Ansichten eines Informatikers

Der Dünnschiss der Rechtsanwältin

Hadmut
11.4.2020 22:10

Oh, da habe ich viele Vorwürfe bekommen.

Ich hatte doch vorgestern etwas kritisch darüber geschrieben, dass eine Rechtsanwältin die Corona-Maßnahmen mit Grundrechtsverletzungen in Verbindung bringt und vor das Bundesverfassungsgericht damit wollte. Vor allem hatte ich geschrieben, dass Artikel 20 kein Widerstandsrecht gegen einzelne Grundrechtsverletzungen hergibt, kann nicht mehr machen, was er will, sondern an die Abschaffung der Rechtsordnung und den Umstand gebunden ist, dass andere Abhilfe nicht möglich ist. Das vor dem Bundesverfassungsgericht einzuklagen ist ein Widerspruch in sich, denn bekäme man Hilfe vom Bundesverfassungsgericht, wäre das ja eine mögliche Abhilfe. Es müsste also schon darauf hinauslaufen, dass man das auch das Bundesverfassungsgericht als solches sabotiert und außer Funktion setzt (was ich allerdings damit, wie man die Genderprofessoren Susanne Baer da reinschleuste, schon erfüllt gesehen habe, denn die ist die fleischgewordene Verfassungssabotage – in Bezug auf Corona sehe ich das jetzt aber nicht).

Dass ich mich zu Artikel 20 und dazu geäußert habe, dass ich in den Corona-Maßnahmen keine Grundlage für ein Widerstandsrecht sehe, haben mir eine Reihe von Leuten ziemlich übel genommen und mir das auch an den Kopf geworfen. Die Dame hat einige Fans und Anhänger, besonders seit dieser Kapriole.

Ob ich denn ihr 19-seitiges Pamphlet nicht gelesen hätte. Nein. Wie auch, die Webseite war ja down. (Das wäre meines Erachtens ein wichtiger und zu beleuchtender Punkt gewesen, denn es hieß ja, die Polizei habe das veranlasst, aber darüber schien sich niemand aufzuregen.) Inzwischen ist die Webseite wieder oben, und weil mir mehrere Leute das 19-Seitige Pamphlet geschickt und verlangt hatten, ich möge es lesen um Erleuchtung zu erlangen, hole ich das jetzt nach, was versäumt zu haben man mir so harsch vorwarf.

Leute, das hättet Ihr nicht tun sollen, wenn Euch an der Dame was liegt. Denn nachdem ich das gelesen habe, packe ich die Schöpfkelle zwei Nummern größer aus.

Es heißt übrigens, dass sie nach dem Scheitern ihrer Verfassungsbeschwerde – genauer gesagt des Eilantrages – ihre Anwaltszulassung zurückgegeben hat.

Das ist auch besser so.

Denn das Bundesverfassungsgericht hat ihren Antrag nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen, wie bei diesem anderen Antrag, sondern aus formalen Gründen zurückgewiesen. Man kann nämlich (und das gilt für alle anderen Gerichtsverfahren genauso) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes bis zur Entscheidung in der Hauptsache immer nur das regeln lassen, was Inhalt des Hauptstreites ist, und nicht irgendwas anderes. Weil die Verfassungsbeschwerde aber auf die in Art. 93 GG (insbesondere Nummer 4a) genannten Fälle beschränkt ist, kann man Verfassungsbeschwerde nicht auf alles, oder was einem gerade wichtig erscheint, sondern nur auf diese Fälle hin erheben. Und folglich auch die einstweilige Anordnung/Verfügung nur diesbezüglich beantragen. Und sie hat etwas beantragt, was sie mit einer Verfassungsbeschwerde nicht verfolgen kann. Das geht ganz einfach nicht. Und die Feststellung, dass der Bestand gefährdet sei, damit sie ihr Widerstandsrecht ausüben kann, ist nichts, was man einklagen kann. Zwar benennt dieser Artikel 93 Nr. 4a auch explizit den Artikel 20 Nr. 4, aber er setzt voraus, dass man in diesem Recht verletzt worden ist (oder es behauptet). Da kann man hinterher klagen. Man kann nicht einklagen, dass man vom Bundesverfassungsgericht grünes Licht bekommt um künftige Widerstandshandlungen durchzuführen. Das Bundesverfassungsgericht stellt legal keine Lizenzen aus, gegen geltendes Recht zu verstoßen (auch wenn sie manchmal faktisch tun und danach stinken).

