Ansichten eines Informatikers

Leistungsschutzrecht für Lichtbild: Das nötige “Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung”

Hadmut
2.10.2011 13:10

Über die Frage, wann ein Foto in einer dem Urheberrecht vergleichbaren Weise geschützt ist. Und über die Arroganz des Mainstream. (Update 2)

Mein letzter Blog-Artikel über die Causa Kauder und die Frage, ob eines der fraglichen Bilder, ein Foto einer Burg, überhaupt vor Kopieren geschützt ist (was in der Blogosphäre und der Presse immer stillschweigend unterstellt wurde, weil’s gerade so gelegen kam), hat heftige Reaktionen und Diskussionen hervorgebracht. (Nicht alle Kommentare habe ich dabei freigeschaltet.)

Trivial ist die Problemstellung durchaus nicht. Insbesondere aber ist sie nicht trivial in der Weise, daß man – wie es viele tun wollen – pauschal allem, was ein Foto ist, von vornherein und ausnahmslos den Schutz des Urhebergesetzes zuzubilligen, in der Annahme, der § 72 UrhG würde alles erfassen, was ein Foto ist.

Der wesentlichste Punkt dürfte hier das Urteil des BGH vom 3. 11. 1999 – I ZR 55/97 sein. Da ging es um Werbefotos, Portraits, die von einer Werbeagentur erstellt wurden und für die die Agentur monatlich 25.000,- DM erhielt (also durchaus keine Knipsbilder, sondern professionell und mit Aufwand erstellte Aufnahmen). Darin schreibt der BGH in Absatz 19:

Die Frage, welche Schutzvoraussetzungen im Zeitpunkt der behaupteten Verletzungshandlungen für Lichtbildwerke gegolten haben, kann jedoch offenbleiben, weil die benutzten Fotografien jedenfalls als Lichtbilder im Sinne des § 72 UrhG geschützt sind. Für den Lichtbildschutz ist kein eigenschöpferisches Schaffen im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG erforderlich; es genügt vielmehr ein Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung, wie es in der Regel schon bei einfachen Fotografien gegeben ist (vgl. BGH, Urt. v. 8. 11. 1989 – I ZR 14/88, GRUR 1990, 669, 673 – Bibelreproduktion; Urt. v. 10. 10. 1991 – I ZR 147/89, GRUR 1993, 34, 35 = WRP 1992, 160 – Bedienungsanweisung). Gemessen daran ist auch den in den Werbeanzeigen enthaltenen Porträtfotos der Schutz des § 72 UrhG nicht abzusprechen.

(Im Fall Bibelreproduktion habe ich keinen Urteilstext im Internet gefunden, geht es aber um die Abgrenzung von Lichtbild und Lichtbildkopie. Im Fall Bedienungsanweisung findet sich eine Formulierung wie die obige, allerdings wiederum bezogen auf von einem Profi erstellte Produktfotos für eine Bedienungsanleitung.)

Bereits die Anforderung, daß ein Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung notwendig ist, zeigt, daß es nicht pauschal für jedes Foto gelten kann, denn sonst wäre es ja keine Anforderung. Mindestmaß heißt jedenfalls größer als Null. Was es genau heißt, und was genau eine „einfache Fotografie” ist, wird nicht explizit festgelegt. Entgegen vieler Leute, die meinen, daß damit schlichtweg alles gemeint sein müsse (was die Anforderung ja wieder neutralisieren würde), läßt sich aber aufzeigen, daß diese Anforderung doch eine gewisse Höhe erfordert. Denn in anderem Zusammenhang wird für die Schöpfungshöhe eines Lichtbildwerkes sehr viel gefordert, etwa daß man das, was man fotografiert, besonders arrangiert, daß man die Kamera besonders gut beherrscht, daß das Bild einer breiten Öffentlichkeit bekannt wird und es Resonanz in der Presse gibt. Diese Anforderung dürfte sich dann so eher auf besonders hochwertige Brüllerfotos beschränken, also auf einen extrem geringen und sehr hochqualitativen Anteil der Fotos. Daß Gesetz und Rechtsprechung unterhalb dessen noch ein Schutzrecht installieren bedeutet daher also nicht, daß man das Schutzrecht bis zum Niveau 0 hinunter ausdehnen wolle, weil ja schon jedes halbwegs ordentliche Foto ein Werk sei und somit ein Schutzrecht mit geringeren Anforderungen gar keine Anforderungen mehr stellen könnte. Es ist umgekehrt so, daß die Anforderungen an das Werk so hoch sind, daß die weit überwiegende Mehrzahl der Fotografien davon nicht erfaßt würde, und man deshalb für sogenannte „einfache” Fotos ebenfalls einen Schutz haben wollte. Die Rechtsprechung bezieht diesen Begriff hier aber nicht jeden beliebigen Mist, sondern durchaus auf handwerklich einwandfrei und von Profis erstellte Fotos, wie eben die Portraits für eine Werbekampagne oder die Produktfotos für eine Bedienungsanweisung, die ja beide eine Planung, ein strukturiertes Vorgehen und eine gewisse Qualität erfordern. Daß „einfache Fotos” jedes beliebig geknipste Bild meinen, läßt sich daraus also überhaupt nicht entnehmen. Im Gegenteil steht eben die Forderung eines „Mindestmaßes an persönlicher geistiger Leistung” im Raum.

Die Frage ist also, was dieses Mindestmaß sein soll. Ich glaube nicht, daß man sich da auf eine nachvollziehbare Meßmethode einigen können wird. Wie wollte man das auch messen? An Stelle einer quantitativen Schwelle würde ich eher fordern, daß man qualitativ erklären kann, was der, der das Foto gemacht hat, denn eigentlich geleistet haben soll. Eine Knipse oder ein Fotohandy hochzuhalten und das nachzuahmen, was da alle anderen tun, ist keine geistige Leistung. Ich halte es übrigens auch nicht für sinnvoll, den Begriff einer geistigen Leistung so weit abzusenken, daß schon auf wirklich jeden Mist anzuwenden ist, weil darin eine bösartige (aber sicher von manchen gewollte) völlige Entwertung der „geistigen Leistung” liegt. Wenn man beispielsweise im Zoo sieht, wie da Unmengen von Touristen (besonders Jugendliche und Asiaten) rudelweise ihre Handys in die Luft recken, um ohne jedes Nachdenken alle das gleiche Sch…bild zu machen, widerstrebt es mir zutiefst, da von einem „Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung” zu sprechen. Es sei denn freilich, daß man schon den halbwegs aufrechten Gang als persönliche geistige Leistung einstufen will. Wer das aber schon so niedrig ansetzen will, steht noch immer vor dem formaljuristischen Problem, daß dann eben „alle” Bilder gemeint seien, hier aber eben nicht von „allen” Bildern sondern von einer Erfordernis die Rede ist, und eine Erfordernis niemals „alle” meinen kann, sonst wäre es ja keine. Juristisch gilt, daß eine Anforderung immer einen Sinn und eine Beschränkung ergeben muß, weil sie sonst unterbleiben muß. Es muß also einen Unterschied zu „alle” geben und damit auch einen (nicht nur theoretischen) unteren Bereich der Fotografie, der nicht mehr unter den Schutz fällt (weil man das sonst eben anders formulieren müßte).

Worin liegt also die geistige Leistung beim Fotografieren selbst?

Ich habe jetzt am Wochenende leider keinen Zugriff auf juristische Bibliotheken, aber auf der Webseite eines Rechtsanwaltes Damm ein passendes Zitat aus dem Urheberrechtskommentar Schricker, UrhR, 3. Aufl. [2006], § 72, Rn. 17 gefunden:

Das verschiedentlich geforderte Mindestmaß an geistiger Leistung dürfte bereits durch die „oft schwierige Handhabung der Technik und handwerklichen Fähigkeit zum Ausdruck kommen”.

Und das ist genau der springende Punkt, auf den ich auch in meinem Blog-Artikel von gestern abhob, als ich die Fotografie von früher mit der digitalen von heute gegenüberstellte. Diese oft „schwierige Handhabung der Technik” und diese „handwerklichen Fähigkeiten”, die es früher zum Fotografieren brauchte, ist heute nicht mehr in jedem Fall erforderlich. Heute gibt es jede Menge Digitalkameras, die wirklich jeder ohne Bedienungsanleitung, ohne Einweisung, ohne Ausbildung, ohne Erlernen bedienen kann. Knopfdrücken und mehr ist nicht. Fotohandys haben derzeit nicht mal Zooms, da kann man gar nichts anderes mehr als den Knopf zu drücken.

Und damit fällt eben die zu früheren Analog-Zeiten geltende Vermutung, daß schon das Zustandebringen der Aufnahme selbst eine hinreichende geistige Leistung ist, weg.

Zugegeben, die Meinungen gehen dabei oft auch in andere Richtungen. So gibt zwar Fotorecht-Aktuell an, daß alle Aufnahmen, auch Schnappschüsse im Urlaub (was nichts über mangelnde Leistung sagt) derzeit geschützt wären, äußert aber entsprechende Kritik, die genau meiner Sichtweise entspricht:

„Der Gesetzgeber unterscheidet nämlich bei Fotografien zwischen Lichtbildwerken – diese zeichnen sich durch die „persönliche geistige Schöpfung“ aus – und einfachen Lichtbildern. Bei den einfachen Lichtbildern wird im Gegensatz zu den Lichtbildwerken bereits die rein technische Leistung des Fotografierens geschützt. Der Grund, auch einfache Aufnahmen geschützt zu wissen, verdanken wir der Historie des Gesetzes. Früher bedeutete die Erstellung eines jeden Fotos einen technischen und auch finanziellen Aufwand. Daher sollte dieser auch geschützt werden, gleichgültig, ob das Foto „künstlerisch“ war oder nicht. Ob aber im Zeitalter der Digitalfotografie eine solcher Schutz noch zeitgemäß ist, kann durchaus kritisch hinterfragt werden. Im Gegensatz zu anderen Künstlern, wie zum Beispiel Grafikern, werden Fotografen durch diese Regelung privilegiert geschützt.”

Und genau das ist der Punkt. Früher war ein Foto ein technischer und finanzieller Aufwand. Das gilt heute nicht mehr für jedes Foto. Für die weit überwiegende Mehrzahl der Fotos sogar nicht mehr, insbesondere seit die Digitalfotografie es erlaubt, Fotos ohne Materialkosten zu erstellen und wieder zu löschen, um den Speicher wiederzuverwenden.

