Ansichten eines Informatikers

Gegenthese: 33 und 89 reloaded

Hadmut
19.11.2019 22:50

Jemand ist anderer Meinung. Jedenfalls nicht so einer, wie ich sie neulich dargestellt habe. [Nachtrag 2]

Ich hatte neulich mal über die These geschrieben, dass die Mauer nicht so spontan gefallen ist, wie das hingestellt wird, sondern das ganze Theater von der Stasi inszeniert worden sei, um möglichst glaubwürdig und arglos vordergründig als Staat adoptiert zu werden und hintergründig den Westen zu kapern.

Jemand mit Insiderwissen hat mir das nun genau andersherum dargestellt.

Die DDR sei zwar wirtschaftlich am Ende gewesen, der Mauerfall unvermeidlich und unausweichlich, SED und Stasi hätten den Mauerfall aber trotzdem nicht gewollt. Im Gegenteil seien sie durch das „Wir sind das Volk” massiv traumatisiert worden. Die waren eher in so einer Art Schockstarre darüber, dass sich eine andere Meinung als die vorgeschriebene Einheitsmeinung überhaupt bilden und sich dann auch noch zu einer Bewegung verfestigen konnte, die so groß wurde, dass man sie nicht mehr (jedenfalls nicht mehr unauffällig) unterbinden konnte.

Und das habe nicht nur die DDR, sondern auch die Politik im Westen massiv verängstigt, dass sich da selbst in einem so diktatorisch-suppresiven Regime wie der DDR eine solche Bewegung entwickeln konnte, die die Regierung in Frage stellt.

Das, was wir heute erleben, nämlich diesen Krieg gegen die Meinungsfreiheit und abweichende Meinungen und die immer intensivere Staatspropaganda, sei im Prinzip die Wiederholung der Vorgänge von 1989.

Es sei – so habe ich das verstanden und weitergedacht – letztlich so, als würde man alle Andersmeinenden quasi mit der damaligen DDR-Opposition und „Wir sind das Volk” identifizieren und die Geschichte (wie in manchen Zeitschleifen-Science-Fiction, Zurück in die Zukunft, Murmeltier usw.) nocheinmal modifiziert wiederholen, um den Fehler nicht zu wiederholen. Also so, als würde man 1989 noch einmal nachspielen, aber den Fehler vermeiden wollen. Als könnte man die Schlacht von Waterloo nochmal nachspielen und anders ausgehen lassen, als könnte man das damit aus der Vergangenheit tilgen.

Das könnte dazu passen, dass man ja die DDR neu aufsetzen will. Und dass man dabei einfach den Fehler von damals vermeiden will, aber nicht etwa einen diktatorischen Unterdrückungsstaat vermeidet, sondern die Opposition. Es wäre so, als würde man die Prager Botschaft und das Tanzen auf der Mauer als unerträgliche Schmach und Kränkung auffassen und glauben, man könne das irgendwie nachträglich wieder gutmachen, indem man es nochmal richtig nachspielt.

Wenn ich das weiterdenke und mit dem verbinde, was ich im Blog schon beschrieben habe, dann versuchen die gerade, die Geschichte des Kommunismus zu korrigieren und Fehler zu vermeiden. Denn wie ich schon oft geschrieben habe, waren die Nazis und ihr Drittes Reich eine Gegenwehrbewegung gegen den Kommunismus, der sonst auch gleich Deutschland miterfasst hätte. Auch das könnte als Versagen aufgefasst werden. Diese Verbindung mit Nazi-Hetze gegen alles, was nicht mitspielt, könnte im Prinzip ein einziger großer Dachschaden sein, ein psychischer Großschadensfall. Man kann nicht ertragen, dass das mit dem Kommunismus 1918 nicht funktioniert hat und sieht dabei zwei zentrale Fehler, nämlich dass es die Nazis gab und dass die DDR pleite ging und so peinlich noch die Mauer umfiel.

Unterstellt man hypothetisch, dass die alle versuchen, ihr (kurioserweise nicht durch eigenes Versagen, sondern durch Identifikation erworbenes) Versagenstrauma zu verarbeiten, zu kompensieren, dann wären wir eine einzige große Klapsmühle. Und das würde genau erklären, wie die sich alle aufführen.