Außerdem rügt das Bundesverfassungsgericht, dass nicht ausreichend vorgetragen wurde. Das steht eigentlich in jedem Buch über das Verfahren der Verfassungsbeschwerde, dass man die einstweilige Anordnung auf zwei Arten beantragen kann: Erstens zusammen mit oder nach der Verfassungsbeschwerde, damit das Gericht weiß, worum es geht und wie die Hauptbeschwerde aussieht. Oder wenn es wirklich pressiert, dann auch vorher, den sogenannten „isolierten Antrag”, aber zumindest mit der Darlegung, was man mit der Beschwerde verfolgen will und dass das zulässig und begründet wäre (also quasi so eine Kurzvorausschau der Beschwerde). Beides hat sie anscheinend nicht getan.

Und wenn mandirekt zum Bundesverfassungsgericht geht ohne vorher bei den Fachgerichten gewesen zu sein, ohne Rechtswegserschöpfung, muss man das auch besonders begründen. Hat sie wohl auch nicht getan.

Das sind rein formale Fehler. Handwerkliche Fehler.

Und weil mich einige angurkten, wie ich mir Kritik an der Anwältin erlauben könnte, ob ich vielleicht über ein heimliches Jura-Studium und Berufserfahrung verfügte, die mich in die Lage versetzten, eine Juristin zu kritisieren. Nein. Ich habe nicht Jura studiert. Gewisse Berufserfahrung schon, aber die würde man hier nicht anerkennen. Nee, das hat einen ganz anderen Grund. Ich habe damals für die Verfassungsbeschwerde und die Beantragung einer einstweiligen Anordnung Bücher darüber gekauft, was dabei zu beachten ist, und die vorher gelesen. Da stand das drin.

Oder beispielsweise, dass man darzulegen hat, dass man selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen ist. Das sind so die Basics. Die einfachsten Anforderungen. Weil es verfassungsrechtlich keine Empörungs- oder PR-Beschwerden gibt. Steht da auch drin. Und wenn ich mich jetzt richtig erinnere (müsste ich aber nochmal nachschauen), sogar im Merkzettel des BVerfG zur Verfassungsbeschwerde für Laien. Sogar das hat sie falsch gemacht.

So schrieb mir jemand

Danke

für den erhellenden Beitrag “Komische Rechtsanwältin”!

Es gibt wohl kaum ein Beispiel, welches klarer Ihre absolute Selbstüberschätzung zeigt.
Es sei denn, Sie haben eine bisher nicht veröffentlichte solide juristische Ausbildung und einige Jahre Berufspraxis auf dem Gebiet.
Ansonsten wüsste ich nicht, woher Sie Ihre Selbstgewissheit nehmen, die verschiedenen Grundgesetzparagraphen kontextfrei und abschließend bewerten zu können.

Chapeau!
In einer Welt wie dieser scheinen Informatiker wirklich zentrale Experten zu sein. Zumindest manche.

Berufspraxis habe ich tatsächlich. Ansonsten bin ich des Lesens mächtig und habe Tausende von Urteilen gelesen. Und damit schon öfters Leute mit „solider juristischer Ausbildung” nassgemacht. Deren Wissen ist nach dem Studium erfahrungsgemäß nämlich häufig verdammt dünn, und nicht selten selbst das von „Staatsrechtslehrern”.

Oder anders gesagt: Im Ablehnungsbeschluss des Bundesverfassungsgerichts steht ja nicht einmal, dass sie materiell/verfassungsrechtlich nicht Recht hätte, sondern dass der Antrag vor Laienfehlern nur so strotzt. Obwohl die Dame „solide juristische Ausbildung” und „Jahre Berufspraxis” hat. Aber zu doof, den Antrag wenigstens formal richtig zu stellen.

Schauen wir also mal in das angeblich so erleuchtende 19-seitige Pamphlet.

Was mir daran durchgehend auffällt, ist, dass kaum oder keine Argumentation enthält, sondern vor Empörungs- und Suggestivsprache strotzt. So „Behauptet” und „angeblich” und sowas. Das kann man durchaus machen, das ist grundsätzlich akzeptabel, aber wenn nur sowas kommt, dann ist das halt nichts.

