Hang ’em higher
Das Bösartige am Fall Jörg Kachelmann.
Ich habe gerade im ZDF zwei interessante Sendungen zum Fall Kachelmann gesehen, erst die Dokumentation bei ZDF Zoom und dann eine Diskussion bei Markus Lanz.
Besonders die Dokumentation fand ich sehr interessant, weil sehr schön dargestellt wurde, wie ein Teil der Presse in Form von BILD und BURDA manipulativ über den Fall berichtet.
Gut, eine gewisse Vorsicht ist geboten, weil ich die Verhandlung nicht gehört habe und auch das ZDF mich mehr oder weniger manipuliert. Ich bemerke aber, daß sich viele der Zweifel bestätigen, die ich schon sehr frühzeitig geäußert habe, und zwar als es noch keine öffentlichen Zweifel gab.
Erschreckend finde ich – neben der Berichterstattung der BILD, die mir ja auch schon mit ihrer zu-Guttenberg-Lobhuddelei gegen den Strich ging und die ich für immer gefährlicher halte – die unglaubliche Bösartigkeit der Alice Schwarzer.
Sie äußert sich in der Sendung (oder zumindest bringt man es nicht) nicht zur Beweislage, sondern kritisiert, welches fatale Signal von dem Prozess (der nicht so läuft wie es ihrer Schuldprognose entspräche) für Opfer ausginge. Und sie erregt sich darüber, daß die Kachelmann-Anwälte ihn aggressiv verteidigen. Das heißt doch im Klartext, daß es ihr (und damit der BILD, in der sie berichtet) nicht mehr um die Frage geht, ob er es tatsächlich war, sondern er schon deshalb verurteilt werden muß, weil ein Freispruch oder Zweifel an der Aussage des „Opfers” zu einem von ihr unerwünschten Ergebnis führen würde. Es geht nicht um die Schuldfrage, sondern darum, welches Ergebnis in ihrem Sinne opportun ist. Und dann erwartet sie auch noch, daß Kachelmann die Verteidigung unterläßt. So in der Art, daß er wegen der vielen Frauen, die er da hatte, und der Lügen, die er ihr aufgetischt (oder die sie sich selbst aufgetischt hatte, es wurde durchaus die Frage aufgeworfen, warum die Frau sich einbildete, daß Kachelmann sie heiraten will, obwohl sie ihn nur viermal im Jahr sah) generell ein Schuft ist, der bestraft werden muß, ohne daß es noch auf solche Details ankommt, wie ob er die vorgeworfene Tat begangen hat oder nicht. So in dem Sinne, der hat’s doch verdient, so wie der die Frau betrogen hat.
Ich halte es für hochgefährlich, daß solche Leute solchen Einfluß auf die öffentliche Meinung nehmen können.
Bei Markus Lanz war auch die östereichische Journalistin (?) Silvia Jelincic zu Gast. Sie erregte sich über das Vertauschen der Täter- und der Opfer-Rolle, weil man nun die Aussage von Kachelmanns Freundin hinterfragt. Die Sichtweise halte ich für höllengefährlich, weil sie ja von vornherein unterstellt, daß Kachelmann Täter war, sonst hätte es ja keine Vertauschung gegeben.
Immerhin hat sie sich – im Gegensatz zu Schwarzer – auch zu der Frage geäußert, daß man dem „Opfer” Falschaussagen nachgewiesen hat. Denn, wie auch die Staatsanwaltschaft behauptet, folgt aus der Tatsache, daß die Frau in einigen Punkten gelogen hat, ja noch nicht, daß die Vergewaltigung nicht stattgefunden habe. Sie erläuterte auch, daß viele Vergewaltigungsopfer etwas hinzuerfinden, weil sie Angst haben, daß man ihnen nicht glaubt (was ich durchaus plausibel finde und nachvollziehen kann). Nur liegt darin ein gewaltiger Denkfehler. Denn sie folgern aus der Tatsache, daß die Frau gelogen hat, und der Erkenntnis, daß Vergewaltigungsopfer manchmal lügen, daß sie ein Vergewaltigungsopfer sein muß.
Die richtige Vorgehensweise wäre, daß man das Gelogene wegstreicht und dann zunächst schaut, was dann noch übrig bleibt, was Kachelmann objektiv belastet (und nicht schon das Fehlen von Übrigem als Beweis hinstellt). Und nachdem, was ich so gelesen und gesehen habe, ist da nichts mehr übrig – im Gegenteil, die Sach- und Faktenlage spricht gegen die Frau, nicht gegen Kachelmann.
Und davon ganz abgesehen: Gelogen hat die Frau, das ist erwiesen. Und die Frage muß man dann stellen können, ob allein deren – wenig glaubwürdige und mit der Spurenlage nicht in Einklag zu bringende – Restaussage schon ausreichen soll, Kachelmann für vier Jahre in den Knast zu schicken.
Es spitzt sich auf die Kernfrage zu, ob man einer gehörnten, betrogenen und ihrer Illusionen beraubten Frau gestattet, einfach durch eine nicht belegbare Behauptung einen Mann für Jahre ins Gefängnis zu stecken.
Ich lag mit meiner ersten kritischen Einschätzung aber doch relativ nahe an dem, wie sich die Sache dann entwickelt hat.
6 Kommentare (RSS-Feed)
Geistig hat sie sicherlich mehr drauf. Aber charakterlich eben nicht.
Las vor einigen Wochen die umfänglichen Tagebücher des Herrn G. Und ich fand dort diesselbe Mischung aus hoher Intelligenz, rhetorischer Finesse und propagandistischem Talent vor wie bei Frau S. Und diesselbe ideologische Verblendung, Skrupellosigkeit und jederzeitige Bereitschaft, sich die Welt ganz nach eigenem Gusto zurechtzulügen. Nur das Herr G eher kein Feminist war und in seiner Freizeit als “Bock von Babelsberg” Furore machte.
zitat: “[…]der hat’s doch verdient[…]”
das bringt die allgemeine argumentationsstrategie der BILD ziemlich auf den punkt. die BILD und ähnliche blätter/medien suchen nicht nach wahrheit, sie verkünden sie.
woher die erkenntnis kommt ist dabei uninteressant und wird nicht näher erläutert, würde den leser ja nur verwirren.
die ungebrochene lobpudelei für die FDP ist dafür auch nen gutes beispiel 🙂
soweit ich mich erinnere war frau S. aber auch noch nie zimperlich im konvertieren von waffen für ihre eigene sache.
Zimperlich war sie noch nie, aber sie hatte wohl früher ein Publikum, das mehr Wert auf Glaubwürdigkeit gelegt hat.
Gabriele Wolff, Oberstaatsanwältin a.D., hat sich in einer
vierteiligen Artikelserie sehr kritisch mit Schwarzer und
deren Motivation und Taktik auseinandergesetzt:
Ich bin enttäuscht von Frau Schwarzer, weil ich ihr geistig mehr zutraue. Ich halte es für möglich die schwierige Situation von Frauen in solchen Prozessen parteilich zu thematisieren, ohne ins Agitatorische abzudriften, und ohne primitiv Partei zu ergreifen.
Auf diese Weise hat Frau Schwarzer sich selbst unglaubwürdig gemacht, und ihrem Anliegen einen Bärendienst erwiesen, wenn es ein Anliegen gibt, jenseits von ‘Frau Schwarzer als bundesweites Medienereignis’.
Frau Schwarzer selbst instrumentalisiert die Klägerin für ihre Sache und zeigt damit ein Verhalten, welches sonst immer als Chauvinismus bezeichnet wird.