Ansichten eines Informatikers

Digitale Schwarz-Weiß-Kamera

Hadmut
27.2.2011 11:01

Da frohlockt das Fotografen-Herz. Das Bankkonto weint dagegen.

Es gibt Gerüchte, wonach der Nikon-D700-Nachfolger (wird vielleicht D800 heißen) einen auswechselbaren Sensor haben, und es da auch einen reinen Schwarz-Weiß-Sensor (also ohne Farbraster) geben wird.

Das hört sich seeehr interessant an. Aber auch teuer, weil man die Sensoren nicht einfach mal so und selbst tauschen kann.

Eine reine Schwarz-Weiß-Kamera ohne die Farbinterpolation, die man für hochwertige Schwarzweiß-Aufnahmen wieder rausrechnen muß, wäre natürlich eine ganz feine Sache. Seit dem Umstieg von chemischer auf digitale Fotografie gab es ja nur Farbsensoren, die fast alle eine Farbmaske vor den Pixeln hatten und die dann interpolierten (abgesehen von den Foveon-Sensoren, die alle Pixel gleichbehandelten und die unterschiedliche Eindringtiefe der Farben ausnutzten, von denen ich aber nie irgendwas im Schwarz-Weiß-Bereich gesehen habe).

Neulich habe ich bei den sehr teuren Profi-Mittelformat-Kameras auch Schwarz-Weiß-Rückwände gesehen. Manche dieser Kameras halten ja immer noch am alten Bauprinzip fest, die Kamera und die Filmkassette zu trennen und letztere wechseln zu können (vgl. Hasselblad). Ursprünglich gab es dann Digital-Kassetten für die alten Analog-Kameras. Heute ist das voll durchdigitialisiert und es gibt verschiedene digitale Rückwände mit verschiedenen Auflösungen, Rauschqualitäten (und Preisschildern).

Daß es das jetzt auch im Kleinbild-Segment gibt oder zumindest gerüchteweise geben soll (wenn auch im preislichen Profi-Bereich), wäre prima. Dumm halt nur, daß man den Sensor nicht mal eben selbst austauschen können soll, sondern das der Service machen muß. Hat sicher mit Reinlichkeit, Justage, Empfindlichkeit der Bauteile und irgendwo auch mit Geldmacherei zu tun. Es läuft nämlich drauf hinaus, daß man sich seine Kamera nur einmal umbauen läßt und dann auf Schwarz-Weiß bleibt. Also zwei Kameras kauft. Toll. Dann ist das Geld für einen brauchbaren Gebrauchtwagen raus.

Ein Vorteil wäre aber, daß man bei Fortentwicklungen der Sensor-Technik nicht jedesmal die ganze Kamera wegschmeißen muß, sondern nur den Sensor tauschen. Denn abgesehen von der Videofähigkeit (und Rechenleistungszeugs wie HDR und Panorama in der Kamera oder Lächelautomatik, was aber eher im Consumer-Bereich gefragt ist) gab es in letzter Zeit nicht mehr so wahnsinnig viele Neuerungen, was den Rest der Kamera angeht. (Man erinnere sich daran, daß in der Zeit der chemischen Fotografie Profi-Kameras oft mal eine Produktlaufzeit von um die 10 Jahren hatten.) Man kann sagen, daß der Sprung von analog auf digital in ungefähr 10 Jahren abgeschlossen wurde und das nun ausgereift ist. Meine erste Digitalkamera hatte ich 1999 mit auf Reisen (eine Kodak DC 240) und wurde dafür mehr bestaunt als die Sehenswürdigkeiten außenrum. Rocket Science. Die Bildqualität war bescheiden. 1,3 Megapixel, was ich wegen der sündhaft teuren Speicherkarten (damals 700 Mark für zwei 48MB-Karten bezahlt) nur ausnahmsweise nutzte und meistens auf 640×480 reduzierte.

