Ansichten eines Informatikers

Das Sozialistische Paradies

Hadmut
27.10.2019 11:33

Ah. Endlich weiß ich, wie das aussieht. Eine Leserin hat mich aufgeklärt. 🙂

Ihre Antwort ist: Kowloon.

Kowloon?

Ich war mal ein paar Stunden auf Besichtigungstour in Hong Kong und kann mich so dumpf entsinnen, auch in Kowloon gewesen zu sein, hätte jetzt aber nichts diesbezügliches in Erinnerung. Wieso Kowloon?

Ach, sie meinte gar nicht Kowloon. Sondern Kowloon Walled City.

Es gibt (oder gab) nämlich verschiedene Orte namens Kowloon. Ganz durchverstanden habe ich es nicht, aber es gibt wohl die Region Kowloon (nördlich von Hongkong), den Verwaltungsdistrikt Kowloon City District, den Stadtteil der Innenstadt von Hongkong, Kowloon City (in dem ich war), und die 1993/94 abgerissene Mauerstadt Kowloon Walled City, ein kaputtes Viertel in Kowloon City. Heute ist da ein begrünter Stadtpark mit dem Namen Kowloon Walled City Park. Walled City sah von außen so aus. Aus Wikipedia dazu:

Kowloon Walled City […] war ein Stadtteil in Hongkong auf der Halbinsel Kowloon mit lange Zeit ungeklärtem rechtlichen Status. Umgangssprachlich wurde er auch Walled City (dt. Ummauerte Stadt) genannt die Stadt der Dunkelheit, bezeichnet. Im Jahr 1987 lebten 33.000 Menschen auf einer Fläche von knapp 0,027 km². Die Bevölkerungsdichte betrug 1,3 Millionen Einwohner je Quadratkilometer und war die höchste der Welt.

Ursprünglich war die Walled City ein militärischer Außenposten (寨, zhài ‚befestigter Außenposten‘) der Chinesen. Nachdem die New Territories 1898 von Großbritannien gepachtet worden waren, wurde die Walled City zu einer chinesischen Enklave. Nach dem Ende der japanischen Besetzung Hongkongs im Zweiten Weltkrieg fanden viele chinesische Flüchtlinge hier preiswerte Wohnungen, und die Bevölkerung begann dramatisch anzuwachsen. Die Walled City wurde unkontrolliert mit bis zu 14-stöckigen Hochhäusern dicht bebaut. Die Wohnungen waren im Durchschnitt etwa 20 m² groß und wurden meist von ganzen Familien bewohnt. Es gab Geschäfte, Schulen, kleine Handwerksbetriebe und nicht lizenzierte Zahnarztpraxen. Der Stadtteil war auch das Zentrum von Drogenhandel und Prostitution. Kontrolliert wurde der Komplex von den Triaden.

Das sind die wesentlichen Punkte:

  • Unklarer Rechtsstatus, Abwesenheit von Recht
  • Extreme Packungsdichte von Menschen
  • Kontrolle durch kriminelle Banden quasi als selbsternannte Fürsten (nicht wenige sagen, dass viele oder eigentlich alle Monarchien so entstanden sind, Monaco soll ja eigentlich auch nur ein von Piraten besetzter Felsen sein)

Genug geforscht. Der Hinweis der Leserin bezog sich nämlich eigentlich nur auf einen alten, aber herzerfrischenden Dokumentarfilm, den man auch als Science Fiction für die Zukunft von Europa, Deutschland, Berlin ansehen könnte:

Gut, das ist abgerissen, das existiert so nicht mehr.

Aber so wahnsinnig viel anders ist das heute auch nicht, heute haben sie „Käfig-Wohnungen”:

Absurd?

Nicht übertragbar?

Ich habe neulich irgendwo einen Film über Kalifornien gesehen, weiß aber nicht mehr genau, ob das in San Francisco oder Los Angeles war, was die berichteten. (Ich war mal während einer längeren Konferenztour durch Kalifornien unvorbereitet drei Tage in Hollywood und habe dort mangels freier Unterkünfte in einem unbeschreiblich dreckigen und anscheinend niemals geputzten chinesischen „Hotel” gehaust, insofern verwundert es mich nicht.) Da nämlich sei das nicht nur Folge der Wohnungsnot, dass die Leute dort jetzt ein Vermögen an Miete dafür zahlen, weit über 1000$ im Monat, lediglich ein „Pod”, also ungefähr so ein mit Holzwänden ummauertes Bett in einer Groß-WG-Anlage mit Küchen und so weiter zu haben, und auch das nur in einer Höhe von einem Meter, weil mehrere übereinander, also ganz so wie diese Cages in Hongkong. Nur eben schön, sauber, modern, im Stil wie eine Empfangslobby von Google, mit Internet, für die Generation Links+MacBook, die in voller Überzeugung glaubt, das müsse so sein, um politisch korrekt zu wohnen, und sich noch was drauf einbildet. Die glauben tatsächlich, das müsse so sein.

Eigentlich hatte ich das ja auch selbst schon erlebt, im Juni in New York hatte ich ja so ein 2-Quadratmeter-„Hotelzimmer”, aber immerhin in der Höhe nicht begrenzt, ich konnte aufrecht stehen, was bei meiner geringen Körpergröße zwar nicht viel heißt, die dafür aber den Vorteil bot, dass ich der Länge nach gerade so ins Bett passte:

Und wenn man hört und liest, wie manche Flüchtlinge zusammengepfercht werden, dann ist das hier auch zumindest punktuell schon so.

Tja, das ist die sozialistische Zukunft auch Deutschlands.

So sieht die Utopie dann aus.

Letztlich ist Sozialismus im Wesentlichen auch eine Vorbereitung darauf, extrem viele Menschen auf wenig Fläche zusammenzustopfen. Deshalb auch der ganze Future-Hokus-Pokus, dass man kein Fleisch essen, Strom und Wasser sparen, kein Auto haben, sich mit kleinen Wohnungen begnügen, die Alten in Alten-WGs stopfen soll. Sozialismus ist vor allem ein Auskommen mit geringsten Resourcen, weil die Resourcen durch möglichst viele Leute geteilt werden sollen. Hongkong und New York sind vielleicht jetzt nicht gerade Prachtbeispiele für Sozialismus, aber die Effekte dessen, worauf es dann hinausläuft, sieht man da sehr gut.