Was nämlich viele der Schlaumeier und Besserwisser übersehen ist, daß das Urheberrecht, ähnlich wie auch Marken- und Patentrecht, zum Ziel haben, nicht irgendeinen Gegenstand, sondern den vom Erschaffer aufgewendeten Aufwand zu schützen. Systematisch ist nämlich nicht das Bild geschützt, sondern der dahinterstehende Zeit-, Geld-, Arbeits-, Denk-, Lernaufwand, und der Schutz des Bildes nur das Vehikel dafür. Wenn der aber dieser Aufwand nicht mehr da ist, ist schlichtweg das, was das Gesetz schützen soll und will, entfallen. Wer so argumentiert, daß § 72 UrhG schlichtweg alles, was ein Bild ist, schützen soll, egal ob Aufwand dahintersteckt oder nicht, der hat die Entstehung des Urheberrechtes nicht verstanden.

Ich habe – nachdem mir so viele an den Kopf geworfen haben, ich möge doch mal § 72 UrhG zur Kenntnis nehmen oder mal in einen beliebigen Kommentar zum UrhG blicken, mangels Zugänglichkeit der Bibliotheken am Wochenende einen Blick in die lediglich nur drei Urheberrechtskommentare geworfen, die ich besitze (aber nicht mehr verwende, weil sie veraltet sind – aber vermutlich sind drei Kommentare immer noch mehr als die meisten derer besitzen, die mir Unwissenheit vorwerfen):

Ilzhöfer, Patent-, Marken- und Urheberrecht, Verlag Vahlen, 5. Auflage, Rn. 584:

„Ein Lichtbildwerk liegt dann vor, wenn Individualität gegeben ist und zwar nach der Richtlinie 93/98/EWG in dem Sinne, dass sie das Ergebnis der eigenen gesitigen Schöpfung ihres Urhebers ist, wobei keine anderen Kriterien zur Buerteilung herangezogen werden dürfen. Bei der Ablichtung der Natur wird diese Individualität in der Regel fehlen. Nru bei zusätzlicher Gestaltung des Aufnahmeobjektes kann die erforderliche schöpferische Leistung gegeben sein. Eine genaue Prüfung erübrigt sich aber in der Regel, da es das Leistungsschutzrecht „Lichtbild” gibt (§ 72 UrhG), das entsprechenden Schutz gewährt. Hierfür ist das Vorliegen einer geringen Leistung ausreichend, BGH GRUR 00,327 – Werbefotos.”

Und das ist der Schlüssel zum Verständnis (und zur Aufklärung des allgemein Mißverständnisses). Das Leistungsschutzrecht ist nämlich nicht dazu da, die vermeintlich niedrige Schwelle des Werkes nach unten hin bis auf Null zu verlängern, sondern auch den anspruchsvollen Fotos Schutz zu gewähren, die den hohen und ausschließlichen Anforderungen an das Werk nicht genügen können. Die Rede ist von professionellen Werbefotos und nicht von beliebigen Knipsereien. Eine geringe Leistung ist ausreichend, aber nicht gar keine Leistung.

Zwar nicht viel, aber doch ein entscheidendes etwas hilft da auch der Blick in eben diese Richtlinie 93/98/EWG:

Artikel 6
Schutz von Fotografien
Fotografien werden gemäß Artikel 1 geschützt, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, daß sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind. Zur Bestimmung ihrer Schutzfähigkeit sind keine anderen Kriterien anzuwenden. Die Mitgliedstaaten können den Schutz anderer Fotografien vorsehen.

Die Richtlinie zwingt die Staaten, Fotografien, die die hohen Anforderungen an Werke erfüllen, zu schützen. Ob sie darüberhinaus weitere Fotografien schützen wollen, ist ihnen freigestellt. Über Lichtbilder sagt das deshalb nur wenig – außer daß diese eben als Ergänzung zu den engen Voraussetzungen für Lichtbildwerke gelten.

Schulze, Meine Rechte als Urheber, Urheber- und Verlagsrecht, Beck-Rechtsberater im DTV, 4. Auflage, spricht zwar (Seite 34) davon, daß auch „Knipsbilder” unter den Schutz des § 72 UrhG fielen – das Buch ist aber vom Stand 1.12.2000 und berücksichtigt die oben genannte Rechtsprechung des BGH noch nicht.

Auch Hubmann/Rehbinder, Urheber und Verlgasrecht, Verlag C.H.Beck, 8. Auflage, schreibt das etwas anders, ist aber auch veraltet, weil von 1995 und damit von vor der BGH-Rechtsprechung:

(Seite 287): „Wie bereits oben dargelegt, unterscheidet das UrhG zwischen Lichtbildwerken und Lichtbildern. Letztere wurden in § 72 UrhG unter den geschützten Leistungen aufgeführt. Zu ihnen gehören alle nichtkünstlerischen Photographien, insbesondere in einem Gewerbebetrieb routinemäßig hergestellte Lichtbilder und gewöhnliche Liebhaberaufnahmen. […] Das Schutzrecht besteht für alle Lichtbilder, auf für diejenigen, aus denen sich ein Film zusammensetzt. Besondere Anforderungen an die Leistung des Lichtbildners stellt das Gesetz nicht (BGHZ 9, 264). Jedoch sind bloße Photokopien und Mikrokopien nicht geschützt (OLG Köln ZUM 1987, 93).

Zwar sagt er, daß es keine Anforderungen gäbe (weil er 1995 die BGH-Rechtsprechung von 1999 noch nicht kennen konnte), geht aber durchgehend nur von professionell erstellten Lichtbildern aus. Von einfachen Knipsaufnahmen, gar von automatischen Digitalkameras oder Internet-Fotos ist da keine Rede, weil es das damals noch nicht gab.

Gerade die veralteten Kommentare zeigen sehr schön, wie die technische Entwicklung und die Verbilligung und Vereinfachung der Fotografie zu einer schleichenden Ausdehnung des Rechtsschutzes nach unten geführt haben, ohne daß dem ein gesetzgeberischer Wille oder wenigstens eine entsprechende Rechtsprechung zugrundelägen.

Es ist vielmehr so, daß von den ganzen Juristenschreiberlingen auch einer vom anderen abschreibt, und sich dann solche Ungenauigkeiten und Meinungen hochschaukeln und verstärken. Und am Schluß meinen viele, daß etwas so und so wäre, ohne daß sich das Recht tatsächlich in diese Richtung bewegt hätte. Das habe ich schon öfters beobachtet, daß die so oft zitierte „herrschende Meinung” keine Grundlage hat, sondern sich so durch das einer-schreibt-beim-anderen-ohne-nachdenken-und-recherchieren-ab herausbildet. Viele Aspekte unseres angewandten Rechts beruhen daher nicht auf Rechtsfortbildung, sondern auf solchen Stille-Post-Artefakten und Übertragungsfehlern.

Man sieht das auch sehr deutlich daran, daß viele vermeintlich schlaue schreiben, daß Reprofotographie vom Schutz des § 72 UrhG ausgenommen sei, weil es gerade da an der eigenen Leistung fehle – das Ergebnis solle der Vorlage ja entsprechen. Das ist Bockmist und zeigt, daß viele Juristen – gerade auch in diesem Bereich – nicht wissen, wovon sie reden und im Blindflug herumschwafeln. Das Fehlen der Vorraussetzungen bestätigt ist für Fotokopien und Reproaufnahmen aus Büchern. Allerdings ist schon das zweifelhaft und jedenfalls nicht auf die gesamte Reprofotografie auszudehnen. Was den Juristen nämlich nicht klar ist ist die Tatsache, daß eine Reprofotografie eine durchaus sehr aufwendige und anspruchsvolle Tätigkeit sein kann, die weit, weit über einem Knipsfoto liegt. Ich kenne Galerien, die Bilder (gemalte, also Öl, Aquarell usw., nicht Fotografien) ausstellen und ernsthafte Probleme damit haben, gute Reproaufnahmen dieser Bilder zu machen, damit die in einem gedruckten Ausstellungskatalog farbecht rüberkommen. Farbmanagement in der Digitalfotografie und im Druck ist nämlich eine ziemlich schwierige und anspruchsvolle Sache, die nur die allerwenigsten Fotografen (selbst unter den Berufsfotografen) beherrschen. Um das richtig zu machen, muß man nicht nur Stativ, Kamera, Objektiv, Standpunkt usw. richtig wählen, sondern auch die Beleuchtung richtig einstellen, die Farbtemperatur messen, die Kamera auf eine Farbtafel kallibrieren, das ganze dann hinterher graduieren, auf Druckfarben umwandeln, an das Farbprofil des Druckwerkes anpassen. Leute, die das beherrschen, sind gesucht und selten, weil es Erfahrung und Wissen voraussetzt. Nur wissen viele der Urheberrechtsschreiberlinge sowas nicht und schreiben pauschal, daß Reprofotografie nicht geschützt wäre, weil mal entschieden wurde, daß eine simple Fotokopie oder das einfache Abfotografieren eines Buches nicht geschützt wäre.

Wo ist eigentlich der Unterschied zwischen dem Abfotografieren eines Buches und einer Burg durch einfaches Draufhalten?

Manche Juristen versteigen sich dabei in künstliche Feinheiten, wie etwa daß nur die Reproduktion von dreidimensionalen Gegenständen, aber nicht die von zweidimensionalen dem Schutz des § 72 unterliege, weil die zweidimensionale Reproduktion keinen künstlerischen Spielraum lasse. Was schon insofern Unfug ist, weil Künstlerisches ja unter das Werk fällt und § 72 das schützen soll, was außerhalb des künstlerischen liegt, nämlich das aufwendige, handwerkliche. Dementsprechend hat das OLG Düsseldorf den Schutz durchaus auch auf die von einem Museum erstellten Postkarten von Bildern erstreckt, weil deren Herstellung zwar nicht künstlerischen Freiraum genieße, aber solide und fachmännisch erbrachte Leistungen voraussetze – und darauf kommt es eben an. Der BGH sah es bei Telefonkarten freilich anders, weil die Reproduktion das Mindestmaß an eigener Leistung nicht erbringe – was zumindest mal wieder zeigt, daß entgegen der Auffassung der krakeelenden Mehrheit dieses Mindestmaß nicht bei Null anseht. Absurd wird es dann, wenn die Juristen sich dazu versteigen, daß es für den Schutz des Fotos darauf ankäme, ob das abfotografierte Werk selbst geschützt oder gemeinfrei wäre – also ob sich die Eigenleistung des Fotografen irgendwie darin unterscheiden würde, ob man ein geschütztes oder gemeinfreies Bild abfotografiert. (Quellen für alles in diesem Absatz u.a. über Wikipedia zu finden). Bestätigt wieder meine These, daß wir kein Rechts- sondern ein Juristenstaat sind und es einfach schief geht, wenn Juristen (ob nun in der Gesetzgebung, der Rechtsprechung oder der Exekutive) ohne Beratung vom Fach etwas selbst regeln wollen. Dabei kommt immer wieder Murks heraus. Festzuhalten ist, daß Urheberrechtsjuristen zu wenig Ahnung von Fotografie haben um gutes Recht schaffen zu können.

