Ansichten eines Informatikers

Die Causa Kauder: Warum die Spötter und Schimpfer zu voreilig sind…

Hadmut
1.10.2011 15:26

Kauder-Strike: Viel (wohlverdienter!) Hohn und Spott bricht über Siegfried Kauder herein, weil er andere des Raubkopierens zürnt und Strafen plant, aber selbst für seine Webseite Bilder raubkopiert hatte (bzw. jemand, der ihm die Webseiten gebaut hat, ich habe von ihm nicht den Eindruck, daß er das selbst könnte und tun würde). Ist eigentlich auch gut so, unsere selbstgefälligen und minderkompetenten Politiker müssen verspottet werden, weil sie anderes nicht mehr verstehen.

Allein, der Hohn, der Spott, die Schadenfreude, die Vorwürfe kranken an einem kleinen aber feinen Detail, das den Spöttern möglicherweise auf die Zehen fallen könnte: [Update 3 – rechtlich geklärt]

So spottet und schimpft etwa ein gewisser Alexander Double auf Piratig.de darüber, daß der Urheber des Fotos der Burg Hornberg (Foto liegt noch auf auf Kauders Webserver!) sagte, daß er nie und nimmer irgendwem ein Nutzungsrecht eingeräumt habe. Daraus wird gefolgert, daß Kauder das Bild zu Unrecht nutze.

Möglicherweise etwas zu voreilig und hemdsärmelig.

Denn unter dem Schutz des Urhebergesetzes stehen nur persönliche geistige Schöpfungen. Und daß dies bei diesem Bild der Burg der Fall ist, liegt nicht ohne weiteres auf der Hand.

Die nötige Schöpfungstiefe (der Jurist sagt bemerkenswerterweise übrigens Schöpfungshöhe) erreicht man nämlich im Allgemeinen nicht durch die Bedienung eines Automaten und im besonderen nicht durch schnödes Drücken auf den Auslöser. Entgegen landläufiger Meinung ist keineswegs alles geschützt, was ne Aldi-Knipse auf die Speicherkarte auswürgt. All die Möchtegerns und Pseudo-Schlaumeier, die gerade über Kauder herziehen, weil er als Jurist eigentlich wissen müßte, daß man Urheberrechte nicht durch Rechtsgeschäft erwirbt, müssten sich genauso an den Ohren ziehen lassen, denn durch schnödes Drücken eines Knopfes wird man ebensowenig Urheber. Die Kritiker müssen sich daher dieselbe Unwissenheit vorwerfen lassen, über die sie bei Kauder lästern. (Die Piratenpartei eingeschlossen!)

Maßgeblich ist eben die Schöpfung. Und dazu gehört beim Foto, daß da irgendwas dran ist, was besonders ist oder mit Können zu tun hat. Das kann beispielsweise im besonderen Beherrschen der Kamera liegen, im Spiel mit Blende und Belichtungszeit, in der besonderen Wahl der Brennweite. Etwas was nicht jeder ohne weiteres kann. Oder eine besondere Gestaltung des Bildes nach künstlerischem, journalistischem oder was auch immer Wert. Oder die Wahl des Kamerastandpunktes, der Tageszeit, des Lichtes. Die Gestaltung des Bildinhaltes, was auch immer. Aber irgendwas muß da sein, woran sich eine Schöpfungshöhe festmachen läßt, irgendwas, was nicht beliebige Massenware ist.

Ohne dem Fotografen der Burg zu nahe treten zu wollen, aber da ist nichts. Da ist gar nichts von Schöpfungstiefe oder -höhe.

Das sieht aus wie ein 08/15-Bild, wie es von irgendeinem x-beliebigen Touristen-Aussichtspunkt fließbandmäßig jedes Jahr tausende Touristen machen, die mit Billigknipsen oder Fotohandys vom Aussichtspunkt (wo vermutlich noch ein Schild auf den Aussichtspunkt hinweist) alle das gleiche Bild machen. Da ist der Ausschnitt nicht gut, sondern beliebig, da ist nix mit Schärfentiefe, da ist keine Bildgestaltung, das Ding ist flau aber übersättigt, und die Burg ersäuft im grünen Durcheinander. Kurz gesagt: Das Bild ist schlecht. Daß das Bild scharf und halbwegs richtig belichtet ist, ist – soweit ersichtlich – auch nicht Werk des Fotografen sondern der Kamerauatomatik.

Ohne Kauder-Gate wäre das Bild nicht der geringsten Beachtung oder Erwähnung wert.

Und deshalb ist es durchaus fraglich, ob dieses Bild überhaupt eine geistige Schöpfung und damit ein geschütztes Werk ist.

Wer wie ich schon ein etwas fortschrittenes Semester ist und die Fotografie noch aus der vor-elektronischen Zeit kennt, hat da einen anderen Zugang. Meine erste Kamera hatte gar keine Automatik, nicht mal einen Belichtungsmesser. Da mußte man alles von Hand einstellen und das Licht noch mit einem externen Belichtungsmesser einmessen. Und wenn man Diafilme belichtet hatte, mußte die Belichtung wirklich sitzen oder das Ergebnis war Müll. Bei Negativfilmen konnte man beim Vergrößeren durchaus noch zwei oder drei Blendenwerte retten. Damals war das noch ein Akt gewissen Könnens und Lernens, überhaupt ein anschaubares Foto zustandezubringen. Und Monitore zum sofortigen Kontrollieren hatten die auch nicht, an denen man merkt, das was nicht stimmt.

Heute bekommt man an jeder Ecke Digitalkameras, mit denen jeder Depp durch einfaches Hinhalten und draufdrücken Fotos macht. Die stellen Schärfe, Empfindlichkeit, Blende und Belichtungszeit automatisch ein, und manche Kameras fotografieren automatisch, wenn jemand lächelt oder jemand im Bild ist, den sie kennen. HDR und Panorama machen die auch automatisch. Und die typischen Aussichtspunkte für Touristen sind heute auch ausgeschildert, mit Parkplatz und behindertemfreundlichem Zugang.

Da hinzugehen und auf einen Knopf zu drücken ist aber keine geistige Schöpfung.

Ein wichtiges Merkmal für das Fehlen dieser Schöpfungshöhe ist, daß da jede Menge Touristen das immer gleiche Foto machen, und diese Fotos sich effektiv praktisch nicht mehr unterscheiden. Daß ein großer Teil der Bevölkerung etwas ohne Probleme ohne weiteres in gleicher Qualität nachmachen kann, ist ein wichtiges Merkmal für das Fehlen der nötigen Schöpfungshöhe.

Daher würde ich durchaus mal in Frage stellen, ob dieses spezielle Bild der Burg überhaupt ein vom Urhebergesetz geschütztes geistiges Werk ist. Und wenn es das nicht ist, durfte Kauder es durchaus raubkopieren (bzw. dann war es kein raubkopieren).

Zeigt aber wieder mal, daß die Piraten und die Internet-Community auch nicht so unbedingt schlauer sind als die etablierten Parteien. Die werden nur als vermeintlich schlauer wahrgenommen, weil sie mit einer anderen Windrichtung segeln, die vielen Internet-affinen Leuten eben näher kommt und plausibler erscheint.

Könnte sich als Trugschluß erweisen.

(Es ist ja übrigens auch bemerkenswert doppelmoralig und unehrlich, daß die Internet-Community, auch die Piraten, so gern gegen Trivial-Patente wettert und für Open-Source eintritt, aber Trivial-Bildern sofort Urheberschutz zugesteht, wenn es hilft, einem unliebsamen Gegner vors Schienbein zu treten. Was bei mir den unangenehmen Eindruck hervorruft, daß die ihre Fahnen auch nicht nach Überzeugung, sondern nach dem Grundsatz der Opportunität in den Wind hängen, wie es auch die anderen Parteien längst tun.

Und wenn’s um Schadenfreude oder Politikerbashing geht, läßt sich mancher so mitreißen, daß die Eigenkontrolle nicht mehr so funktioniert.

Und äußerst bemerkenswert ist auch, wieviele Journalisten all der führenden Blätter wie SPIEGEL, ZEIT und sogar Heise die Vorwürfe gegenüber Kauder so unreflektiert und unkritisch übernehmen. Anscheinend glauben Journalisten inzwischen auch alles, wenn es einer im Internet enthüllt oder entdeckt. )

[Update 1:]

Hui, da türmen sich aber die Kommentare und Mails, die in unterschiedlichem – teils ziemlich ausfallendem und beleidigendem – Ton meinen, daß ich keine Ahnung und § 72 UrhG übersehen hätte. Habe ich nicht. Ich bin nur eben anderer Meinung. Und wer mein Blog verfolgt, der weiß auch, daß ich mich mit dem Thema Urheberrecht in der Fotografie schon öfters auseinandergesetzt habe, jedenfalls mehr als manche der selbstgefälligen Besserwisser, die mir da gerade Unrat an den Kopf werfen. Ich bin – nebenbei bemerkt – auch in einer Organisation für Profifotografen, in der es ebenfalls um dieses Thema geht. Ich mache nämlich nicht nur in Informatik.