So wird auf Seite 3 empörend gewettert, was die Regierung mache, ohne einen einzigen Beleg. Nichts nachprüfbar, nichts konkret, alles nur nebulöse Meinung.

Wir gesunden und friedlichen Menschen werden plötzlich kriminalisiert und wissen gar nicht, wie uns geschieht!

Das ist Emotional-Blabla und keine juristische Begründung. Wenn man ohne Sicherheitsgurt fährt, bekommt man auch eine drauf, obwohl man noch gesund und friedlich ist. Weil das beim Unfall schnell anders sein könnte und Versicherungen dann zahlen müssen.

Seit zwei Wochen tragen 11 Millionen Menschen in Baden-Württemberg und 83 Millionen Menschen in ganz Deutschland die ihnen auferlegten Verbote in unglaublich bewundernswerter Weise. Uns allen werden in diesen Wochen teilweise ganz enorme Opfer abverlangt, deren gesundheitliche, finanzielle und existentielle Auswirkungen derzeit noch überhaupt nicht absehbar sind.

Emotionaldünnschiss, sonst nichts.

Ob und inwieweit wir durch diese Opfer tatsächlich Menschenleben retten, können nur die Ärzte und weitere medizinische Experten beurteilen. Nur sie wissen, ob diese einmaligen und radikalsten Maßnahmen aller Zeiten zur Bekämpfung einer Epidemie wirklich medizinisch notwendig und erforderlich sind.

Ja, und? Das reicht doch. Eine Gefahr ist nicht erst dann eine Gefahr, wenn wirklich jeder Depp sie begriffen hat.

Nach Ansicht der überwiegenden Mehrheit der Epidemiologen sind solche Maßnahmen jedoch gerade nicht notwendig und werden seit Wochen kritisiert.

So? Sind sie das? Worauf beruht die Ansicht? Wieder so wie beim Klima?

Sind wir wirklich verpflichtet, diese unglaublichen Verbote stillschweigend und klaglos zu akzeptieren? […]

Meine sorgfältige Prüfung der Rechtslage hat ergeben, dass dies nicht der Fall ist. Auch die aktuelle Corona-Epidemie kann – ebenso wie künftige Epidemien – unter keinem rechtlichen Aspekt diese brutalen Maßnahmen und die Denunziation unserer eigenen Mitbürger legitimieren.

Komisch, eingangs hatte sie noch behauptet, sie habe das prüfen lassen. Jetzt plötzlich will sie es selbst geprüft haben. Und was ist das für eine Aussage „brutale Maßnahmen” und „Denunziation unserer eigenen Mitbürger”?

Ich werde nachfolgend darlegen, weshalb ich zu diesem Ergebnis komme und weshalb ich daher die Corona-Verordnungen aller Bundesländer für eklatant verfassungswidrig halte. Ich werde auch darlegen, weshalb die Corona-Verordnung sogar das gefährliche Potential hat, unser Grundgesetz, unsere Grundrechte und unsere freiheitlich demokratische Grundordnung in nur wenigen Wochen profund und endgültig zu vernichten. Diese dramatischen Konsequenzen können nur verhindert werden, indem wir den Rechtsweg in unserem bislang gut funktionierenden Rechtsstaat beschreiten. Wir alle müssen die Corona-Verordnungen durch die Gerichte auf ihre Übereinstimmung mit der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland überprüfen lassen.

Dünnschiss.

Da kommt nämlich nichts an Darlegung, und dazu müsste man auch 16 Darlegungen liefern, für jedes Bundesland eine. Und das „Potential haben zu vernichten” ist auch keine Verfassunbeschwerde, denn Artikel 93 setzt voraus, verletzt zu sein und nicht, eine Verletzung zu befürchten. Und wenn man Konsequenzen verhindern will, heißt das, dass sie noch nicht eingetreten sind. Es gibt aber keine prophylaktische Verfassungsbeschwerde. (Das heißt, doch, es gibt sie, aber nur in den eng begrenzten Fällen, in denen man darlegen kann, dass man dann, wenn die Verletzung eintritt, keine Beschwerde mehr erheben kann, etwa weil man davon nichts weiß o.ä.)

Und man kann auch keine Gerichte beauftragen, mal irgendwas auf Übereinstimmung zu prüfen. Gerichte sind kein TÜV, bei dem man ein Gesetz zur allgemeinen Untersuchung vorfährt. Entweder, man belegt klar und deutlich, wo es verstößt, oder man hat verloren.

