Der Ursprung des staatsfeindlich-linken „Intellektuellen“
Manchmal bringen einen die kleinen Zufälle zu großen Erkenntnissprüngen.
Ich habe gerade ziemlich viel in 12 Minuten verstanden.
Warnung: Weit schwerere Kost als Pfannkuchen.
Es mussten aber einige Zufälle zusammenkommen.
Ich hatte doch schon einiges geschrieben über die die französischen Philosophen wie Simone de Beauvoir und Michel Foucault, beide dumm, verlogen, kinderfickerig, aber das große Vorbild und Ideologiegeber aller linken „Intellektuellen“, Marxisten, Soziologen mitsamt ihrem Poststrukturalismus und Gender-Schwachsinn.
Wie kam’s?
Intrige
Zunächst ein Vorgang ohne jeglichen erkennbaren Zusammenhang.
Ich habe ja erzählt, dass ich immer wieder mal so nebenbei beim Arbeiten oder sonstwas machen den Fernseher laufen habe, auch wegen meines Tinnitus.
Vor einigen Wochen, als wieder gerade mal gar nichts erträgliches im Fernsehen kam, bin ich auf Amazon Prime Videostreaming ausgewichen. Mein Fernseher kann das. Und weil ich ja schon wegen der Versandkosten Amazon Prime bezahle, suche ich mir natürlich zuerst die Filme, die bei Prime gerade kostenlos mit drin sind. So beim Rumsuchen nach dem, was eben ohne weitere Kosten mit drin ist und neu in dieser Liste auftauchte (auf der halt auch ziemlich viel Massenschrott und altes Zeug ist), war ich ein paar Tage vorher auf einen mir bis dahin völlig unbekannten Film gestoßen: Intrige. Es gehe um eine Staatsintrige gegen einen Soldaten, der unschuldig verurteilt werde, um Spionage zwischen Frankreich und Deutschland am Ende des 19. Jahrhunderts, und der Regisseur ist Roman Polanski. (Originaltitel französisch und englisch: J’accuse und An Officer and a Spy)
Nun, dachte ich, die Situation kommt mir meiner ähnlich vor, es kostet nichts, und weil ich ja nicht ins Kino gehen, sondern das zuhause auf der Kiste nebenbei laufen lasse, kann ich ja jederzeit abbrechen, wenn es mir nicht gefällt, oder schlicht nicht zuschauen.
Es war also ein reiner Unterhaltungsgedanke, der mich zu dem Film brachte, ich habe ihn mir dann aber doch komplett und mit voller Aufmerksamkeit angesehen.
Das hatte zunächst mal den Grund, dass der Film handwerklich, also Regie und Kamera, sehr gut gemacht ist. Man merkt, dass der von Leuten gemacht ist, die das richtig gut können. Vor allem merkt man, dass es überhaupt kein Hollywood-Film, sondern das Gegenteil ist: Ein sachliches, neutrales Erzählformat, das nicht mit Action oder Herzschmerz oder sowas protzt, sondern sehr konzentriert und ohne jeden Schnickschnack, aber sehr guter Kamera und Regie, diese Story erzählt. Die Franzosen spionieren die deutsche Botschaft irgendwo in Frankreich, ich glaube Paris, aus, indem sie eine Agentin als Putzfrau einschmuggeln, die die Papierkörbe leert und abgreift. Dabei finden sie ein zerissenes Schreiben, aus dem hervorgeht, dass die Deutschen Geheimes vom französischen Militär wussten, was sie nicht wissen durften.
Man sucht also einen Spion in den eigenen Reihen, der mit den Deutschen kollaboriert.
Ohne jeglichen Beweis verdächtig und verurteilt man den jüdischen Offizier Alfred Dreyfus, weil eben Jude und obendrein Elsässer, er spricht deutsch und ist den Deutschen geographisch nahe. Man fälscht Beweise und so weiter, um Dreyfus öffentlich zu degradieren und auf der Teufelsinsel einzuknasten, obwohl der wahre Täter der Franzose Esterhazy war, aber den schont man.
