Zitate aus der Zeitung jetzt lizenzpflichtig?
Auf TELEPOLIS habe ich etwas seltsames gelesen.
Der Axel-Springer-Verlag habe einem Münchner Journalisten eine Rechnung geschickt, weil der einen Abschnitt aus der Rezension eines Buches zitiert habe.
Interessanterweise hat man ihm keine Abmahnung, sondern eine Lizenzrechnung geschickt. Und auch die wohl unter sehr seltsamen Umständen.
Die Frage ist, auf welcher Rechtsgrundlage das passiert. Denn eine solche Lizenzrechnung unterstellt, daß der Zitierende das nur auf Grundlage eines Lizenzvertrages hätte zitieren dürfen und damit die Zustimmung des Zitierten benötigt hätte. Braucht er aber nicht. § 51 Nr. 2 UrhG erlaubt Zitate ohne Zustimmung des Urhebers. Also braucht der Zitierende im Rahmen eines solchen Zitates auch keine Lizenz oder Zustimmung, ergo muß er auch keine Lizenzgebühren zahlen.
Die Frage ist, was sich da zusammenbraut.
Bei einer immer stärker von Industrieinteressen und Politik unterwanderten Presse, die in immer stärkerem Maß die gewünschten Meinungen unters Volk bringt (vgl. etwa, wie exzessiv gerade die BILD-Zeitung des Axel-Springer-Verlages Polit-Propaganda für zu Guttenberg betrieben hat), kommt der Blogosphäre eine immer stärkere und wichtigere Rolle in der gesellschaftlichen und demokratischen Meinungsbildung und -äußerung zu. Und da der Blogger – das wurde bereits mehrfach gerichtlich entschieden – nicht die Mittel hat, alle Recherchen selbst anzustellen, und auch das Recht hat, die in der Presse dargestellte Sichtweise zu kritisieren, setzt das Grundrecht der Meinungsäußerung zwingend voraus, daß man auch frei zitieren darf.
Was steckt also dahinter?
Geht es darum, die Rechtsprechung und Rechtsmeinung schon in Richtung Schutzrechte einzustimmen?
Oder geht es darum, über die vorgegebenen Inhalte die Lufthoheit und das Monopol zu erhalten?
Will man vermeiden, in Blogs kritisiert (und dazu zitiert) zu werden? Könnte es sein, daß der Axel-Springer-Verlag sich in seinen Publikationen auf einmal doch angreifbar fühlt?
Mir schwant da nichts gutes.
7 Kommentare (RSS-Feed)
@K. Letus: Das ist allerdings richtig.
Es passiert auch mir manchmal, daß Leute einen kompletten Blog-Artikel – zwar mit Namensnennung und Quelle, aber ohne jede eigene Ergänzung – 1:1 aus meinem Blog kopieren. Und nur in ganz seltenen Fällen um Erlaubnis fragen. Das finde ich dann auch nicht so gut.
Ein zulässiges Zitat liegt aber eben nicht immer vor, wenn ein Teil eines Werkes – oder das ganze Werk – schlicht (wörtlich) übernommen wird, sondern nur dann, wenn die “Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist”. In der Regel erfolgt ein solches Zitat zur Erläuterung, als Grundlage einer eigenen Auseinandersetzung mit dem Thema o.ä.
Wird der Text aber bspw. nur mit der Einleitung “XY berichtet treffend folgendes: [Zitat] Sehr interessant !” oder “Das neue Buch von ABC wird von DEF folgendermaßen beurteilt [Zitat]”, ist diese Nutzung natürlich nicht gerechtfertigt.
Ganz so die feine Art ist die komplette Übernahme von Artikeln nicht.
Ich handhabe das meist so, das ich den ersten Abschnitt bei mir im Blog bringe, damit die Leser wissen was sie erwartet, und zum Weiterlesen auf die Quelle verlinke.
Wie ist das eigentlich mit Übersetzungen von Blogs (wenn man die Originalquelle angibt), die man auch ins Web stellt, ohne dafür irgend Geld oder was zu verlangen? Ist das eine Übernahme von Artikeln? Muss man da vorher Anfragen, ob man das darf? Fänd ich ja ein bisschen krude…kriminelle Übersetzer.
Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, aber ich glaube mich erinnern zu können, daß das Urhebergesetz irgendwo als Nutzung auch die Übersetzung auflistet. Muß ich aber nochmal nachlesen.
Nee, kann nicht legal sein. Es gab ja auch das Übersetzungsprojekt, mit dem man die Harry-Potter-Romane schnell und für die Leser kostenlos vom Englischen ins Deutsche übersetzen wollte. Die haben aber Ärger bekommen.
Die Frage ist, handelt es sich auf den Seiten um ein Großzitat oder um ein Kleinzitat? Gegen in einen eigenen Artikel eingebettete Kleinzitate kann niemand etwas einwenden – schon gar nicht, wenn der zitierende Artikel eine gewisse Schöpfungshöhe erreicht.
Oft finden sich in Blogs jedoch nur knappe Zusammenfassungen des Inhalts eines Zeitungsartikels, welcher dann häufig in nahezu vollem Umfang wiedergegeben wird. Derartiges Zitieren eines urheberrechtlich geschützten Textes in vollem Umfang ist ein Großzitat und laut § 51 Nr. 1 des Urheberrechtsgesetzes nur in wissenschaftlichen Werken “zur Erläuterung des Inhalts” gestattet. Blogs, die als “wissenschaftliches Werk” gelten dürfen, wird es wohl eher selten geben.
In vielen Fällen handelt es sich zwar auch um ein Missverständnis, da der zitierende Autor in gutem Glauben davon ausgegangen ist, seine Quelle sei auch der Rechteinhaber. Hier kommen wir aber zum nächsten Problem: Vielen Menschen scheint es zunehmend schwerer zu fallen, bei Werken aus ihrer Feder auf eine eventuell erfolgte Abtretung der Verwertungsrechte hinzuweisen.
Das Problem scheint mir also nicht die “Einstimmung in Richtung Schutzrechte” zu sein, sondern vielmehr ein in weiten Teilen der Bevölkerung nicht vorhandenes Wissen rund um Urheberrechte und Verwertungsrechte kombiniert mit einer ausufernden Pandemie des “Morbus Guttenberg”.