Beschränkung fast aller Grund- und Freiheitsrechte der Bürger

Denn durch die vielfachen Verbote der Corona-Verordnung werden in absolut einmaliger Weise seit dem Beginn der Bundesrepublik die folgenden Grundrechte beschränkt bzw. verletzt:
− Die Würde des Menschen, Art. 1 GG
− Das Recht auf Handlungs- und Bewegungsfreiheit und das Recht auf freie
Entfaltung der Persönlichkeit, Art. 2 Abs. 1 GG
− Die unverletzliche Freiheit der Person, Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG
− Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG
− Das Recht auf ungestörte Religionsausübung, Art. 4 Abs. 2 GG
− Die Versammlungsfreiheit als Recht der Deutschen, sich ohne Anmeldung
oder Erlaubnis friedlich zu versammeln, Art. 8 Abs. 1 GG
− Die Vereinigungsfreiheit als Recht, Aktivitäten innerhalb eines Vereins o-
der einer Gesellschaft auszuüben, Art. 9 GG
− Die Berufsfreiheit in Gestalt der freien Berufsausübung, Art. 12 Abs. 1 GG

Abgesehen davon, dass das eben nicht „fast alle” sind, wäre das ein prima Aufmacher, wenn danach für jedes eine Begründung kommt. Kommt aber nicht. Da kommt gar nichts.

Wieso mich die Corona-Maßnahmen in meiner Menschenwürde verletzen sollten, verstehe ich nicht. Ich fühle mich in meiner Menschenwürde überhaupt nicht angetastet. (Muss aber für alles herhalten.)

Auch beim Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit sehe ich nicht, wie das gegen die Maßnahmen sprechen könnte, das spricht dafür.

Die Versammlungsfreiheit unter freiem Himmel (Art. 8) kann durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes beschränkt werden (was sie nicht erwähnt).

Von Aktivitäten innerhalb des Vereins steht in Art. 9 GG nichts. Ich bin im Vorstand eines Vereins und sehe mich durch die Maßnahmen darin überhaupt nicht beeinträchtigt.

Und in Artikel 12 GG steht, dass die Berufsausübung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden kann. Erwähnt sie ebenfalls nicht.

Abgesehen davon, dass das vorne und hinten ziemlich wackelt, ist das alles auch nicht allgemeingültig oder offenkundig. Man müsste es begründen und darlegen. Tut sie aber nicht. Sie behauptet es einfach ins Blaue.

Vielmehr sind der Staat, die Gesetzgebung, die Regierungen und die Rechtsprechung in Deutschland ausdrücklich zur Wahrung und zum Schutz der Grundrechte verpflichtet. Denn die Grundrechte sind für alle Staatsorgane bindendes Recht, Art. 1 Abs. 3 GG. Insbesondere ist die Würde des Menschen unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt, Art. 1 Abs. 1 S. 2 GG. Die Corona-Verordnungen der Landesregierungen verletzen diese rechtsstaatlichen Prinzipien auf bisher nie gekannte Weise und sind damit eklatant verfassungswidrig.

Dummes Geschwätz. Etwas ist nicht deshalb „eklatant verfassungswidrig”, weil es „nie gekannt” ist. Nur weil es neu ist, ist es nicht automatisch eklatant. Und was es mit der Menschenwürde zu tun haben soll, kann ich auch nicht erkennen. Denn schließlich beruhen die Maßnahmen auf der Verpflichtung, die Grundrechte zu schützen. Die Grundrechte anderer. Die aber kommen bei ihr gar nicht erst vor. Andere haben keine Rechte.

Nun könnte es ja sein, dass sie was sieht, was ich nicht sehe, und deshalb müsste eine Begründung kommen. Kommt aber nicht. Nur heiße Luft.

Das Infektionsschutzgesetz stammt aus dem Jahr 2000 und hat sich in den letzten 20 Jahren ganz hervorragend bewährt. Es sah schon immer eine Vielzahl wirksamer Maßnahmen und Regelungen zur Bekämpfung von Epidemien vor. Es gab daher – trotz der aktuellen Corona-Epidemie – keinerlei Veranlassung für eine Änderung dieses Gesetzes in aller Windeseile.

Blödsinn. Es hat sich nicht bewährt, weil es noch nie – jedenfalls nicht in der Breite – angewendet wurde. Wobei soll es sich denn bewährt haben?

