Beth, die Kryptographie, Afghanistan, 9/11 und der Bundesnachrichtendienst
Leser fragen – Danisch weiß es auch nicht. [Nachtrag]
Ich hatte doch ziemlich viele Blogartikel dazu geschrieben, wie sie mir damals die Krypto-Dissertation abgesägt hatten, wie der „Doktorvater“ Thomas Beth urplötzlich seine Bewertung geändert hat und die eigentlich schon als bestanden eingetragene Dissertation, für die schon die Auszeichnung angekündigt war, als komplett falschen Unsinn umbewertet hat, dass das nach Lage der Dinge auf den BND-Direktor Otto Leiberich zurückgeht, und dass es da personelle und inhaltliche Überschnneidungen mit der Geheimdienstoperation von BND und CIA in der Schweiz, nämlich das Inverkehrbringen fauler Kryptogeräte weltweit über die Crypto AG und in der Schweiz über die Omnisec, gibt. Auch als Operation Rubikon (beim BND), älterer Name anscheinend Operation Thesaurus, oder Operation Minerva (CIA). Einer der Leute, die mich da abgesägt haben, war ja der ETH-Professor Ueli Maurer, der auf sehr dubiose und eigentlich schon kriminelle Weise in meine Promotionsverfahren als Prüfer, der nur ablehnen, aber nicht prüfen wollte, reinrutschte, selbst an einer CIA-verseuchten Uni promoviert hat und in starkem Verdacht steht, selbst in die Operation Rubikon/Minerva involviert gewesen zu sein (und in dieser Eigenschaft das Falschgutachten gegen mich ausgestellt zu haben).
Derselbe Otto Leiberich, der bei uns am Institut rumschwarwenzelt und mit Beth eng befreundet war (oder sich zumindest so aufführte) und versuchte, uns damals anzuwerben, war der verantwortliche Direktor für diese Operation und damit in Sachen Kryptographie offenbar Deutschlands Top-Spion. Nebenbei bemerkt, hat er übrigens im Hörsaal mal einen Vortrag gehalten, den besten und spannendsten (aber vielleicht nicht unbedingt wahrheitsgemäßen und vollständigen) Vortrag gehalten, den ich in der Kryptographie je gehört habe: Wie sie damals den DDR-Spion Günter Guillaume Stück für Stück enttarnt haben (wollen), indem sie (angeblich) die Kommunikation zwischen Guillaume und der DDR entschlüsselten und die Stasi einen Fehler gemacht habe, nämlich Guillaume eine sehr gute Tarnidentität zu geben, aber seinen Geburtstag unverändert zu lassen und ihm im Übermut verschlüsselt zum Geburtstag zu gratulieren. Dann sind sie die Personallisten durchgegangen und haben geguckt, wer an diesem Tag alles Geburtstag hat. Eine mitreißende Story, verdammt gut und spannend präsentiert, vielleicht aber auch frei erfunden und erlogen. Denn es gilt der Grundsatz, niemals seine Quellen zu offenbaren und immer eine Legende darüberzustülpen. Vielleicht hatten sie auch einfach gar nichts dechiffriert oder die DDR diesen Fehler nicht gemacht, sondern dort schlicht und einfach einen eigenen Spion sitzen, und wollen das nur nicht aufdecken.
Jedenfalls haben die DDR-Spione mit ihren Kryptologen die schwachen, analogen Verschlüsselungsgeräte (Scrambler) Westdeutschlands abgehört und die ganzen CDU-Spendenkapriolen ausspioniert. Gleich nach der Wende haben dann Wolfgang Schäuble und eben dieser Otto Leiberich die DDR-Kryptologen sofort eingesammelt und in einem geheimen Projekt bei Rohde & Schwarz untergebracht, damit sie (und was sie wissen) nicht auf dem freien Markt auftaucht.
Ich lasse das jetzt mal etwas verkürzt, weil ich hier jetzt nicht Dutzende Blogartikel wiederholen kann. Leser beschwerten sich gerade, dass es verdammt schwierig sei, über mein Blog den Überblick zu behalten und sich einzulesen, wenn man nicht seit Jahren mitliest. Stimmt. Mir geht es auch nicht besser, ich habe längst auch den Überblick über die inzwischen fast 20.000 Artikel verloren und staune immer, wenn sich Leser an Artikel erinnern, an die ich mich selbst schon nicht mehr erinnere. Ich arbeite aber gerade an neuer Blogsoftware, die mir auch ermöglichen soll, den ganzen Haufen zu ordnen, und habe dann für nächstes Jahr vor, solche Gedankenstränge als Bücher herauszugeben, um das dann nachvollziehen zu können.