Während Dreyfus auf der Teufelinsel darbt, setzen sich Leute für ihn ein und zeigen auf, dass Staat und Militär zutiefst verlogen sind und eine Intrige gekocht haben, aber erst – und das fand ich die aufschlussreichste Szene – mit Hilfe der Presse wird der Staatsskandal publik und Dreyfus letztlich rehabilitiert und freigesprochen. Etwas, was mit der Presse unserer Tage nicht mehr möglich wäre. Und was natürlich erklärt, warum der Staat so misstrauisch gegenüber der Presse ist.
Nun, so gut mir der Film optisch gefallen hat, mit der Story konnte ich – außer der Sache mit der Presse – nicht viel anfangen, ihr nicht viel abgewinnen. Irgendwie dramaturgisch nicht so gelungen. Es endet etwas bitter, hat keinen so typischen Romanabschluss.
Bei dieser Bewertung ist mir ein schwerer Fehler unterlaufen. Ich hatte nämlich nicht drüber nachgedacht, ob das Fiktion ist oder einen wahren Kern hat, und habe es für reine Fiktion gehalten, gerade wegen so bekannter Namen wie Dreyfus, Esterhazy, Picquart, und weil Polanski ja auch sonst Phantasy und sowas macht.
Ich hatte mir die Szene mit der Presse gemerkt, um sie mal irgendwo, wo es passen könnte, zu zitieren, und den Film in meinem Filmgedächtnis abgelegt, aber ansonsten nicht weiter drüber nachgedacht.
Arte
Heute kamen eine Reihe seltsamer Zufälle zusammen.
Ich hatte vorhin Hunger, aber am Donnerstag, am Freitag, am Samstag keine Lust gehabt, einkaufen zu gehen. Ich gebe es nur höchst ungern zu, aber am Dienstag und Mittwoch auch schon nicht. Entsprechend reduziert waren meinen Vorräte an frischen Lebensmitteln, und nach einer Bestandsaufnahme, was noch da ist und was davon weg muss, kam ich zu dem Entschluss, dass sich daraus wohl Pfannkuchen fertigen ließen. Pfannkuchen hatte ich schon länger nicht mehr, und sind jetzt wegen Kohlehydraten, Fett, Salz, Zucker und so weiter auch nicht so wahnsinnig gesund, aber der Appetit hatte sich entwickelt und die Zutaten, die da waren aber weg mussten, passten. Auch da kam noch die exakt passende Prise Zufall hinzu. Denn gerade, als ich den Teig gerührt hatte und die Pfanne heiß machen wollte, rief der Leser an, der mir den Journalartikel über den Sex der Links- und Rechtsextremen vor Monaten geschickt hatte, um den Artikel von vorhin zu kommentieren. Es wird sich herausstellen, dass diese Verzögerung überaus wichtig war. Nachdem ich also einen Stapel Pfannkuchen gefertigt hatte, setzte ich mich mit eben jenen und einem Restbestand an Heidelbeerkonfitüre vor den Fernseher, um selbige zu vertilgen. Wie ich gerade so herumzappte, um ein zum Essen passendes mildes, aber nicht zu fades Programmangebot zu finden, kam ich exakt in dem Moment auf Arte an einer Dokumentation über die traditionelle nordmazedonische Küche vorbei, wo alte Frauen irgendein traditionelles Gericht erläuterten, dessen Teig nur aus Mehl, Wasser und Salz besteht und das dann in der gefetteten Pfanne angebraten wird. Eine der Frauen fragte, ob in den Teig denn nicht Milch und Eier reingehörten. Nein, sagten sie, nur wenn man Pfannkuchen haben wolle. Exakt in dem Moment, in dem ich mit einem Stapel soeben zubereiteter Pfannkuchen den Fernseher eingeschaltet hatte. Also, dachte ich mir, das ist das bestmögliche Programm, das nehme ich. Nur deshalb hatte ich vorhin überhaupt Arte eingeschaltet. Wegen der Pfannkuchen. Und war dann auch passend zum Ende der Sendung pappsatt, und wollte damit bei deren Ende um 18:55 ins ZDF zu den Nachrichten umschalten.
Als mir die Nachfolgesendung auffiel: Karambolage – Die Dreyfus-Affäre.