Davon abgesehen ist der Gesetzgeber auch nicht darauf angewiesen, zur Änderung eines Gesetzes eine „Veranlassung” zu haben. Der Gesetzgeber arbeitet aufgrund demokratischer Legitimierung, und kann Gesetze auch ohne „Veranlassung” ändern.

Zweck des Infektionsschutzgesetzes ist es, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern, § 1 Abs. 1 IfSG.

Ja. Und?

Das Infektionsschutzgesetz sieht Maßnahmen einerseits bei konkret benannten meldepflichtigen Krankheiten (wie etwa Cholera, Diphterie, Tollwut, Typhus oder Pest) sowie andererseits bei Nachweisen von Krankheitserregern (wie etwa Ebola, Dengue-Virus, MERS, Poliovirus oder Salmonellen) vor, §§ 6, 7 IfSG. Obwohl das Infektionsschutzgesetz seit Auftreten des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 mehrfach, zuletzt am 27.3.2020, geändert wurde, findet sich das Coronavirus SARS-CoV-2 nicht im Infektionsschutzgesetz, und zwar weder in der Aufzählung des § 6 noch in der Aufzählung des § 7 IfSG.

Das Infektionsschutzgesetz soll auf SARS-CoV-2 nicht anwendbar sein?

§§ 6 und 7 regeln aber nicht die Anwendbarkeit, sondern nur die Meldepflicht. Vielleicht ist das beim derzeitigen Status gar nicht sinnvoll, den Krankenhäuser zusätzlich noch Meldepflichten aufzubürden?

Das Infektionsschutzgesetz gestattet zur frühzeitigen Erkennung von Infektionen und zur Verhinderung ihrer Weiterverbreitung schon immer eine Vielzahl geeigneter und bewährter Maßnahmen, für die die jeweiligen Gesundheitsämter zu-
ständig sind.

Es verpflichtet die Gesundheitsämter bei Verdacht einer übertragbaren Krankheit zunächst zur Durchführung von Ermittlungen, § 25 IfSG. Das Infektionsschutzgesetz verpflichtet sodann zur konkreten Feststellung einer Infektion oder des Verdachts einer Infektion, § 28 Abs. 1 IfSG. Es müssen somit zunächst Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt
werden.

Das hatten wir doch aber neulich schon, dass die Gesundheitsämter da nicht hinterher kommen. Und dass das bei SARS-CoV-2 nicht funktioniert, weil man auch symptomfrei und trotzdem ansteckend sein kann.

Maßnahmen gegenüber gesunden Dritten dürfen hingegen nur ganz ausnahmsweise angeordnet werden. Voraussetzung ist zunächst auch hier, dass das Gesundheitsamt zuvor in seinem Zuständigkeitsbereich Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt hat, § 28 Abs. 1 S. 2 IfSG. Voraussetzung ist ferner – aufgrund des verfassungsrechtlichen Gebots der Verhältnismäßigkeit allen staatlichen und behördlichen Handelns – auch die Notwendigkeit und Erforderlichkeit der angeordneten
Maßnahmen.

Sie räumt doch ein, dss Maßnahmen gegenüber gesunden Dritten nur ganz ausnahmsweise angeordnet werden dürfen. Ist SARS-CoV-2 keine solche Ausnahme? Wann, wenn nicht jetzt, liegt eine solche Ausnahme vor? Was soll denn kommen, das eine solche Ausnahme rechtfertigt?

Verhältnismäßigkeit mit Bezug auf Erforderlichkeit und Notwendigkeit ist der erste valide Punkt, den ich in diesem Pamphlet sehe. Aber dazu müsste man belegen, dass auch ein geringeres Mittel ausreichend gewesen wäre. Und dazu sagt sie nichts.

Selbst wenn man darlegen würde, dass das Infektionsschutzgesetz die Maßnahmen nicht hergibt – und bei § 28 IfSG gehen die Maßnahmen anscheinend wirklich weiter als der Gesetzestext – müsste man darlegen, dass auch kein anderes Gesetz das hergibt. Ich habe das aber in früheren Blogartikeln schon beschrieben, dass auch das Grundgesetz selbst unmittelbaren Handlungszwang liefern kann, weil sich der Gesetzgeber sonst durch lückenhafte Gesetze seiner Handlungspflicht entziehen könnte. So hat das ja auch das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung über den anderen Antrag gesehen.

