Ansichten eines Informatikers

Dorothy Denning und die CIA

Hadmut
8.11.2020 21:27

Noch ein Puzzlestück.

Noch eine Verbindung zwischen Crypto und CIA.

Ich war bisher ja eher der Auffassung, dass wir kleine Crypto-Bude an der Uni damals viel zu klein und unbedeutend waren, um ins Blickfeld der CIA oder der Amerikaner überhaupt zu kommen. Dass mich der BND eher umgelegt hat, damit es gar nicht erst dazu kommt, dass es Ärger mit der CIA gibt, weil irgendwer gegen deren Cryptoverbot verstößt. Dass der BND da einfach nur brav seine Aufgaben erfüllt hat.

Nun hatte ich doch gerade in einem Artikel über die Verstrickung der Schweiz in die Crypto AG so am Rande erwähnt, dass Dorothy Denning mal am Institut zu Besuch war. Keine Ahnung, wie das damals zustandekam, und warum überhaupt. Ich kann mich nur erinnern, dass die halt mal – wie bei Besuchen so üblich – mal rumgeführt wurde, ihre erklärt wurde, wer da was so macht und wie und warum und *prahl*, sie uns eben als eine der Gutachterinnen für die Sicherheit des Clipper-Chip vorgestellt wurde uns sie mal im Institutsseminar da war, bisschen was erzählt und sich Fragen zu allem außer Clipper-Chip stellte. Weil sie da unter Geheimverpflichtung stand. Und ansonsten hinter verschlossener Tür irgendwas mit Beth besprach.

Wir dachten, das sei halt so ein typischer Kryptologenbesuch. Beth hatte sich damals wahnsinnig was darauf eingebildet, dass Whit Diffie persönlich bei uns vorbeikam, mit dem hatte ich mich auch mal unterhalten (hat mich sogar Jahre später in Santa Barbara wiedererkannt). Der war aber eigentlich auch nur wegen „German Autobahn” ohne Tempolimit da, zu uns kam er, damit es nach Dienstreise aussah. War mir auf der IETF ’94 schon aufgefallen, als ich mich unter Kryptologen als Deutscher zu erkennen gegeben hatte, und alles, was sie an mir interessierte, war, dass ich ihnen von der German Autobahn und vom Rasen erzählte. Man hielt mich für Superman, als ich erzählte, dass die höchste Geschwindigkeit, die ich selbst gefahren bin, 250km/h war. (Ich kam als Student mal zu der Gelegenheit, für eine Stunde einen Mercedes 260 oder 500 SE – weiß nicht mehr, irgendso ein S-Klasse-Dickschiff – probezufahren und hatte das mal für eine halbe Minute ausprobiert und danach beschlossen, das niemals mehr wieder zu tun. Der Beifahrer musste mir die Geschwindigkeit ansagen, weil der Tunnelblick auf die Fahrbahn frappierend ist und ich nicht mal auf den Tacho gucken konnte.) Man war fasziniert von der Risikolosigkeit solcher absurder Geschwindigkeiten, weil man errechnet habe, dass man beim Aufprall schneller zerstört werde als sich der Schmerz über die Nervenleitungen ausbreiten könne, man seinen Tod also nicht spüren kann. Wie ein Überschallprojektil, das einen tötet, bevor man den Schuss hört.

Kryptologen eben.

Dass ich auf derselben Veranstaltung damals der einzige und erste war, der mit Chipkarte und Chipkartenleser angereist war und sich vom Rechnerraum (damals trug man Rechner noch nicht mit sich herum, es wurden Sun Workstations gestellt) – betont theatralisch in der Hoffnung, dass es irgendwer zur Kenntnis nehme – verschlüsselt in Deutschland einloggte. Nee. Wichtig waren die German Autobahn und der Umstand, dass wir Personalausweise besitzen (müssen), was uns als Nazistaat ausweise. Zwar einer mit tollen Autobahnen und schnellen Autos, aber eben doch ein Nazistaat. Zumal man ja wisse, wer die Autobahnen erfunden habe und warum wir die noch haben.