Ich habe nicht explizit auf § 72 UrhG verwiesen, aber – mit genau diesem Hintergedanken der juristischen Spitzfindigkeit der Unterscheidung zwischen Lichtbildwerk und Lichtbild – deshalb im Blog-Artikel oben den Abschnitt gebracht, daß es früher mal so war, daß jedes überhaupt erkennbar zustandegekommene Foto gewisse Grundfähigkeiten und eine gewisse Arbeit voraussetzten. Es scheint nur manchen derer, die mir so empört Unfähigkeit vorhalten, wirklich schwer zu fallen, Texte inhaltlich zu lesen und zu verstehen und nicht nur wie bei der BILD-Zeitung die Überschrift und vielleicht den Aufmacher zu entziffern. Was sich viele heute nicht mehr vorstellen können ist, daß Fotografieren tatsächlich mal eine gehobe und exklusive Tätigkeit war, und beispielsweise professionelle Fotografen praktisch alle eine entsprechende Berufsausbildung hatten – und damals auch noch brauchten, weil es als Handwerk galt. Damals gehörte beispielsweise auch die chemische Filmentwicklung noch zu den zu erlernenden Tätigkeiten. Und wer sich mit dem Urheberrecht beschäftigt, der weiß auch, daß diese ganzen rechtlichen Vorgaben und Unterschiede zu einer Zeit entstanden, als Fotografie generell noch eine hohe Kunst war. Die Verwendung des Begriffs des Lichtbildes an Stelle der Photographie stammt – falls ich richtig informiert bin – aus der Urhebergesetzgebung der Nazis. Damals gab es noch keine automatisierten Kameras. Wer sich jemals mit Kameras von damals beschäftigt hat, der weiß, daß es damals schon eine Kunst war, überhaupt ein Bild hervorzubringen. Die Unterscheidung zwischen Lichtbild und Lichtbildwerk, die sich in der Gesetzgebung und Rechtsprechung herausschälte, lief zunächst auf die Unterscheidung zwischen den Fotos von Profis zu kommerziellen Zwecken und den nichtkommerziellen Fotos der Amateure hinaus, denen man wegen der fehlenden Berufsausbildung keine entsprechende handwerkliche Tätigkeit zubilligte. Man vertrat lange Zeit die Auffassung, daß nur der ausgebildete Profi ernsthaft und verkäuflich fotografieren dürfen solle, was auch auf den Einfluß der Handwerkskammern zurückging.

Vor einigen Jahren (weiß nicht mehr genau wann, aber allzu lange ist es noch nicht her) hat man diese Anforderung, daß ein Fotograf ein Diplom oder ein Handwerk erlernt haben muß, gelockert. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Einmal, weil man das Handwerk in weiten Bereichen nach EU-Vorgaben etwas liberalisiert hat. Zweitens wegen der Digitalisierung der Fototechnik, die generell geringere und insbesondere andere Fähigkeiten voraussetzt, die damals in den Ausbildungen nicht vermitelt wurden.

Einige Bereiche der kommerziellen Fotografie wurde damit auch Leuten zugänglich, die keine entsprechende Berufsausbildung haben. Einige Bereiche – nämlich die, bei denen der Kunde die Fotos nicht beim Kauf sieht, sondern sich von vornherein darauf verlassen muß, daß der Fotograf seinen Beruf beherrscht – und die Berufsbezeichnung Fotograf sind noch immer geschützt. Beispielsweise setzt (zumindest war das vor etwa 3 Jahren noch so, bin nicht ganz auf dem neuesten Stand) die Tätigkeit als bezahlter Hochzeitsfotograf oder auch als Passbildfotograf, sowie jedes stehende Gewerbe, eine Berufsausbildung und eine Eintragung bei der Handwerkskammer voraus. Deshalb verfängt auch der Hinweis mancher Kommentatoren, daß auch ein Paßbild schon geschützt sei, gar nicht. Denn erstens setzt der Gesetzgeber dafür bereits eine Berufsausbildung voraus. Zweitens kann ich Euch aus meiner eigenen Erfahrung versichern, daß ein gutes Portrait schon eine verdammt anspruchsvolle Sache ist. Die Ausleuchtung und Lichtführung ist nicht trivial, und Fähigkeiten wie Maskenbildnerei usw. gehören auch dazu. Der Laie unterschätzt das leicht. Von Fotografen gemachte Paßbilder sind also keine geeigneten Beispiele dafür, daß es nicht auf Schöpfung ankäme.

Die Unterscheidung in Lichtbildwerke und Lichtbilder hatte hatte nicht den Zweck, jedes beliebige Bild zu schützen, sondern auch die Schöpfungen der Nicht-Profis zu schützen, während die Lobby den Begriff der Lichtbildwerke für die Berufsgruppe der Profis beanspruchte, die sich gegenüber den „Ungelernten” abzugrenzen versuchte.

Wenn man aber schon auf Paßbilder abhebt, dann kann man sich durchaus mal Gedanken darüber machen, wer die Urheberrechte an einem Automatenpaßfoto haben würde. (Und mit diesem Hintergrund habe ich ja in früheren Blog-Artikeln auch die Fragen aufgeworfen, wie das mit Fotos aussieht, die von Tieren angefertigt wurden, etwa Affen, die mit Kameras spielen, und welches Recht bei im Ausland gemachten aber hier verkauften Aufnahmen anzuwenden ist.)

Was viele der Kommentatoren hier nämlich auch nicht bedacht haben, ist die Tatsache, daß rechtlich nicht immer der der Lichtbildner ist, der den Finger am Auslöser hat, sondern das auch der sein kann, der einen anderen dabei anleitet. Es kommt nämlich nicht auf das Drücken, sondern darauf an, wer gestaltet. Und damit kommt es auch bei einfachen Lichtbildern schon auf die Frage an, wer geistig daran gewirkt hat, und erst sehr nachrangig darauf, wem der Finger gehört.

Wenn man beispielsweise – wie Touristen das oft machen – irgendwen auf der Straße bittet, ob er mal schnell ein Foto von einem machen kann, und ihm dazu die eigene Kamera in die Hand drückt, kommt es wesentlich für die Urheberschaft darauf an, ob der Tourist Anweisungen gibt oder es dem Passanten überläßt, was der macht. Und bei professionellem Arbeiten mit Assistenten liegt das Urheberrecht in der Regel auch beim leitenden Chef und nicht dem Assi, der den Knopf drückt.

Das Urheberrecht stammt in seinen Strukturen aus der vordigitalen Zeit. Daß sich die Fotografie zum Massenphänomen verschiebt und jeder Hinz und Kunz mit dem Fotohandy herumläuft, ist darin nicht vorgesehen. Ebensowenig ist darin vorgesehen, daß die Hauptarbeit heute in den meisten Fällen nicht mehr der macht, der den Knopf drückt, sondern die Software in der Kamera. Und auch nicht vorgesehen ist, daß in vielen Bereichen feste Aussichtspunkte eingerichtet wurden, und in Wanderkarten gute Aussichtspunkte eingezeichnet sind oder andere in den geographischen Fotodatenbanken wie Google Maps/Panoramio gute Standpunkte und Fotos empfehlen. Dementsprechend kann man durchaus zu der Ansicht kommen, daß bei solchen Allerweltstouristenfotos die Anteile der Anleitung und der Software den eigenen Anteil weit überwiegen und das Foto – wenn überhaupt – den „externen Beratern” in solchem Maß zuzuordnen ist, daß es für eine Urheberschaft des „Drückers” nicht mehr reicht.

Kern und zentraler Bestandteil des Urheberrechts und seiner Systematik ist und bleibt nämlich die persönliche geistige Schöpfung. Das ergibt sich schon aus dem Anwendungsbereich, nämlich § 2 UrhG. Der besagt nämlich in Absatz 1, daß nur Werke geschützt sind. Und in Absatz 2, daß ein Werk die persönliche geistige Schöpfung zwingend voraussetzt. Das steht da explizit.

Davon aber, daß Lichtbilder keine geistige Schöpfungstiefe benötigten, steht in § 72 UrhG nichts. Es bleibt offen, was Lichtbilder sind. Und wenn ich mich an die (leider auch schon einige Jahre zurückliegende) und von einem Juristen gehaltene Urheberrechtsvorlesung an der Uni richtig erinnere, hat der damals auch gesagt, daß das ein unbestimmter und ungeklärter Rechtsbegriff ist, den man halt irgendwie versucht, mit Leben zu füllen. Maßgeblich bleibt aber der § 2 UrhG, der besagt, worauf das Gesetz überhaupt anwendbar ist.

Der wesentliche Fehler, den ungehobelte Kommentatoren (und auch viele Juristen) hier machen ist, daß sie die technische Veränderung in der Fotografie nicht berücksichtigen und damit eine – vom Gesetzgeber nicht gewollte – Inflation des Urheberrechts herbeiführen. Ähnlich wie bei den Trivialpatenten wird der Urheberschutz dadurch weit überdehnt und ad absurdum geführt, wenn man ihn stur auf wirklich jeden Mist, der aus einem Bildsensor ausgelesen wird, ausdehnt. Denn damit fördert man gerade die Perversion des Rechts, unter der wir zunehmend leiden.

Und wer auf den Fall Marions Kochbuch verweist: Food Photography ist – wenn man es ordentlich betreibt – ebenfalls ein anspruchsvolles Thema für sehr Fortgeschrittene, und setzt einiges an Wissen in Makrofotografie, Ausleuchtung, Farben usw. voraus. Da kann man nicht einfach knipsen, sondern muß sich sehr wohl überlegen, was man tut – von der geeigneten Ausrüstung mal ganz abgesehen. Es ist ein Unterschied, ob man in einem Studie Beleuchtung aufbaut und Lebensmittel herrichtet, oder ob man – wie im Fall der Burg – einfach irgendeine Knipse grob in die Richtung von etwas hinhält, was da sowieso rumsteht. (Was übrigens auch der Grund ist, warum ich nur sehr ungern und fast nie in Museen oder Ausstellungen fotografiere, weil ich meine Fotos lieber selbst mache als nur das abzuschießen, was andere da hin- und zusammengestellt haben.)

Und weil mir die Problematik der Trivialpatente (vor allem in den USA, aber nun auch in Deutschland, wie etwa der Streit Apple gegen Samsung wegen des Galaxy Tabs zeigt) gewaltig auf den Wecker geht, ebenso wie die in Deutschland zur Krankheit ausartende Rechtsinhaberei und -verteidigung, wo jeder glaubt, auf jeden Furz Rechte beanspruchen und seiner Umwelt alles verbieten zu können (siehe z. B. Youtube oder meine Blog-Artikel zum Persönlichkeitsrecht in der Fotografie), lege ich verstärkten Wert darauf, solche Rechte sinngemäß und nicht absurd überdehnt auszulegen.

Wenn also irgendwelche Großmäuler und Pseudoschlaue meinen, mir Unflätigkeiten an den Kopf werfen und behaupten zu können, daß ich angeblich § 72 UrhG übersehen hätte – rutscht mir den Buckel runter.