Die Ausgeh- und Betretungsverbote des Landes Baden-Württemberg verstoßen somit nicht nur gegen das Infektionsschutzgesetz. Sie verstoßen auch gegen die Masernentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat bereits in seiner Entscheidung vom 22.3.2012 (BVerwG 3 C 16.11) festgestellt, dass ein Schulbetretungsverbot gegenüber einem gesunden Jungen, der nicht gegen Masern geimpft war, keine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 IfSG darstellt und somit rechtswidrig ist.

Wenn also das Bundesverwaltungsgericht bereits ein Schulbetretungsverbot auf Basis des § 28 IfSG gegenüber einer einzigen gesunden Person für rechtswid-rig erklärt, dann muss es für alle Landesregierungen, die immerhin auch ein Justizminister haben, folgendes offen und klar auf der Hand liegen: Die umfassenden Kontaktverbote und Schließungen von Einrichtungen dürfen sich niemals an 11 Millionen gesunde Bürger in Baden-Württemberg bzw. niemals an 83 Millionen gesunde Bürger in der Bundesrepublik richten.

Was für ein Dünnschiss.

Wieder mal die übliche Juristenschlamperei, nur aus Kommentaren einzelne Sätze zu zitieren und nicht die ganze Entscheidung zu lesen. Hier ist sie.

  1. Da ging es nicht um eine weltweite Pandemie, sondern um Masern in einer benachbarten Schule.
  2. In der Schule, die der Junge nicht mehr betreten sollte, waren gerade alle bis auf 9 Schüler geimpft worden, es bestand also fast keine Gefahr, dass sich jemand beim Jungen anstecken kann.
  3. Es ging nicht um die Frage, ob das Betregungsverbot generell rechtswidrig ist, sondern darum, ob die Behörde es wegen Gefahr im Verzuge ohne Anhörung verhängen durfte.

    Laut Gericht sind Anordnungen bei Gefahr im Verzug durchaus ohne Anhörungen möglich, nur hat es die hier eben nicht gesehen, weil
    die Schüler schon fast alle geimpft waren.

  4. Im Gegenteil steht in dem Urteil sogar, dass die Behörden auch über die Maßnahmen dort hinausgehen können, wenn erforderlich. Es steht sogar drin(Rn. 28)

    Ein auf § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG gestütztes Betretungsverbot gegenüber Ansteckungsverdächtigen kann namentlich in Betracht kommen, wenn in einer Schule oder sonstigen Gemeinschaftseinrichtung eine hoch infektiöse Krankheit wie die Masern ausgebrochen ist, deren Erreger von einer Person bereits übertragen werden können, bevor bei ihr Krankheitssymptome erkennbar sind. Dabei können mit einem Schulbetretungsverbot auch Ansteckungsverdächtige belegt werden, die zuvor die Teilnahme an einer von der Gesundheitsbehörde angebotenen postexpositionellen Masern-Schutzimpfung (Riegelungsimpfung) abgelehnt haben. Der Einwand, von dem Betretungsverbot gehe eine unzulässige indirekte Impfpflicht („faktischer Impfzwang“) aus, geht fehl. Das Angebot, an einer nach dem Stand der medizinischen und epidemiologischen Wissenschaft (vgl. § 1 Abs. 2 IfSG) empfohlenen Schutzimpfung (§ 2 Nr. 9 IfSG) teilzunehmen, ist eine zulässige Schutzmaßnahme im Sinne von § 28 Abs. 1 IfSG.

    Wenn also Leute die Krankheit übertragen können, bevor die Symptome bei ihnen selbst erkennbar sind, kann man nicht geimpften Leuten das Betreten verbieten.

Das habe ich schon so oft erlebt. Das geht mir an Juristen so gewaltig auf den Sack. Die suchen sich irgendwas aus einem Rechtskommentar raus, wo dann eine Entscheidung in einem oder einem halben Satz zusammengefasst ist, zitieren dann zeternd das Aktenzeichen, und in der Entscheidung steht dann was anderes. Schon so oft erlebt. Viele Rechtsmeinungen und Gerichtsurteile sind falsch, weil die Juristen notorisch so schlampen.

