ZDF und Kolonialismus: Das Schokoladenkomplott
Dummes aus der Anstalt und Subtiles vom Blogger zum Unterschied zwischen Komplott und Kompott. [Nachtrag]
ZDF, Die Anstalt: Uthoff und von Wagner machen gerade einen darüber, dass Elfenbeinküste und Ghana die weltweit größten Produzenten von Kakao-Bohnen sind, die aber nur eine Schokoladenfabrik haben. Größter Schokoladenhersteller der Welt sei dagegen Deutschland.
Das sei Kolonialismus. Die müssten die Schokolade doch dort selbst herstellen.
Eieiei.
Schokoladenfabriken am Äquator, wo es am heißesten ist.
Tolle Idee.
Ich kann mich erinnern, dass sich irgendwo im öffentlich-rechtlichen Rundfunk vor ein, zwei Jahren jemand fürchterlich darüber aufgeregt hat, was für eine Energieverschwendung das sei, dass die kleingeschnippelten Obstsalate (Kompott), die wir hier in den Supermärkten im Plastikbecher kaufen können, komplett in Afrika hergestellt und abgepackt werden – An einem Tag geerntet, kleingeschnitten, verpackt und gekühlt, nachts nach Deutschland geflogen, und am nächsten Tag schon frisch im Supermarkt (und mir war so, als wäre das Ghana gewesen, bin mir aber nicht sicher, ob ich das jetzt nicht mit einer Sendung verwechsle, die der ghanaischstämmige Fernsehkoch Nelson Müller über Ghana gemacht hatte, oder ob das sogar diese Sendung war, aber Nelson Müller ist auch beim ZDF). Jedenfalls fand man es in dieser Sendung, welche auch immer es war, eine elende Energieverschwendung und Umweltverschmutzung, dass man das Obst da, wo man es erntet, auch gleich kleinschnippelt, und dann nur das nach Europa transportiert, was auch tatsächlich essbar ist, also etwa nicht die Schalen. Dafür aber jede Menge Plastikmüll und viel Energie für die Kühlung, denn wenn das Obst erst mal aufgeschnitten ist, verdirbt es natürlich sehr schnell.
Obst nur kleinzuschneiden und zu kühlen und nach Europa zu fliegen sei eine elende Energieverschwendung.
Geht es aber um Kolonialismus, dann ist für das ZDF selbstverständlich, dass man Schokolade in der heißesten Gegend der Welt produziert.
Ich weiß nicht, ob die schon mal darüber nachgedacht haben, dass Schokolade (wenn sie nicht gerade die dunkle, harte Bitterschokolade ist) nicht nur aus Kakao gemacht wird, sondern – ratet mal, woraus man Milchschokolade macht, wenn man sie echt macht und nicht industriell zusammenpanscht, wie es Sebastian Lege vorführen würde – Milch, Fett und sowas. Kommt gut so um den Äquator rum. Was nicht erklärt, wie die Milch dahin kommt.
Warum eigentlich sollte man Schokolade in Afrika herstellen?
Die essen da nämlich nicht so wahnsinnig viel Schokolade. Weil es bei den Temperaturen dort nicht nur eine elende Sauerei ist, sondern es da auch in vielen Gegenden einfach keinen, nur zeitweise oder nur sehr wenig Strom gibt, und das mit dem Kühlen nichts wird.
Mir ist damals auf der Kapstadt/Namibia-Reise aufgefallen, dass man außer in Kapstadt in den modernen Läden und Konditoreien und ein paar Supermärkten in Namibia in den wenigen größeren Städten normale Schokolade nicht bekommt. Ist zu heiß und die können das dort nicht kühlen. Die meisten Läden haben da gar keine Kühlung oder nur einen kleinen Getränkekühlschrank für ein paar Erfrischungsgertränke und vielleicht Milch.
Der Punkt ist nämlich auch, dass viele Afrikaner laktoseintolerant sind. Auch deshalb essen die nicht so viel Schokolade. Das hat genetische Gründe. Rassistische, wenn man so will. Denn genau genommen sind nicht die laktoseintolerant, sondern umgekehrt vor allem die Weißen mit der Fähigkeit ausgestattet, Laktose zu verdauen. Übrigens so ähnlich wie mit dem Alkohol, den Weiße besser vertragen und abbauen können. Man vermutet, dass es eine Anpassung an die Kälte (hatte ich zum Rettungswagen schon wegen Kooperation) und die damit verbundene Lebensmittelknappheit ist, man also in der Lage sein musste, älteres Fallobst oder Lagerobst zu essen. Aber die Forderung, die Schokoladenproduktion in einen Kontinent zu verlagern, wo die meisten Leute laktoseintolerant sind, das ist schon professionell.
Ich hatte gerade erst in einem Artikel über Überfälle auf Rettungswagen erzählt, dass wir damals in Namibia die Himba besucht und den Kindern Süßigkeiten und Knabberkram mitbebracht haben. Aber keine Schokolade. Nur Zeug, was nicht schmilzt. Kekse. Bonbons. Lutscher. Äpfel.
Ich kann mich aber auch erinnern, dass ich dort schon häufig eine besondere Sorte Schokolade bekommen habe (hatte ich das nicht damals im Blog erwähnt, aber doch nicht namentlich erwähnt) aber nur in Form von Scholadeneis, nämlich das berühmte Magnum in der bemerkenswerten Sorte „Death by Chocolate“. Der Name passt. Das Ding lässt einen ins Schokokoma fallen. Das machen sie, damit man dort auch seine Schokoladendosis bekommen kann, wenn man reich oder Tourist ist und sich das leisten kann, kostete nämlich umgerechnet damals 1,60 Euro, also für die Leute dort unbezahlbar. Weil Schokolade dort nur über die Tiefkühlkette funktioniert, die man für abgepacktes Eis betreibt. Da gibt es halt in manchen Läden, die für Touristen gemacht sind, so eine kleine Eistruhe an der Kasse.
Und obwohl die Hitze dort groß, der Strom sehr knapp, die Kühlung lückenhaft und der Markt sehr gering ist, fordern diese beiden Armleuchter vom ZDF, dass Schokolade am besten in Afrika am Äquator herzustellen sei, weil alles andere Kolonialismus wäre.
Nachtrag:
Ratet mal, wo Cadbury’s Schokoladenfabrik in Australien ihren Sitz hat.
Genau, in Tasmanien. In Hobart. Am südlichsten und damit dem Äquator am weitesten entfernten Ort von Australien. Obwohl logistisch ungüngstig gelegen und alles rüber aufs Festland transportiert werden muss. Aus zwei Hauptgründen: Es gibt dort frische Milch und das kälteste Klima in Australien. Ich war sogar mal drin und habe die Besichtungstour samt Verkostung gemacht, das ging bis vor einigen Jahren noch.
Und wenn ich gerade dabei bin: In Neuseeland bin ich am Factory Outlet einer Schokoladenfabrik vorbeigekommen. Wo? Dunedin. Das ist zwar auch weit ab und führt zu erheblichen Transportwegen zu den Kunden, aber: Da ist es kalt. Und da gibt es viel Gras und viele Kühe.
Nur die Heinis vom ZDF kommen auf die Idee, aus antikolonialistischen Gründen Schokoladenfabriken an den Äquator bauen zu wollen, dorthin, wo es am heißesten ist, es kaum Milch gibt und die Leute laktoseintolerant sind.
Aber Hauptsache, auf den Kolonialismus geschimpft.