Und all denen, die mir da Dummheit, Inkompetenz, Unwissen, ich möge doch bei der Informatik bleiben usw. an den Kopf geworfen haben, möchte ich mal das schönste Zitat zu § 72 UrhG entgegenhalten, nämlich eines von der Webseite der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm in Bonn:

„Dieses Gebiet ist längst nicht juristisch “festgesteckt”, mit anderen Worten: im Fall von Auseinandersetzungen kann man mit Überraschungen der Rechtsprechung jederzeit rechnen. Die Darstellung im folgenden hat daher nur einen sehr bedingten Orientierungswert und erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit.”

Offenbar einer der wenigen Leute, die das Gebiet überblicken.

Wer mir also unterstellt, ich läge mit meiner Ansicht falsch, hätte keine Ahnung vom Urheberrecht, würde nicht mal § 72 UrhG kennen, liegt schon deshalb falsch, weil es rechtlich noch nicht geklärt ist, was genau unter den Schutz des § 72 UrhG fällt und was nicht. Es ist weder gesetzlich noch gerichtlich festgelegt worden, daß jedes Foto geschützt wäre. Es ist im Gegenteil entschieden, daß es gewisse, unscharfe Anforderungen gibt, die zumindest nicht von jedem Foto erfüllt werden. Ich kann also juristisch und wissenschaftlich sehr wohl meinen Standpunkt vertreten. Und im Gegensatz zu den Gegnern kann ich diesen auch durch die Entwicklung des Gesetzes und die BGH-Entscheidung belegen. Von denen, die behaupten, daß jedes Foto durch § 72 UrhG geschützt wäre kam bisher nur Geschwafel, heiße Luft und ein paar persönliche Beleidigungen. Ich solle doch mal das Gesetz oder einen beliebigen Urheberrechtskommentar lesen oder einfach mal Googeln. So oberflächliches substanzsloses Gelaber eben, was keiner Nachprüfung standhält – aber in der Web-, Blog- und Forensphäre immer typischer und verbreiteter wird.

Was mich wieder mal zu meiner alten These zurückbringt, daß entgegen verbreiteter Polemik in Deutschland der große und gefährliche Zensor nicht etwa der Staat, sondern unsere (keineswegs intelligente oder sonderlich gebildete) Gesellschaft und unsere Mainstream-Mentalität ist. Da werden ideologische Grundhaltungen und Richtigkeitsmeinungen verbreitet und dann auf alles eingedroschen, was davon abweicht. In Deutschland hat sich so eine Pseudointellektualität herausgebildet, bei der man als intellektuell, wissend, überlegen gilt, indem man einfach alles nachschwätzt, was gerade Strömung ist, und alles als falsch hinstellt, was davon abweicht.

Dummerweise hat das Internet bzw. das Web 2.0 damit auch den Pöbel 2.0 hervorgebracht. Die Macht der trägen und törichten, aber (verbal) gewaltätigen Mehrheit. Was heute im Web so abläuft und sich aufschaukelt, ist ernsthaft meinungsfreiheitsgefährdend. Und wie ich in letzter Zeit oft gehört und gelesen habe, bringt es viele Blogger dazu, aufzugeben und aufzuhören. Eine kritische Meinungsvielfalt (zu der übrigens, was viele übersehen, auch gehört, daß man mal Fehler macht oder falsch liegen kann) wird von unserer Gesellschaft nicht mehr geschätzt, eigentlich nicht mehr zugelassen. Sofort gehen die Einschüchterungsaktionen durch Pöbelei los. Und daß dem nicht jeder – insbesondere nicht junge Leute und Jugendliche – standhält, hat man ja schon mehrfach gesehen. Siehe auch die Pöbelseiten, unter denen manche Schüler zu leiden haben.

Insofern ist es ebenfalls falsch, daß Anonymität im Netz das Heilige, Seligmachende wäre, wie eine immer größere Meute aggressiv postuliert. Sicher, Anonymität ist in vielen Aspekten wichtig und nötig. Aber es stimmt, nicht, daß sie nur Vorteile hat, wie viele in ihrer ideologischen Ausrichtung unterstellen. Anonymität wird in Deutschland auch in einem erheblichen Maße mißbraucht, um die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit zusammenzutreten. Viele wollen das nicht wahrhaben. Ich merke es in meinem Blog aber immer wieder, weil ich ja ganz gerne mal auch meine eigene, abweichende Meinung vertrete. Dazu gehört notwendigerweise auch, daß man auch etwas falsches schreiben können muß. Damit können aber viele charakterlich nicht umgehen. Wer einen (vermeintlichen oder echten) Fehler macht, wird niedergemacht, anstatt daß man es einfach bei dem Hinweis beläßt, warum es (vermeintlich) falsch sein sollte. Wer immer nur das schreibt, was die Mehrheit als richtig ansieht, blubbert Mainstream. Und gerade dieser Mißbrauch der Anonymität, um auf unerwünschte Meinungen einzudreschen, verursacht in Deutschland meines Erachtens in manchen Bereichen (nicht in allen, aber eben in manchen) weitaus mehr Schaden, als es Nutzen hat.

Wenn man schon auf so eine Banalität und Nebensächlichkeit wie ob schlechte Fotos geschützt sind, solche Reaktionen erhält wie ich nun (die mich nicht wirklich jucken, die ich aber eben im Rahmen meines Bloggens, wozu eben auch gehört, das zu beleuchten, worüber andere hinweggehen oder was anderen nicht auffällt, zum Thema mache) erhält, was passiert dann erst, wenn man mal ein wirklich wichtiges kontroverses Thema anschneidet?

Diese Gesellschaft ist in ihrer Gesamtheit einfach nicht reif für Web 2.0 und Anonymität. Das hat bei uns etwa die gleiche Lage wie das Waffenrecht in den USA. Es wird erbittert als Bürgerrecht verteidigt, der Staat als Gegner angesehen, und es gibt durchaus viele Beispiele, wo es von Vorteil oder sinnvoll wäre, Waffen zu tragen. Die vielen negativen Aspekte, wie etwa den Mißbrauch um gewaltsam die eigene Meinung oder das Recht des Stärkeren durchzudrücken, werden aber von der Mehrheit einfach verdrängt.

[Nachtrag 1:] Man kann sich auch mal darüber Gedanken machen, warum es Leistungsschutzrecht und nicht Lichtbildschutzrecht heißt. Das sagt nämlich schon, was eigentlich geschützt sein soll.

[Nachtrag 2:] Im Widerspruch zu der von einer Kommentatorenmehrheit hier (bzw. im vorgangegangenen Blog-Artikel) geäußerten Meinung gewährt § 72 UrhG übrigens – wenn man es mal genau ließt – Lichtbildern keineswegs einen eigenen Schutz. Da steht nur, daß die Vorschriften des Teils 1 des Gesetzes für Lichtbildwerke im wesentlichen ebenfalls und in entsprechender Anwendung gelten sollen.

Teil 1 gibt aber auch nicht dem Werk den Schutz, sondern dem Urheber für dessen Werk (§ 1). Und Urheber ist der Schöpfer des Werkes (§ 7). Insbesondere sagt § 11:

Das Urheberrecht schützt den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in der Nutzung des Werkes. Es dient zugleich der Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Nutzung des Werkes.

Geschützt ist also nicht das Werk (bzw. entsprechend das Lichtbild) selbst, sondern die geistige und persönliche Beziehung des Urhebers zur Fotografie. Und die muß erst mal da sein.

Davon, daß für Fotografien hier geringere oder gar keine Anforderungen mehr bestünden, steht da nichts im Gesetz. Insbesondere redet das Gesetz von entsprechender Anwendung, und nicht davon, daß bei Lichtbilder etwas anderes geschützt wäre als bei Lichtbildwerken, also das Bild selbst. Die von so vielen so heftig, teils aggressiv vertretene Auffassung, daß § 72 UrhG offensichtlich jedes noch so belanglose Foto schützen wollen, findet also nicht mal im Wortlaut des Gesetzes eine Grundlage, weil § 72 nur auf Teil 1 verweist und Teil 1 das eben nicht hergibt.

Wie sagt man so schön? Ein Blick in das Gesetz erleichtert die Rechtsfindung…

30 Kommentare (RSS-Feed)

dan h
2.10.2011 14:07
Kommentarlink

Ich hatte das schon im letzten Blog angefragt (ist leider nicht mehr darauf eingegangen worden), aber wäre denn eine Zufallsaufnahme eines Flugzeugabstürzes in die inzwischen berühmte Burg, geschossen mit einer Aldi-Knipse, ohne weitere Schöpfungstiefe, einfach frei verwertbar? Nach ihrer Argumentation müsste das so sein. (Für andere Szenarien, z.B. bezüglich Aufnahmen mit zeitgeschichtlichen Charakter kann man ja nochmal meinen Beitrag im vorigen Blogbeitrag einsehen).

Mein Punkt war auch nur, dass jemand sich den Eigentum eines anderen für berufliche Zwecke zu eigen macht. Wie ich da schon erwähnte, macht sich Herr Kauder fremdes Eigentum zu eigen, um seine eigene Bodenständigkeit und Nähe zum Volk zu zeigen. Das würde ich als gewerbliche Nutzung interpretieren – und liegt eigentlich der Hund begraben, und nicht bei einem persönlichem Empfinden von Kunst versus Banalität. Das strittige Bild ist durch seine Nutzung aufgewertet worden, ohne das der Fotograf etwas an der Blende gemacht hat. Dieser zusätzliche Wert, auch wenn er von Null kommt, ist durch die gewerbliche Nutzung, nicht mehr Null, denn man kann argumentieren, dass so eine beruflich-bezogene Selbstdarstellung Wählerstimmen bringt). Jetzt ist der Wert nochmal stark gestiegen, durch die Berichterstattung. Auch aus einer zeitgeschichtlichen Perpektive kann ein Allerweltsbild von damals heute eine ganz andere Bedeutung, und dadurch auch Schutzbedürfnis, bekommen. Das ist völlig losgelöst, ob der Fotograph einen Doktor in Fotographie hat oder nicht. D.h., dass ein Verwertungsrecht nicht rein vom Input abhängt, sondern auch von seiner Wirkung (meine dumme Webcam könnte möglicherweise beweisen, dass es noch Dinosaurier gibt).

Ich persönlich würde es begrüßen, die Trennlinie zwischen privater und gewerblicher Nutzung zu schärfen, als sich Mindestmaße an persönlicher geistlicher Leistung aufzuhängen (außer man ist Anwalt oder Sachverständiger, die freuen sich über dieses unermessliche Geschäftsfeld!).