Der eigentliche Ansatzpunkt wäre gewesen, dass das Infektionsschutzgesetz zunächst mal davon ausgeht, Ansteckenden oder Ansteckungsverdächtigen den Zugang zu verwehren, nicht etwa Gesunden, damit sie sich nicht anstecken. Ich persönlich halte das beim Ausmaß der Pandemie und dem Fehlen einer Impfung aber für vertretbar, es gleichzusetzen, weil der infizierte Gesunde sogleich selbst Ansteckungsverdächtiger wird. Und weil wir hier von anderen Maßstäben sprechen.

Daher ist die landesweite Schließung fast aller Einrichtungen und Geschäfte ohne jedwede Gefahr einer Ansteckung durch diese Einrichtungen und Geschäfte durch keine Rechtsnorm des Infektionsschutzes und auch durch keine andere Regelung berechtigt.

Ohne jedewede Gefahr einer Ansteckung?

Und wie breitet sich das Virus dann weltweit aus?

Zwar kann das Gesundheitsamt durchaus berufliche Tätigkeitsverbote aussprechen. Zulässig ist diese sehr gravierende Maßnahme jedoch grundsätzlich nur gegenüber Personen, die als Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider konkret festgestellt wurden, §§ 28 Abs. 1, 31 und §34 IfSG. Sind Ladeninhaber also nachweislich nicht infiziert oder gefährdet, dann darf ihnen gegenüber auch kein Tätigkeitsverbot ausgesprochen werden.

Und wie soll das gehen? Die Krankenhäuser sagen schon, dass sie ihr Personal nicht testen können, weil ein negatives Testergebnis nicht sagt, dass derjenige sich nicht eine Stunde später auf dem Gang ansteckt. Davon abgesehen ist ja in vielen Fällen auch nicht der Laden und die Tätigkeit als solche verboten, sondern nur das Betreten. Händler dürfen nach wie vor versenden (was sie bei einem Verbot des Geschäfts eben nicht mehr dürften), und Restaurants dürfen Speisen zum Mitnehmen anbieten. Es ist also nicht die Berufstätigkeit oder das Führen des Geschäfts als solches, sondern nur der Publikumsverkehr untersagt. Deshalb ist auch das Geschäft nicht geschlossen, wie sie schreibt. Es gibt Restaurants, die werden etwa aus hygienischen Gründen geschlossen, weil sie die Küche nicht sauberhalten. Die dürfen dann gar nicht mehr kochen, auch nicht zum Mitnehmen. Das ist etwas grundsätzlich anderes, als wenn man nur sagt, der Kundenverkehr ist nicht erlaubt.

Es ist also schon sachlich falsch. Erst bei solchen, die das nur persönlich ausüben können, wie Friseure, wird es zu einem Tätigkeitsverbot.

Und so weiter und so fort. Ich überspringen mal ein paar Seiten gleichartigen Geblubbers.

Es ist den Bürgern in Baden-Württemberg – ebenso wie allen 83 Millionen Menschen in Deutschland – wegen des Verbotes der Versammlung von mehr als zwei Personen im öffentlichen Raum untersagt, gegen diese Beseitigung der verfassungsmäßigen Ordnung zu demonstrieren. Denn ein Verstoß gegen die Kontaktbeschränkung wird mit radikalen polizeilichen Maßnahmen unter Androhung erheblicher Bußgelder und Polizeigewahrsam verfolgt. Dies ist ebenfalls ein unerhörter und unfassbarer Eingriff in das verfassungsrechtliche Grundrecht der Versammlungsfreiheit des Art. 8 GG!

Unerhört? Unfassbar? Was soll der Scheiß? Hatte die einen in der Krone, als sie das geschrieben hat?

Artikel 8 sagt ausdrücklich

Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Wozu schreibt sie also so einen Schrott?

Da den Deutschen somit keine Abhilfe gegen diese Angriffe ihrer Landesregierungen auf die verfassungsrechtlichen Grundordnung möglich ist, haben alle Deutschen (nach dem Wortlaut des Grundgesetzes leider nur die Deutschen) das Recht zum Widerstand nach Art. 20 Abs. 4 GG.

Recht zum Widerstand bedeutet zunächst, dass sich ab sofort kein Bürger in Deutschland mehr an diese Verbote halten muss, da sämtliche Corona-Verordnungen aller 16 Bundesländer wegen ihrer eklatanten Verfassungswidrigkeit unwirksam sind.

