Kann man die Auflösung digitaler und analoger Filme vergleichen?
Jain.
Ein Leser fragt an:
Eigentlich kann ich mit Fotografie an sich nicht viel anfangen, bin in dem Themenbereich auch kompletter Laie. Eines würde mich dann aber doch mal interessieren – kann man die Detailtiefe analoger Filme und digitaler Kameras vergleichen? Sicherlich kann man bei analogem Film nicht von „Auflösung“ sprechen – aber der Grad an aufnehmbarer Information müsste sich doch auch bei einem Film quantifizieren und somit vergleichen lassen. Ist das nicht eine interessante Frage? Mich würde mal deine Meinung dazu interessieren – vor allem auch, wann (deiner Ansicht nach) die digitale die analoge Fotografie zum ersten Mal übertraf – ich meine damit nicht einmal unbedingt nur ein bestimmtes Jahr, sondern auch die Entwicklungsstufe.
Solltest du also einmal die Zeit finden, würde ich mich über einen entsprechenden Beitrag auf deinem Blog freuen…
Man kann, aber es bringt nicht viel. Darüber gab es in der Übergangsphase, als noch analog und digital nebeneinander existierten und digital schon brauchbar war, in Fotozeitschriften und in der Wissenschaft Aufsätze und Untersuchungen, ich weiß aber nicht mehr so genau auswendig, was dabei herauskam.
Es bringt aber auch nicht viel. Das ist nicht so, als würde man Canon mit Nikon vergleichen, sondern Äpfel mit Birnen.
Zum einen äußert sich das Korn bei Filmen anders und hängt (insbesondere bei Schwarzweiß) stark von der Art der Entwicklung ab.
Dafür haben (die meisten) Digitalsensoren RGB-Filter davor und müssen das subsampling interpolieren. Dafür sind die Filme auch nicht in allen Farben gleich empfindlich.
Auch die Empfindlichkeit wirkt sich anders aus. Wähle ich eine hohe Filmempfindlichkeit, bekomme ich grobes Korn. Stelle ich an der Kamera eine hohe Empfindlichkeit, hat das Foto immer noch die gleiche Auflösung, aber stärkeres Rauschen, also geringeren Signal-Rauschabstand.
An einer Digitalkamera kann ich das einstellen, welche Empfindlichkeit ich haben will. Bei analog müsste ich den Film wechseln und teils selbst entwickeln. Ich war als Student total froh und der King, als ich mit ASA 6400 fotografierte. Das war damals absurd hoch. Kodak T-Max 3200 (schwarzweiß) um eine Stufe auf 6400 gepusht. Total steil und hart, zwischen scharz und weiß gab es kaum Graustufen. Mehr Empfindlichkeit konnte man auch an der Kamera nicht einstellen. Heute gehen Kameras bis ISO/ASA 50.000, mache auch 200.000 oder 400.000. Und man muss nichts wechseln, man kann es einfach einstellen.
Und ich kann mit der Digitalkamera „nach rechts“ belichten, um mehr Kontrastumfang rauszuholen. Ich habe aber auch schon „nach links“ belichtet, um auf eine kürzere Belichtungszeit zu kommen. Geht mit Film nur sehr bedingt, obwohl die Ritsch-Ratsch-Klick darauf beruhten.
Damit zusammen hängt der Kontrastumfang. Der nun bei digitalen Profikameras im Bereich von 14 bis 16 Bit liegen kann, woran Film nicht reicht – es sei denn freilich, man nimmt einen sehr niedrig empfindlichen Schwarzweiß-Film. Falls man den noch kaufen kann.
Wenn die 14 oder 16 Bit aber nicht reichen, oder das Bild sonst wie schwierig ist, kann ich mit der Digitalkamera ein HDR-Foto machen. Und wenn die Auflösung nicht reicht, kann ich eine kaufen, die Pixel-Shifting kann, also den Sensor so verschieben kann, dass eine höhere Auflösung aus mehreren Fotos zusammengerechnet werden kann.
Dazu kommt, dass man die Objektive nicht vergleichen kann. Digitalsensoren haben ganz andere Anforderung, beispielsweise beim Einfallwinkel, und deshalb sind die Objektive neu und anders gerechnet.
Was auch wieder damit zusammen hängt, dass früher kein Mensch so sehr nach der Auflösung gefragt hat. Dann war das Bild eben so. Mir sagte mal ein Kameramann für Kinofilme, dass das früher alles kein Problem war, weil der Regisseur halt immer das nehmen musste, was rauskam, weil der Film erst am nächsten Tag entwickelt und da das Set schon wieder abgebaut und die Schauspieler weg waren. Heute setzt der sich sofort am Filmort in den LKW und guckt den Film auf dem 4K-Display an. Und meckert sofort, wenn etwas nicht ganz scharf war. Alles nochmal.
Auch die Amateure sind heute viel pingeliger, weil die sich das am Computer alles in Einzelpixeln anschauen.
Als ich als Student Aktfotos, Reisefotos und sowas gemacht habe, war ich sehr stolz und zufrieden.
Als ich 2009 von Karlsruhe nach München umgezogen bin, habe ich vorher ausgemistet und die dieselben alten Dias mit dem Diaprojektor angesehen – und war erschüttert darüber, was für einen Mist ich da zusammenfotografiert hatte. Weil sich mit dem Umstieg auf Digitalfotografie meine Maßstäbe und Ansprüche völlig verändert hatten. Selbst von denen, die ich für aufhebenswert hielt, habe ich in München bei einem professionellen Dienstleiter mit einem sehr hochqualitativen Scanner Scans machen lassen, und muss sagen, dass zumindest das, was ich da produziert hatte, an eine Digitalkamera nicht heranreicht. Schärfe, Auflösung, Kontrastumfang.