Zur Diskussionskultur: finde ich auch nicht gut. Aber warum im ersten Blog dann so was “All die Möchtegerns und Pseudo-Schlaumeier, die gerade über Kauder herziehen, …”. Und im jetzigen Blog: “Was nämlich viele der Schlaumeier und Besserwisser übersehen ist, …”. Offensichtlich lagen viele von diesen gar nicht so falsch. “Die Macht der trägen und törichten, aber (verbal) gewaltätigen Mehrheit.” Warum diese verallgemeindernden Beleidigungen? Ich zumindest fühle mich auch beleidigt. Alles läßt sich doch durchaus neutraler hinterfragen und argumentieren. Oder muss man als Blogger selber Pöbel 2.0 zu sein? Dann kann man sich nicht wirklich beschweren …


Hadmut
2.10.2011 14:32
Kommentarlink

Sehr schwierig, weil wirklich nur im konkreten Einzelfall zu beantworten.

Wenn jemand die Burg knipsen will und dabei zufällig ein Flugzeug ins Bild stürzt, fehlt es an der eigenen geistigen Leistung. Woher sollte die also kommen? Das ist eher ein Produkt des Zufalls als der Leistung.

Ganz so abwegig und aus der Luft gegriffen ist die Frage auch gar nicht, mir fallen da spontan die Filmaufnahmen vom ersten Flugzeugeinschlag ins World Trade Center ein, wo jemand zunächst eine Straßenszene filmen wollte und dann spontan nach oben geschwenkt hat. Das ist zwar dann schon nicht mehr reiner Zufall, sondern schon wieder schnelles Reagieren und Beherrschen einer komplexen Profikamera, was nicht jeder kann, aber zumindest die Grundsituation ist gegeben. Ich würde durchaus dazu tendieren, daß solche Zufallsaufnahmen nicht ohne weiteres ein geschütztes Werk sind.

Schwierig ist die Beweislage, denn der Fotograf wird ja dann behaupten, geistesgegenwärtig dahin geschwenkt und reagiert zu haben.

Aber was ist beispielsweise mit Wildkameras? Das sind automatische Kameras, die man an Bäume hängt und die per Näherungssensor automatisch alles fotografieren, was vorbeikommt. Steht dahinter eine geistige Leistung? Allerhöchstens in der Befestigung der Kamera, aber das ist schon zweifelhaft. Ich kann mich erinnern, daß vor ein oder zwei Jahren ein tolles Foto irgendeinen internationalen Wettbewerb gewonnen hat, in dem ein Wolf über einen Zaun springt und von so einer automatischen Kamera aufgenommen worden war. Da könnte man die Frage auch stellen. (Das Bild wurde später disqualifiziert, weil sich herausstellte, daß es gemogelt war. Es war kein wilder sondern ein gezähmter dressierter Wolf war, der gestellt über den Zaun sprang.)

Ich würde also dazu tendieren, nicht die Gründe zu suchen, die gegen einen Schutz sprechen, sondern umgekehrt den, der den Schutz in Anspruch nimmt, in die Beleglast zu nehmen und zu fragen, auf welche persönliche geistige Leistung er Schutzanspruch erhebt. Wie ich oben schrieb ist ja gerade der Fehler in der Denkweise, daß man das Bild und nicht die Leistung als Ziel des Schutzes unterstellt. Damit leitet man sich auf einen falschen Weg, denn ein Foto ist auch jeder Mist. Fragt man aber nicht nach dem Foto, sondern nach der zu schützenden Leistung, die hinter dem Foto stehen soll, wird das alles einfacher und plausibler. Nur ist das bezeichnete Beispiel vom Flugzeig, das in die Burg stürzt, da nicht konkret und detailliert genug ausformuliert, um das beurteilen zu können, weil eben der Schwerpunkt auf dem Bild und nicht der geschützten Leistung liegt.

Mir ging es ja auch gar nicht darum, Kauder zu verteidigen. Wirklich nicht.

Eigentlich ging es mir auch gar nicht um Urheberrecht, sondern um diese Pöbel-Mentalität, die sich im Netz breit macht.

Ich bezog die zitierten Stellen übrigens nicht auf die Kommentare, die man sieht (und damit nicht auf Sie), sondern auf einige Reaktionen, die im Hintergrund an anderer Stelle stattfanden und sich ziemlich substanzlos gegen mich persönlich richteten. Es kristallisiert sich gerade heraus, daß dahinter wohl zentral ein Lehrbeauftragter einer Universität steht, der auch hier in meinem Blog versucht, herumzutrollen, und das wohl nur zum Vorwand nahm, generell gegen mich zu mobben, weil ich eben in meinem anderen Blog die Universitäten kritisiere. In einem kurzen E-Mail-Wechsel stellte sich jedoch heraus, daß er nur so tut, als wüßte er Bescheid, und eigentlich ziemlich laienhaft agiert (bzw. auf der „selbstverständlich”-Ebene argumentiert).

Ich habe mir mit meinen Blogs nicht nur einen gewissen Leser-Stamm, sondern mit der Kritik an zwei Lobby-Gruppen (Hochschulen und einige linksideologische Teile der Internet-Community) auch einen gewissen Stamm an persönlichen Feinden erarbeitet, die offenbar beständig mitlesen und nur auf eine Gelegenheit warten, gegen mich zu wettern. Denen geht es gar nicht um die Sache an sich, sondern darum, mich anzugreifen und als unbeachtlich hinzustellen. Und das tun sie einmal mit trolligen oder beleidigenden Kommentaren und Mails (was man leicht löschen kann), aber eben auch an anderen Stellen. Ich gehe da zwar über vieles kommentarlos hinweg, weil man mit jeder Beachtung die Sache hochschaukelt und aufwertet. Aber so gerade alles muß man sich auch nicht gefallen lassen.

Die Leute, deren Kommentare hier erscheinen, sind damit nicht gemeint.


Hadmut
2.10.2011 14:40
Kommentarlink

Nachtrag: Die ursprünglich etwas kernigeren Formulierungen in meinem ersten Blog-Artikel beruhen darauf, daß ich kritisiere, daß manche Interessengruppen einerseits frei zugängliche Informationen befürworten und sich generell gegen Schutzrechte richten, aber dann, wenn es gerade mal opportun ist, nutzen, um über Gegner herzuziehen.

Es ist zwar isoliert betrachtet schon richtig, Kauder das Einhalten geltenden Rechtes vorzuhalten, wenn gerade der Internetsperren für Raubkopierer fordert. Aber diese „Elastizität”, heute diesen und morgen den anderen Standpunkt einzunehmen und immer in den Chor einzustimmen, wo gerade was los ist, die gefiel mir nicht.

Man kann viele Meinungen haben. Aber wenn man eine glaubhaft vertreten will, dann muß man sich auch mal für eine entscheiden und bei der dann selbst dann bleiben, wenn es um den Umgang mit Gegnern geht. Man kann nicht die ganze Zeit gegen Urheberrecht sein, aber eben mal ausnahmsweise schnell dafür, wenn es einem gerade gelegen kommt und weiterhilft. Das war es eigentlich, was ich aufzeigen wollte.


dan h
2.10.2011 15:02
Kommentarlink

Danke für die Klarstellung bez. Stil, kann ich nachvollziehen. Es scheint aber doch andere Leser zu geben. Diese sollte man nicht aus den Augen verlieren. Humor könnte auch gehen.

Ich persönlich habe zur Entstehung des Internets promoviert (dissertation.huedig.com). Ist zwar nicht direkt relevant bezüglich Bilder an sich, aber ich untersuche darin die Technologiepolitik der USA, der EU und Japan von ca. 1980-1995. Auch Copyright ist da ein großes Thema. Ist natürlich alles veraltet (fertig war ich in 1997, da gab es das Wort eCommerce noch nicht).

Mir geht es um die politischen Entscheidungen. Mehr als das Stichwort Abmahnanwälte braucht man dazu nicht zu nennen. Deswegen auch der Bezug zu Kaudergate, wie bei piratig.de diskutiert.

Wegen dem Flugzeug in der Burg: ich gehe jede Wette ein, dass ich ein solches Bild für teures Geld verkaufen könnte (vielleicht ist dabei hypothetisch ja sogar George Clooney oder Jennifer Lopez umgekommen, Weltgeschichte! ;-)). Und ich bin mir sicher, Schutzrechte durchsetzen zu können. Warum soll jetzt die Beweislast umgekehrt werden, in dem man die Schöpfungstiefe hinterfragt? Die Frage ist doch, ob ein Bild einen WERT hat. Und bei diesem sehe ich zwischen privater und gewerblicher Nutzung einen wesentlichen Unterschied. Es kann nicht sein, dass ein Foto mit einem hohen Wert kein Schutz genießt, weil es eine geringe Schöpfungstiefe hat. Die beiden Franzosen, die den Flugzeugeinschlag gefilmt haben, wollten nichts dafür (tolle Doku übrigens) – finde ich super!

Mir geht es um die Sache! Mein Sohn ist 17 … inzwischen sehe ich unter jedem Busch einen Abmahnwalt. Der Wahnsinn muss aufhören, und eine Diskussion über Schöpfungstiefe ist vielleicht neues Öl ins Feuer … obwohl, wenn ich reflektiere, bei Popmusik ist auch nur alles geklaut (nimm mal Barbra Streisand von Duck Sauce, geklaut von Frank Farian / Boney M, wiederum geklaut von Nightrain, der Song hieß nämlich mal Hallo Bimmelbahn!).Jetzt über den Wert davon zu diskutieren … ne, ich geh jetzt grillen, ist 27 Grad draußen.


Hadmut
2.10.2011 15:09
Kommentarlink

@Dan h: Ich muß zugeben, daß ich es manchmal auch ein bisschen höher koche als notwendig.

Das Thema, daß bei uns in Deutschland die gesellschaftliche Zensur erheblich stärker als die staatliche ist, und daß gerade die, die immer gegen Zensur wettern (oder das instrumentalisieren) selbst ganz gerne einen zwar unter dem Öffentlichkeitsradar liegenden und juristisch nicht greifbaren (und auch öffentlich kaum wahrgenommenen) aber doch ganz erheblichen und die Meinungsfreiheit effektiv doch erheblich beeinträchtigenden Zensurdruck ausüben, und auch eine gewisse gesellschaftliche Doppelmoral, sind gerade eines meiner regelmäßigen Themen.

Nicht immer sind das vorder- und das hintergründige Thema meiner Blogartikel gleichlautend.


