Die „Imperiale Lebensweise”
Es sind nicht die Maßstäbe, die mich so besonders ankotzen. Es sind die doppelten Maßstäbe.
Ein Leser wies mich gerade auf ein Machwerk im linksextremen untoten Medium Frankfurter Rundschau hin: Leben auf Kosten anderer – aber es gibt Alternativen
Zwei junge „Wissenschaftler” (also das, was man heute politisch so nennt, nicht das, was man zu meiner Zeit darunter verstand) schreiben da, und die Beschreibungen sagen eigentlich schon alles, nämlich dass die Politisierung für Wissenschaft halten
Die Autor*innen
Nilda Inkermann promoviert an der Uni Kassel zu sozial-ökologischer Transformation und Bildung und ist aktiv in der außerschulischen kritisch-emanzipatorischen Bildungsarbeit.
Simon Walchstudiert Globale Politische Ökonomie an der Universität Kassel. Er ist aktiv in der Klimagerechtigkeitsbewegung und angehender Obst- und Gemüsebauer.
Die beiden sind Teil des I.L.A. Kollektivs(I.L.A. = „Imperiale Lebensweise und solidarische Alternativen“), das aus jungen Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen besteht, die Teil diverser emanzipatorischer Projekte und Bewegungen sind und gemeinsam die Bücher „Auf Kosten anderer? Wie die imperiale Lebensweise ein gutes Leben für alle verhindert“ und „Das Gute Leben für Alle – Wege in die solidarische Lebensweise“ geschrieben haben (www.ilawerkstatt.org).
Wenn sich Leute schon selbst so beschreiben, nämlich nur durch Gesinnungsverortungen und nicht mehr durch eine intellektuelle Tätigkeit und Leistung, dann sieht man, dass die Universitäten eigentlich völlig kaputt und unter Null angekommen sind. Da sieht man dann auch, warum das Bundesverfassungsgericht partout keine Regeln für die Promotion haben wollte, weil es um die völlige Politisierung der Universitäten geht. Und kommen Leute wie Greta, Luisa oder die Nachrichtenmoderatoren und sagen uns, wir müssten auf die „Wissenschaft” hören.
Und die prangern jetzt eben das Leben auf Kosten anderer an und nennen es „imperiale Lebensweise”.
Die alltägliche Art und Weise, wie die meisten Menschen im globalen Norden wirtschaften und leben, geht auf Kosten anderer: der Natur, zukünftiger Generationen und benachteiligter Menschen in Nord und Süd. Mit dem Auto zur Arbeit und mit dem Flugzeug in den Urlaub, jederzeit eine große Auswahl an exotischem Obst und die tägliche Wurst, monatlich ein neues Outfit, endlich wieder ein neues Möbelstück für die eigenen vier Wände und alle zwei Jahre ein neues Smartphone – all dies ist Alltag und irgendwie Normalität.
So zu leben und zu wirtschaften ist nicht verallgemeinerbar. Bereits heute, da nur ein Teil der Menschheit von dieser Lebensweise profitiert, sind die natürlichen Ressourcen dieser Erde und ihre Senken, die der Mensch zur Entsorgung von Müll und Abgasen nutzt, (wie die Atmosphäre und Meere) überlastet. […]
Wir nennen das: Die imperiale Lebensweise.
Und obwohl sich immer mehr Menschen bewusst sind, dass ihr alltägliches Handeln andere Menschen ausbeutet und die Natur in Gegenwart und Zukunft zerstört, ändert sich nichts. […]
Denn hier und heute, an vielen Orten auf unserer Welt, praktizieren und erproben Menschen solidarischere Formen des Zusammenlebens. Alternativen zeigen sich in verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen, dem Wohnen, der Landwirtschaft, der Art und Weise Sorgetätigkeiten zu organisieren, der Mobilität, der Energienutzung oder auch der Nutzung von Gebrauchsgütern.
Das könnte man in gewisser Weise sogar so sehen, wenn es nicht wieder der Tunnelblick der Doppelmaßstäbe wäre.
- Hat man uns nicht bisher immer gesagt, Geisteswissenschaftler dürfte man keinesfalls an ihrer Produktiviktät und ihrem Nutzen messen, eine Gesellschaft müssen sich die einfach leisten? Man dürfe die nicht zum Erdbeerpflücken schicken, auch wenn sie noch so nutzlose Orchideenfächer zur persönlichen Erbauung studiert haben, die Gesellschaft müsse jedem ein ordentliches Einkommen bieten?
- Oder gleich ein bedingungsloses Grundeinkommen? Leben, ohne selbst zu arbeiten?
- Schaufelt man nicht gerade Menschen zu Millionen nach Deutschland, die sich mit Sozialhilfe, Kindergeld, Wohnungen und so weiter versorgen lassen, ohne einen Finger zu rühren?
- Ist es nicht ein immer wieder aufgekochtes Thema, dass man Journalisten doch künftig steuerlich oder durch Zwangsbeiträge finanzieren solle, mal nach Schema GEZ, mal durch Steuersubventionierung per Gemeinnützigkeit, mal per Quersubventionierung aus den Öffentlich-Rechtlichen? Jammert die Überzahl an Journalisten nicht ständig, dass sie zu schlecht bezahlt würde, gar im Akkord nach Klickzahlen?
- Heißt es nicht ständig von links, niemand dürfe zum Arbeiten gezwungen werden, trotzdem müssten jedem menschenwürdige Lebensumstände garantiert werden?
- Waren nicht Marx und Engels widerliche Quallen, die nur auf Kosten anderer lebten und sie gleichzeitig übel beschimpften und erpressten, und daraus dann eine Ideologie machten, um das Verwerfliche zur Gesellschaftsform zu erklären?
Sind das nicht alles „Lebensentwürfe”, die darauf beruhen, auf Kosten anderer zu leben?
Und was anderes ist dann die Bezeichnung „Imperiale Lebensweise” als die rhetorische Maskierung dafür, nur einen kleinen Aspekt dazu zu betrachten und doppelte Maßstäbe anzulegen?
Müsste man nicht generell von parasitären Lebensweisen sprechen, denn genau das ist der Fachbegriff für das Leben auf Kosten anderer, um dann aber auch alle Formen parasitären Daseins zu betrachten? Voran die Geisteswissenschaftler, die Journalisten, die Parteien und der ganze marxistische Komplex?
Es sind nicht die Maßstäbe, die mich so besonders ankotzen. Es sind die doppelten Maßstäbe.