Ansichten eines Informatikers

Kein Notruf unter dieser Nummer

Hadmut
9.7.2020 0:35

Wieder ein Stück Verfall der Zivilisation.

Es gab doch neulich in den USA (ich glaube, New York, Central Park) dieses komische Video einer weißen Frau, die da mit Kreischpanik durchgedreht ist, weil ihr ein schwarzer Mann begegnet ist, und einfach mal so prophylaktisch und ohne konkreten Anlass die Polizei gerufen hätte. Das da. Hatte ich, wenn ich mich recht entsinne, auch im Blog als Beispiel für den mentalen Zustand moderner amerikanischer Großstadtfrauen.

Leser hatten mir allerdings geschrieben, so ganz eindeutig sei es halt auch nicht. Irgendwie waren die vorher aneinander geraten. Die führte da verbotenerweise ihren Köter Gassi, er wollte irgendwas anderes (ich habe so dumpf in Erinnerung, dass der Vogelstimmen aufnehmen wollte) und hatte sowas gesagt, wie, sie solle ihren Köter wegschaffen, woraufhin sie (jetzt so grob aus der Erinnerung das irgendwo gelesen zu haben) sagte, sie könne tun, was sie wolle, woraufhin er geantwortet habe, er mache auch gleich, was er will, was bei ihr zu Panik führte. Ganz Amerika war sauer über den Rassismus. Komischerweise war Amerika überhaupt nicht sauer über durchgeknallte psychotische Frauen.

Jedenfalls wollte man natürlich Konsequenzen, sie wurde gefeuert, irgendwo stand auch, dass es ein Strafverfahren gegen sie gebe, und ihr sogar Knast drohe. Das finde ich jetzt auch wieder problematisch, wenn Leute, wie durchgeknallt sie auch sein mögen, aus Angst den Notruf nicht mehr wählen können.

Jetzt heißt es gerade, in San Francisco wollten sie oder würden sie oder schlügen sie vor (es wird aus den verschiedenen Formulierungen nicht so ganz klar, wie konkret das jetzt ist) ein Gesetz gegen rassistische Notrufe machen:

CBSNews und andere berichten auch darüber.

Warum heißt das Gesetz CAREN LAW?

San Francisco Supervisor Shamann Walton introduced the ordinance, which stands for Caution Against Racially Exploitative Non-Emergencies Act. It comes after the name “Karen” has become a popular term to describe white women who engage in racist behavior.

Das Acronym für Caution Against Racially Exploitative Non-Emergencies Act, spielt aber auf den Frauennamen „Karen” an, mit dem man weiße rassistische Frauen bezeichnet. (Als ob die Bezeichnung nicht rassistisch wäre.)

Da beschreiben sie es näher.

The Caution Against Racially Exploitative Non-Emergencies, or CAREN, Act could possibly result in people who call law enforcement based on racial bias facing criminal charges.

Wenn man dort also den Notruf wählt und das auf „racial bias” beruhe, also irgendeiner Abneigung, also nicht mal Hass oder Rassismus od oder sowas, einfach nur „bias”, wird man selbst strafrechtlich verfolgt.

Heißt im Klartext, dass Leute den Notruf nicht mehr wählen werden, wenn sie überfallen, ausgeraubt, vergewaltigt oder sowas werden und der Täter schwarz ist, weil die Leute Angst haben, obendrein noch als Rassist angeklagt zu werden.

Neu ist das nicht. In Schweden haben sie das schon, dass Frauen, die anzeigen, von einem Migranten vergewaltigt worden zu sein, wegen Rassismus dran sind. In manchen arabischen Ländern werden vergewaltigte Frauen wegen Unzucht gesteinigt.

Im Ergebnis wird bei der Öffentlichkeit durch solche Gesetze aber die Botschaft ankommen, ruf die Polizei wegen einem Schwarzen und Du kriegst noch zusätzlich Ärger und Strafe. Egal, wie scharf das Gesetz dann tatsächlich angewandt wird.

Ich glaube nicht, dass die da abschätzen können, wie verheerend so etwas für eine Gesellschaft und für den Gemütszustand der Leute ist, wenn sie nicht mehr damit rechnen können, Hilfe rufen zu können, wenn sie sich in einer Notsituation fühlen. Die Diskussion gab es ja neulich schon, als man die Polizei definanzieren oder gleich ganz abschaffen und durch Sozialarbeiter ersetzen wollte.

Irgendwann rutscht das dann in eine von beiden Seiten ab. Entweder geben die Leute gesellschaftlich auf, stumpfen ab, versinken in Drogen oder im Suizid, oder sie greifen zur Selbstjustiz.

Ich hatte das letztes Jahr schon am Film Joker beschrieben. Man treibt da eine untere weiße Mittelschicht in ein Verderben, weil sie irgendwann jedermanns Prügelknabe sind, sie keine Hilfe mehr findet, immer mehr abrutscht, in eine immer aussichtlosere Situation, und dann kracht’s eben. Genau das ist ja der Plot dieses Joker-Films, der mit Batman eigentlich so gar nichts zu tun hat, außer ihn als Vehikel zu nehmen, damit man von vornherein weiß, worauf es hinausläuft. Eigentlich ist es ein Film über eine arme – weiße – Sau, auf der alle rumtrampeln, und irgendwann findet der seine Erlösung in Gewalt.

Gefährlich an dem Film ist, dass darin effektiv die Hautfarben gegenüber der bisherigen Realität vertauscht sind. Die Gesellschaft dort ist (soweit ich mich jetzt erinnern kann) durchgehend schwarz – die Sozialarbeiterin, die Nachbarin, der Archivar im Krankenhaus, aber auch die Gewalttäter, die ihn verprügeln, während die kaputte Firma, in der er seinen Scheiß-Job verrichten muss und dann rausfliegt, weiß ist.

Er wird Joker, weil er keinen anderen Ausweg mehr hat.

Und genau das wird passieren.

Gewalt und Suizid.

Keine Notrufe mehr.