Hadmut
2.10.2011 15:11
Kommentarlink

Das mit Streisand und Boney M ist übrigens ein gutes Beispiel:

Warum behandelt man Fotografen besser als andere Urheber?


John Doe
2.10.2011 17:38
Kommentarlink

Der “Nachtrag 2” ist wohl mir geschuldet. Deshalb eine kurze Stellungnahme dazu:
Wenn ein Gesetz lautet “in entsprechender Anwendung”, dann heißt das nichts anderes, als: Der Gesetzgeber hat erkannt, dass es nicht genau passt (in unserem Fall: keine persönlich-geistige Schöpfung bei Lichtbildern), sieht aber die Interessenlagen als vergleichbar an und bestimmt daher die identische Rechtsfolge.
Sicher hätte der Gesetzgeber die Rechtsfolgen aus dem ersten Teil sozusagen per copy&paste hinter § 72 UrhG einfügen können, aber es hätte in der Sache nichts geändert und nur den Text aufgebläht.

“Eigener Schutz für Lichtbilder” heißt auch nicht, dass Lichtbilder ANDERS als Werke geschützt werden, sondern nur, dass Lichtbilder einen EIGENEN, vom Gesetz anerkannten Schutzbereich haben.

Insgesamt bleibe ich aber auch nach Ihrem Update zum Thema dabei: Dass der BGH bei § 72 UrhG ein mindestmaß einer persönlichen Leistung fordert, soll allenfalls Fälle ausschließen, in denen der Fotoapparat aus Versehen auf den Auslöser gefallen ist u.ä..
Anders herum gewendet: Bereits Motviauswahl und Ausrichtung der Kamera sowie betätigen des Auslösers im gewünschten Moment genügen für die eigenpersönliche Leistung des § 72 UrhG.
So ist nach Kroitzsch ein Mindestmaß an persönlicher Leistung gar nicht zu fordern, denn ein “Maßstab wird von den Befürwortern des Mindestmaßes einer persönlichen Leistung ebensowenig gegeben wie eine Veranschaulichung dieser Ansicht.” (vgl. Kroitzsch in Möhring/Nicolini, Urheberrecht, 2. Aufl. 2000, § 72, Rn. 4).

Davon abgesehen: Rechtswissenschaft ist eben eine Wissenschaft. Ich finde es bewundernswert, mit wieviel Engagement Sie Ihre Ansicht vertreten und dies zu belegen versuchen. Nehmen Sie es mir daher bitte nicht übel, wenn ich sage, dass man einfach merkt, dass Sie kein Jurist sind:

So zum Beispiel Ihre Passage: “Was nämlich viele der Schlaumeier und Besserwisser übersehen ist, daß das Urheberrecht, ähnlich wie auch Marken- und Patentrecht, zum Ziel haben, nicht irgendeinen Gegenstand, sondern den vom Erschaffer aufgewendeten Aufwand zu schützen.”.

Das stimmt in dieser Absolutheit einfach nicht. Beispiel Markenrecht: Möchte ich mir “Hadmut Danisch” als Marke in der Warenklasse für Getränke registrieren, kann ich das ganz einfach tun und dann ab morgen Hadmut-Danisch-Cola verkaufen. Mein Aufwand, den Markennamen zu “erschaffen”, lag praktisch bei “0”. Dennoch wird mir mit Eintragung der gesamte Schutz des Markenrechts zuteil.

Und auch auf das Urheberrecht bezogen stimmt der Satz nicht. Eine persönlich-geistige Schöpfung i.S.d. § 2 Abs. 2 UrhG setzt gerade nicht notwendigerweise einen großen Aufwand voraus, vielmehr wird andersherum ein Schuh draus: “Außer Betracht zu bleiben haben jedoch der Aufwand, die Mühen und die Kosten des geschaffenen Erzeugnisses.” (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl. 2008, § 2, Rn. 53; ebenso Bullinger in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 2, Rn. 26).


Hadmut
2.10.2011 18:08
Kommentarlink

@John Doe: Nöh, war nicht auf was bestimmtes bezogen, sondern ging mir so beim Nachlesen durch den Kopf.

Diese EU-Richtlinie ist da recht aufschlußreich (allerdings ist das UrhG an sich älter als diese Richtlinie), wonach die Staaten zunächst mal Werke in bestimmter Weise schützen müssen, dann aber mehr schützen dürfen. Deshalb hat der Gesetzgeber da so ein „Mit Lichtbildern machen wir’s genauso” hintendrangepappt.

Ich nehme übrigens gar nicht für mich in Anspruch, Jurist zu sein, sondern möchte mich lieber von denen unterscheiden.

Ich verlange auch von niemandem, daß er meiner Meinung ist. Auch von Ihnen nicht. Aber ich kann es nicht ab, wenn andere meinen, ich müsse aufgrund irgendwelcher Rangordnung ihrer Meinung sein (etwa weil ich kein Jurist wäre). Ich bin zwar hier viel beschimpft worden, aber eine ordentliche Begründung dafür, daß ich falsch läge, hat bisher keiner geliefert.

Übrigens kann man eben nicht alles als Marke eintragen lassen. Marken bedürfen einer gewissen Individualität und Kennzeichnungskraft, sonst kann man sie löschen lassen bzw. nicht durchsetzen.

Ist nicht der Komiker Mario Barth kürzlich mit seinen Marken vor Gericht gescheitert, weil diese nicht individuell und kennzeichnend genug waren, sondern zu allgemein?

Freilich könnte man „Hadmut-Danisch-Cola” als Marke eintragen. Aber nicht „Cola-Getränk”, weil das eben zu flach wäre. Auch das Markenrecht fordert ein Mindestmaß an Spezifität.

Finde ich richtig. Und genau darauf will ich ja hinaus.

Da bei Fotos der Rechtsschutz aber nicht beantragt wird, ist die Konsequenz der Analogie, daß nicht ein Dritter die Löschung der Rechte am Bild beantragt, sondern daß sie erst gar nicht da waren.

Im Prinzip bestätigen Sie meine Sichtweise – Sie müßten Ihre eigene Aussage nur mal zu Ende denken (und nicht auf halber Strecke aufgeben).


marinelli
2.10.2011 21:28
Kommentarlink

warum ist das mit “Barbra Streisand” von Duck Sauce ein gutes Beispiel?


Hadmut
2.10.2011 21:32
Kommentarlink

Weil auch in der Musik nicht jedes Geklimper auf dem Klavier schutzfähig ist, sondern man duchaus ein erkennbares Thema haben muß. Wenn ich einfach auf irgendsoeiner Casio-Orgel mit deren Automatik blind draufhaue ohne spielen zu können, wird das auch nicht schutzfähig. Erst wenn man beispielsweise erkennbar spielen kann, stimmlich irgendwas bringt, Text komponiert oder ein musikalisches Thema findet, kommt man in den Schutz.

Das bezog sich eignetlich auf einen der oben zitierten Kommentare, in denen die Frage aufgeworfen wird, warum die Fotografie gegenüber anderen Kunstformen privilegiert wird oder werden soll.


Phil
3.10.2011 23:15
Kommentarlink

Vielen Dank für den Blogeintrag, eigentlich sollte man so eine differenzierte Darstellung von den selbsternannten “Qualitätsmedien” erwarten. Mir war bisher nicht bewusst dass einem geschossenen Bild nicht automatisch eine gewisse Schöpfungshöhe unterstellt wird.
P.S.: Der Blog ist super


Hadmut
3.10.2011 23:18
Kommentarlink

Danke für das Lob.

Da ich aber kein Jurist bin und die Mehrzahl (oder jedenfalls der lauter schreiende Teil) der Leser das für völlig falsch hält, sollte man sich nicht darauf verlassen, sondern es so halten, wie der zitierte Rechtsanwalt: Es ist noch nicht geklärt, und sicher ist nur, daß Entscheidungen überraschend ausfallen werden.


Christian
4.10.2011 8:17
Kommentarlink

Aufhören! Unfug! Im Ernst! Das ist so, als würde ein Jurist einem Informatiker erklären wollen, dass die Frage, ob sich das Binärsystem in der EDV durchsetzen werde, noch nicht geklärt sei!


Hadmut
4.10.2011 11:43
Kommentarlink

@Christian: Da möchte ich mal ganz eindeutig auf ein riesigen Unterschied zwischen Juristen und Informatikern hinweisen.

Informatiker haben nämlich nie diesen Standesdünkel wie die Juristen entwickelt und nie diesen Anspruch erhoben, das Monopol auf das Fach zu haben. Weil Informatiker erstens insgesamt sehr viel lockerer und entspannter drauf sind, und weil bei den Informatikern die Realität und das Arbeitsergebnis zeigt, wer Recht hat, und nicht die höhere Entscheidungsinstanz (vom Wissenschaftsklüngel mal abgesehen). Ich habe es noch nie erlebt, daß ein Informatiker die Aussage eines Nichtinformatikers allein deshalb als falsch hingestellt hat, weil der kein Informatikstudium hatte. Juristen argumentieren aber meistens auf dieser Ebene, und viele von ihnen argumentieren nur auf dieser Ebene. Weil Juristerei keine objektiven Wahrheitskriterien kennt sondern fast immer auf Konsens oder Macht beruht.

Würde ein Jurist einem Informatiker erklären wollen, daß sich die Frage, ob sich das Binärsystem in der EDV durchgesetzt hat oder nicht, noch nicht geklärt sei, würde der Informatiker eine Antwort geben, in der er auf die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Frage eingeht. Er würde aber nicht behaupten, daß der Jurist das schon deshalb nicht beurteilen könnte, weil er es nicht studiert hat. Eine derartige Arroganz leisten sich nur die Juristen. Daher verbitte ich mir derartige Vergleiche.

Im übrigen hat noch keiner derer, die mir gegenüber hier Vorwürfe erheben, bisher auch nur einen einzigen Beleg für seine Kritik gebracht. Ich hingegen habe zumindest begründet, wie ich zu der Ansicht komme. Eine Meinung zu belegen statt sie auf den eigenen Personenstand zu stützen scheint vielen allerdings fremd zu sein.


Ben
4.10.2011 11:16
Kommentarlink

Hallo Hadmut,

ich bin juristischer Laie und möchte auch gar nicht so tun als hätte ich Ahnung von der Rechtslage in diesem Fall.
Ich möchte mich mit diesem Kommentar nur auf deine Aussage beziehen, dass es dem Gesetzgeber darum ging den Aufwand bzw. die Leistung zu schützen, die für dieses Bild aufgebracht wurde.

