Ansichten eines Informatikers

Danischs Lebenshilfe: Allein in Urlaub

Hadmut
8.3.2020 22:22

Eine der seltsamsten Fragen, die je an mich gerichtet wurden.

Ein Leser fragt, in etwas unsicherem Ton, in Bezug auf meine Reiseberichte mit dem Wohnmobil, ob ich das immer nur so fotografiert hätte, dass ich da alleine drauf bin, oder ob ich wirklich alleine in Urlaub war und wie man das macht. Ob und wie das geht.

Ich bin irritiert.

Er hatte zuerst gefragt, ob das wirklich so war und wie ich das ertragen hätte, und ich hatte ihm geantwortet, ja, das war wirklich so, und ich habe mich sauwohl gefühlt. Ich bin auch unheimlich gerne an einsamen Stränden ganz alleine, war mal von nachmittag bis vormittag ganz allein am Leuchtturm am Nordende Neuseelands, durch einen Zufall mal ganz allein am Geysir in Rotorua, einer Haupttouristenattraktion, gerammelt voll. Und wenn man dann noch ein Wohnmobil und schlicht keinen Plan hat, außer in drei Wochen am Punkt X angekommen zu sein, also nicht mal irgendwelche Hotelpläne, und dazu noch eine Bordausstattung, die einem (rechtliche Gründe in Neusseland) als „self contained” ermöglicht, einfach irgendwo zu übernachten, weil man Klo, Dusche, Frühstücksbuffet einfach mit sich mitführt, dann finde ich das einfach wunderbar. Man muss mit niemandem diskutieren, sich mit niemandem einigen, man kann einfach mal drei Wochen lang tun und lassen, was man will, und das auch spontan. Immer der Nase nach.

Und wenn’s einem nicht gefällt (was mir down under eigentlich fast nie passiert), fährt man weiter, und wenn’s einem gefällt, dann bleibt man eben. Man kommt an einem schönen Strand vorbei, stellt sich spontan auf einen Parkplatz, springt in die Badehose und damit ins Wasser, geht vielleicht was Essen, und wenn’s gut war, bleibt man einfach, wo man ist, und macht es morgen früh einfach noch einmal. Und „früh” ist dann, wenn man Lust dazu hat. Kein Stück früher und kein Stück später.

Es ist wunderbar.

Nicht ganz verstanden habe ich aber die Frage, wie man das macht.

Darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht. Da macht man eigentlich nichts besonders als im Reisebüro „1 Person” zu sagen oder auf den Hotelbuchungsseiten oder Flugreiseseiten „1 Erwachsener 0 Kinder” anzugeben. Das ist eigentlich schon alles.

Im Gegenteil, es ist sogar deutlich einfacher, weil man bei irgendwelchen ziemlich ausverkauften Veranstaltungen nur selten noch ein Paar Sitze bekommt, aber ein Einzelsitz geht fast immer. Ich habe mal bei einem Hubschrauberrundflug in Neuseeland (2002) den billigsten gebucht (kurz mal hochfliegen und nur aus dem Heli gucken) und „musste” dann für denselben Preis beim teuersten mitfliegen (ausführliche Tour mit Landung auf dem Gletscher und Aussteigen), weil da ein Platz frei war und als einziger die billige Tour gebucht hatte. Es sie für sie billiger und einfacher, mit da mitfliegen zu lassen als extra für mich zu fliegen. Sowas passiert mir öfter. Auch Musical-Karten sind normalerweise kein Problem.

Und in muslimischen Ländern werde ich auch nicht komisch angeguckt oder gefragt, ob ich wirklich verheiratet bin.

Alles völlig einfach und unproblematisch.

Es gibt nur zwei Probleme:

  • Es ist unglaublich schwer, am Flughafen mal pinkeln zu gehen, wenn man das Gepäck noch nicht eingecheckt oder schon abgeholt hat, weil man es nicht alleine lassen kann (Diebstahl/Terroralarm), es aber auch nicht mit reinpasst.
  • Wenn man einen Mietwagen nimmt, ob nun PKW oder Wohnmobil, sollte man sich, wenn man alleine ist, je nach Landessitte immer auf die Seite setzen, wo Lenkrad und Pedale sind. Sonst fährt’s nicht los.
  • Mir ist bei Schreiben noch ein drittes und viertes eingefallen: Siehe unten.