[Update 2:] Ich habe da mal nachverfolgt, wer mich da eigentlich so anpöbelt. Einer davon ist „Lehrbeauftragter” und Angestellter an einer Uni, die in meinen Blogs auch schon mal schlecht weggekommen ist. Da fügt sich wieder mal alles zusammen.

[Update 3:] Zugegeben, ich lag nicht ganz richtig. Es scheint doch so zu sein, daß sich § 2 UrhG mit seiner Wirkungsbegrenzung nur auf den ersten Teil des Gesetzes bezieht, und § 72 auch Fotografien unterhalb der für ein Werk nötigen Schöpfungshöhe erfaßt.

Trotzdem bleibt es falsch, daß das Gesetz alle Fotografien schützt. Hier wurde wiederholt von Kommentatoren argumentiert, man müße doch „nur mal googlen” um auf genug Webseiten zu dem Thema zu kommen. Da kommt man auf viele Webseiten, die ganz unterschiedliche Dinge behaupten. Manche behaupten, sämtliche Fotografien seien in Deutschland geschützt, auch wenn sie nicht die für ein Werk nötige Schöpfungstiefe aufweisen, andere behaupten, in Deutschland hätte jedes Foto die nötige Schöpfungstiefe.

Beides ist falsch.

Und es zeigt mal wieder, daß einfach draufloszugoogeln und zu glauben, was die Mehrheit der erste zehn angezeigten Webseiten behauptet, unrichtig ist.

Ein Kommentator hat mir dankenswerterweise unten den Link auf die einschlägige BGH-Entscheidung geschickt, in der (Absatz 19) der BGH ausführt, daß es zwei verschiedene Stufen gibt, nämlich einmal das (offenbar als doch relativ hoch eingeschätzte) „eigenschöpferische Schaffen” für ein Lichtbildwerk, und dann das Mindestmaß an „persönlicher geistiger Leistung” für den Schutz des Lichtbildes.

Beide Anforderungen sind durchaus größer als selbstverständlich, in der BGH-Entscheidung ging es immerhin um professionelle Portraits als Werbeaufnahmen.

Das heißt, daß auch der von vielen hier als Totschlagargument herangezogene § 72 UrhG keineswegs (und auch nicht, wie auf vielen Webseiten behauptet) jedes Bild schützt. Ein Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung ist notwendig.

  • Darunter kann jedenfalls schon mal alles das nicht fallen, was die Kamerautomatik erledigt.
  • Natürlich fällt darunter, wenn man das, was man fotografiert, arrangiert. In diesem Fall hier hat der, der das Foto gemacht hat, die Burg aber nicht arrangiert, die stand so da. Da bleibt auch kein Platz für eine persönliche geistige Leistung.
  • Auf irgendeiner Webseite hatte jemand noch weitere Bilder von anderen Leuten gefunden, die fast genauso aussehen, die man sogar für das gleiche Bild halten könnte. Einfach mal so die Kamera in eine Richtung zu halten und ohne Beachtung von Bildaufbau usw. draufzudrücken, ist auch keine nennenswerte geistige Leistung. Insbesondere dann, wenn es offenbar ein typischer Aussichtsstandort für Touristen ist, an dem alle das gleiche Foto machen, und vielleicht noch durch irgendwelche Hinweistafeln animiert werden, fehlt es an einer solchen individuellen geistigen Leistung.

Zugegeben, ich hab’s nicht wirklich gut formuliert und lag wohl damit daneben, daß sich § 2 wohl doch nicht auf das ganze UrhG, sondern nur auf den ersten Teil bezieht. Aber in der Sache hatte ich doch Recht, denn es ist keineswegs – wie hier manche so aggressiv vertraten – jedes Bild geschützt, sondern nur die, die auf einer gewissen eigenen individuellen und persönlich zuordenbaren Leistung beruhen.

Ich hatte es doch richtig in Erinnerung. So hatte ich es vor vielen, vielen Jahren mal in einer Urheberrechtsvorlesung und in einem Urheberrechtsseminar gelernt. Die (formalen) Feinheiten hatte ich jetzt nicht mehr auf Anhieb parat, aber in der Sache (materiell) lag ich richtig. Es wird nur eben keine „Schöpfung”, sondern nur eine „persönliche geistige Mindestleistung” verlangt. Anderer Begriff, aber inhaltlich genau das, was ich meinte. Und es bedeutet ja genau nicht, daß jedes Bild geschützt ist, sonst wäre es ja kein Mindestmaß, das erforderlich wäre.

Schon erstaunlich, wie sich solche Rechtsirrtümer, daß nämlich jedes Bild geschützt wäre, verbreitet und schließlich von einer erdrückenden Mehrheit geglaubt und aggressiv verteidigt werden. Einer schreibt vom anderen ab und wenn die ersten 10 Google-Treffer das dann bestätigen, hält es jeder für wahr. Selbst klären ist aus der Mode gekommen, der Mainstream pervertiert sich zum „die ersten 10 Google-Treffer können nicht lügen”.

Danke an den Leser für den BGH-Link!

[Update 4:] Die vertiefte Begründung, warum ich bei meiner Meinung bleibe, im nachfolgenden Blog-Artikel.

50 Kommentare (RSS-Feed)

Quarktasche
1.10.2011 15:52
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Aber gilt nicht jede Fotografie, die kein Lichtbildwerk ist, doch zumindest als Lichtbild nach §72 UrhG und genießt damit weitestgehend denselben Schutz?


Zensurgegner
1.10.2011 16:23
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Nur gibt es leider in DE die gängige, und von vielen Gerichten bestätigte Rechtsprechung, das grundsätzlich JEDES Foto ein geschütztes Werk ist. Google mal nach ‘Marions Kochbuch’


Mathias
1.10.2011 16:58
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Ich bin heute über dieses Blog “gestolpert” und kann gar nicht mehr aufhören zu lesen. Respekt, wieviel Geduld Du mit manchen Kommentaristen hast und wertvolle Lebenszeit darauf verwendest, sie zur Einsicht in Deine Ansichten zu ermuntern. Manchmal wirkt es fast verbissen, bis ich wieder erkenne: An dem Punkt hätte ich sie längst laufen lassen. Anyway – ein kleines Kompliment am Rande als Erstkommentierender darf wohl sein.

Auch in diesem Fall fand ich Deine Überlegungen zur Schöpfungshöhe angemessen. Solche Gedanken hat der Gesetzgeber sich aber auch schon vor gut 15 Jahren gemacht (bzw. die Richtlinie 93/98/EWG umgesetzt), und eben deswegen gibt es heute zwei Arten des Schutzes von Fotos (etc.): Den Schutz für Lichtbildwerke gemäß § 2 Urheberrechtsgesetz (=> Schöpfungshöhe) und den geringeren Schutz für Lichtbilder mit § 72 UrhG.

Konkret hat dazu etwa der BGH 1999 in einer Entscheidung beschrieben: “Für den Lichtbildschutz ist kein eigenschöpferisches Schaffen im Sinne des § 2 Absatz 2 UrhG erforderlich; es genügt vielmehr ein Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung, wie es in der Regel schon bei einfachen Fotografien gegeben ist (…).”

Nun kann man das in der Tiefe durchdiskutieren und auch die An- und Absichten des Gesetzgebers hinterfragen, jedoch erscheint mir gerade der höchstinstanzliche Rechtssprechungshinweis “in der Regel schon bei einfachen Fotografien”, und das im Jahr 1999 (in dem wir durchaus schon gängige, bezahlbare und vergleichsweise hochwertige Digitalkameras am Markt hatten, sodass die Richter dies berücksichtigen konnten) doch als Hinweis auf eine Beweislastumkehr: Wer behaupten mag, ein Lichtbild erreiche sogar die geringeren (aber durchaus vorhandenen) Anforderungen von § 72 UrhG nicht, der dürfte sich vermutlich in der Beweislast wiederfinden.


Hadmut
1.10.2011 20:50
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@Mathias: Ich danke für das Lob. 🙂


Oppi
1.10.2011 17:03
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“Es ist ja übrigens auch bemerkenswert doppelmoralig und unehrlich, daß die Internet-Community, auch die Piraten, so gern gegen Trivial-Patente wettert und für Open-Source eintritt, aber Trivial-Bildern sofort Urheberschutz zugesteht, wenn es hilft, einem unliebsamen Gegner vors Schienbein zu treten. ”

Tut mir leid, aber das ist ein gewaltiger Trugschluss. Das Aufzeigen urheberrechtlicher Fallstricke bei augenscheinlich so banalen Dingen wie einer Landschaftsfotografie ist eben gerade ein Argument GEGEN das Urheberrecht in seiner aktuellen Ausprägung. Also sozusagen “ihr glaubt wir wollen nur Musik kopieren, aber schaut euch mal an, wo ihr selbst so überall mit dem Urheberrecht in Konflikt kommt, ohne dass ihrs merkt”. Demjenigen der das Urheberrecht auf fast schon militante Art und Weise verteidigt eben dieses vorzuhalten, halte ich für eine absolut legitime Art der Argumentation. Die Leute über deren “Doppelmoral” du dich hier beklagst wären zumeist die ersten, die sich darüber freuen würden, wenn das Urhebrrecht nicht so wäre wie es ist, und diese Verstöße darum keine wären (so sie denn nicht eh schon keine sind, wie du ja im restlichen Artikel schilderst – aber um das zu beurteilen braucht es im Zweifelsfall 3 Juristen mit 4 Meinungen). Mit Doppelmoral hat das nichts zu tun.


Oppi
1.10.2011 17:07
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Nachtrag mangels Kommentarfunktion : Ich behaupte einfach mal ganz dreist, dass die Schöpfungshöhe schon darin liegt, dass jemand hinfahren und das Foto machen muss. Wenn ich ein Bild wie das in Frage stehende auf meiner Homepage einbinden will, ohne es (möglicherweise kostenpflichtig) von jemandem zu lizensieren, muss ich halt mein Auto bemühen, da runter fahren und selber eins knipsen. Das kostet Zeit und Geld, bzw hat den ursprünglichen Fotografen ebenfalls Zeit und Geld gekostet, weswegen ich dieses Ergebnis seiner Zeit und seines Geldes nicht so ohne weiteres raubmordkopieren darf.