Hierzu habe ich folgende Überlegung angestellt:
Ist es nicht so, dass der Aufwand für die Erstellung einer beliebigen Fotografie, zB einer Burg, auch die Fahrt zu diesem Ort, die Auswahl eines schönen, sonnigen Tages und die Wahl der richtigen Tageszeit ebenfalls eine gewisse Leistung darstellt? Denn so ein Bild kann eben nicht JEDER machen, sondern nur der, der sich die Zeit dafür nimmt, den Ort zu besuchen, der eine entsprechende Kamera hat und der auch noch die Mittel aufwendet um die Fahrt zu tätigen.
Und ist es dann nicht auch so, dass das selbe Bild, aufgenommen von zwei verschiedenen Leuten eventuell eine unterschiedlich hohe Leistung aufweisen kann?
Ich denke es ist ein Unterschied ob beispielsweise ein japanischer Tourist eine Aufnahme der Münchner Frauenkirche macht, oder ob das ein Münchner Einwohner macht, der da jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit dran vorbei läuft. Für den Tourist bedeutet dieses Bild ja einen deutlich höheren Aufwand als für den Münchner.

Ich bin durchaus der Meinung das es trivial Fotos geben kann die keines Schutzes würdig sind. Aber ich denke schon das allein die Fahrt sowie das Beachten der Witterungsverhältnisse und der Tageszeit um ein Foto zu machen zu einer schützenswerten Leistung zählen können. Auch wenn hinterher kein besonders kreatives Foto herauskommt.


Hadmut
4.10.2011 11:54
Kommentarlink

@Ben: Wenn jemand geplant loszieht und sich denkt, heute mache ich ein solches Bild, suche mir passendes Licht, eine gute Uhrzeit – selbstverständlich wäre das ein geschützer Aufwand. Und aus fotografischer Erfahrung kann ich Dir sogar sagen, daß das ziemlich viel Aufwand ist und etwa in der Reise- und Landschaftsfotografie den Unterschied zwischen einem guten Foto und einem Titelseitenbrüller macht.

Aber in irgendeiner Weise muß das Einfluß auf das Bild haben. Wenn zwei das gleiche schlechte Bild machen, aber der eine steigt zu Fuß auf den Berg, der andere fährt mit dem Auto hoch, dann hat der, der zu Fuß geht, sicherlich mehr Aufwand getrieben (der mit dem Auto dafür betriebswirtschaftlich mehr aufgewandt), was aber keinen echten Zusammenhang mit dem Bild hat und insbesondere auch keinen Unterschied im Schutz erzeugt.

Irgendwo kommt dann immer auch die Frage nach relativer und absoluter Qualität ins Spiel. Wäre etwa ein lausiges Bild eines Anfängers, für daß der sich alle Mühe gegeben hat, bei dem aber trotzdem nichts herauskommt, höher zu bewerten als das eines ausgefuchsten und erfahrenen Profis, der ein Super-Bild einfach so macht? Kommt es mehr auf Subjektivität oder Objektivität an?

Wenn man sich mit Fotografie eine Weile beschäftigt, lernt man durchaus, einem Bild anzusehen, ob jemand dafür Aufwand getrieben hat oder nicht. Und bei diesem Burg-Bild sieht das nicht nach Aufwand aus, zumal auf irgendeiner Webseite jemand nach ähnlichen Bildern gesucht und nahezu das gleiche eines anderen gefunden hatte.

Ich stimme Dir völlig zu, daß bereits das Auswählen der Tageszeit und des Lichtes eine fotografische Leistung ist.

Das Bild von der Burg sieht aber nicht danach aus. Eher nach der Mißachtung dessen, eher nach zufällig oder im Rahmen einer Wanderung vorbeigekommen. Das schließt es zwar nicht aus, aber zumindest per se wäre da keine solche Leistung erkennbar, die es erlauben würde, sie stillschweigend zu unterstellen.


Jens
4.10.2011 11:18
Kommentarlink

“So zum Beispiel Ihre Passage: “Was nämlich viele der Schlaumeier und Besserwisser übersehen ist, daß das Urheberrecht, ähnlich wie auch Marken- und Patentrecht, zum Ziel haben, nicht irgendeinen Gegenstand, sondern den vom Erschaffer aufgewendeten Aufwand zu schützen.”.

Das stimmt in dieser Absolutheit einfach nicht. Beispiel Markenrecht: Möchte ich mir “Hadmut Danisch” als Marke in der Warenklasse für Getränke registrieren, kann ich das ganz einfach tun und dann ab morgen Hadmut-Danisch-Cola verkaufen. Mein Aufwand, den Markennamen zu “erschaffen”, lag praktisch bei “0?. Dennoch wird mir mit Eintragung der gesamte Schutz des Markenrechts zuteil.”

Und geschützt werden sollen damit zukünftige Investitionen in die Marke.


Hadmut
4.10.2011 12:05
Kommentarlink

@Jens: Fehler. Bei der Marke wird nicht (nur) der Aufwand zum Finden der Marke, sondern der Aufwand zum Aufbau der Bekannheit der Marke geschützt.

Und auch die Marke setzte eine gewisse Individualität voraus. Wie gesagt, „Hadmut-Danisch-Cola” ginge, „Cola-Getränk” ginge aber nicht.

Davon abgesehen begehst Du einen anderen Denkfehler. Bei Marken gibt es eben die Registrierung und – da kenne ich mich allerdings auch kaum aus – das Angreifen der Marke durch Dritte. Das ist bei der Fotografie anders, denn ein Foto wird ja nicht registriert und von Dritten angegriffen, sondern der Urheber/Fotograf geht aus seinem Recht heraus gegen die Nutzung durch Dritte vor. Der Rechtsweg ist eine andere, nicht vergleichbare Konstellation, weshalb das Cola-Beispiel hieran hinkt.

Es gibt aber Marken, die eben gelöscht oder abgelehnt wurden, weil sie eben nicht hinreichend kennzeichnungsfähig waren.

Und generell kann eben nicht jedes grafisches Zeichen (was ein besseres Analogon als die Wortbezeichnung ist) als Marke eingetragen werden, sondern nur eines, was hinreichend kennzeichnungsfähig ist. Also wird auch bei Marken – entgegen Deiner Annahme – nicht einfach alles akzeptiert, sondern ein gewisses qualitatives Mindestmaß gefordert.

War da nicht mal sowas, daß Microsoft generell „Windows” als Marke belegen wollte und das deshalb nicht durfte, weshalb es „Microsoft Windows” heißt? Und gab es da nicht kürzlich Krach um den „App Store” von Apple? Weil nähmlich gerade nicht jedes Allerweltswort als Marke ausreicht (und die Eintragung per se das auch nicht nachweist, solange keiner dagegen angeht).

Es ist keineswegs so, daß man alles x-beliebige als Marke anmelden und damit wirksamen Schutz erlangen kann.


slowtiger
4.10.2011 17:04
Kommentarlink

Ich möchte diese Bilderdiskussion mal von einer ganz anderen Seite betrachten. Es geht tatsächlich nicht um gute oder schlechte Bilder – das kann, wie du schon sagst, eigentlich niemand entscheiden. Beim Leistungsschutz gehts nur um eines: wird Leistung auch bezahlt? Oder wird eine Leistung ohne Gegenleistung in Anspruch genommen?

Das heißt, wir können alles weglassen, was zur Entstehung des Fotos beitrug: fotografische Kenntnisse, technische Ausstattung, Zeit- und sonstiger Aufwand. Was letztlich zählt, ist die Verwertbarkeit. Und wo eine Verwertbarkeit besteht, verpflichtet sie erstmal zur Bezahlung.

Ein paar Beispiele: das Autorenfoto auf dem Umschlag, Urheber “privat”. Der Schnappschuß von Unfall oder Absturz. Der milliardste Sonnenuntergang oder Vogel auf Ast. Die Dokumentation eines Grafitti. – All diese Bilder werden von seriösen Medien bei Veröffentlichung bezahlt. Das einzelne Foto mag banal oder schlecht sein, allein daß es genutzt wird, konstituiert seinen Wert und macht den Fotografen zum Urheber (auch wenn der vielleicht nur die Kamera ausgerichtet und die Automatik eingeschaltet hat). Das ist wie bei sonstiger Kunst: Kunst wird es spätestens dadurch, daß ein Künstler oder Galerist sie verkaufen kann.

Nun gibt es genug “Verwerter”, die für Bilder möglichst nichts zahlen wollen. (Ich könnte dir Geschichten aus 30 Jahren als Grafiker erzählen …) Die meisten vertrauen darauf, daß der Urheber oder sonstwer es nicht merkt, die ganz Frechen machen das offensiv und mies, indem sie ihre unbezahlten Zuträger zu “Bürgerreportern” umbenennen oder die Veröffentlichung an sich schon als Gegenleistung deklarieren. (Komisch, wieso kommen mir jetzt die sogenannten Wissenschaftsverlage in den Sinn?) Diesen Leuten auf die Finger zu hauen macht Spaß und ist notwendig, weil sonst irgendwann auch die Profis nicht mehr bezahlt werden.

Auf der anderen Seite gibts die Honeypots, also angebliche Fotografen, die ihre Bilder leicht zugänglich machen, aber dann davon leben, anderen die unbezahlte Nutzung nachzuweisen (Marions Kochbuch und dergl).

Dazwischen hockt also das Gros der (Gelegenheits-)Fotografen, das froh ist, wenn mal eines ihrer Bilder es in die Verwertungskette schafft. Und die nicht so große, aber trotzdem wichtige Gruppe der, wie soll ich es nennen, “Bildmaterialverbraucher”. Das sind zB Künstler, die Foto-Collagen herstellen. Oder Grafiker, die eine Textur aus kahlen Ästen zartgrau über eine Farbfläche legen. Oder Trickfilmer, die ihre lustig zappelnden Politikerparodien aus nicht selbstgeschossenen Fotos zusammenbauen. Und diese beiden Gruppen sind innerhalb der derzeitigen Zusammenhänge gearscht. Die einen werden nicht bezahlt, weil sie außerhalb etablierter Zwischenhändler (Fotoagenturen etc) agieren und sowieso niemand den Gebrauch ihrer Werke kontrolliert. Die anderen können einfach nicht die für sie horrenden Lizenzgebühren zahlen und hoffen darauf, im Streitfall als eigenständige Schöpfung durchzugehen. Beiden würde eine Verwertungsgesellschaft oder eine globale Abgabe helfen – theoretisch. Denn wieder sind die einen von der Auszahlung ausgeschlossen, und die anderen, trotz Zahlung diverser Kopier- und sonstiger Abgaben, dennoch nicht befreit von der nahezu unmöglichen Rechteklärung und -lizensierung.

Frag mich nicht nach Lösungen. Ich beschreibe nur den Zustand.