Mehr kann ich da an Weisheiten und Ratschlägen nicht geben.

Ich hatte mal Nachbarn, ein Paar, verheiratet, sehr nett, beide Künstler, die grundsätzlich immer und ausnahmslos alleine in Urlaub gefahren sind. Wegen völlig unterschiedlicher Interessen. Sie flog gerne nach Südasien und machte da so Wellness-Ayurveda-Zeugs, ließ sich da immer zwei Wochen ölen und kneten und würzen, Yoga, Meditation, Entspannung und sowas, und hat das sehr, sehr genossen, während ihn das in den Wahnsinn trieb. Er dagegen wollte lieber Abenteuerurlaub und Action, was sie nicht abkonnte.

Ärgerlich ist eigentlich nur, dass es einfach pro Person teurer ist, weil man Hotelzimmer häufig pro Zimmer zahlt und die als Doppelzimmer entsprechend teurer sind.

Da ich morgens aber auch eine Schlafmütze bin und morgens nicht so ein extremer Frühaufsteher, und immer etwas länger brauche, bis ich meinen Krempel zusammenhabe, habe ich das auch auf diesen Rundreisen in Südafrika und Namibia immer sehr genossen, das Zimmer (und damit das Bad) komplett für mich alleine zu haben und nicht warten zu müssen.

Und das muss ich auch sagen: Ich brauche Platz. In die meisten Hotelzimmer oder eben auch Wohnmobile (selbst die großen) passe ich mit meinem Krempel gerade so rein. Weil die für eine Woche ausgelegt sind, ich da aber drei Wochen unterwegs bin und Computer und Kamera dabei habe. Bei der zweiten und dritten Reise hatte ich die großen 6-Bett-Camper (wie im Youtube-Video unten zu sehen), was von der Zahl her immer völlig übertrieben ist, weil sich das auf Kinder bezieht, man die dann mit Trichter und Schuhlöffel einfüllen muss und das dann auch nur Notbetten sind, und man da sehr schnell einen Lagerkoller bekommt, wenn man damit größere Strecken zurücklegt und damit Zeit darin verbringt. Ich habe auch kein einziges Mal 6 Leute in sowas gesehen habe, die dann aber außerhalb der Schulferien einfach billiger als mittlere Wohnmobile sind, weil sie kaum gebucht werden (lag aber vielleicht daran, dass ich selbst außerhalb der Schulferien unterwegs war). Und in dem Ding habe ich mich genau wohl gefühlt, da alleine gerade reingepasst. Meinen Krempel gerade so in die Fächer verstauen können, dass er aufgeräumt und nicht gestopft war.

Beim ersten Mal hatte ich ein Miniwohnmobil (Größe wie VW-Bus), und das war nichts. Da bin ich mir wie in einer Konservendose vorgekommen, und es hat mich fürchterlich geärgert, dass ich vom Fahrersitz auch im Regen immer außenrum laufen musste, um hinten rein zukommen (oder über die Sitze zu klettern). Der Stauraum hat nicht gereicht, ich musste das Ding morgens und abends umbauen, es war an ein paar Tagen lausig kalt, und eben kein Klo und keine Dusche. Das war damals noch nicht ganz so tragisch, weil ich oft an öffentlichen Hallenbädern übernachtet habe, die morgens um 6 öffnen und in denen man für 3-5 Dollar ein oder zwei Stunden schwimmen (und dabei gleich noch die Sanitäranlagen nutzen!) konnte. Inzwischen ist das aber anders. In Neuseeland hat man das Recht geändert, man darf nur noch mit „self contained” (also hermetisch geschlossen mit Klo und Dusche und Tank) außerhalb von Campingplätzen übernachten, manche Hallenbäder aus Geldmangel und viele öffentliche Toiletten aus Vandalismus oder Benutzungsunfähigkeit nachts geschlossen. Trotzdem war ich damals nach 3 Wochen froh, aus der kleinen Büchse rauszukommen, während ich in den großen auch gerne länger geblieben wäre. Dafür sind die wirklich nicht für die großen Städte tauglich. Ich hatte bei der Rückgabe versucht, mein Zeug vorher in Auckland im Hotel Innenstadt auszuladen, sie hatten aber morgens noch kein Zimmer frei, weshalb der Plan scheiterte. Mit dem Riesen-Ding aber in einer extrem engen Seitenstraße voller Lieferfahrzeuge noch in eine enge Lieferzufahrt zu fahren und dann auch rückwärts wieder raus, dazu muss man, naja, man muss fahren können.