Moment mal.
Ist das etwa die Sache, über die ich neulich den Polanski-Film gesehen habe?
Ja. Genau. Polanski hatte eine reale Begebenheit verfilmt.
Man sollte sich diese 12 Minuten Zeit unbedingt nehmen. Vor allem nach hinten hin fand ich diese Doku nun extrem aufschlussreich. So ein richtiges Aha-Erlebnis.
Denn mir sind da Aspekte klar geworden, die ich im Film nicht so in dieser Intensität aufgenommen hatte.
Denn auch hier geht es um diese Begebenheit, die mir schon im Kinofilm aufgefallen war, nämlich darum, dass sich die Presse auf die Hinterbeine gestellt und die Regierung angegriffen hatte, um die Intrige aufzudecken und die Regierung zu zwingen, Dreyfus freizusprechen und zu rehabilitieren.
Ich möchte mal zwei Stellen aus der Sendung zitieren:
„Intellektuelle“
Der Begriff des „Intellektuellen“ entstammt dem Frankreich der Dreyfus-Affäre?
Das war mir neu.
Aber es ist hochinteressant, dass deren Selbstverständnis seither darin liegt und insbesondere schon vor Nazi-Deutschland lag, mittels der Presse gegen den antisemitischen Staat vorzugehen und Juden zu verteidigen. Wenn das prägend und konstitutierend war, würde es praktisch den gesamten linksintellektuellen Bereich des 20. Jahrhunderts erklären, nämlich gegen Antisemitismus zu sein und Zeitungen zu drucken. Wegen der Affäre Dreyfus.
Dazu muss man noch zwei, drei Vorgänge sehen:
Einmal die Vergangenheit Frankfreichs, sich in der französischen Revolution, die ja in ihren letzten Ausläufern auch gerade erst ein paar Jahrzehnte her war (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit), und die sich ja auch in Deutschland ausgewirkt hatte (Paulskirchenverfassung), die Franzosen sich also als Revoluzzer gegen eine Obrigkeit und als Kämpfer für Gleichheit verstanden.
Und dass kurz danach der erste Weltkrieg und der Kommunismus in Russland hochkochten, man in Deutschland die Monarchen absetzte, und es zu Nazideutschland und dem zweiten Weltkrieg kam. Das passte dann alles so genau in das Weltbild und Schema dieser linken „Intellektuellen“.
Zionismus
Und jetzt wird es heftig. Noch ein Ausschnitt:
Das war mir bisher nicht klar, dass der „Zionismus“, also das Ziel, einen eigenen jüdischen Staat zu gründen, eine Folge dieser Dreyfus-Affäre gewesen war. Hätte ich nicht zufällig neulich aus Langweile diesen Film von Polanski gesehen, den ich – während des Sehens – nicht mal für wahr gehalten hatte (ich weiß nicht mehr, ob es im Abspann erwähnt wird) und über den ich auch nicht weiter nachgedacht hatte, hätte mir der Begriff „Dreyfus-Affäre“ überhaupt nichts gesagt.
Bei Wikipedia findet man dazu:
Theodor Herzl (ung.: Herzl Tivadar; * 2. Mai 1860 in Pest, Königreich Ungarn; † 3. Juli 1904 in Edlach an der Rax, Niederösterreich) war ein dem Judentum zugehöriger österreichisch-ungarischer Schriftsteller, Publizist und Journalist. 1896 veröffentlichte er das Buch Der Judenstaat, das er unter dem Eindruck der Dreyfus-Affäre geschrieben hatte. Herzl war der Überzeugung, dass Juden eine Nation seien und dass aufgrund von Antisemitismus, gesetzlicher Diskriminierung und gescheiterter Aufnahme von Juden in die Gesellschaft ein jüdischer Staat gegründet werden müsse. Er wurde zu dessen Vordenker, organisierte eine Massenbewegung und bereitete so der Gründung Israels gedanklich den Weg. Er gilt als Hauptbegründer des politischen Zionismus.
Wenn der das 1896 als Österreicher publiziert hat, dürfte das – neben dem offenbar schon damals breit herrschenden Antisemitismus – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch Hitler beeinflusst haben (geboren 1889).