Hadmut
4.10.2011 17:14
Kommentarlink

Ich hab ja auch nicht gesagt, daß ich es gut oder richtig finde. Sondern daß ich das Recht so verstehe. Man kann sich das Recht eben nicht einfach so hinbiegen, wie es einem schmecken würde – was aber viele tun. Es ist eine verbreitete Unsitte, sich die Gesetze nach den eigenen Präferenzen auszulegen und zu behaupten, das wäre genau so gewollt.

Übrigens spricht das Gesetz ja auch nicht von Bezahlung, sondern von angemessener Vergütung. Was ist nun angemessen?

Ich bekomme über die Profi-Fotografen-Kreise mit, wie die Verlage derzeit mit den Fotografen umgehen, wie sie die Preise immer weiter drücken und gleichzeitig immer mehr Rechte, immer unbeschränktere Verwertung, und das oft noch exklusiv, abpressen.

Andererseits machen Leute aus dem letzten Sound- und Videodreck fette Gewinne, indem sie Leute abmahnen (und sie vermutlich vorher noch zum Download provoziert haben).


Christian
5.10.2011 7:22
Kommentarlink

@hadmut: Es hat doch nichts mit Standesdünkel zu tun, wenn Ihnen Fachleute erklären, dass Ihre Sichtweise unvertretbar ist. Natürlich gibt es gerade in der Juristerei (fast nur) Grautöne. Es gibt aber auch Gesetzesinterpretationen, die nach keiner anerkannten Auslegungsmethode vertretbar sind, und dazu gehört Ihr Sondervotum für eine Neuinterpretation des Lichtbildrechts.

Ohne Ihnen jetzt einen Grundkurs in Juristerei geben zu wollen: die anerkannten Auslegungsmethoden sind die grammatische, die systematische, die historische, die teleologische und die richtlinienkonforme Auslegung. Probieren Sie es einmal damit.

Ihr Arbeitsergebnis dagegen scheint – was nicht beleidigend gemeint ist – eher das Resultat einer autistischen Auslegung zu sein: extrem gradlinig am Kern der Sache vorbei.

Schließlich: wir beraten Informatiker, dauernd. Und ich kann nicht behaupten, dass die wesentlich lockerer als Juristen sind. Höchstens exzentrischer, was aber etwas völlig anderes ist. Der Beitrag und Ihr Insistieren verstärken diesen Eindruck.


Hadmut
5.10.2011 11:33
Kommentarlink

@Christian: Wären wir jetzt vor Gericht, würde ich Ihnen unsubtanziiertes und unsachliches Vorbringen und persönliche Angriffe statt Einlassungen zur Sache vorhalten.

Bisher hat mir hier kein „Fachmann” erklärt, daß (und insb. warum) meine Sichtweise unvertretbar wäre. Jedenfalls nach den Maßstäben, die das Bundesverfassungsgericht für Prüfungsantworten in Hochschulprüfungen (insb. Juristische) anlegt, wäre mein Standpunkt sehr wohl „vertretbar”.

Seit ich diese beiden Blog-Artikel geschrieben habe, bekomme ich einen Haufen Kritik in unterschiedlichen Formulierungsfärbungen. Sämtliche Äußerungen lassen sich in eine dieser drei Kategorien einteilen:

  • Sie haben § 72 UrhG nicht beachtet!
  • Lesen Sie die Kommentare!
  • Sie sind kein Jurist, Sie haben keine Ahnung, Sie nicht berechtigt eine Meinung zu haben oder gar zu äußern, halten Sie sich raus.

Eine nachvollziehbare Begründung hat hier überhaupt noch niemand geliefert, der meinen Standpunkt als falsch hinstellt. Sie auch nicht.

Die juristischen Auslegungsmethoden sind mir bekannt. Ich habe sie auch bereits mehrfach in Gerichtsstreitigkeiten eingesetzt und gegenübergestellt. Das ändert nichts daran, daß diese Auslegungsmethoden erst mal etwas brauchen, was sie auslegen können. Da muß erst mal was da sein. Bisher hat aber niemand etwas benennen können.

Im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß diese Auslegungsmethoden aus Sicht eines Informatikers eher den Schwafeltechniken zuzuordnen sind. Mathematiker und Informatiker lernen im Grundstudium ein sehr hartes, präzises und anspruchsvolles Beweisen und Widerlegen, das qualitativ weit über dem liegt, was Juristen kennen. Mathematiker und Informatiker trainieren dabei auch sehr ausführlich, beispielsweise mit unsinnigen oder falschen Behauptungen umzugehen, sie nämlich nicht allein deshalb als falsch zu brandmarken, weil sie gegen die vorgefasste Meinung verstoßen (damit wird man da nämlich laufend konfrontiert), sondern sie nachvollziehbar zu widerlegen, wenn sie sie als unrichtig erklären wollen. Eine Fähigkeit, die den Juristen anscheinend fehlt. Denn außer Schimpfen und Zetern kam hier bisher nichts – auch nicht von Ihnen.

Zudem ist eben die Frage, wer hier überhaupt „Fachleute” sind. Viele derer, die hier geschwollen schimpfen, haben später zugegeben, daß sie auch keine Juristen wären, oder insgesamt nicht so sonderlich sattelfest sind. Wenn man also schon (wie Sie) behauptet, daß „Fachleute erklärten”, dann fehlt es nicht nur am Erklären, es fehlt auch an den Fachleuten. Bisher hat sich keiner als solcher ausgewiesen, weder durch Identität, noch durch Qualität von Aussagen.

Im übrigen bin ich mit meiner Auslegungsweise, die Sie als „autistisch” zu diskreditieren sich die Frechheit herausnehmen, bisher ganz gut gefahren und habe damit die meisten Meinungsverschiedenheiten als Nicht-Jurist gegen Juristen vor Gericht zu deren Überraschung gewonnen. Dagegen konnte ich einigen Juristen nachweisen, daß ihre Auslegung mit diesen Methoden zu falschen Ergebnissen führte. Davon abgesehen: Auslegen heißt auch nur, eine Meinung zu bauen. Es heißt nicht wissen und nicht beweisen. Und solange hier keiner eine klare Gesetzesgrundlage oder wenigstens ein einschlägiges und stichhaltes Urteil eines der höheren Gerichte vorlegt, ist eben nichts davon belegt und die ganze Auslegerei nur Geschwafel. Ihr wesentlicher Denkfehler dabei ist nämlich, daß eine solche Auslegung zwar zu einer vertretbaren Meinung führen kann, aber nicht zur Unvertretbarkeit einer anderen Meinung. Schon deshalb ist Ihr Kommentar Unfug, denn Sie wollen mittels Auslegung zu dem Ergebnis kommen, daß meine Meinung unvertretbar wäre. Sowas geht nicht, sowas können Auslegungen nicht liefern.

Vielleicht sollten Sie also erst einmal selbst das Auslegen, das Belegen und den Unterschied dazwischen lernen, bevor Sie andere so von oben herab belehren. Sie versuchen hier durch hohle Andeutungen zu suggerieren, daß Auslegungen dazu führten, daß meine Meinung unvertretbar wären. So etwas geht nicht, Auslegungen können so etwas nicht. Das ist genau diese Oberflächlichkeit und die Schwafelargumentation, derer sich Juristen so gerne bedienen – und warum es dann so häufig falsch läuft. Werfen gerne mit Fachbegriffen, schimpfen andere Laien, aber bei Licht betrachtet ist es nur Käse.

Wenn Sie behaupten, ich würde am Kern der Sache vorbeigehen, so wären Sie in der Bringschuld, diesen Kern der Sache darzulegen. Können Sie oder können Sie nicht?

Bisher hat hier nichts, was gegen meine Darstellung vorgebracht wurde, einer Nachprüfung standgehalten. Und solange das so ist, sehe ich mich dadurch eher bestätigt als widerlegt.

Nachtrag: Es ist übrigens ziemlich unsinnig und zeugt von wenig Nachdenken, als Jurist einerseits vorzutragen, daß eine ganze Reihe unterschiedlicher Auslegungsweisen nebeneinander stehen, also keine exklusive Auslegungsweise existiert, und dann trotzdem zu behaupten, daß die Auslegung dazu führen würde, daß meine Ansicht unvertretbar, die Auslegung somit exklusiv sei.


ziv
5.10.2011 11:48
Kommentarlink

Ich denke eine rechtlich genaue Begutachtung des Problems ist nett, aber letztendlich dann doch am Problem vorbei.

Hier wird ein Fall seziert in einer Dauer und Ausführlichkeit die dem “Otto-Normal-Verbraucher” meist nicht zur Verfügung steht. Und selbst der Herr Kauder, selbst jurist scheint ja nicht wirklich fit zu sein in dem Thema, wie bitte soll dann der unkundige Bürger damit umgehen?

Spott und Häme kamen ja gerade, weil Kauder ein ein 2-Strikes oder 3-Strikes möchte, samt privaten Ermittlern und die haben nicht wirklich ein interesse daran die eigenen Rechte an Werken in zweifel zu ziehen. Ein Rechteinhaber wird erstmal darauflos schießen, so wie sie es auch jetzt schon mit Abmahnungen machen.

@ Hadmut
wenn man ihnen als juristischen Laien keine Meinung zu gesetzeslage zu gesteht und sich die “Experten” uneinig sind, wie hält man sich als Laie dann an ein Gesetzt?


Hadmut
5.10.2011 11:52
Kommentarlink

@ziv: Verdammt gute Frage!

Es geht den Juristen nicht darum, wie man sich an ein Gesetz hält. Es geht denen darum, die Lufthoheit und das Auslegungsmonopol zu verteidigen.


ziv
5.10.2011 12:07
Kommentarlink

@Hadmut
Das sind ja kirchliche Zustände!

Als Bürger steht man doof da. Da zanken sich Juristen um Klimperkram und Nebensatzformulierungen, aber man selber weiß nicht mal was man machen kann.