Kürzlich habe ich beim Aufräumen alte Diakästen ausgemistet und teils mit einem Filmscanner digitalisiert. Ich war erschrocken. Über die schlechte Bildqualität, von der ich damals noch so überzeigt war. Filmkorn, Staub, Kratzer, Dynamikumfang, unscharf usw. usw. Inzwischen haben die Digitalkameras den Film deutlich überholt, und unsere Ansprüche sind gewachsen. Leute, die heute noch auf den alten chemischen Film schwören, dürften das Argument der besseren Qualität kaum mehr halten können. Und schon gibt es entsprechende Reviews auf Amazon.com zur (analogen) Profi-Spiegelreflexkamera Nikon F6:

Camera will not work with Compactflash or other digital media cards. You must buy a cartridge of tape, which allows for just 24 shots. No LCD screen for image playback. Extremely frustrated and returned item.

😉

Wie auch immer. Austauschbare Sensoren sind jedenfalls ein deutliches Zeichen dafür (falls das Gerücht überhaupt stimmt), daß man wieder auf längere Produktzyklen geht und nicht mehr alle halbe Jahr ein neues Schmeiß-deine-alte-weg-Modell herausbringt. Und daß sich die Entwicklung der Digitalkameras stabilisiert hat und damit der große Sprung abgeschlossen ist. (Erkennt man auch im Billig- und Consumerbereich daran, daß es nichts wirklich neues mehr gibt und sie deshalb irgendwelchen Firlefanz reinpacken müssen.)

5 Kommentare (RSS-Feed)

cracki
27.2.2011 13:02
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Ein Vorteil wäre aber, daß man bei Fortentwicklungen der Sensor-Technik nicht jedesmal die ganze Kamera wegschmeißen muß, sondern nur den Sensor tauschen.

Das setzt aber wiederum voraus, dass der Hersteller auch neue Sensoren für alte Modelle anbieten; nen Standard gibts da ja sicherlich nicht.


Hadmut
27.2.2011 14:33
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Daran werden sie ein eminentes Interesse haben. Canon kommt nämlich öfters mal mit einem neuen Modell mit noch irgendwelchen mehr Megapixeln auf den Markt, um Nikon die Wurst vom Brot zu klauen. Nikon kann (und will vermutlich) als kleinerer Player nicht mit diesen kurzen Produktzyklen mithalten, aber trotzdem irgendwas gegenhalten können.

Ein anderer Grund ist, daß es sich im oberen Profi-Bereich inzwischen durchsetzt, daß es zwei Kameramodelle gibt, nämlich eines mit hoher Auflösung (> 20MP) aber nicht so gutem Rauschverhalten und geringerer Bildfolgegeschwindigkeit für Studio- und Stativfotografie, und ein Modell mit niedrigerer Auflösung (10-14MP), aber hoher Empfindlichkeit und schneller Bildfolge für Sport- und Actionfotografie.

Die D700 bzw. D300s waren die unteren Profi-Kameras für den „mittleren” Geldbeutel. Es kann gut sein, daß die das einfach nicht wollen, da jetzt mehrere Kameras anzubieten um verschiedene Käufergruppen anzusprechen. Insofern wäre es durchaus sinnvoll, nur ein Kameramodell mit dem meistgefragten Sensortyp anzubieten und andere Sensoren als Austauschoption. Das wäre ein durchaus pfiffiges Vertriebskonzept.

Dann könnte man eben auch noch Sensoren für Infrarot- und Schwarz-Weiß-Fotografie anbieten.

Allerdings muß man sich dafür jedesmal eine neue Kamera kaufen, weil man den Sensor ja auch nicht ständig wechseln (lassen) kann. Fraglich, ob sie das jemals im unteren Preisbereich anbieten werden. Wohl eher nicht.


klicky
1.3.2011 15:00
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Hadmut
1.3.2011 15:34
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Oh ja, spricht mir aus der Seele.


Videos für die Müllhalde! Da wird fröhlich gelöscht, was der Bürger bereits bezahlt hat. Wat issn damit?

Optik und Sensor gehören zusammen! Module sind richtig. Die Klapperkästen (DSLR) kriegen immer höhere Auflösung und die Scherben sollens dann bringen. Das ist Käse, wie man an der DSC-R1 sieht. Nur die perfekte Abstimmung von Optik und Sensor bringt richtig Punkte. Jeder Schritt in Richtung Universalmaschine bringt Nachteile. Tauschbare Optik bringt weniger Leistung, tauschbare Sensoren ebenfalls. Module sind der richtige Weg, weg vom Spiegel ist der richtige Weg.

Carsten
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