Ansichten eines Informatikers

Wie man ein Kugelpanorama macht…

Hadmut
9.4.2020 0:13

Leser fragen: Wie geht das?

Da gebe ich zwei Antworten.

Früher

Vor 10 Jahren (da hatte ich mir gerade die Nikon D300s gekauft) habe ich damit schon mal rumgespielt, allerdings nur zu horizontalen Panoramaaufnahmen. Habe ich damals vor allem in Neuseeland und Kapstadt gemacht. Man braucht ein stabiles Stativ, einen Nodalpunktadapter (Ein Gestell, mit dem man den optischen Mittelpunkt/Brennpunkt im Objektiv zum Drehpunkt machen kann) und entsprechende Stativanschlüsse für die Kamera. Und einen Kabelauslöser.

Dann muss man das alles sorgfältig in allen vier Einstellebenen präzise einstellen, damit keine Paralaxenfehler entstehen.

Dann stellt man das Stativ auf, sorgt dafür, dass es genau horizontal eingestellt ist. Höllisch sorgfältig darauf achten, dass man die Kamera richtig einstellt (Manuell Belichtung, manuell Fokus, passende Blende, passende Belichtungszeit, unbedingt RAW-Aufnahmen), wenn möglich auf Zeitbelichtungsreihe. Dann versucht man, möglichst zügig in jede Richtung eine Bildreihe zu machen und zu hoffen, dass sich währenddessen nicht viel ändert (Autos, Fußgänger, Wolken, Bäume im Wind), damit die Bilder aneinander passen. Man kommt leicht auf 40 oder mehr Fotos.

Will man ganze Kugelpanoramen machen, macht man dasselbe, aber schwieriger, denn man muss die Kamera einmal 45° nach oben richten und fotografieren, und das ganze nochmal 45° nach unten, wieder auf den Nodalpunkt achten.

Dann lädt man das alles auf einen leistungsstarken Rechner mit passender Software, wandelt die Bilder zuerst mit gleichen Einstellungen nach TIFF o.ä. , lädt die dann in eine Panorama-Software (z. B. hugin unter Linux) und lässt die Bilder in einem aufwendigen Verfahren stitchen, muss dann noch Stitching-Fehler und Ghost-Bilder per Hand korrigieren.

Dann das Stativ aus dem Foto per Stempel-Tool entfernen oder abdecken.

Dann muss man die Projektion von equirectangular in stereographisch umwandeln.

Alles in allem durchaus 20 bis 30 Minuten Arbeit.

Heute

Man kauft sich eine kleine Kugelpanorama-Kamera, hält sie einfach in die Luft und löst aus. Dann schiebt man das Bild auf dem Handy mit dem Finger hin und her, bis es einem gefällt und drückt „Speichern”. Fertig.

Vergleich

Die Qualität kann dabei sehr hoch werden, die Auflösung auch, und weil man dabei immer hinter der Kamera steht und sich mitdreht, kann man das so machen, dass man selbst nicht im Bild ist. In vielen Fällen hat man aber erfahrungsgemäß trotzdem Paralaxen-Fehler, weil man den Nodalpunktadapter nicht wirklich exakt einstellen kann, und Ghosting-Fehler, weil die Bilder nicht gleichzeitig erfolgen und sich die Umwelt durch Wind, Vögel, Menschen, Autos, Wellen usw. ständig verändert, und das dann nicht zusammenpasst. Will man hohe Qualität für Wandposter, geht es kaum an der Methode vorbei.

Die Qualität des neuen Verfahrens ist anders. Durch die extremen Objektiven (Fisheye mit winzigen Kameras) ist die Auflösung begrenzt.

Weil es nur zwei Fotos gibt und die beide gleichzeitig gemacht werden (die Kamera hat zwei Objektive, eins vorne, eines hinten, demnächst soll eine im Format eines Kugelschreibers mit drei Kameras rauskommen), gibt es die Probleme mit bewegter Umwelt, Ghosting usw. gar nicht, man kann auch in Menschenmengen, mit Verkehr usw. problemlos fotografieren, ist aber (sofern man nicht den Zeitauslöser verwendet) zwangsläufig immer selbst mit auf dem Bild (was mir jetzt nicht so gefällt).

Die Qualität als Auflösung ist deutlich niedriger, reicht aber für Webseiten völlig (die Bilder von heute hatte ich noch auf 50% runterskaliert). Dafür hat es den großen Vorteil, dass es nur eine Belichtungszeit gibt.

Wie man leicht am den Beschriebungen sieht, ist das neue Verfahren deutlich einfacher und leichter, braucht viel weniger Arbeitszeit und man muss dafür eigentlich technisch/optisch nichts verstanden haben. Man muss nichts einstellen und wischt nur ein bisschen mit dem Finger auf dem Handy rum, wie einem der Bildausschnitt gefällt. Nichts mit Mathematik. Völlig laien- und kindertauglich, kann man sich durch ausprobieren in ein paar Minuten alles selbst erfummeln.

Zudem sind diese kleine Kameras deutlich leichter und kleiner, also für Reisen besser geeignet, als ein Nodalpunktadapter, noch dazu mit Stativ. Für so eine morderne Kugelpanoramakamera braucht man nur den mitglieferten Handgriff oder einen Selfiestick (geht allerdings auch nur bei genug Licht, nicht bei Nacht).

Der Riesen-Unterschied ist aber: Mit den neuen Kameras kann man auch Videos aufnehmen. Und dann nachträglich Kameraschwenks und so weiter simulieren, obwohl man die Kamera nicht bewegt hat.

Noch ein Unterschied: Das alte Verfahren ist Arbeit, Schlepperei, Stativ usw., anstrengend. Das neue ist easy, kleine Kamera, Selfiestick, Handy, mehr braucht man nicht. Macht Spaß.

Kosten: Ab ca. 200 Euro (damit z. B. das da gemacht), was besseres mit ordentlichem Ton und Display bei ca. 500 Euro (die aktuellen).

Es gibt auch für ca. 60 Euro aus China eine keine USB-Aufsteckkamera mit zwei Objektiven, die aber zwingend das Handy braucht. Ich hatte mal ein Panoramafoto im Blog, das aussah, als hätte ich das von außen aus dem Flugzeug als Blick ins Innere gemacht. Das war mit so einem Aufsteckdings gemacht.