Ansichten eines Informatikers

Pochen und Rütteln

Hadmut
25.5.2011 11:28

Schon mal bemerkt, wie extrem beschränkt der Argumentations- und Bewegungsapparat von Politikern (und über sie berichtenden Journalisten) ist? Wenn einer was haben will, dann heißt es immer „…pochen auf…” . Und die, die denen, die etwas haben wollen, das, was sie haben wollen, nicht geben wollen, die sagen dann „Am … wird nicht gerüttelt!”. So ne Art Bullshit-Bingo auf Umgangssprach-Niveau. Manchmal habe ich den Eindruck, daß Politiker einen Wortschatz deutlich unterhalb der 1000 haben. Man müßte wirklich mal die Reden und Interviews von Politikern nach Wort- und Redewendungshäufigkeiten analysieren.

28 Kommentare (RSS-Feed)

J.
25.5.2011 13:22
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Und “pochen auf” heißt bei Politikern ja in der Regel nicht, dass sie das Thema wirklich mit Ausdauer bei den entsprechenden Stellen auf der Tagesordnung halten. Die behaupten einfach nur, dass sie auf etwas pochen.


ini
25.5.2011 14:12
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“breiter aufstellen”, “mit offenem Visier”,….

Interessant ist auch wenn einer eine neue Floskel benutzt, macht die schnell die Runde auch in thematisch anderen Politdiskussionen.


Hadmut
25.5.2011 14:19
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“Auf Augenhöhe…”


Someone
25.5.2011 14:30
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Politiker-Deutsch:
Das Buch von Deleonge ist ziemlich umfassend. Den Langenscheidt kenne ich nicht.

gavagai.de/deutsch/HHD44.htm

Franz-Benno Delonge. Rückhaltlose Aufklärung. Politiker-Deutsch für Anfänger. Frankfurt am Main: Eichborn, 2000. Taschenbuch – 80 Seiten

Langenscheidt Politiker – Deutsch / Deutsch – Politiker: Politiker verstehen leicht gemacht


Heavy
25.5.2011 14:44
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Ich sag nur …alternativlos…


Hadmut
25.5.2011 15:00
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…darf kein rechtsfreier Raum sein!


Tenshinhan
25.5.2011 15:14
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Toll ist auch, dass sie jeden Beschluss, der nach wochenlangem Ringen und parteiinternen Geklüngel und Aufweichen durch Lobbyisten, endlich mal verkündet wird, sich immer in Superlative flüchten.

Was ich z.B. gar nicht mehr hören kann ist:
Ein Meilenstein für die Energiepoltik
Ein Meilenstein für den Verbraucherschutz
Meilenstein hier Meilenstein da, obwohl es Bullshit ist. Manchmal frage ich mich, ob die den Scheiß selber glauben, den sie da reden^^


Hadmut
25.5.2011 15:30
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Es heißt ja auch nicht Richtungswechsel oder anderer Koch am Herd, es heißt „Reform”.


Hadmut
25.5.2011 15:32
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Und was mir auch immer die Zehnägel rollt, wenn irgendwer (besonders die Merkel) als Wahrheit verkündet, „Die Menschen wollen…”

Die Menschen wollen. Das nicht-diskriminierende, allesumfassende, gleichmachende Universalikum.


ini
25.5.2011 15:53
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Der Klassiker: “brutalstmögliche Aufklärung”
Oder der Argumentationsjoker: “Es geht doch um die Kinder/Zukunft”


euchrid eucrow
25.5.2011 19:26
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für “ein stück weit” könnte ich jeden in die fressen hauen!


Werner
25.5.2011 22:46
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Wenn das Bullshit-Bingo komplett ist, dann ist ja “alles in trockenen Tüchern”. Ich kann diesen Mist nicht mehr hören, leider ist er “alternativlos”. Berk!


Mephane
25.5.2011 23:23
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“Schulterschluss” – wenn ich mich recht erinnere unter Schröder aufgekommen, kriegt ich jedesmal eine Mischung aus Würgereflex und Faustzusammenballung bei dem Wort, wird es doch fast nur benutzt, legale Korruption von div. Unternehmen und Staat gemeinsam gegen die Bürger zu bezeichnen…


Stefan W.
26.5.2011 2:18
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Ja, bitte zeitnah was auf die Zwölf geben. Nicht flugs, bald, schnell, eilig, sofort, demnächst, subito, rasch, zügig, flott oder instantan sondern zeitnah!

‘Zeitnah’ – da klingt die Behörde durch, deren Haushaltsplan in 2011 schon beschlossen ist, so dass also im Haushaltsplan, der in 2012 zu Berlin erörtert wird, also der von 2013, das Problem ein Stück weit im Schulterschluss mit der Wirtschaft, möglichst als Private-Public-Partnership (der Steuerzahler zahlt, und die Gewinne werden privat realisiert) angegangen wird.


Dingens
26.5.2011 9:33
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In dem Zusammenhang auch interessant. Das Bullshit-Bingo am Wahlabend:

http://twitpic.com/4dvrcx


Hadmut
26.5.2011 10:40
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Heute morgen in den Nachrichten war schon wieder mal die politische Rede von „Falschen Signalen” . Das tun sie auch gerne. Signale setzen oder senden.


Johnny
26.5.2011 11:51
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Richard von Weizsäcker benutzte bei seinen Reden bewusst einen sehr geringen Wortschatz (Nur um die 600 verschiedenen Wörter).
Er wollte, dass Ihn wirklich alle verstehen.

Zumindest wurde mir das so in meiner Schulzeit beigebracht. Quellen habe ich leider keine mehr gefunden.


Hadmut
26.5.2011 11:54
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Kommt drauf an, welche 600.