Und damit kommen wir doch zu einem dritten Problem, wenn man alleine unterwegs ist:

Rückwärts fahren.

Wenn man keinen dabei hat, der aussteigen und einen einweisen und warnen kann, wenn man irgendwo dagegenfährt. Denn das kann teuer werden, weil solche Schäden am Dach, wenn man irgendwo dagegenfährt, ausdrücklich von der Versicherung ausgenommen sind. Die muss man selbst zahlen. Und das Mobil, mit dem ich untewegs war, hatte auch schon mal einen deutlichen Dachschaden (im Gegensatz zum Fahrer, wohlgemerkt), den die mit Kunstharz und Glasfasermatten repariert hatten. Kommt vor.

Dabei habe ich übrigens festgestellt, dass eine Drohne auch wunderbar geeignet ist, um das Dach des Wohnmobils zu inspizieren.

Apropos Drohne: Man hat alleine auch das „Problem”, sich nicht ohne weiteres selbst fotografieren zu können. Wenn man das aber überhaupt will, gibt es dafür Selfiesticks und kleine Drohnen.

Bei meiner ersten Neuseelandreise 2002 war das digitalphotographisch noch ziemlich schwierig, ich hatte damals einen A5-großen Miniaturnotebook und einen kleinen flachen externen CD-Brenner (mit PCMCIA-Anschluss) dabei. Ein Singapur-Chinese aus meiner Reisegruppe hatte mich damals gebeten, ob ich ihm seine Karten auch mal brennen kann, weil seine Speicherkarten voll waren. Habe ich natürlich gerne gemacht, und er hatte mich sogar gebeten, die Bilder auf der Platte zu lassen, damit ich sie mir dann nach der Rückkehr nach Deutschland ansehen kann. Ich dachte, ich steh im Wald, als ich die sah. Auf jedem, wirklich jedem, ausnahmslos jedem Foto stand immer seine (nicht sonderlich hübsche) Freundin völlig lustlos wie Pik-7 mit hängenden Armen und teilnahmslosem Blick auf immer dieselbe Weise im Bild vor irgendwas. Gebäude, Felsen, Landschaften. Man konnte sich da durchklicken und es haben im Prinzip immer nur die Hintergründe gewechselt, die Freundin stand immer an der selben Stelle mit demselben Gesichtsausdruck und derselben Haltung im Bild. Hätte die sich nicht doch geringfügig bewegt und jeden Tag was anderes angehabt, hätte man gedacht, die hätten die überall reinkopiert.

Und das ist der Vorteil des Alleinreisens: Man muss nicht immer dieselbe Person fotografieren (sofern man von Selfies Abstand nimmt). Und mich guckte auch niemand eifersüchtig an, wenn ich hübsche Mädels fotografierte.

Lasst es mich mal so sagen: Wer so weit ist, dass er sich morgens ohne Mutti allein anziehen kann, der kann auch alleine in Urlaub fahren. Alleine in Urlaub ist grundsätzlich nicht anders als alleine zuhause, nur woanders.

Wer mit alleine zuhause schon Probleme hat oder das nicht kennt, sollte das erst mal hier üben. Oder ne Kreuzfahrt buchen. Da gibt’s angeblich kein Alleine.

Nachtrag: Ich habe auch schon zweimal lautstark „Ehekrach” im Nachbarwohnmobil erlebt. Muss ich nicht haben.