Fabian
1.10.2011 17:19
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Ist es nicht so, dass das Urheberrechtsgesetz zwar zwischen Lichtbildwerken (§2 I Nr. 5), wo auf die persönliche geistige Schöpfung abgestellt wird und Lichtbildern (§72), wo es im wesentlichen auf die Herstellungart ankommt differenziert, aber eben auch den Lichtbildern prinzipiell einen, wenn auch etwas geringeren, Schutz einräumt?

Ich denke deine Kritik das die Verletzung fremder Bildrechte deshalb nicht greift, da selbst wenn es sich nicht um ein Lichtbildwerk handelt, das Lichtbild selbst trotzdem 50 Jahre nach Erscheinen geschützt ist (und dieses Kritierum wohl bei allen digitalen Fotos erfüllt sein müsste).

Aber volle Zustimmung zu den Absätzen bezüglich Doppelmoral und fehlender Selbstkontrolle wenn es ums Bashing geht. Man sollte sich seinen Zorn aufsparen für die wirklich wichtigen und berechtigten Themen (davon gibt es ja weiß der Geier genug) und sich nicht an solchen Possen verausgaben.


rjb
1.10.2011 17:52
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§2 UrhG: (1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere:…
5. Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden;

§72 UrhG:
(1) Lichtbilder und Erzeugnisse, die ähnlich wie Lichtbilder hergestellt werden, werden in entsprechender Anwendung der für Lichtbildwerke geltenden Vorschriften des Teils 1 geschützt.

Und damit ist das Erfordernis der Schöpfungshöhe weg, wie schon so mancher unangenehm erfahren hat (etwa, weil er ein Bewerbungsfoto vom Fotografen, das auch nicht gerade herausragende Schöpfungshöhe aufweist, im Internet veröffentlicht hat)


Dominic
1.10.2011 17:58
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Naja, Kauder hat aber einerseits schon sein Fehlverhalten (bzw. das unter seiner Verantwortung erfolgte) eingeräumt und es andererseits sogar versucht, als Bestätigung für die Richtigkeit und Wirksamkeit seines Strike-Modells darzustellen (wie auch immer er sich das vorstellt).

Er hat dann – als Jurist – davon gesprochen, dass er sich die Urheberrechte(!) an den beanstandeten Werken gesichert hätte – was in Deutschland prinzipiell nicht geht. Das ist kein labidarer faux pas nehr, für jemanden mit seiner Qualifikation und in seiner parlamentarischen Funktion (Rechtsausschuss).

Der Spott ist also in mehrfacher Hinsicht gerechtfertigt, wenn man das o.g. ins Verhältnis zu seinen gewohnt meinungsstarken Forderungen setzt.

Zu guter Letzt – IANAL – aber ich denke, allein die Tatsache, dass Herr Kauder die Fotos für wert befunden haben muss, um sie so prominent auf seiner Website als dekorative Elemente zu verwenden, würde als Beweis für eine genügende Schöpfungshöhe vor Gericht ausreichen. Immerhin dienen sie dort repräsentativen Zwecken für den öffentlichen Auftritt eines MdB. Wenn man bedenkt, für welche Urheberrechtsverletzungen der gleichen Art schon sehr viele Privatleute abgemahnt wurden, dann ist das hier zweifellos auch justiziabel.

Ich glaube, den Piraten geht es dabei auch eher darum, die Unsinnigkeit (und Unzweckmässigkeit) solch radikaler Regelungen und Forderungen, wie sie u.a. von Herrn Kauder aufgestellt und verteidigt werden, aufzuzeigen – weniger darum, einem Urheberrecht, welchem sie selbst kritisch gegenüber stehen, Genüge zu tun.


blickinsgesetz
1.10.2011 18:03
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Die Sache mit der Schöpfungshöhe ist grundsätzlich schon richtig, aber für Fotos gilt zusätzlich zu §1 UrhG der §72 UrhG, der Lichtbilder den Lichtbildwerken gleichstellt; nur für Lichtbildwerke gilt die Anforderung einer gewissen Schöpfungshöhe. Einfache Lichtbilder (die die notwendige Schöpfungshöhe nicht erreichen) sind solchen Lichtbildern, die die Schöfungshöhe erreichen, also gleichgestellt. Oder für jeden verständlich: praktisch alle Fotos sind geschützt, auch schlechte oder triviale. Da mag es dann vielleicht noch Ausnahmen geben (z.B. das Foto, welches ein Affe gemacht hatte), aber grundsätzlich ist *jedes* Foto geschützt. Das ist auch das Problem von Herrn Kauder. Selbst das Bewerbungsfoto, welches jemand von sich selbst machen läßt, gehört nicht ihm, sondern dem Fotografen, selbst wenn der Fotograf mit der Erstellung des Bildes beauftragt wurde und dafür bezahlt wurde. Siehe http://www.gesetze-im-internet.de/urhg/__72.html


Alex
1.10.2011 18:17
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Möglich, dass mir da einiges entgangen ist, aber ich habe noch nie gehört, dass eine Urheberrechtsverletzung aufgrund von mangelnder Schutzwürdigkeit des Subjekts nicht erwirkt wurde.

Sicherlich hast Du Recht – das ist ein popeliges Bild, und es ist lächerlich dafür jemanden zu verurteilen. Nur das ist bisher Realität bezüglich Urheberrechtsverletzungen (Ich mein, dass es da mal sogar einen CT Artikel speziell bezüglich “marions kochbuch” gab.

Und gerade bei einem Hardliner wie Kauder denke ich ist es angemessen, Gesetze nicht zu seinen Gunsten entgegen seiner sonst üblichen Plärrerei auszulegen.

Und schließlich, Gesetzte sind etwas dynamisches, und vieleicht ist es ganz gut, wenn sich unsere Damen und Herren Bundestagsabgeordneten bei der nächsten Abstimmung über ein entsprechendes Gesetzt daran erinnern, wie “einer von ihnen” darüber in den Bau gestolpert ist. (was natürlich noch eintreten müsste)


Stefan W.
1.10.2011 18:37
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Dem kann widersprochen werden.

Trivialpatente und OpenSource sind ohnehin ganz andere Baustellen – das lenkt hier vom Thema ab, aber weder haben diese untereinander miteinander zu tun, noch mit dem Thema hier.

Urteile zur Schöpfungshöhe setzen diese regelmäßig ganz, ganz niedrig an. Bereits eine lausige Gemüsegurke auf Marions Kochbuch genoss Schöpfungshöhe, und für die Zeugen Jehovas: Nein, nicht die Gurke, sondern das Photo dieser Gurke natürlich, Ihr Gurken!

Die Bilder einer Überwachungskamera mögen solch eine Höhe nicht erreichen; jedenfalls würde es schon der Rechtssicherheit widersprechen, wenn in solchen, stark strittigen Geschmacksfragen Sachverständige zurate gezogen werden müssten, die entschieden, ob hier nun Schöpfungshöhe vorliegt oder nicht.

Und gerade die Tatsache, dass eine Person befunden hat, dieses Bild als typisch für Mittelnordsüdostschwaben auszuwählen – Burg, Grünzeug + Wasser ist ein Indiz dafür, dass dieses Bild eine gewisse Schöpfungshöhe erreicht. Damit wird die Qualität des Bildes nicht geadelt oder behauptet. Aber wer es verwenden will muss halt dafür zahlen, oder um die Erlaubnis so buhlen, oder er fährt eben raus, und sucht sich selbst eine Burg, ohne dass gerade Bauarbeiten sind, das Wetter schlecht, die Fontäne nicht eingeschaltet, oder was sonst so schieflaufen kann.

Wenn ich meine mittelmäßigen und schlechten und sehr schlechten Bilder mache, verwackelt, zu dunkel und mit einer billigen Knipse die alles selbst macht, dann muss ich immernoch 95 von 100 Bildern wegschmeißen, die richtig schlecht sind, und es bleiben 5 mittelmäßige über (ich gebe mir aber auch selten Mühe) – die Schöpfungshöhe betrifft dann auch den Auswahlprozess, natürlich neben der Entscheidung irgendwas überhaupt zu fotografieren, das Motiv im Bild zu haben, der Akku ist nicht leer, der Chip nicht voll.

Der Fotograf kann jetzt nur nicht Plagiate verfolgen, von Leuten, die das Schloss aus ähnlicher Perspektive aufnehmen.


Michael
1.10.2011 18:44
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Das ist Quatsch, was du schreibst. Einfach mal nach “Schöpfungshöhe Fotografie” googlen. Verweise auf § 72 UrhG zuhauf.


Hadmut
1.10.2011 20:00
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@Michael: Siehe dazu mein Update1 von eben.


Hadmut
1.10.2011 22:38
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Seitdem ich den Update geschrieben habe, ist schlagartig Ruhe…


John Doe
1.10.2011 22:58
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@Hadmut Danisch:

…vielleicht ist Ruhe, weil das Update inhatlich nichts verbessert hat? Dazu eine kleine Anmerkung:

Sie schreiben: “Davon aber, daß Lichtbilder keine geistige Schöpfungstiefe benötigten, steht in § 72 UrhG nichts. “. Mit der Ansicht, Lichtbilder benötigten eine Schöpfungshöhe, stehen Sie (zu Recht) allein auf weiter Flur:

Lichtbilder benötigen keine Schöpfungshöhe (“-tiefe”) und dies ergibt sich auch klar aus dem Gesetz. So bestimmt § 2 Abs. 2 UrhG: “Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen.”.

Anders ausgedrückt: “Ohne Schöpfungshöhe kein Werk.”. Soweit klar.

Der Witz an § 72 UrhG ist ja aber gerade, dass das Lichtbild vom Gesetz nicht als Werk beschrieben wird. Erreicht ein Lichtbild die Schöpfungshöhe, so handelt es sich um ein Lichtbildwerk gem. § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG.