Man muss noch etwas anderes berücksichtigen:
Analoge Fotografie verliert mit jedem Verarbeitungsschritt. Original ist eigentlich nur das Dia, mit dem ich aber auch nicht viel anfangen kann, außer es an die Wand zu projizieren. Ansonsten muss ich Abzüge machen, oder es umkopieren, und dabei verliert es wirklich jedes mal. Ein Digitalfoto aus der Kamera (im RAW-Format) kann ich aber mehrfach von Datenträgern umkopieren und auch der non-destructive Nachbearbeitung unterziehen, ohne einen Qualitätsverlust zu erleiden. Ich kann sogar Prüfsummen, Signaturen, fehlerkorrigierende Codes anbringen.
Auf der anderen Seite hat mich mal ein Fotograf schlicht weggeföhnt, indem er mir ein Dia von einem Motorrad zeigte, das er im Auftrag eines Herstellers gemacht hatte – mit einer Fachkamera. Das Dia war ungefähr so groß wie ein A5-Blatt. Das war natürlich geil, und Sensoren in dieser Größe gibt es nicht zivil und bezahlbar. Apropos bezahlbar: Von welchen Preisen reden wir hier? Bei Filmen gabe es keine so großen Preisunterschiede. Was haben wir auf der Digitalseite? Amateur, Profi, Luxus?
Ich war mal auf irgendeiner Fotomesse und kam am Stand vom Hasselblad vorbei. Quatschen die mich an, ob ich nicht mal ausprobieren will. Ich sagte so sorry, aber die kann ich mir nicht leisten, die ist mir zu teuer. War irgendwo zwischen 50.000 und 100.000 Euro, weiß nicht mehr. Sie meinten aber, es mal auszuprobieren koste ja nichts. Sei kostenlos. Ein Foto habe ich gemacht. Während bei den anderen Herstellern irgendwelche scharfen Models rumturnten, hatten die da nur einen simplen Stehtisch vor einem banalen einfachen Hintergrund und darauf eine Vase mit einem Blumenstrauß. Ich habe – Kamera voreinstellt – ein Foto von diesem Blumenstrauß gemacht und bin dann fast umgefallen, was für ein sondergeiles Foto diese Kamera da ausgespuckt hat. Karl Lagerfeld war ja auch einer, dessen Fotografien alleine man in separaten Ausstellungen zeigte, weil die ja, zumindest manche davon, schon verdammt gut waren. Einen erheblichen Teil daran hat aber die Kamera geleistet. Ich habe mal ein Video gesehen, wie der arbeitet(e). Der hatte halt die besten, schönesten, erfahrenen Topmodels, die wissen, wie sie sich schminken und in Szene setzen. Seine Assistenten haben ihm das alles vorbereitet und drapiert. Dann kam der Meister rein, der Assistent reichte ihm die Hasselblad, er hält drauf und drückt ab. Der hat gute Fotos nicht gemacht, der hat sie eingekauft durch Model, Asssistenten, Kamera. Reden wir von sowas? Zu analogen Zeiten hätte er zwar auch mit einer Hasselblad fotografieren können (ich hatte übrigens auch Zugang zu einer analogen 6×6-Hasselblad), aber außer der größe des Bildes und einem guten Objektiv hatte die nichts zu bieten, der Film war derselbe wie bei anderen auch. Bei den digitalen treiben die aber richtig viel Aufwand.
Die Frage ist also kaum richtig zu beantworten, weil das zu unterschiedlich ist und die Eigenschaften zu unterschiedlich.
Ich glaube mich erinnern zu können, dass ich das, womit ich als Student analog fotografiert habe, mit ungefähr einer 6-Megapixelkamera auf dem Stand von etwa 2007 vergleichen würde. Ich fand die 10-Megapixel-Kameras, die ich damals hatte, schon überlegen.
Die erste Digitalkamera, die ich als ebenbürtig empfunden habe, war meine Konica-Minolta 5D mit 6 Megapixeln. Die war der Punkt, an dem ich das analoge Fotografieren beerdigt habe. Vorher hatte ich noch eine Dimage 7 und 7i, die eigentlich schon gute, moderne Digitalkameras waren (5 Megapixel), aber noch nicht so wirklich konkurrenzfähig zur analogen, zumal im Kontrastumfang. Aber die Minolta 5D war der Punkt, an dem ich mir sagte, das war’s, zumal ich damit auch die alten Objektive verwenden konnte, sie allerdings nach kurzer Zeit gleich wieder verkaufte und die Sony Alpha 100 als deren Nachfolger mit 10 Megapixel kaufte. 6 Megapixel waren nach meiner Erinnerung für mich der Punkt, ab dem ich sagte, dass war es nun mit analog. Ich habe auch seitdem keinen Film mehr belichtet.
Ich halte den Vergleich aber für nicht nur nicht vernünftig duchführbar, sondern auch für sinnlos. Von ein paar Spezial- und Sonderfotos abgesehen hat die Digitalkamera einfach gewonnen.
Ich habe mir die Tage ein neues Handy gekauft. Unterer Preisbereich, wohlgemerkt, weil ich in Berlin nicht mit teurem Handy rumlaufen will und das auch mal runterfällt oder so. Das Ding behauptet, eine 100-Megapixel-Kamera zu haben. Was soll da noch ein Vergleich?