Und das ist jetzt elektrisierend.
Ich hatte doch neulich beschrieben, dass Israels Premierminister Netanjahu gesagt habe, dass Hitler die Juden eigentlich nicht vernichten, sondern nur vertreiben haben wolle, und der palästinensische Mufti von Jerusalem, Haj Amin al-Husseini, zu gebracht habe, die Juden zu verbrennen, weil denen das überhaupt nicht gepasst hätte, wenn die Juden da ihren eigenen Staat aufmachen. (Naja, passt ihnen ja auch nicht.) Weil sich Hitler aber mit den Arabern habe gut stellen wollen (zur Erinnerung: Arier ist eigentlich ein Begriff der Perser), sei er wohl darauf eingegangen.
Dazu hatten mir mehrere Leute geschrieben. Die meisten dahingehend, dass es historisch und in den bestehenden Schriften keinen Beleg dafür gebe, dass Hitler die Juden von vornherein habe vernichten wollen. Vertreiben. Mir war ja selbst schon aufgefallen, dass in „Mein Kampf“ (ich hatte es nicht gelesen, sondern nur mit der Suchfunktion darin nach etwas gesucht) nicht das war, was ich erwartet hatte, sondern sich Hitler anfangs sogar gegen Antisemitismus ausspricht. Er sieht sie als Verbreiter des Kommunismus, und der Kommunismus ist der Feind.
Ein Leser schrieb mir aber etwas sehr brisantes:
Hallo Hadmut,
dein Blogartikel https://www.danisch.de/blog/2021/02/28/kann-hier-jemand-hebraeisch/ hat mir keine Ruhe gelassen, da ich mir so etwas nieniemals hätte vorstellen können. Man scheut sich fast schon, nach so etwas zu googeln, da man dann wohl nur auf Verschwörungstheoretiker- und rechte Seiten gelangen würde.
Ich hab’s trotzdem getan und gelangte auf die Seite der hinsichtlich Rechtslastigkeit sicherlich unverfänglichen Bundeszentrale für politische Bildung: https://www.bpb.de/geschichte/nationalsozialismus/die-wohnung/195248/die-artikelserie-ein-nazi-faehrt-nach-palaestina
Da wird beschrieben, wie die Nazis mit Hilfe deutscher Zionisten wohl ab 1933 versuchten, einen Judenstaat in Palästina zu etablieren, um alle Juden dort hinzusiedeln/vertreiben, aber eben nicht umzubringen. Dem standen sowohl die Palästinenser (das schriebst du ja bereits) als auch die Briten als Kolonialmacht vor Ort entgegen. Haben also die Briten die Shoah billigend in Kauf genommen? Ich will hier ganz bestimmt keine Mörder der Nazis irgend wie in Schutz nehmen, aber diejenigen, die mit dem Zeigefinger zeigen sollten sich bewusst sein, dass gleichzeitig drei Finger auf sie zurück zeigen.
Gruß
Stimmt. Die Bundeszentrale für politische Bildung ist so links, wie man nur links sein kann, kommunistische Propagandamistschleuder. Die sind alles, nur Nazis ganz sicher nicht (vom Antisemitismus würde ich sie nicht freisprechen, denn Linke sind ja sehr antisemitisch und wandeln in ihrer Allianz mit den Palästinensern auf Hitlers Spuren – ich hatte ja schon geäußert, dass die Linken und die Antifa im Prinzip Hitlers Ziele weiterverfolgen, zumal die NSDAP ja auch sozialistisch war.)
Und auf der besagten Webseite steht
Die Artikelserie “Ein Nazi fährt nach Palästina”
Im April 1933 traten der Journalist und spätere SS-Untersturmführer Leopold von Mildenstein und der Berliner Zionist Kurt Tuchler gemeinsam mit ihren Gattinnen eine Reise nach Palästina an. Grund der Fahrt war die Absicht Tuchlers, dem Nationalsozialisten von Mildenstein den Aufbau der “nationalen Heimstätte”[1] des jüdischen Volkes in Palästina zu zeigen. Er wollte ihn überzeugen, dass die “Lösung der Judenfrage” in der Auswanderung der deutschen Juden nach Palästina liegt. Welchen Eindruck diese Reise bei von Mildenstein hinterließ und inwiefern er im Anschluss in der Emigration eine Option sah, schilderte der spätere Leiter des “Judenreferats” in der SS in der Artikelserie “Ein Nazi fährt nach Palästina”.