Damit ergibt sich zweifelsfrei der Umkehrschluss: Lichtbilder gem. § 72 UrhG benötigen keine Schöpfungshöhe, denn das Gesetz bezeichnet sie ja gerade als Lichtbilder und nicht als Lichtbildwerke. Es handelt sich vielmehr um ein “Leistungsschutzrecht”.

Ihr “Update 1” ist ellenlang und enthält dennoch nicht ein einziges, tragfähiges Argument, warum § 72 UrhG vorliegend nicht einschlägig gewesen wäre.


Hadmut
1.10.2011 23:04
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@John Doe:

Wo steht denn das, was ein „Lichtbild” ist? Viel zu unbestimmt um so erhebliche Rechtsfolgen daran binden zu können.

Davon abgesehen reicht bereits die – von Ihnen ja zugestandene – Einsicht, daß es beim einfachen Lichtbild an der Eigenschaft des Werkes fehlt. § 2 sagt aber ganz klar und explizit, daß der Schutzbereich des Gesetzes nur Werke erfaßt.

Ein Gesetz legt man juristisch korrekt aus, indem man sich zuerst den Geltungsbereich des Gesetzes und die Begriffsdefinitionen anschaut und zuallerst prüft, ob das Gesetz überhaupt anwendbar ist. Lernt jeder Jurist im Grundstudium. Und Fotos, die nicht Werke sind, sind deshalb explizit vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen. Also kann man § 72 nicht so auslegen, daß er etwas, was kein Werk ist, Schutz gewähren soll.


Oetzmann
1.10.2011 23:01
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Mal abgesehen davon, dass ich ihre Rechtsauffassung nicht teile (was ja wiederum die Schwierigkeit beim Urheberrecht verdeutlicht), möchte ich noch was zum Urheberrecht beim Affen-/Automaten-Foto sagen:

– Affen sind zwar Tiere, es kommen aber die gleichen Vorschriften zum Tragen, die für Sachen gelten (§90/90a BGB). Es handelt sich somit nicht um natürliche oder juristische Personen, Tiere sind daher auch nicht rechtsfähig nach (§1 BGB), Schutzrechte mal außenvorgelassen – logische Folgerung: Das Urheberrecht gilt nicht für sie.

– Beim Automaten wird das ganze kniffliger sein, denn man darf nicht vergessen, dass man ergänzend zu den bestehenden Vorschriften, weitere Vereinbarungen schließen kann. Zwar kann ein Automat an sich (ebenso wie der Affe) kein Rechteträger sein. Fraglich ist hier allerdings, ob dem Nutzer des Automaten per aushängender AGB eine Nutzungsvorschrift gemacht wird. Im Grunde würde ich hier aber ihre Auffassung teilen, dass ein solches Bild keinen Urheberrechten unterliegt (und auch der Knöpfchendrücker kein Urheberrecht hat, Recht am eigenen Bild mal ausgeschlossen).

– Zu §72 UrhG werfe ich mal die Frage auf, ob es nicht darauf ankommt, was alleine(!) der Fotograf für eine Intention hatte? Wie unterscheide ich ein gut gelungenes HDR-Bild aus der Kompaktknipse von einem aus x Aufnahmen zusammengerchneten DSLR-Bildes (ach ja – wer rechnet die denn zusammen? Eine Maschine? Wie schauts denn da mit der Schöpfungshöhe aus…)? Kann ich das als Betrachter überhaupt? Und viel wichtiger: Ist es nicht völliger Nonsens hier einen Qualitätsanspruch anlegen zu wollen? Wenn mir die Bilder vom (anscheinend schlecht) ausgebildeten Fotographen nicht gefallen, haben sie dann trotzdem die nötige Schöpfungshöhe um in den Schutz des UrhG zu kommen? Wenn ich als “Hersteller” einer Fotografie der Meinung bin, ich habe mir aber Mühe mit dem Bild gegeben, dann bin ich auch der Urheber nach §72. Abgesehen davon würde ich einigen raubmordkopierten Bildern sogar auch Werkrechte zugestehen (z.B. das der Touri-Info Wolfach oder das mit dem See/Teich).

Gruß, Oetzmann.

PS: Ich finde hier den Spruch “Wer im Glashaus sitzt…” ganz passend.


Hadmut
1.10.2011 23:10
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@Oetzmann: John Does Argumentation ist nicht schlüssig, weil er versäumt hat, den Geltungsbereich des Gesetzes zu prüfen und nicht sagt, woher die Auslegung des Begriffs Lichtbild kommen soll.

Er gibt zu, daß ein Lichtbild kein Werk ist, übersieht aber, daß das UrhG nur für Werke gilt.

Freilich unterliegen Tiere dem Sachenrecht. Ich hab’s ja nur als Beispiel gebracht um gewissen Leuten, die zum ersten Mal einen Blog-Artikel von mir lesen und mir unterstellen, ich hätte mich noch nie mit dem Thema befaßt und deshalb keine Ahnung, zu widersprechen und zu zeigen, daß das Thema Urheberrecht am Bild durchaus schon öfters Gegenstand meines Blogs war.

Richtig ist auch, daß die Sache knifflig, mehrdeutig, unklar ist. Das aufzuzeigen ist mein Anliegen.

Man kann aber nicht – wie viele das tun – einfach mit der Bratpfanne zuschlagen, indem man sich ohne Beachtung des Geltungsbereiches einen einzelnen Paragraphen herauspickt, der erstens auf einem unbestimmten Rechtsbegriff beruht und zweitens eigentlich nichts sagt als nebulös auf einen Abschnitt zu verweisen, um Urheberrechte für Trivialfotos zu fingieren – und dann noch Leute inkompetent schimpfen, die sich damit schon etwas näher befaßt haben.


Oetzmann
1.10.2011 23:03
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@John Doe: Meiner Meinung nach schlüssige Argumentation!


Oetzmann
1.10.2011 23:17
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@Hadmut:

Und genau das stimmt gerade nicht!

Wir können uns gerne darüber streiten, ob ein “normales” Foto ein Lichtbild ist, auch wenn ich da John Does Argumentation wie gesagt sehr schlüssig finde – warum sonst auch die Unterscheidung.

Was aber definitiv, wortwörtlich, in der Norm steht, ist, dass “Lichtbilder und Erzeugnisse, die ähnlich wie Lichtbilder hergestellt werden, werden in entsprechender Anwendung der für Lichtbildwerke geltenden Vorschriften des Teils 1 geschützt.”

Das ist auch NICHT wegzudieskutieren – und wenn sie sich auf den Kopf stellen.

(Anmerkung zur Lichtbild-Definition: Im Personalausweis muss laut Bundesdruckerei ein farbiges oder schwarz-weißes Lichtbild eingereicht werden. Und jetzt schauen sie sich mal dir dazugehörige Fotomustertafel an und denken sie noch einmal über ihre Rechtsauffassung nach…)


Hadmut
1.10.2011 23:22
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@Oetzmann: Ich will es ja gar nicht wegdiskutieren – wäre auch unsinnig, denn der Text ist ja festgelegt.

Da muß aber doch mal das juristische Handwerkszeug sitzen, das kann man doch nicht nur auf Schwafel-Ebene belabern.

Das Gesetz ist für etwas, was kein Werk ist, nicht zuständig und bietet keinen Schutz, und das steht explizit drin.

Und was ein Lichtbild ist, müßte erst mal geklärt werden. Man kann unbestimmte Rechtsbegriffe nicht einfach so auslegen, wie es einem gerade in den Kram paßt.

Und wenn man sich darauf einläßt, daß ein Automatenbild nicht schutzfähig ist, dann muß man sich auch die Frage gefallen lassen, ob die heutigen Digitalbilligknipsen näher an der Kamera oder näher am Automaten sind.


Oetzmann
1.10.2011 23:30
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@Hadmut: Bei dem Vergleich Automat/Knipse würde ich vorschlagen, die Unterscheidung Bote/Vertreter im BGB anzuschauen:
– Beim Automaten macht eine Sache ein Foto, ich habe keinerlei Einflussmöglichkeiten, kann z.B. nicht einfach ein weiteres Foto machen, weil mir das erste nicht gefällt. (analog dem Boten, keine eigene Willenserklärung)
– Bei der Billigknipse muss ich den Fotovorgang aktiv auslösen, ich treffe eine (wie auch immer geartete) Motivauswahl, drücke den Knopf in einem bestimmten Moment, oder überlege mir bewusst, dass ich etwas mit Selbstauslöser fotografieren will. (vgl. Vertreter/eigene Willenserklärung).

Einverstanden?

Sie haben schon recht, unbestimmte Rechtsbegriffe sind eine fiese Sache. Eben weil sich im gesetz keine Definition findet. Daher ist man auf den allgemeinen (von mir aus auch juristischen/behördlichen) Sprachgebrauch angewiesen: Als Lichtbild werden z.B. Passfotos bezeichnet. Diese haben aber oft auch keine ausreichende Schöpfungshöhe. Darf ich also kein Automaten-Passbild, welches den biometrischen Bestimmungen entspricht, für meinen Perso-Antrag einreichen? Doch darf ich. Und genau solche Fälle sprechen in einem solchen Fall für die Definition des Lichtbildes als schnödes, stinknormals, triviales Foto.


Hadmut
1.10.2011 23:39
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@Oetzmann: Nein, gar nicht einverstanden. Im BGB geht es um die Abgabe von Willenserklärungen und nicht um Urheberrecht, das eine völlig unmotiviert auf das andere zu übertragen wäre völliger Unfug. (Kleine böse Nebenbemerkung: Wer so salopp und leichtfertigt mit dem Gesetz herumjongliert, kann eigentlich nicht richtig liegen, sowas zeigt ja schon, daß die Grundlagen und Werkzeuge fehlen.)

Wo steht denn das, daß Passfotos im Sinne des Urhebergesetzes (!) und nicht bloß im allgemeinen Behördensprachgebrauch als Lichtbilder bezeichnet werden? Da treiben Sie doch schon wieder so eine Begriffspanscherei. So kann man doch nicht an Gesetze herangehen!