Ich hatte deshalb nie den Eindruck, dass das in den USA so ernstlich zur Kenntnis genommen werde, was wir da machen und forschen. Wir waren uns nur nie sicher, ob das für uns gut oder schlecht ist.

Die offizielle Sichtweise war jedenfalls, dass Dorothy Denning eine seriöse Forscherung sei, Wissenschaftlerin, so Uni und damit über Zweifel erhaben, und sich halt geopfert habe, sich mit dem Teufel auf das Clipper-Gutachten einzulassen, weil irgendwer es ja machen muss. man soll sich ja darauf verlassen können, dass nur die Guten mithören können, und das auch nicht gar zu leicht.

Ich kann mich kaum noch an dieses Seminargespräch erinnern, nur so dumpf, dass ich es langweilig fand und sie mich überhaupt nicht beeindruckt hatte, zumal der Clipper ja einen Konstruktionsfehler hatte und nicht tauglich war, weil man durch einen Trick das LEAF, das Law Enforcement Access Field, relativ einfach fälschen und das Abhören damit aushebeln konnte. Bei mir unter unbeachtlicher und für mich irrelevanter Höflichkeitsbesuch abgelegt und für nicht wichtig befunden.

Nun weist mich aber ein kundiger Leser auf etwas hin:

Die erwähnte Dorothy E. Denning ist Professorin bei der George Town Uni, wo auch die Clintons, Georg Tenet, Barosso, Madelein Allbright waren usw..

https://de.wikipedia.org/wiki/Georgetown_University

Ist eine Kader Schmiede, für den CIA, US Department oft State.

An der Uni war sie seit 1991, also damals schon. Man konnte das ja damals nur noch nicht alles ergoogeln oder bei Wikipedia nachlesen. Heute findet man etwa Former CIA Official Serving as Georgetown Distinguished Executive-in-Residence oder auch The CIA is hunting for its next generation of talent, wo es heißt

Zachary Wyatt, formerly a CIA operations officer tasked with recruiting foreign sources, is now putting his recruitment efforts toward new talent.[…]

For 25 years, Zachary Wyatt worked as a CIA operations officer tasked with acquiring foreign sources around the world to gather information essential to U.S. national security and foreign policy objectives.[…]

From analysts to accountants to lawyers and foreign language instructors, the CIA is looking to fill 100 professional positions across its five directorates — operations, analysis, science & technology, support and digital innovation. Wyatt says the most proactive recruitment efforts are in operations, which handles the clandestine work.

Ach, guck. Lawyers suchen sie auch.

The agency recruits from veterans groups, military bases and schools that run the gamut from local colleges to Ivy League universities. Among them is the Georgetown University School of Foreign Service, where Anne Steen is executive director of the school’s Graduate Career Center. Student interest in the intelligence field has continued to grow, as many study political science, economics and languages, Steen said. Agencies such as the CIA, the FBI and the State Department come to campus to look for new potential hires.[…]

“They’re students who want to make the world a better place,” she said.

und der Georgetowner schreibt ein ganzes Spionageepos über Georgetown als Teil von Washington DC, nirgends gebe es so viele Spione auf einem Haufen.

Und schon 2000, also gerade zu Zeit meiner Promotionssabotage, berichteten die hier, wie eng die CIA und die George Washington und die Georgetown University verwoben sind, die CIA dort sogar Vorlesungen hält.

Ich denke, damit kann man davon ausgehen, dass Dorothy Denning nicht nur als Cryptoprofessorin für die CIA arbeitet (sonst sie dort nichts geworden wäre), sondern es liegt auch nahe, dass sie eben nicht mehr die unabhängige Wissenschaftlerin war, als die sie uns vorgestellt wurde, und nicht einfach nur einen wissenschaftlichen Auftrag für die Regierung übernommen hat, sondern generell für die CIA arbeitete, und dann vermutlich dieselbe Sorte Falsch- und Gefälligkeitsgutachten ausgestellt hat, um CIA-Abhöroperationen zu schützen, wie man sie in den Akten zur Crypto AG von der ETH Zürich beschrieben hat.

