruppen bis duo oder trio
- in gemischten Gruppen, in denen sie aus den Männerstimmen stimmlich herausragen (wieder das Prinzip des Begleitchores)
Und das durchaus erfolgreich, denn mir fallen da aus meiner Sammlung mehr herausragende Frauen- als Männerstimmen ein. Obwohl die dann sowas wie Michael Jackson oder Freddy Mercury dann auch nur bedingt hatten.
Kann es sein, dass Frauen zwar die schöneren Stimmen haben, aber wegen der höhere Stimmlage nicht mehr gut in Harmonien passen, weil Harmonien da oben ab Sopran nur bedingt (Knabenchor) gut klingen, aber eben Solo oder als Obertonharmonie zu Männerstimmen gut klingen?
Wenn ich so an meine Musiksammlung denke, dann habe ich zwar vieles, was harmonisch von Männerstimmen kommt (ganz klassisch: Comedian Harmonists), auch vieles, wo bei gemischen Gruppen die Frauen einzeln herausklingen und stimmlich führen (Mamas & Papas, Abba, usw.), dann natürlich ganz viele stimmlich wunderbare Solistinnen (Cher, Tina Turner, usw.), aber bei Chorartigen Frauenstimmen muss ich schon nachdenken, da fällt mir aus irgendwelchen Gründen spontan Help! von Bananarama ein, das ja auch nur ein Cover, aber harmonisch gut gemacht war, und dann so Girl Groups wie Spice Girls oder No Angels, die aber häufig eher den Refrain harmonisch singen, dafür die Strophen reihum als Solo- bzw. Leadstimme, und der Rest als Hintergrundchor.
Selbst in Sister Act, wo es ja nun zentral um Frauenchorgesang ging, und da ja nun richtig gute Sängerinnen dabei waren, haben die immer nur das Hintergrundgedudel gesungen und es war immer eine Frontfrau mit herausragender Stimme erforderlich.
Zwar sind Frauenchöre in zweierlei Hinsicht ein Klassiker, nämlich einmal als großer Chor im Weißen Kleid bei Kirchen- und Klassischer Musik, oder eben als die typischen drei Background-Sängerinnen, aber eben fast immer als Hintergrund.
Kann das sein, dass Frauen im großen Chor generell falsch sind und besser auf eine Solostimme oder ganz kleine Gruppen hin arbeiten sollten?