Ich kenne Professoren, deren Wortschatz liegt auch unter 600, aber die versteht kein Mensch.


euchrid eucrow
26.5.2011 12:41
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wo oben schon von schröder bzw. gas-gerd geschrieben wurde. kann sich noch jemand an “kakophonie” erinnern?


der andere Andreas
26.5.2011 13:03
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viele parteien behaupten ja auch von sich sie müssten “dem wähler zeigen wofür die partei steht…”

als synonym dafür, dass man ihm das wofür man tatsächlich (im sinne von tatsachen/fakten schaffend) steht (und wofür man abgewählt wurde) einfach wieder schmackhaft machen muss.


Stefan W.
27.5.2011 4:01
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Kakophonie ist ein anderer Fall. Da lernt man wirklich mal ein neues Wort kennen.

Und wer einfach spricht, um verstanden zu werden, und das auch schafft, der genießt meinen Respekt, insbesondere wenn er auch anders könnte.


Anna Freud
30.5.2011 15:03
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Boah Leute! Vergesst bloß nicht den “Vorstoß” und auch nicht den “mutigen Vorstoß”! Ohne die geht gar nichts, passiert nichts, kann nichts passiert sein!

“Innovation” ist auch noch wichtig (so wie der Meilenstein).

Interessant ist auch, wenn Politiker in den medizinischen oder militärischen Jargon verfallen (zb. das schon erwähnte “offene Visier”, aber auch die “Operation” oder der “Eingriff” (medizinisch-militärisch als “Eingriff unter Betäubung”!)…es sei denn, mit Eingriff wäre das in den älteren Männer-Schlüpfer-Modellen gemeint..das gäbe der Sache eine “entscheidende Wendung”!).

Aber am wichtigsten ist es natürlich, wenn die Erzbürokraten die “Sache endlich vom Tisch haben”.


Hadmut
30.5.2011 15:06
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Du meinst, daß wenn sie vom Tisch ist, man sie nicht mehr „im Blick” und auch nicht mehr „auf dem Radar” hat?


Matthias
30.5.2011 21:53
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“…. Ich glaube, wir sind gut aufgestellt. Und die Entscheidung, auf die wir uns nach zähem Ringen geeinigt haben, dürfte angesichts der Umstände alternativlos sein.
Daher müssen wir jetzt unsere Vorschläge zeitnah umsetzen und den Wähler dabei mitnehmen. Unsere Politik werden wir den Wählerinnen und Wähler nach der Wahl dann kompromisslos verkaufen.

Ich bedanke mich schin jetzt bei meinen Wählerinnen und Wählern für das entgegengebrachte Vertrauen und verspreche, dass ich mir meiner Verantwortung bewusst bin (sie aber natürlich nicht wahrnehmen werde)”

Und, werde ich jetzt gewählt?


Hadmut
31.5.2011 8:33
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Ob Du jetzt gewählt wirst?

Das ist „machbar”.


Anna Freud
31.5.2011 10:00
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Koalitionsintern hatten wir angestrengte Debatten darüber und sind schließlich zu einem für alle befriedigenden Konsens gekommen.

Wir Vertrauen auf die Kompetenz von Matthias, die er schon in vielen anstrengenden Manövern unter Beweis gestellt hat. Unser Vertrauen in ihn ist gerechtfertigt und nun können wir wieder zur Tagesordnung übergehen.

Alles weitere entscheiden die Wahlen.

Wenn ich länger als eine Woche so reden müsste, würde ich glaube völlig durchdrehen und total verdummen…! Würde ich nicht mal für x-tausend Euro im Monat machen.


Matthias
31.5.2011 17:19
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@Anna: Das geht mir genauso. Blödes Geschwafel aller Orten, nicht nur bei unseren ach so dollen Politik-Kaspern. Das Management vieler Firmen ist auch immer wieder ein Quell von Erheiterung — zumindest in dieser Hinsicht.

Braucht man eigentlich besondere Hirnwindungen, um so zu werden, oder macht das das Umfeld? Wahrscheinlich eher Gedankenfaulheit, da das Nachplappern von Phrasen relativ einfach ist.

Und richtig: Wer sich jemals auf einem gewissen intellektuellen Niveau mit Dingen beschäftigt hat und Freude daraus gezogen hat, der möchte so etwas nicht für viel Geld machen. Schauder…


quarc
3.6.2011 17:15
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Ich wundere mich etwas über die im Beitrag und in den Kommentaren sichtbare
Verwunderung über die “Sparsprache” von Politikern.

(1) die meisten der in den Medien vorkommenden Politiker haben einen
zu langen Arbeitstag. Dies bedeutet nicht, dass sie während dieser Zeit
produktiv tätig wären, sie sind aber in Bereitschaft. Das kann vom
Interview um 6:00 Uhr am Morgen bis zu einer debilen Talkschow um 22:00 Uhr
abends reichen. Der resultierende chronische Schlafmangel hat dann die
wohlbekannten Auswirkungen auf Denk- und Sprechvermögen.

(2) ein eingeschränkter Wortschatz und das mechanische Abspulen vorgefertigter
Formulierungen bewahrt den einzelnen Politiker davor, unwissentlich in
Konflikt mit Vorgaben seiner Partei zu geraten. Es spart auch Zeit.

(3) warum sollte ein Politiker mehr Mühe auf die Antwort verwenden, als
der Journalist auf die Frage? Zumal der Journalist oft gar nicht zuhört.
Mir ist schon öfter aufgefallen, dass jemand einen Sachverhalt erläutert
hat, und danach der Journalist genau die Frage stellte, die im Moment vorher
gerade beantwortet wurde.

(4) durch “Bild und Glotze” ist das Zielpublikum derart verblödet, dass
es sprachlich oft überfordert ist. Die politische “Sparsprache” vermeidet
das Risiko, an diesem Publikum vorbeizureden.