Dass Leute versuchen, eigene Fehler zu korrigieren, indem sie Situationen wiederholen und verändert nachspielen, um sich so etwas wie reinzuwaschen oder das noch einmal in „richtig” zu erleben, ist ja nichts neues, sowas kennt man ja. Leute, die versuchen, den Krach mit eigenen Kindern an anderen Kindern wieder auszugleichen. Aber dass man Fehler anderer durch Identifikation als eigene auffasst und dann versucht, sie zu kompensieren, wäre eine Stufe weiter.

Aber da wir ja auch noch viele Original-SED und -Stasi-Leute in der Politik haben, riecht das durchaus sehr danach, dass die den Einsturz nicht verkraftet haben und das nochmal wie „wir können das” durchspielen wollen und müssen, bevor sie sterben oder zumindest zu alt sind.

Nachtrag: Ein Leser hatte gerade noch einen interessanten Gedanken dazu. Er meint nämlich, dass 2015 und die Flüchtlingsjubelei und das ganze Pro-Flüchtlingstheater seither genau in diesen Dachschaden mit Kompensationsdruck passt. Das nämlich sei für alle, die beim Krieg gegen die Nazis nicht mitmachen konnten, weil zu spät geboren oder hinter der Mauer oder sowas, die Gelegenheit schlechthin gewesen, 1933-45 nochmal nachzuspielen und zu demonstrieren, dass sie auf der moralisch „richtigen” Seite stehen und gegen die Bösen kämpfen.

Den Gedanken hatte ich auch irgendwann schon mal. Ich hatte schon einige Blog-Artikel zu der Überlegung, dass die ständig und überalle Nazis sehen, ganz Sachsen ein Naziland, weil die krampfhaft gegen Nazis kämpfen wollen, aber halt zu spät gekommen sind, und deshalb dringend Nazidarsteller und Komparsen brauchen, damit sie auch als Zuspätgeborene noch zeigen können, dass sie auf der richtigen Seite gegen Nazis kämpfen und sich gesinnungsmäßig als das Gegenteil von Nazis, als Anti-Nazis, oder eben Antifa(schisten) ausweisen, als Gesinnungsbeweis.

Das nun würde grotesk gut zu etwas passen, was ich bisher noch nicht erwähnt habe, nämlich dass ans Licht kam, dass einige zentrale Figuren der Gender-Studies-Szene direkte Nachfahren oder enge Verwandte von Nazi-Größen sind. Ich hatte ja mal zu diesem bösartigen Michael Kimmel geschrieben, dass der vordergründig auf Gender macht, tatsächlich aber ein besessener jüdischer Nazijäger ist, der überall nur noch Nazis sieht. Es sieht nun ganz so aus, als hätten sich da einige der Nazi-Verwandten in diesen Gender-Kreisen versammelt und versuchten, sich im übertragenen Sinne damit reinzuwaschen und die Erbschuld loszuwerden. Die es objektiv nicht gibt, aber psychisch-subjektiv.

Das könnte der zentrale Schlüssel zum Wahnsinn Gender-Studies sein, nämlich dass es genau das ist: Wahnsinn. Der wahnhafte Versuch, die Vergangenheit abzustreifen, indem man sich selbst in die Vergangenheit versetzt und an Stelle seiner Vorfahren wie besessen gegen die Nazis kämpft statt Nazi zu sein, und für diese Wahnvorstellung im Jetzt halt eben Nazidarsteller und Komparsen braucht.

Das würde, wenn man es mal weiterdenkt, nicht nur bedeuten, dass die Sachsen die Nazidarsteller sind, sondern auch, dass die Migranten als Judendarsteller fungieren, als würde man im Sandkasten Figuren herumschieben, um die Schlacht von Waterloo noch einmal nachzuspielen, aber diesmal mit dem moralisch richtigen Ausgang. In Amerika gibt es ja auch Leute, die sich nochmal die grauen und die blauen Uniformen anziehen und durch den Wald rennen, um den Krieg der Nordstaaten gegen die Südstaaten nochmal nachzuspielen, aber diesmal mit dem „richtigen” Ergebnis.

Nachtrag 2: Das Gerücht, dass der Mauerfall durch die Stasi inszeniert war, soll übrigens von SED/Stasi selbst gestreut werden, um „Wir sind das Volk” zu entwerten und diskreditieren.