Was dann aber auch erklären würde, warum sie die Sicherheit bestätigte, obwohl der Hash-Wert im LEAF zu kurz war (was nicht die Sicherheit des Benutzers, aber die Abhörbarkeit durch den Staat gefährdete). Vielleicht hatten sie sich den Clipper so wenig angesehen wie Ueli Maurer meine Dissertation.

Was dann die Frage aufwirft, ob der damalige Besuch nicht doch eine Art Hausbesuch und Besichtigung durch die CIA war. Eben so, dass es „natürlich” aussieht, Kollegenbesuch unter Kryptologen.

Die zentrale Frage wäre, ob Beth eingeweiht war und wusste, wen er da empfängt, oder selbst nur der Betrachtete war.

Oder man ihm gesagt hatte, dass er zu spuren habe.

Ich finde das überaus bemerkenswert, dass so auffallend viele Professoren, die in der Kryptographie unterwegs sind, entweder erwiesen und universitätsgeprüft unfähig sind, und wie die Typen, die ich schon so oft beschrieben habe, zu Kryptogaphie gar nichts sagen können oder nicht mal Primzahlen richtig definieren können, oder Verbindungen zu Geheimdiensten haben.

  • Beth mit Leiberich
  • Ueli Maurer von der Uni Princeton, wo die CIA hochdruckrekrutiert
  • Dorothy Denning von der CIA-durchseuchten Universität

Und auch die Verfassungsrichterin Baer war in Michigan, ebenfalls als CIA-Hochburg unter den Universitätsstandorten bekannt.

Jetzt habe ich nur das Problem, dass ich mich partout nicht mehr erinnern kann, wann genau Denning bei uns war, aber es kann nur zwischen 1994 und 1997 gewesen sein, und da ich mich da ja schon mit dem Clipper beschäftigt hatte, würde ich von 1995 bis 1996 ausgehen.

Mir würden da noch ein paar Leute einfallen, die ich für nicht völlig unfähig und nicht geheimdiensttätig eingestuft hätte. Aber von denen haben verblüffend viele das Thema komplett aufgegeben, labern nur unwichtiges und harmloses Zeug oder sind eines frühen Todes gestorben.

Man könnte meinen, CIA und BND sorgen dafür, dass in der Kryptographie allgemein nur Unfähige und CIA-Gebundene unterwegs sind. Und das würde dann voll und ganz erklären, warum die Uni mir damals sagte, ich müsse ganz aus dem Wissenschaftsbereich verschwinden.

Und vom Clipper-Chip führt die Spur dann wieder zu Joe Biden, der ja der Politiker gewesen sein soll, der das durchgedrückt hat.

Ich war damals der Überzeugung, ein viel zu kleines Licht zu sein, um da irgendwem aufzufallen.

Inzwischen glaube ich aber nicht mehr, dass es auf die Größe ankam, sondern dass die da flächendeckend alles überwacht haben. Und man die Leute erledigt hat, bevor sie was wurden. Mir war das ja schon aufgefallen, dass da komplett unfähige Leute Karriere machten.

Und dass der BND-Mann Otto Leiberich bei uns versucht hatte, uns zu rekrutieren, dabei aber erfolglos war, hatte ich auch erwähnt. Vielleicht war das die Entscheidung darüber, wer bleiben darf und wer nicht.

Wobei ich mir ja nicht sicher bin, ob er wirklich so erfolglos war. Denn – auch schon ein paarmal erwähnt – Ende 1997 hatte ich zwei „liebe Kollegen” dabei erwischt, wie sie versucht hatten, ein Backup-Band von meiner Workstation zu ziehen. Beiden machte man keine Probleme. Im Gegenteil, einer hat promoviert, obwohl er zu dem Zeitpunkt keine Dissertation hatte. Als ich zwei Jahre später nachfragte, warum keine Dissertation in der Bibliothek steht, tauchte diese ganz plötzlich und neu dort auf – direkt nach meiner Nachfrage. Stand aber nichts nennenswertes drin.

Insofern könnte man sich schon fragen, ob Leiberich vielleicht gar nicht so erfolglos war bei seinen Anwerbungsversuchen. Denn dass normale Kollegen einem nicht heimlich die Maschine kopieren, war mir damals schon klar.

Nächste Haltestelle Joe Biden.