Das war mir jetzt auch neu und das hatte ich auch in noch keinem Holocaust-Museum usw. erfahren – dass die Nazis 1933 vorhatten, die Juden nach Palästina umzusiedeln. Es war da immer nur von Hass und Vernichtung, Gaskammern und Öfen die Rede. Und nun: Ein SS-Untersturmbannführer und ein Zionist reisen 1933 zusammen mit Gattinnen nach Palästina, um die Lage zu sondieren?
Die Zionistische Vereinigung für Deutschland (ZVfD), als deren Vertreter Tuchler reiste, versuchte zu diesem Zeitpunkt, mit dem nationalsozialistischen Regime eine Übereinkunft zu finden, die die jüdische Auswanderung nach Palästina fördern sollte. Ziel war es, die sogenannten Edelnazis, jene Partei- und Regierungsmitglieder, die den “Pöbelantisemitismus” der Wochenzeitung “Der Stürmer” und der Sturmabteilung (SA) der NSDAP ablehnten und eine rationale “Lösung der Judenfrage” suchten, von der zionistischen Option der Emigration zu überzeugen.
Von Mildenstein sollte durch seine Palästinareise drei grundsätzliche Fragen klären: “Welche Zukunft hat dieses Land? Welche Chancen hat der Zionismus im unruhigen Orient? Ist hier die Lösung der Judenfrage gefunden?”[2] Er veröffentlichte in der NS-Zeitschrift “Der Angriff” einen Bericht über diese Reise. Zwischen dem 26. September und dem 9. Oktober 1934 erschien unter dem Pseudonym “Lim” (die Anfangsbuchstaben seines Nachnamens in hebräischer Schreibweise von rechts nach links geschrieben) eine 12-teilige Artikelserie mit dem Titel “Ein Nazi fährt nach Palästina”.
Und dann fällt einem schier die Kinnlade runter:
Der Reisebericht wurde im Vorfeld heftig beworben. Das Parteiorgan der NSDAP, der “Völkische Beobachter”, veröffentlichte mehrere mit Bildern versehene Inserate, und “Der Angriff” selbst schenkte seinen Abonnenten anlässlich des Erscheinens eine eigens dafür geprägte Medaille, die neben dem Titel der Artikelserie Hakenkreuz und Davidstern zeigte.
Das Parteiorgan der NSDAP schreibt über die gemeinsame Reise und man schenkt den Leuten eine Münze mit Hakenkreuz auf einer und dem Davidstern auf der anderen Seite? „Ein Nazi fährt nach Palästina“?
Davon habe ich überhaupt noch nie gehört.
Das widerspricht allem, wirklich allem, was ich in Schule, Ausstellungen, Gedenkstätten, Museen, Medien, Presse, Literatur bisher über das Dritte Reich „gelernt“ hatte.
Die “neuen” Juden
Bei der Abreise mit dem Zug in Prag trafen von Mildenstein und seine Mitreisenden auf eine Gruppe junger jüdischer Pioniere, die unter lauten “Shalom”-Rufen ebenfalls die Fahrt nach Palästina antraten. Von Mildenstein beobachtete sie und entdeckte “etwas neues in ihrem Wesen. etwas hebt ihre Schultern, läßt sie den gesenkten Ghettoblick heben. Sie fahren nach ‘Erez Israel’, in ‘ihr Land'”.[3] Viele hätten ihren Beruf aufgegeben, um sich einem Kibbuz anzuschließen, und alle seien von Stolz erfüllt, in ihr eigenes Land zu ziehen, so von Mildenstein in seinem späteren Bericht.
