Gewinne privatisieren – Verluste sozialisieren
Mal eine Frage.
Schon lange lautet eine – durchaus zutreffende, ich will das in der Sache an sich nicht kritisieren – vor allem von Linken und gegen Banken geäußerte Kritik, dass Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden.
Sind denn diese Corona-Zahlungen an Selbständige und kleine Betriebe etwas anderes?
Die wurden ja vor allem von links gefordert. Mir geht’s da wieder mal um die doppelten Maßstäbe.
Müsste man nicht davon ausgehen, dass ein solider Betrieb, auch wenn er nur klein ist, oder gerade dann, wenn er klein ist, auch Reserven für eine Durststrecke anlegt? Könnt ja mal sein, dass man selbst krank wird. Oder irgendwas anderes ausfällt. Ist das so, dass man Leuten, die nichts auf der Kante haben, weil sie – vielleicht – in den bisherigen Jahren einfach alles ausgegeben haben, was sie verdient haben, statt die Frage zu stellen, warum sie nicht robust haushalten oder ob der Betrieb überhaupt stabil ist, einfach so Geld zuwirft?
Ich will auch das zumindest an dieser Stelle nicht kritisieren, ich finde es nur seltsam, dass auf einmal die Maßstäbe wieder mal doppelt und gedreht sind.
Ich habe mir bezüglich meines Blogs auch schon öfters die Frage vom Finanzamt stellen lassen müssen, ob ich eine echte Gewinnerzielungsabsicht nachweisen kann, wenn ich mal Miese gemacht haben (die ich, wohlgemerkt, aus meiner hauptberuflichen Tätigkeit erarbeitet und querverrechnet, also keine Zuschüsse bekommen habe). Warum gelten für mich da andere Maßstäbe?
Ich habe leider vorhin den Screenshot verpennt, mir nur den Link samt Text selbst zugeschickt, einer von den Grünen in Dresden hatte gestern gewittert (inzwischen gelöscht):
“Ich schlage vor, dass wir die Wirtschaft jetzt mal gegen die Wand fahren. Lassen wir doch #TUI und co einfach mal absaufen. Und dann probieren wir etwas Neues aus, etwas das klima-, umwelt- und menschenfreundlich ist. #fckcptlsm #corona #systemwechsel”
Inzwischen schreibt er dazu:
(1) Ich habe meinen umstrittenenTweet von gestern gelöscht. Ich gebe zu, er war in seiner ursprünglichen Aussage ungünstig formuliert. Ich möchte keine DDR 2.0 und ich möchte lediglich die Diskussion über eine gerechtere und klimafreundlichere Wirtschaftsform anstoßen.
— Robert Schlick (@robert_schlick) April 13, 2020
Warum gilt das für TUI, aber nicht für Friseure oder Messebauer? Wo ist der Unterschied? Arbeiten bei TUI keine Menschen?
Warum sagt man zu TUI, ja, das ist halt Euer unternehmerisches Risiko, zu Bäckern und Tanzlehrern aber nicht? Sind das keine Unternehmer?
Geld vom Staat wegen #COVID19 aber trotzdem #Boni für Top-Manager? Das geht nicht! Für Rolf Mützenich ist klar, dass „Vorstände von Unternehmen, die staatliche Hilfen in Anspruch nehmen, während dieser Zeit keine Boni erhalten wie auch Aktionäre auf Dividenden verzichten müssen.“ https://t.co/YFxx9SX3DO
— SPD-Fraktion im Bundestag (@spdbt) April 13, 2020
Interessante Frage, ob auch Kurzarbeitergeld darunter fällt, denn das ist ein Anspruch des Arbeitnehmers und vom finanziellen Status des Unternehmens unabhängig.
Erstaunlicherweise verlangt man von Empfängern von Corona-Zuschüssen auch nicht, dass sie ihre Geldgeber (z.B. Banken) vorrübergehend nicht mehr bezahlen. Und was der Handwerker oder Blumenverkäufer im Rest vom Jahr verdient hat, fragt man auch nicht, aber wehe der Unternehmenslenker heißt Vorstand und die Zahlung heißt Bonus.
Beide Richtungen wären für mich noch vertretbar, aber nicht beide zusammen. Es sind nicht die Maßstäbe, die mich so besonders ankotzen, es sind die doppelten Maßstäbe.
Während man einerseits verteilt, kassiert man andererseits hemmungslos:
Als Einkommen hast Du es zwar versteuert, aber nicht als Vermögen. Aber einer bestimmten Höhe solltest Du was davon abgeben – das Vermögen in D ist extrem ungleich verteilt. Das sagt auch das WEF.
Einer der Gründe dafür sind hohe Erbschaften = Vermögen ohne Einkommen.— Saskia Esken (@EskenSaskia) April 12, 2020
Man soll es versteuern, wenn man es bekommt (Einkommensteuer), dann nochmal wenn man es ausgibt (Mehrwertsteuer) und auch wenn man es nicht ausgibt (Vermögenssteuer).
Mir schrieb ja neulich mal ein Leser (ich hatte es schon mal erwähnt), dass er eine Wohnung vermietet und sich neulich mit seinem Mieter unterhalten hat. Beide zahlen Spitzensteuersatz. Das heißt, dass der Mieter 2000 Euro erarbeiten muss, um netto 1000 Euro auf dem Konto zu haben, die er dann an Miete zahlt, die der Vermieter auch nochmal versteuert, also 500 Euro bekommt, von denen er, wenn er sie ausgibt, noch rund 80 Euro Mehrwertsteuer zahlt. Von den erarbeiteten 2000 Euro also effektiv 420 Euro beim Vermieter bleiben und 1580 Euro, mithin 79%, an den Staat gehen.
Ich hege die Befürchtung, dass dieses monströse „Umverteilen” gerade das Gesellschaftsgefüge ruiniert.
Gegen die Wand fahren und dann „etwas Neues”. Man sieht nur nicht, was das sein könnte. Irgendwie scheint man zu hoffen, dass sich dann von selbst irgendwas einstellt und findet.