Hat die noch alle Tassen im Schrank?

Sie sagt, weil man gerade nicht demonstrieren dürfe, sei keine Abhilfe möglich, als ob Demonstrieren überhaupt eine Abhilfe, und dann noch die einzige wäre, und deshalb trete sofort das Widerstandsrecht nach Art. 20 Abs. 4 GG ein, und sich deshalb niemand mehr an das Verbot halten müsse. Denkweise: Entweder darf man tun und lassen, was man will, oder man man erklärt, Abhilfe sei nicht möglich, also müsse man sich nicht dran halten und dürfe tun und lassen, was man will.

Eindeutig linkspolitischer Angriff auf die ganze Verfassung. Die wollte da einen argumentativen Präzendenzfall schaffen und dann mit dieser Logik jedes Recht aushebeln. Im Prinzip die Anarchie vom Bundesverfassungsgericht absegnen lassen.

Da wird mir auch klar, warum die so schnell ihre Anwaltszulassung abgegeben hat: Um deren Entzug zuvorzukommen.

Bundesweite Demonstration am Ostersamstag um 15 Uhr

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
hiermit lade ich Sie alle 83 Millionen Mitbürgerinnen und Mitbürger ein, sich am Ostersamstag um 15 Uhr bundesweit friedlich zu einer Demonstration zu versammeln.

Coronoia 2020 – Nie wieder mit uns. Wir stehen heute auf!

Bitte zeigen Sie die Demonstration gemäß § 14 Abs. 1 Versammlungsgesetz zuvor bei Ihrer zuständigen Behörde an.

Womit einige der Leserzuschriften widerlegt sind. Viele zeterten nämlich, sie habe keineswegs zu Demonstrationen aufgerufen, sondern nur zu deren Anmeldung. Da steht aber was anderes.

Die wollte eine 83-Millionen-Corona-Party veranstalten.

Bewertung

Naja, an vielen Stellen habe ich es ja schon geschrieben. Ich halte das für ultimativen Schwachsinn, juristisch übelsten Murks.

Ein juristisch kundiger Leser schrieb mir ja auch:

Bitte sagt mir, daß das http://beatebahner.de/lib.medien/aktualisierte%20Pressemitteilung.pdf, http://beatebahner.de/lib.medien/Beate%20Bahner%20Eilantrag%20Bundesverfassungsgericht.pdf eine False Flag Operation ist!

Ich will nicht glauben, daß jemand die richtige Sache ernst meint handwerklich derartig laienhaft argumentiert.

Womit haben wir das eigentlich verdient? Weiß da jemand genaueres?

(Da übrigens auch der Link auf den Antrag an das Bundesverfassungsgericht, im Prinzip derselbe Quatsch.)

Der meint, da hat sich jemand absichtlich dumm gestellt, um Corona-Gegner („Leugner”) einfach zu diffamieren und eine ablehnende Entscheidiung als Präzedenzentscheidung zu erzwingen.

Das wäre eine Erklärung.

Eine andere Erklärung wäre, dass die ziemlich weit links durchgeknallt ist und dachte, sie könnte die Gelegenheit nutzen, um mit einer laientauglichen Schlabberbegründung, also ohne konkrete harte Kriterien, den Staat außer Funktion zu setzen, indem sie sich vom Bundesverfassungsgericht einen Freibrief ausstellen lässt, sich nicht mehr an Gesetze halten zu müssen. So eine Art vogelfrei umgekehrt. Sich zur vom Bundesverfassungsgericht bestätigten Person zu machen, die sich an Gesetze nicht mehr halten muss.

In beiden Fällen wäre es so strunzdumm, so laienhaft, so unfähig. Vielleicht gewollt dumm, aber trotzdem dumm.

Ich finde es erstaunlich, wieviele Leute solchem Schwachsinn hinterherlaufen, die hochjubeln, mich beschimpfen, weil ich nicht vor ihr niederknie.

Und wenn man schon der Anhänger dieser Knalltüte ist, dann war es ein Fehler, mich aufzufordern, deren Wunderschrift doch zu lesen, bevor ich dazu was schreiben könne und dürfe. Das habe ich nämlich nun getan.

Und wenn ich dann noch so einen Scheiß sehe Wegen Corona-Verordnungen: Anwältin aus Heidelberg macht ernst

„Macht ernst”.

Ich glaub’, ich steh im Wald.