Nach der Ankunft im Hafen von Haifa fuhren von Mildenstein, seine Frau und das Ehepaar Tuchler mit einem aus Deutschland mitgebrachten Auto nach Tel Aviv, der ersten von palästinensischen Zionisten gegründeten Stadt. “Hier wohnen nur Juden, hier arbeiten nur Juden, hier handeln, baden und tanzen nur Juden”[4], schrieb von Mildenstein im “Angriff”. Die Sprache der Stadt sei Hebräisch, eine antike Sprache, obwohl die Stadt mit ihren großzügigen Straßen und anziehenden Geschäften modern und westlich wirke. Überall sah er die Bautätigkeit, mit der auf die Bevölkerungsexplosion im jüdischen Palästina reagiert wurde. Von Mildenstein gestand, dass die große Mehrheit der Juden in Palästina optimistische, hart arbeitende und idealistische Menschen seien, die die Absicht hätten, das Land mit ihrem eigenen Schweiß aufzubauen – das genaue Gegenteil des Stereotyps, das die Nazis von den Juden propagierten.
Immer wieder betonte von Mildenstein in seinen Artikeln den Fleiß und die Tatkraft der jüdischen Pioniere, obwohl Juden von Antisemiten generell ein Unwille zu körperlicher Arbeit unterstellt wurde. In der Jesreel-Ebene etwa bewunderte von Mildenstein die Leistung der Siedler, die innerhalb weniger Jahre die Sümpfe in fruchtbares Land verwandelt hatten. Der Leiter des Kibbuz Gewa, ein russischer Jude namens Gurion, erläuterte, dass das gemeinschaftliche Leben im Kibbuz den Mitgliedern soziale Absicherung bot und die Arbeitsabläufe effizienter machte. In der folgenden Diskussion kam von Mildenstein auf das Thema Geld zu sprechen, das für ihn untrennbar mit dem antisemitischen Klischee des raffgierigen Juden verbunden war. Er fragte Gurion, ob man nicht in der ständigen Versuchung sei, in die Städte zu gehen, um Geld zu verdienen. Gurion gab ihm darauf eine Antwort, die ihn für von Mildenstein zum Prototyp des “neuen Juden” werden ließ: “Wir wissen, daß wir unser Vaterland bauen und daß es nur gebaut werden kann, wenn jeder mit dem geringsten zufrieden ist. Wir kriegen unsere neue Heimat nicht geschenkt, wir müssen sie erarbeiten.”[5] Ganz im Sinne der nationalsozialistischen Blut-und-Boden-Ideologie, die eine Rasse als Produkt der (mystischen) Verbindung eines Volkes mit dem Boden, mit dem es historisch verwurzelt ist, definierte, entdeckte von Mildenstein in der Person Gurions einen idealistischen und anspruchslosen Menschen, der im Gegensatz zum angeblich von Natur aus nomadischen Juden eng mit seinem Land verbunden war und mit seinen eigenen Händen hart arbeitete, um sein Volk zu verändern: “Die gedrungene Gestalt Gurions steht vor uns im Mondlicht. Er paßt zu diesem Boden. Der Boden hat ihn und seine Gefährten in einem Jahrzehnt neu gestaltet. Diese neuen Juden sind ein neues Volk.”[6]
“Arabische Düfte”
Von Mildensteins Beschreibung der arabischen Bevölkerung Palästinas fällt hingegen anders aus. Als die Gruppe nördlich von Tel Aviv eine Autopanne hatte, musste sie ihren Weg mit einem Bus fortsetzen, in dem hauptsächlich arabische Palästinenser reisten: “Einige Weiber sitzen mir gegenüber. Die ganz alten sind nicht mehr verschleiert, obwohl man es denen gerade wünschen würde […] dazu diese schmutzigen Kinder. […]. Der Wagen schaukelt erbärmlich. Ein kleines Mädchen wird ‘autokrank’. Es waren schon vorher arabische Düfte, die uns umschwebten, aber jetzt wird’s zuviel. Auch wir hängen die Köpfe zum Fenster hinaus.”[7]
Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass von Mildenstein die arabischen Palästinenser oft mit Eigenschaften beschrieb, die Antisemiten Juden zuwiesen. Zum Beispiel die Geldgier der Kofferträger in Haifa, die schmutzigen Bettler in der Jerusalemer Altstadt sowie die Rückständigkeit der Fellachen, die in Häusern lebten, die aus mit Sand gefüllten Benzinkanistern bestanden – Darstellungen, die den antisemitischen Vorstellungen über das Leben der Juden in den Schtetln Osteuropas ähnelten.