Aber bleiben wir mal bei den Automaten. Schönes Beispiel. Es gibt inzwischen Knipsen, die stellt man einfach in die Ecke, und die machen automatisch ein Foto, wenn jemand lächelt oder jemand im Bild erscheint, denn die Kamera „erkennt”. Wer ist in diesem Fall Urheber des Bildes? Der der lächelt? Sicher nicht. Der der die Kamera in die Ecke gestellt hat? Würde eine konkrete Vorstellung vom Geschehen voraussetzen und dann wär’s wieder Schöpfung. Ohne diese Schöpfung bleibt aber niemand mehr übrig.

Moderne Digitalknipsen können also aufgrund ihrer Automatismen sehr leicht – wie ein Automat – Bilder ohne Urheber erstellen.

Und deshalb muß man das genauer betrachten und herausargumentieren und kann nicht einfach – wie die meisten hier – blind und pauschal postulieren, daß alles urheberrechtlich geschützt ist, was aus einer Kamera fällt.


Oetzmann
1.10.2011 23:33
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Hinzufügen möchte ich noch, dass S. Kauder, MdB, Jurist, Vorsitzender des Rechtsausschusses, in seiner Stellungnahme gerade nicht argumentiert, er habe keine Urheberrechtsverletzung begangen. Er wählt eine andere Verteidigungsstragie, “kauft” “Urhberrechte”, an Bildern, die (da kommen wir wieder auf sie zurück) keine Urheberrechte haben, findet das alles noch toll, weil sein Kauder-Strikes-Modell so toll funktioniere.

Da ist nichts von Diskussion um Schutzfähigkeit etc.


Hadmut
1.10.2011 23:41
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Liebe Güte, ich bin doch nicht intellektuell auf das beschränkt, was ein Siegfried Kauder so meint.

Und wenn man sich eine juristische Meinung bildet, ist man doch auch nicht auf die Auswahl zwischen den von den Beteiligten vertretenen Meinungen beschränkt.

Ich nehme mir das Recht heraus, anderer Meinung als Siegfried Kauder zu sein!


Mattes
1.10.2011 23:43
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Ich find ja den Gedankrn intetessant, das dadurch, dass das jemand gut genug findet es zu kopieren, die “Höhe” erreicht wird.


Hadmut
1.10.2011 23:49
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@Mattes: Interessant ja. Aber nicht logisch und nicht als Gesetz umsetzbar.

Etwas, von dem unklar ist, woher es gegen Kopieren rechtlich geschützt sein soll, den Kopierschutz im Zirkelschluß schon allein dadurch zuzugestehen, daß es kopiert wird, hieße, einen Kopierschutz allem zuzugestehen und ohne Grundlage aus dem Nichts zu fingieren, weil dann wirklich alles effektiv geschützt wäre – die Schutzfunktion tritt ja erst beim Kopieren in Wirksamkeit. So ähnlich wie sich Baron von Münchhausen am eigenen Schopf aus dem Wasser zog.

Außerdem rechtlich problematisch. Entweder etwas hat Kopierschutz oder es hat ihn nicht. Den Kopierschutz erst mit dem Kopieren entstehen zu lassen widerspräche der Normenklarheit, weil man dann vor dem Kopierversuch nicht entscheiden könnte, ob etwas geschützt ist oder nicht.

Außerdem könnte man damit einem ungeschützten Objekt (fast hätte ich Werk geschrieben, aber das ist es ja gerade nicht) Schutz verleihen, indem man irgendwen dazu bringt, es zu kopieren.


Oetzmann
1.10.2011 23:51
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Das Recht gestehe ich ihnen zu (gerade bei Herrn Kauder würde ich das in 90% sogar ausdrücklich empfehlen und begrüßen).

Ich möchte mich jedoch dagegen wehren, dass sie mir hier Begriffspanscherei vorwerfen.

Mir ist schon klar, dass UrhG und BGB zwei völlig verschiedene Paar Schuhe sind. Ich wollte lediglich eine Möglichkeit anbieten, wie man den Automaten von einem Menschen mit Digitalbilligknipse (wie definieren sie das denn jetzt? Ist das bestimmter als Lichtbild?) unterscheiden kann. In der Ausprägung der eigenen Entscheidungsfreiheit.

Bezüglich der Definition von Lichtbildern (als nicht näer definiertem Rechtsbegriff) muss man sich natürlich auch die Verwendung im allgemeinen Sprachgebrauch anschauen. Dazu gehört auch Behördendeutsch (abgesehen davon aufgrund nur kurzer Recherche eines der ersten Beispiele, die ich gefunden hatte). Im Endeffelt muss natürlich ein Gericht entscheiden, was im konkreten Fall ein Lichtbild ist und was nicht. Allerdings sagt der allgemeine Sprachgebrauch durchaus, dass Lichtbild ein anderes Wort für Foto ist – und soweit ich mich erinnere, sind die Gerichte dieser Definition auch bisher gefolgt.

(Kleine böse Nebenbemerkung: Wer so salopp und leichtfertigt behauptet, Lichtbilder hätten nach §72 keine Leistungsschutzrechte und mit dem Gesetz herumjongliert, kann eigentlich nicht richtig liegen, sowas zeigt ja schon, daß die Grundlagen und Werkzeuge fehlen.)

So. Gute Nacht.
Oetzmann.


Hadmut
2.10.2011 0:04
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„Digitalbilligknipse” entzieht sich einer präzisen Definition, weil sich die Dinger technisch ständig verändern – und immer mehr selbständig machen.

Behördendeutsch zur Auslegung von Gesetzen heranzuziehen, wäre ein grober Fehler. Denn dann würden Gesetze durch die Exekutive gemacht, es muß nach der Verfassung aber andersherum sein, die Gesetze müssen die Exekutive binden.

Lichtbild meint tatsächlich so etwas wie Fotografie, die Nazis haben den (nach meinem Wissensstand, ich bin nicht 100%ig sicher) Begriff aber durch „Lichtbild” ersetzt, weil das besser in den ideologischen Sprachgebrauch paßte. Mit „Licht-…” hatten die es sowieso.

Hilft aber nicht weiter. Was ist ein Foto? Ist etwas, was am Rechner manipuliert oder gar generiert wurde, noch ein Foto? Oder Malerei?

Und ändert es irgendetwas daran, daß das Urhebergesetz nur für Werke und nicht für alle Fotografien gilt?

Auch ein Gericht kann übrigens ein Gesetz nicht auf etwas anwenden, wofür es nicht gilt.


Mathias
2.10.2011 0:40
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@Oetzmann, § 72 UrhG bezieht sich ausdrücklich auf Teil 1 des UrhG (§§ 1-69g – darunter insbesondere auch § 2).

Aus dem reinen Gesetzestext heraus kannst Du damit nicht konstatieren, dass § 72 die Erfordernisse des Teils 1 entbehrlich mache.

Für mich fällt der rein jursitische Hammer, eingeräumtermaßen im Sinne höchstrichterlicher Rechtsauslegung in einem konkreten Einzelfall, erst mit dem zuvor von mir zitierten BGH-Urteil aus 1999.


Hadmut
2.10.2011 0:42
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Gibt’s das BGH-Urteil irgendwo im Volltext oder ein Aktenzeichen dazu?


rjb
2.10.2011 0:47
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Schauen wir doch das Ding mal an, um dessen §72 hier gestritten wird. Sein Titel lautet:
Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutz-
rechte (Urheberrechtsgesetz)
Da geht es also nicht nur um Urheberrecht, sondern auch um Verwandtes.
Dementsprechend gibt es einen “Teil 1: Urheberrecht” und einen “Teil 2: Verwandte Schutzrechte”, und in diesem wiederum “Abschnitt 2: Schutz der Lichtbilder”, und dieser Abschnitt 2 besteht exakt aus dem §72. Der §72 stellt also keine urheberrechtliche Regelung dar, sondern die Regelung eines dem Urheberrecht verwandten, aber nicht diesem unterfallenden, sondern neben ihm bestehenden Schutzrechts für Lichtbilder. Der Umfang dieses Schutzrechts für Lichtbilder hat zunächst einmal nichts mit dem Urheberrecht, und auch nichts mit dessen Umfangsbestimmung im §2 zu tun.

Ferner kann man annehmen, daß ein Gesetzesparagraph einen eigenständigen Inhalt hat und nicht nur eine Wiederholung bereits anderswo stehender Definitionen oder Regelungen ist. Wenn unter den Lichtbildern des §72 dasselbe zu verstehen wäre wie unter den Lichtbildwerken des §2, dann wäre der §72 aber nahezu inhaltsleer. Und die einzig naheliegende Interpretationsmöglichkeit sehe ich dahingehend, daß der Begriff “Lichtbild” umfassender ist als der Begriff “Lichtbildwerk”, und zwar im wesentlichen darin, daß letzteres urheberrechtlichen Werkscharakter besitzen muß, und ersteres nicht. Und wenn ich, wie hier irgendwo geraten wurde, einmal nach “Schöpfungshöhe Fotografie” google, dann finde ich z.B.
http://www.ra-may.de/fachartikel.php?id=5
wo mir das dazu kompatibel dargestellt wird, und zusätzlich auf die Frage, was ein Lichtbild sei, eingegangen wird, von einer Rechtsanwältin – ok, es gibt auch unter Rechtsanwälten keinen Mangel an Schlecht- und Minderleistern, aber Indizien dafür, daß sich eine konträre Meinung als herrschend in der Rechtsprechung ergeben hätte, zeigen sich mir nicht. In erster Näherung gilt demnach für jedes verwackelte und fehlbelichtete Knipsresultat auch digitaler Art ein dem Urheberrecht inhaltlich identisches Schutzrecht. In Detail- und Grenzfragen mag es kleine Unterschiede geben.


Hadmut
2.10.2011 1:28
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@rjb: Das hört sich allerdings plausibel an, muß ich zugeben.


Fabian
2.10.2011 0:55
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> § 2 sagt aber ganz klar und explizit, daß der Schutzbereich des
> Gesetzes nur Werke erfaßt.
>
Der Wortlaut des §2 definiert nur positiv den Begriff des Werkes. Und natürlich den Schutz des Urheberrechtes genießen nur Werke. Aber: Das Wort und der Begriff Urheberrecht ist nicht pars pro toto für das gesamte Urheberrechtsgesetz.

