Neue Kameratechnik: Stacked CMOS
Das wird jetzt nicht jeden interessieren.
Etwas Fortbildung im Detail.
Nikon hat gerade eine Ankündigung gemacht, nämlich die Entwicklung seines neuesten Premium-Brockens, der Z9. Das ist jetzt keine Schleichwerbung, weil die wohl sowieso so teuer werden wird, dass sich normale Leute die nicht leisten können und das was für entsprechend bezahlte Profis ist. Interessant ist es trotzdem, weil die auf einer neuen Sensortechnik beruht, zumal Sony auch schon sowas hat.
Ein zentrales Problem von Kamerasensoren ist, dass man die Dinger irgendwie auslesen und damit die Messwerte aus den Zellen in die rechenfähige Elektronik rüberbringen muss. Das ist einmal ein zeitliches Problem, weil das dauert, in den Spalten oder Zeilen eine Zelle nach der anderen auszulesen, was u.a. zum Rolling Shutter-Effekt führt oder auch zu Timing-Problemen, weil man diese Extra-Zeit berücksichtigen muss (was übrigens bei der Panasonic GH5 anfangs zu Focus-Probleme führte, weil man die Dauer zum Auslesen nicht richtig berücksichtigt hatte und deshalb Zeit für den Autofocus fehlte).
Ein anderes Problem ist (war), dass man die Fotozellen ja irgendwie „verkabeln” muss, also Leitungen auf den Chip bauen, die dann im Weg sind und Licht wegnehmen. Das hat man gelöst, indem man vom Chip, wenn er fertig ist, das Substrat entfernt, also die Bodenplatte wegsägt, und den Chip von hinten belichtet. Stellt Euch vor, Ihr wollt an der Pizza an die Tomatensoße, aber der Käse ist Euch im Weg. Nun hat einer eine Technik entwickelt, um der Pizza den Pizzaboden aus Teig sauber abzuschneiden, so dass man die Tomatensoße lutschen kann, ohne dass einem der Käse dabei im Weg ist. So in etwa.
Ist aber immer noch nicht schnell genug für solche Perversitäten wie 8K-Video.
Deshalb gibt es jetzt Stacked CMOS-Sensoren. Ich musste auch erst nachlesen, was genau das ist, siehe hier. Sie machen mehrere davon, also bei denen das Substrat entfernt wurde, mit Fotosensoren, aber – und das ist wohl neu – auch elektronischen Logikschaltungen, und pappen die sehr exakt aufeinander zu einem Stapel. Und damit schafft man es, die Pixel nicht mehr zeilen- oder spaltenmäßig auslesen zu müssen, sondern jedes Pixel die Daten nach hinten weg direkt in RAM-Zellen schreiben kann. Oder so in der Art.
Das soll sowohl die Auslesegeschwindigkeit, wie auch die Bildqualität drastisch erhöhen.
Und ich bin sicher, den Kaufpreis auch.
Vermutlich treibt man den Aufwand, um 8K-Videos aufnehmen zu können. Was von der Auflösung ungefähr so um die 35 Megapixel entspricht, also praktisch keinen Unterschied mehr zur Fotografie bedeutet.
Ich hatte neulich schon beschrieben, dass die Videoaufnahme die Fotoaufnahme verdrängt, weil der Unterschied zwischen Video und Serienfoto verloren geht. Man wartet nicht mehr auf den richtigen Augenblick und hofft, ihn zu treffen, sondern nimmt – Sport oder sowas – einfach 8K mit 60 Frames per Second auf und hat dann wirklich alles.
Falls das mit den olympischen Spielen noch klappt und sie diese Kameras bis dahin noch hinbekommen (es ist anzunehmen, dass sie zumindest Vorexemplare dort einsetzen), es ist ja bekannt, dass die großen Kamerahersteller bei olympischen Spielen immer riesige Kameralager anlegen und Profifotografen per Ausleihe mit allem versorgen, was man braucht, dürfte man mit Wahnsinnsbildern verwöhnt werden. Denn wenn man nicht mehr den richtigen Augenblick treffen muss, sondern man mit 60 oder sogar mehr fps einfach alles mitbekommt, oder etwas auch mit 240fps aufnehmen kann, kann man damit Wahnsinnsaufnahmen bekommen.
Gerade solche Sportarten wie Turnen, Schwebebalken, Barren und so Zeugs, wo das dann noch staubt und die sich da dynamisch verrenken, kann man mit sowas Superaufnahmen machen.
Richtig interessant wird das dann freilich in vielleicht 5 Jahren, wenn das im bezahlbaren „Prosumer”-Kameras angekommen ist.
Es zeigt aber auch, dass das Zeitalter der Spiegelreflexkamera vorbei ist. Sie ist nicht gleich tot, aber es zeigt, dass das Top-Modell von Nikon jetzt eine Spiegellose ist, und all die schönen neuen Objektive an die alten Spiegelreflexkameras wegen des größeren Bajonetts und geringeren Auflagemaßes nicht mehr passen können.
Wenn’s nur nicht alles (noch) so teuer wär…