Da muss man sich erst mal setzen. Ein Nazi fährt 1933/34 zu den Juden nach Tel Aviv in Palästina und beschreibt sie äußerst positiv, die wohl mit den Nazis befreundeten Palästinenser aber negativ.
Nach dem, was man über die Nazis so gelernt hat, würde man erwarten, dass die diesen von Mildenstein sofort erschossen haben. Aber nein:
Das Scheitern der zionistischen Option
Durch seine Artikelserie zog von Mildenstein die Aufmerksamkeit Reinhard Heydrichs auf sich, dem Chef der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes der SS (SD). Heydrich beauftragte ihn 1935, die Abteilung II/112, das “Judenreferat”, beim SD aufzubauen. Dies bot von Mildenstein die Möglichkeit, seine politischen Ziele mit mehr Nachdruck zu verfolgen. Kern dieser Politik war, die Ausbreitung des zionistischen Einflusses unter den deutschen Juden mit der Absicht zu unterstützen, die Ausreiseunwilligen von der Emigration nach Palästina zu überzeugen.Nach nur zehn Monaten beim SD wechselte von Mildenstein allerdings als Referent in das Reichspropagandaministerium. Zu diesem Zeitpunkt gab es schon Anzeichen, dass von Mildensteins Politik gescheitert war. Die Zahl der jüdischen Emigranten nahm ab statt zu. Innerhalb des SD wurden erste Stimmen laut, die davor warnten, durch die Emigration würde ein mächtiger, Deutschland feindlich gesinnter, jüdischer Staat in Palästina entstehen. Auch von Mildensteins Palästina-Reise geriet in die Kritik. Denn das Bild, das er im “Angriff” vom zionistischen Aufbau in Palästina gezeichnet hatte, war durchweg positiv. Beeindruckt vom Idealismus und Willen der jüdischen Siedler war er sich sicher, in der Auswanderung nach Palästina einen Weg gefunden zu haben, “wie eine Jahrhunderte alte Wunde im Körper der Welt heilen könnte: das Judenproblem.”[8] Die Hindernisse auf dem Weg zu dieser “Lösung” – die restriktive Einwanderungspolitik der britischen Kolonialmacht und den Widerstand der arabischen Bevölkerung gegen die jüdischen Siedlungen – nahm er nur an der Oberfläche wahr.
Und das könnten nun der Schlüssel zum Verständnis des Holocausts sein, wenn die Nazis zuerst einmal beabsichtigt hatten, einen Staat Israel aufzubauen, also Zionisten waren, dann aber drei Dinge entgegenstanden:
- die Überlegung, dass man damit einen deutschenfeindlichen Staat in Palästina bauen könnte,
- die Palästinenser, denen das überhaupt nicht passte und die auf die Nazis einwirkten, die Juden zu verbrennen,
- die britische Kolonialmacht, der das auch nicht passte.
Und diese britische Kolonialmacht ist nun ein ganz besonders heikler Punkt.
Ich hatte ja schon öfters geschrieben, dass es da seltsame Zusammenhänge gibt. Dass es Hinweise gibt, dass die Briten die Nazis aufgebaut und gestützt und womöglich auch finanziert hatten. Ich habe ja geschrieben, dass ich die Nazis nicht für eine ideologische singuläre Entwicklung, sondern für eine gecastete Boyband halte, deren Programm man eiligst aus allem, was die damalige Zeit und Welt zu bieten hatte, zusammenplagiiert hatte. Überhaupt nichts an den Nazis ist originär, es gibt nichts, wofür man nicht ältere Vorbilder findet. Das ganze Nazitum war von vorne bis hinten zusammengeklaut – von Mussolini, von Stalin, vom Zeitgeist, vom damaligen Stand der (Pseudo-)Wissenschaft, und so weiter und so fort. Ich hatte ja schon mal erwähnt, dass selbst Hitler – dessen Erfolg auch darauf beruhte, dass er nach damaligem Empfinden schick und modisch unterwegs war, von einer Industriellen-Gattin erst einmal eingekleidet und angezogen werden musste. Oder dass der eindeutig Schauspiel- und Rhetorikunterricht bekommen hatte, um so zu sprechen, wie es die damalige Tontechnik erforderte. Es spricht einiges dafür, dass Hitler nicht der große Diktator, sondern der große Strohmann war. Irgendwer hatte ihm ja auch in der Anfangszeit einen Koffer voll Geld gegeben.