Dein Argument ist, dass das Urheberrechtgesetz ausschließlich ein Rechtsinstitut konstituiert: das Urheberrecht. Wäre das so, dann hättest du auch Recht. Denn Urheberrecht genießen nur Werke und dein Argument warum ein Trivialfoto kein Werk darstellt ist schlüssig.

Aber, das Urheberrechtgesetz kreiert neben dem Urheberrecht auch Schutzrechte für bestimmte Objekte die keine Werke sind und für die es deshalb natürlich auch kein Urheberrecht gibt, sondern eben nur “Verwandte Schutzrechte” (so der Titel des Teils 2 des Urheberrechtsgesetzes zu dem auch der §72 gehört). Im Fall des Lichtbildes sind diese Rechte nur nahezu analog zum Urheberrecht – also zwar nicht juristisch gleich, aber praktisch sehr ähnlich.

Zum juristischen Grundhandwerkzeug gehört übrigens auch, dass es mehr als eine Auslegungsmethode gibt. Neben dem reinen Wortlaut kann auch die Systematik (d.h. der Kontext der Norm), die historische Genese oder teleologische Argumente (also der intendierte Zweck der Norm) zur Auslegung herangezogen werden.

Also frage ich: wenn es nur das Instrument des Urheberrecht allein wäre, dass im Urheberrechtgesetz geformt würde, was ist dann in dem Kontext der Teil 2 des Gesetzes? Ist das überflüssig, weil es Rechte definiert die kein Urheberrecht sind und deshalb völlig unbeachtlich, wenn das Gesetz nur das Rechtsinstitut Urheberrecht und absolut nichts anderes erschafft?!

Welchen Sinn und Zweck verfolgt der Gesetzgeber mit dem §72? Es ist ja nicht das Urheberrecht, denn das wurde ja schon in anderen Paragraphen definiert. Wenn es aber etwas anderes sein muss, wie kann dann das Urheberrecht das einzige Instrument sein, dass das Gesetz selbst erschafft?


Oetzmann
2.10.2011 1:11
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Ja, ich bin doch noch nicht im Bett.

Und zwar, weil ich der Meinung bin, dass irgendwo sicherlich Lichtbild definiert wird. Nicht im Gesetz – das ist klar. Aber was macht man, wenn man nur Wikipedia hat, die im Netz Lichtbild definiert – man schaut in ein Buch. Hier via Google Books. Nehmen wir zum Beispiel mal den Heidelberger Kommentar zum Urheberrecht und unterstellen, dass die Autoren mehr Ahnung von der Materie haben, als wir.

Zur Klärung des Sachverhalts trägt Seite 1016 bei:
Da steht ziemlich genau drin, dass jedes Foto, egal mit welcher Kamera aufgenommen, ein Lichtbild ist und Schutzrechte nach §72 UrhG genießt, welche den gleichen Umfang haben wie die Schutzrechte nach §2 UhrG und sich nur in der Schutzdauer unterscheiden.

Hier finden sie auch die Definition eines Lichtbildes:
“Ein Lichtbild entsteht durch chemische oder physikalische Veränderungen, die eine Strahlungsquelle (Licht, Röntgenstrahlen, Wärme) auf strahlungsempfindlichen Schichten hervorruft.”

Lichtbilder sind sogar Bilder, die von einem Radargerät, Sateliten oder Fotokopierer hergestellt wurden.

Die zweite Fragestellung ist, ob ein Lichtbildner vorhanden ist. Die Autorin bejaht dies sogar für ein Radarmessfoto, wenn der Aufstellende bestimmte Einstellungen am Gerät vornehmen musste.

ICH würde ja jetzt sagen, dass ihre These widerlegt ist, SIE werden natürlich das Gegenteil behaupten, mir schlechte Recherche vorwerfen, weil ich nicht nachts um eins die Bibliothek der juristischen Fakultät XY aufgesucht habe und vor allem, weil Frau Dr. Astrid Meckel ja nur Richterin am OLG Frakfurt am Main ist und somit Judikative und nicht Legislative.

Jetzt aber wirklich gute Nacht. Oetzmann.


Mathias
2.10.2011 1:17
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@Hadmut: Aktenzeichen Az. I ZR 55-97, Wortlaut: http://lexetius.com/1999,1116 (Kernpunkt in Abs. 19).


Hadmut
2.10.2011 1:42
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@Mathias: Danke!

Naja, also der BGH sagt zwar (Absatz 19), daß für ein Lichtbild keine schöpferische Leistung im Sinne des § 2 UrhG, aber dennoch „ ein Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung, wie es in der Regel schon bei einfachen Fotografien gegeben ist (vgl. BGH, Urt. v. 8. 11. 1989 – I ZR 14/88, GRUR 1990, 669, 673 – Bibelreproduktion; Urt. v. 10. 10. 1991 – I ZR 147/89, GRUR 1993, 34, 35 = WRP 1992, 160 – Bedienungsanweisung). ”

Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung.

Und das ist genau die Frage, ob das gegegben sein kann, wenn so ein Allerweltsfoto gemacht wird, bei dem wirklich jeder, der vorbeikommt, einfach draufdrückt und das quasi selbe Foto macht.

Ich muß zugeben, daß das zwar etwas anderes ist, als ich behauptet habe – der BGH erstreckt das durchaus auch auf Bilder unterhalb der Schöpfung.

Aber eben doch nicht auf alle Bilder bei Aufwand Null.

Und bei Bildern, bei denen fast der gesamte fotografische Teil auf die Kameraautomatik entfällt, ist das eben keine persönliche geistige Leistung mehr.

Zugegeben lag ich nicht ganz richtig. Trotzdem wird eine gewisse eigene, geistige, persönliche Leistung vorausgesetzt, und die sehe ich eben bei solchen Allerweltsbildern, die sich jedem aufdrängen, der vorbeikommt, eben nicht.

Außerdem wurde hier mehrfach argumentiert, daß man per Googeln auf die Lösung käme – und was ich per Googeln gefunden habe, war wesentlich falsch, denn nahe alle Webseiten behaupten, daß entweder jedes Bild geschützt sei oder in Deutschland jedes Bild die nötige Schöpfungshöhe aufweise. Beides falsch.


Stefan W.
2.10.2011 3:10
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Das eine ist, dass es Fotografierpunkten geben mag, die ein schöpferischer Geist ausfindig gemacht hat, um sie in Landkarten zu verzeichnen – das andere wäre zu zeigen, dass dem genau mit jenem Schloss so ist, und das Foto von dort aufgenommen wurde.

Ob da auch zu lesen steht, um wieviel Uhr die Sonne auf den Springbrunnen scheint, und dass da ein halbes Dutzend weißer Zeltdächer zeitweise umhersteht?

Und so schwierig wie es Dir und mir fällt, das herauszufinden, so schwer dürfe es dem Webgestalter fallen, der sich die Bilder vielleicht deshalb unter den Nagel gerissen hat, um keine große Zeit dafür aufzuwenden.

Heise, die nicht ganz unbeleckt sind, was Fotografien, Internet und Recht betrifft, behauptet hier http://heise.de/-294820, dass jedes Foto dem Urheberrecht aus Schöpfungshöhensicht genügt Etwas anders sieht die Rechtslage bei Fotografien aus. Hier ist automatisch jedes Bild auch ohne das Erreichen einer Schöpfungshöhe geschützt. ich räume aber ein, dass es sich vor Gericht schlecht macht, sich auf einen Heiselink 294820 zu beziehen.

Eine weniger vollmundige Rechtsauffassung findet sich noch hier: http://heise.de/-108754 und die tendiert – zumindest was die Richter betrifft, in die Gegenrichtung, aber in einem anderen Fall: Grafiken, nicht Fotos, soweit ich verstanden habe.

Was den Unterschied Lichtbild und Lichtbildwerk betrifft – so habe ich den überhaupt nicht verstanden. Soll der darin liegen, wie ausgiebig und gekonnt man sich zuvor planerisch mit einem Foto befasst hat?


hartmut
2.10.2011 7:53
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Gesetze sind dazu da, das Zusammenleben der Menschen zu regeln. Was taugen Gesetze, bei denen sich dem normalen Menschen und Nichtjuristen weder der exakte Geltungsbereich, noch die Konsequenzen bei einem Gesetzesverstoss, noch der Beginn des Verstosses gegen das Gesetz selbst erschliessen? Wenn es tatsaechlich einer philosophischen Debatte mit voellig offenem Ausgang bedarf, zu klaeren, auf welche Weise, wieweit, wofuer ein Gesetz ueberhaupt gilt, dann ist dieses Gesetz voellig wertlos. Wenn das ausfuehrliche Diskussionsergebnis einer willkuerlich ausgewaehlten Handvoll Juristen (Gerichtsverhandlung) benoetigt wird, um festzustellen, ob ein Gesetz fuer eine Situation gilt oder ob in einer bestimmten Situation gegen das Gesetz verstossen wird – ohne dass dem Normalmenschen der Ausgang der Diskussion vorher ersichtlich sein kann, dann ist das Gesetz Muell….


Oetzmann
2.10.2011 8:33
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Alleine die Fähigkeit einen Auslöser zu drücken oder eine Kamera so einzurichten, dass sie automatisch Fotos schießt macht das Ergebnis zum Lichtbild.

Das ist eben ihr Trugschluss! Die Anforderungen an ein Lichtbild (nur für das Bild an sich, die Frage nach dem Schutz ergibt sich auch aus der Frage nach dem Lichtbildner) sind so gering, dass sie JEDES Bild aus einem Fotoapparat erfüllt!


dan h
2.10.2011 9:48
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Frage:
Bild 1: Allerweltsbild, ein Schloss, Aldi-Knipse
Bild 2: Allerweltsbild, ein Schloss, Aldi-Knipse, ein Flugzeug fliegt rein

Ist nun eines der beiden, beide oder keines der Bilder schützenswert?