Christian
5.10.2011 13:54
Kommentarlink

@Hadmut

Ich glaube, so langsam kämpfen Sie sich zum Kern Ihres Missverständnisses vor. Sie gehen davon aus, dass eine juristische These ähnlich wie ein mathematischer Beweis zu begründen wäre. Das ist nicht der Fall. Sie können ein Gesetz nicht aus seinem Zusammenhang reißen. Und es fehlt Ihnen dann schlicht das Rüstzeug, um – nach gängigen Maßstäben – zu einer zumindest vertretbaren Meinung zu gelangen. Entscheidenden Begriffen wurde durch Rechtsübung Substanz verliehen, etwa im Rahmen der Frage, was eine eigenpersönliche Schöpfung ist. Sie können diese Rechtsentwicklung nicht mit Verweis auf Ihr eigenes Verständnis des Wortlauts vom Tisch fegen, wenn Sie nicht in die gleiche Kategorie eingestuft werden wollen wie die zahlreichen sympathischen Mitbürger, die mit großem Begründungsaufwand die Nichtexistenz der Bundesrepublik Deutschland und den Fortbestand des Deutschen Reiches proklamieren. Ein Beispiel für jemanden, der mit der gleichen Herangehensweise das Licht erblickt hat, finden Sie etwa hier:

http://rsv.daten-web.de/Germanien/IDR_-_DIE_JAHRHUNDERTLUEGE_-_V4.pdf

Kurz: Mathematik hilft in der Juristerei nicht weiter. Und das ist auch gut so. Würden Gesetz stets und immer nur genau so angewandt, wie man es unbefangen (um nicht zu sagen: naiv) dem Wortlaut entnehmen kann, wäre die Welt extrem ungerecht. Ein Beispiel finden Sie etwa hier:

http://www.dr-frank.de/Wirtschaft/WiStR-019.htm

Was schließlich die Meinung von Fachleuten angeht, würde ich an Ihrer Stelle weder den Kollegen Ferner noch Herrn Dr. Graf zu gering schätzen. Und auch ich selbst berate zu einem guten Teil im Urheberrecht und beschäftige mich täglich mit der Thematik. Das kollektive Kopfschütteln sollte Ihnen, der Sie doch – sicher zu Recht – stolz auf Ihre analytische Lebensbetrachtung sind, zu denken geben. Vielleicht hinterfragen Sie Ihre Meinung noch einmal und/oder fragen zu dem Thema jemanden, der sich damit auskennt. Nur manchmal erlaubt die unbefangene Herangehensweise eines Laien nämlich auch der Fachwelt neue Einsichten (sinngemäß zitiert nach Eoin Colfer im sechsten Teil der Anhalter-Saga).

So, und warum habe ich jetzt hier gerade 20 Minuten wertvoller Zeit aufgewandt? Weil ich mich über Ihre Arroganz geärgert habe. Das scheint umgekehrt auch der Fall gewesen zu sein, und zwar nicht nur hinsichtlich meines Postings, sondern bezüglich aller Reaktionen von bewanderter Seite. Verärgerung ist aber stets ein schlechter Ratgeber und so hoffe ich, dass sie sich bei Ihnen bald wieder legt. Mir hat bereits das Verfassen dieses Texts über das Gröbste hinweggeholfen.


Hadmut
5.10.2011 14:16
Kommentarlink

@Christian: Grundsätzlich steigen Leute, die mir nur mit ihrem Vornamen entgegentreten, nur zu einem sehr begrenzten Maß in meiner Achtung auf.

Wären Sie ein guter Jurist, dann würden Sie außerdem wissen, daß ich hier meine Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit ausübe, und daß selbige es keineswegs erforderlich macht, irgendwleches „Rüstzeug” anzueignen, sondern daß im Gegenteil die Meinungsfreiheit nach höchstrichterlicher und verfassungsrechtlicher Rechtsprechung ausdrücklich frei von solchen Schranken sein muß. Und sie deckt auch ab, fachlich falsche Meinungen. Selbst wenn das juristisch völlig falsch wäre, was ich sage, so habe ich jedes Recht es zu äußern. Sie können es für falsch halten – aber sie können nicht von mir verlangen, damit aufzuhören. Schon diese Sichtweise zeigt mir, daß Sie jedenfalls kein guter Jurist sind.

Festzuhalten ist, daß Sie immer noch mit keinem einzigen Wort belegen können, warum ich falsch liegen sollte, sondern es nun mit – rabulistisch dreckigen – Analogschlüssen wie Jahrhunderlüge und sowas suggerieren wollen. Solche rhetorischen Täuschungsmanöver gehören zum niveaulosesten Anwaltswerkzeug, was gewöhnlich dann zum Einsatz kommt, wenn zur Sache nichts vortragen kann. Ich habe gewisse Erfahrung darin zu erkennen, wann einer argumentiert und wann einer mit dreckigen Methoden versucht abzulenken.

Ein „Kollege Ferner” ist mir hier nicht bekannt und namentlich nicht Erscheinung getreten (oder zumindest nicht in Erinnerung geblieben). Wer soll das sein?

Was Herrn „Dr. Graf” angeht (sofern wir da überhaupt von derselben Person sprechen), so hat dessen externe Ausdrucksweise und der geführte unerfreuliche Briefwechsel, sowie dessen mehrfache Trollversuche über die Kommentarfunktion meines Blogs in meinen Augen sehr deutlich gezeigt, daß er weder anständig und seriös ist, noch über hinreichendes juristisches Grundwissen verfügt. Sonst wüßte er nämlich, was er selbst darf und was nicht.

Bei mir verstärkt sich immer mehr der Eindruck, daß hier eine zusammenhängende Gruppe von Leuten versucht, gegen meine Meinung anzupöbeln, weil sie von deren Meinung abweicht – ohne sie aber widerlegen zu können.

Weder Sie, noch jener „Dr. Graf”, noch der „Kollege Ferner” (wer auch immer das sein soll) haben bisher irgendetwas greifbares, nachvollziehbares, substanziiertes vortragen, woraus hervorgehen würde, warum meine Meinung falsch wäre und – mehr noch – warum ich sie nicht äußern dürfte. Nur persönliche Anwürfe, sonst nichts.

Ich habe noch nicht einmal nachvollziehen können, warum Sie mein Blog-Eintrag überhaupt so interessiert, wenn Sie von Nicht-Juristen doch sowieso nichts halten? Was stört es Sie, was geht es Sie an, was ich hier blogge?

Ich habe daher immer stärker den Eindruck, daß Sie hier irgendwelche unlauteren Absichten, irgendwelchen Lobbyismus betreiben. Wer sind Sie überhaupt?


Christian
5.10.2011 21:37
Kommentarlink

@Hadmut:

Ich bleibe dabei, dass Sie grundsätzlich auf einem guten Weg sind. Mit Ihrer Argumentation pro Meinungsfreiheit rennen Sie bei mir jedenfalls offene Türen ein. Es besteht allein ein Unterschied darin, die bestehende Rechtslage einerseits zu erkennen und sie andererseits zu kritisieren. Wenn es Ihnen um die Kritik an der bestehenden Rechtslage geht, bin ich ja durchaus bei Ihnen. Wenn etwa im Rahmen der berühmten “Marions-Kochbuch-Abmahnungen” Lizenzgebühren für banale Fotos von Currywürsten von Verbrauchern verlangt werden, schlucken auch hartgesottene Juristen. Das sieht übrigens auch der von Ihnen nicht wiedererkannte Herr Dr. Graf von Archivalia offenbar durchaus ähnlich.

Eine andere Frage ist allerdings die Bestimmung der geltenden Gesetzeslage. Und hier befinden wir uns mitten in der Flying-Spaghetti-Monster-Diskussion: “Wenn eine Mehrheit etwas für richtig erachtet, kann ich es doch mit gleichem Recht für falsch erachten.” Mag sein, nein: ist sogar so. Diese Argumentation verfängt aber nur im luftleeren Raum, wie er etwa in theologischen Fragen besteht.

Recht ist aber keine Glaubensfrage, das gilt allein für die Theologie und eingeschränkt für die Politik. Ihre Argumentation negiert die bestehenden Grundsätze zur Bestimmung der Rechtslage, gibt jedoch vor, sich genau dieser zu bedienen. Das ist zirkelschlüssig. Wenn Sie das bestehende Rechtssystem als Solches ablehnen, können Sie diese Ablehnung nicht argumentativ auf – zumal nach Gusto ausgesuchte – Grundsätze dieses Systems stützen. Das wäre eine politische, keine rechtliche Frage. Ihnen unterläuft insoweit ein fundamentaler logischer Fehler.

Und das erklärt hoffentlich auch, warum ich mir nicht die Mühe mache, Ihnen gegenüber inhaltlich Stellung zu nehmen: es wäre von vornherein zwecklos. Argumente verfangen nur, wenn Einigkeit über bestimmte Grundannahmen besteht – zum Beispiel zu der Frage, auf welchem Weg man sich der Auslegung von Gesetzen nähert. Von dieser Einigkeit sind Sie und die Sie kritisierenden Urheberrechtler, zu denen ich mich zähle, meilenweit entfernt. Und so wäre eine inhaltliche Diskussion müßig.

Warum mich Ihr Blogbeitrag zu Kommentaren angestachelt hat? Weil er mich geärgert hat; sein missionarischer Eifer, die offensichtlich fehlende Fachkenntnis, die trotzdem daraus sprechende Arroganz.

Unlautere Absichten? Lobbyismus? Puh. Wofür? Wenn ich es richtig sehe, haben Sie Partei ergriffen, und zwar für jemanden, der sich ausgesprochen bigott verhalten hat.

Ich schlage vor, wir begraben hier das Kriegsbeil. Von einer Offenbarung meiner Kontaktdaten habe ich, wofür ich um Ihr Verständnis bitte, nach der Lektüre der Begründung Ihrer Promotionsablehnung und Ihrer Schilderung der Umstände in diesem Blog Abstand genommen. Sie vertreten Ihre Meinungen offenbar mit großer Vehemenz; in dieser Sache nach eigener Auskunft seit 1998. Ich möchte mir eine ähnlich lange Auseinandersetzung nicht antun und bevorzuge daher hier die Anonymität. Das steht Ihrer Grundauffassung im Übrigen keineswegs entgegen, da gerade auch die anonyme Kommunikation durch das von Ihnen offenbar zu Recht sehr geschätzte Grundgesetz geschützt wird (da Sie juristisch interessiert sind: vgl. etwa OLG Hamm, Beschl. v. 03.08.2011, I-3 U 196/10).

Trotz gekreuzter Klingen wünsche ich Ihnen einen schönen Abend,

Christian


Hadmut
5.10.2011 21:45
Kommentarlink

Pffff, viel Geschwafel um eigentlich nichts zu sagen.

Ihre Logik ist, mir für Ihren Standpunkt erst gar keine Argumentation vorzutreigen, weil sie von vornherein unterstellen, daß ich sie sowieso nicht verstehen würde.

Rückzug durch Frechheit getarnt.


Christian
5.10.2011 23:22
Kommentarlink

@Hadmut:

Rückzug? Nö, bin noch da. Seit meinem ersten von bislang insgesamt drei Posts heute Morgen um Acht immer noch respektive wieder im Büro. Muss ja die zwei Stunden Fortbildung von 18:00-20:00 Uhr aufholen (http://www.grur.de/de/grur-veranstaltungen/bezirksgruppen/west/2011-10-05.html). Als hätten Sie mich heute nicht bereits genug fortgebildet. Haua.

Jetzt aber finito: Gut’s Nächtle!

C.