Nun kommen dafür mehrere in Frage.
Einmal die deutsche Schwerindustrie, von denen man ja schon weiß, dass sie Hitler gemacht, gebaut (und angezogen) hatte, und die ja auch – hatte ich auch beschrieben – 1944 bei absehbarer Kriegsniederlage Geld für eine Nachkriegs-NSDAP verbuddelt hatte.
Denn: Der Kommunismus in Russland (nach den Grenzen des Deutschen Reiches unmittelbar angrenzender Nachbar) tobte, wollte ja ausdrücklich auch Deutschland habe, und legte ja mit Leuten wie Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg auch hier gewaltig los, man hatte gerade die Kaiser und Könige gestürzt. Gerade erst hatte ich im Podcast 100% Berlin erfahren, dass die Goldelse auf der Siegessäule nicht nur Schuhgröße 92 hat, sondern 1921 militante Kommunisten aus Neukölln versucht hatten, sie mit 6kg Dynamit wegzusprengen.
Wer aber wäre besonders von einem Kommunismus Russland-Deutschland bedroht gewesen? England und Frankreich. Die wären dann chancenlos gewesen und platt gemacht worden. Ich hatte ja schon einige Male beschrieben, dass vor allem die Briten nicht nur ein elementares Interesse daran hatten, die Deutschen als Sperrriegel gegen die Kommunisten zu etablieren, sondern sie auch dazu gebracht haben sollen, den Krieg anzuzetteln, als Gegenmaßnahme – Angriff ist die beste Verteidigung.
Dazu passt exakt, dass bekannt wurde, dass die Briten die Hitler-Attentäter nicht etwa – wie man glauben sollte – unterstützt hätten, sondern im Gegenteil ans Messer geliefert haben. Es erscheint zunächst historisch völlig unlogisch, aber die Briten hatten offenbar Grund und Anlass, Hitler zu schützen und die Attentäter hinzuhängen. Es fehlt nicht viel zu dem Gedanken, dass die Briten das Attentat sogar verhindert hätten.
Nun ergeben sich da zwei Interessenlagen, nämlich eine französische und eine britische.
Die britische wäre, dass es mit deren Kolonialgeschichten nicht zusammenpasste, wenn die Juden einen Staat Israel in Palästina gründen würden.
Die französische wäre, dass denen offenbar die Affäre Dreyfus stank, die ja überhaupt erst zum „Zionismus“ geführt habe, und die einen Staat Israel damit als Auflehnung von Intellektuellen und Juden gegen den französischen Staat aufgefasst haben muss.
Beide, England wie Frankreich, wären also, ebenso wie die Palästinenser, ziemlich deutlich gegen die Gründung Israels gewesen und hätten auch vor Intrigen und Sauereien nicht zurückgeschreckt – und auch gerne mal andere für eigene Missetaten als Schuldige hingestellt, wie eben Alfred Dreyfus.
Das wirft Fragen auf.
Und ein Intellektuellen-Brei, der auf französischen Päderasten beruht, die sich zeitgeistmäßig darin gefallen und auch darin erschöpfen, gegen Staat und Antisemitismus zu sein, liefern nicht nur keine Antwort auf die Fragen, sondern könnten das zentrale Hindernis an der Beantwortung sein.
Ich bin überaus froh, dass ich heute Pfannkuchen gemacht und den Fernseher im richtigen Augenblick eingeschaltet habe. Sonst hätte ich diese Nachfolgesendung nicht gesehen.