Ach möchte ich die Dimension der Zeitgeschichte reinbringen:
Bild 1: Allerweltsbild, ein Schloss, 1980, Polaroid-Bild
Bild 1: Allerweltsbild, ein Schloss, 2010, Polaroid-Bild

Details zeigen andere Autos, Leute mit anderer Kleidung, etc. Nichts schützenswert? Oder Zeuge der Zeitgeschichte?

Man könnte nun beliebig viele Szenarien reinbringen. Auch meine Webcam könnte einen seltenen Vogel knipsen. Das ist sehr wohl schützenswert – weil es trotz einer Veröffentlichung meins ist! Usw. usw.

Die Frage ist doch eher über Verwertungsrechte. Herr Kauder nutzt seine Webseite und die Bilder für die Selbstdarstellung in seinem Beruf. Der Privatanwender, der ein Kochbuchbild hat, nutzt es nur privat. Warum wird das “gewerbliche Ausmaß” nicht mal anständig definiert. Schöpfungshöhe – oder Tiefe, pffrrttt!

Grundsätzlich frage ich mich, ob man nur von echter Leitung sprechen kann, nur weil man in seiner Kindheit bei Schnee jeden Tag 20km zur Schule gelaufen ist. Ich habe den Eindruck, dass es oben nicht wirklich Respekt für die Leistung von Leuten gibt (“Wer wie ich schon ein etwas fortschrittenes Semester ist und die Fotografie noch aus der vor-elektronischen Zeit kennt, hat da einen anderen Zugang” – nun ja, ich komme auch aus der Zeit, habe Zeit in der Dunkelkammer verbracht, aber sorry, einen anderen Zugang habe ich mitnichten). Leistung kann man auch durch Wirkung beschreiben, nicht nur durch den Aufwand. Auch eine Aldi-Knipse kann Fotos machen, die die Welt verändern. Quality is in the eye of the beholder (und darüber lässt sich streiten, zB Kacke in einer Cola-Dose) … i

Ich würde eher sagen, lass uns auf das “follow the money”-Prinzip fokussieren (bzw. follow-the-image, wie bei Herrn Kauder). Herr Kauder nutzt Bilder, die seine Bodenständigkeit und seine Verbundenheit mit der Region beweisen sollen. Er nutzt etwas, was ihm nicht gehört, für eigene Zwecke aus, die beruflicher (gewerblicher) Natur sind. Und gleichzeitig will er andere für gleiche Handlungen verknacken, in Sippenhaft nehmen, und da sind wir wieder bei dem “gewissen” Herrn Double und der ganzen Diskussion.


anonym
2.10.2011 11:38
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“jedenfalls würde es schon der Rechtssicherheit widersprechen, wenn in solchen, stark strittigen Geschmacksfragen Sachverständige zurate gezogen werden müssten, die entschieden, ob hier nun Schöpfungshöhe vorliegt oder nicht.”

Nein, der Sachverständige “entscheidet” das nicht.


John Doe
2.10.2011 12:14
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@Hadmut:

Sorry, aber das stimmt nicht. § 2 UrhG bestimmt nicht, dass nur Werke (mit Schöpfungshöhe) durch das Urheberrecht geschützt werden. § 2 UrhG bestimmt lediglich, dass das Gesetz nur das ALS Werk schützt, was auch Schöpfungshöhe gem. § 2 Abs. 2 UrhG hat.

Damit ist noch nicht gesagt, dass es außerhalb von “schöpfungshöhebedingten” Werken keinen Schutz durch das UrhG gibt.

Außerdem lohnt es sich auch, die Zwischenüberschriften im UrhG in die Auslegung miteinzubeziehen: Die Schöpfungshöhe wird für Werke gefordert und sind daher nicht abschließend (!) unter der “Teil 1: Urheberrecht” aufgeführt. Lichtbilder beispielsweise finden sich aber unter der Zwischenüberschrift “Teil 2: Verwandte Schutzrechte”.
Wenn Sie keinen qualitativen Unterschied zwischen Teil 1 und Teil 2 erkennen wollen, dann macht die Aufteilung keinen Sinn mehr.

Wo Sie mir doch gerade die juristische Auslegung näher bringen wollten:

Mal angenommen, Ihre Auffassung, wonach urheberrechtlicher Schutz für “alles” von der Schöpfungshöhe abhängt, trifft zu:
Dass der Tonträgerhersteller gemäß § 85 UrhG mit jeder vollautomatisch gepressten CD ein mit Schöpfungshöhe ausgestattetes Werk schafft, ist ja schon denklogisch ausgeschlossen, weil keine persönlich-geistige Schöpfung i.S.d. § 2 Abs. 2 vorliegt.
Ihrer Auffassung nach hat also ein Tonträgerhersteller keinen Schutz und § 85 UrhG ist wertlos?

Auch das Sendeunternehmen § 87 UrhG schafft keine persönlich-geistige Schlpfung i.S.d. § 2 Abs. 2 UrhG durch die reine Ausstrahlung eines (Film-)Werkes. Somit sind Sendeunternehmen Ihrer Auffassung nach auch nicht geschützt?

Damit haben Sie eben mal die gesamten Leistungsschutzrechte ad absurdum geführt.

Nur nebenbei: Sie dürfen gerne Ihre eigenen Meinung haben. Aber wenn Sie eine Meinung vertreten, die weder von der Rechtsprechung, noch auch nur von einer Mindermeinung in der Fachliteratur vertreten wird, sollten Sie vielleicht doch eher einmal Ihren eigenen Standpunkt überdenken, bevor Sie andere über die juristischen Auslegungsmethoden belehren.

Der BGH jedenfalls führt in ständiger Rechtsprechung mit der wünschenswerten Deutlichkeit aus:

“Für den Lichtbildschutz ist kein eigenschöpferisches Schaffen im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG erforderlich; es genügt vielmehr ein Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung, wie es in der Regel schon bei einfachen Fotografien gegeben ist (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.1989 – I ZR 14/88, GRUR 1990, 669, 673 – Bibelreproduktion; Urt. v. 10.10.1991 – I ZR 147/89, GRUR 1993, 34, 35 = WRP 1992, 160 – Bedienungsanweisung). Gemessen daran ist auch den in den Werbeanzeigen enthaltenen Porträtfotos der Schutz des § 72 UrhG nicht abzusprechen.”
(BGH I ZR 55/97 vom 03.11.1999, Rn. 16, zit. nach juris)


Hadmut
2.10.2011 13:13
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@John Doe: Ich habe meinen Standpunkt unter Berücksichtigung der hier vorgebrachten Kritik und unter Hinzuziehung von Literatur und Rechtsprechung überdacht.

Und dazu eben einen neuen Blog-Artikel geschrieben.


John Doe
2.10.2011 12:27
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@Hadmut:

Kleiner Nachtrag, weil Sie oben sich schon konkret auf das BGH-Zitat bezogen hatten, wonach ein “Mindestmaß” persönlich geistiger Leistung zu fordern ist:

Das soll Fotos ausschließen, die z.B. entstanden sind, weil die Kamera versehentlich herunter und auf den Auslöser fällt.

Mehr ist wirklich nicht zu fordern.

Im Übrigen ändert dies ja aber nichts an der Sache: Sie fordern konkret die Schöpfungshöhe gem. § 2 Abs. 2 UrhG für Lichtbilder gem. § 72 UrhG und genau dies hat der BGH expressis verbis ausgeschlossen.

Schönes WE noch.


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Jens Ferner
2.10.2011 16:06
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“Schon erstaunlich, wie sich solche Rechtsirrtümer, daß nämlich jedes Bild geschützt wäre, verbreitet”

Sollte hier an fachlichem Wissen Interesse sein, möchte ich kurz ein Zitat aus dem Wandtke/Bullinger-Kommentar zum §72 (dort Rn.5) zum Thema bringen:

“Das von §72 geschützte Immaterialgut ist die … rein technische Leistung der Bildaufnahme, deren Erbringung grundsätzlich keinerlei besondere Fähigkeiten voraussetzt … §72 erfasst damit einerseits die Masse der alltäglichen “Knipsbilder” und Amateurfotos, die ohne handwerkliches Können … hergestellt worden sind”. Daneben wird die “Gegenstandsfotografie” ausdrücklich ebenfalls geschützt (Wandtke/Bullinger, sodann Rn.6).

Beim §72 geht es um ein Leistungsschutzrecht (!), die schöpferische Tätigkeit steht also gerade nicht im Raum, sondern die jeweilige “Leistung”. Das zeigt sich z.B. daran, dass etwa ein Schutz für Einzelbidler einer Wetterkamera bejaht wurde, ebenso wie für Fotos aus einem Passbildautomaten. Deswegen ist am Ende der Satz

“Es wird nur eben keine „Schöpfung”, sondern nur eine „persönliche geistige Mindestleistung” verlangt. Anderer Begriff, aber inhaltlich genau das, was ich meinte.”

auch falsch, weil “Schöpfungshöhe” und “Leistung” gleichgesetzt werden. Um es mal auf den Punkt zu bringen: Die “Leistung” ist bereits das Drücken auf den Auslöserknopf! Daher als Abschluss: Als Laie sich eine (!) BGH-Entscheidung rauszugreifen und zu “analysieren” hilft selten bei der Findung der Wahrheit. Meistens kommt da noch mehr Murks raus.

Ich hoffe, die wenigen Zeilen helfen ein wenig, sich in dem Thema zurecht zu finden.


Hadmut
2.10.2011 16:14
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@Jens Ferner: Nöh, ist nicht so. Siehe meinen nächsten Blog-Artikel. Da habe ich das nämlich schon vertieft.


Hadmut
2.10.2011 17:14
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Weil hier eigentlich nur noch unsubstanziierte (und daher auch nicht nachvollziehbare) Belehrungen und Beschimpfungen als Kommentare kommen (die ich dann auch nicht durchgelassen habe), schließe ich die Kommentarfunktion hiermit.

Wer fachlich/inhaltlich/juristisch diskutieren möchte, möge dazu bitte den nächsten Blogartikel dazu lesen und dort kommentieren.