Eine wesentliche, bisher noch nicht durch ein Puzzleteil erklärte Frage ist, was Leiberich, der vielleicht – oder eher sicherlich – ein professioneller Lügner, zweifellos aber ein, zumindest was die vordigitalen Methoden angeht, hochkompetenter Kryptologe war, von einem Großmaul, Hochstapler und selbsternannten Kryptologen wie Beth eigentlich wollte. Beth war selbst ein krankhafter Lügner, vor allem aber ein an Arroganz und Selbstherrlichkeit kaum zu überbietender Kotzbrocken, der sich nicht nur für einen der besten Kryptologen der Welt hielt, sondern das in Hörsaal und Bundestag auch sagte. Leiberich dagegen war in seinem – vielleicht nur vorgetäuschten, aber immerhin – Auftreten immer sehr seriös, professionell, und vor allem sehr höflich und respektvoll gegenüber anderen. Obwohl wir damals nur kleine Studenten, Mitarbeiter, Doktoranden und nach Uni-Maßstäben damit gar nichts waren, sprach er uns immer betont gleichberechtigt mit „Herr Kollege“ an, was aber vielleicht auch davon kam, dass er sehr beeindruckt davon gewesen sein soll, dass die DDR-Kryptologen einfach jeden, sogar den „Klassenfeind“, mit „Genosse“ titulierten. Die konzentrierten sich allein auf das Fachliche. Wir fühlten uns damals ungeheuer geschmeichelt, von einem so hohen Tier mit „Herr Kollege“ angesprochen und wie auf gleicher Ebene behandelt zu werden, kannten damals aber den Zusammenhang mit den DDR-Kryptologen noch nicht.
Hans-Josef Beth
Ein Leser weist mich nun darauf hin, dass in der NZZ gelegentlich, beispielsweise hier, ein Gastautor namens Hans-Josef Beth schreibe, der (wo der Leser das gefunden hat, ist mir unklar) zwei Jahre älter als mein „Doktorvater“ Thomas Beth sein soll. Beispielsweise hier. Oder auch hier. Schreibt über Terror und Afrika. Und zu diesem Hans-Josef Beth heißt es da:
Hans-Josef Beth arbeitete 35 Jahre lang für den deutschen Bundesnachrichtendienst (BND). Er war unter anderem Abteilungsleiter und zuständig für Afrika.
Ob nicht, fragt der Leser, jener Hans-Josef Beth der ältere Bruder oder sonst ein naher Verwandter von Thomas Beth gewesen sein und die Erklärung liefern könnte, warum der BND sich überhaupt mit Thomas Beth befasst und offenbar so gute Verbindungen zu ihm hatte.
Weiß ich nicht.
Ich habe Beths Frau und die Töchter kennengelernt, weiß sonst aber überhaupt nichts über seine Verwandtschaft. Auch ein paar Ex-Kollegen von damals wissen nichts dazu.
Ich halte es auch für unwahrscheinlich, und zwar allein deshalb, weil ich zunächst mal vermuten würde, dass der Name „Hans-Josef Beth“ nicht echt, sondern ein Tarnname ist. Ich glaube, dass ein Ex-BNDler solche Artikel schreiben könnte, dürfte (sollte?) und würde, aber ich glaube nicht ohne weiteres, dass er es unter seinem echten Namen tun würde. Ich habe bei der NZZ angefragt, ob der Name echt ist, bisher aber keine Antwort. Denke ich aber an Leiberich, dann war der damals auch schon pensioniert und offiziell nur noch Rentner, unverkennbar aber immer noch intensiv für den BND tätig, nur eben nicht mehr in dieser festen Position, sondern mit Zeit, sich an der Universität herumzudrücken, Vorträge zu halten, mit Beth zu palavern und kleine Studenten mit „Herr Kollege“ anzusprechen.
Ich hatte ja schon mal den Gedanken angerissen, dass Beth vielleicht nicht nur für den BND tätig sein und viel Geld haben wollte, sondern es vielleicht sogar auf unterster Ebene war, und Leiberich sein Führungsoffizier (oder wie das beim BND heißt) war, der das einfach dadurch getarnt hat, dass er die Besuche offiziell gemacht, noch rekrutiert und Vorträge gehalten hat.
Wenn aber Leiberich noch als offizieller Rentner und Ausgeschiedener trotzdem noch deutlich merklich für den BND tätig war, nur halt viel lockerer und im „Außendienst“, vielleicht auch spaßorientiert, warum sollte das dann bei diesem Hans-Josef Beth anders sein? Könnte also der BND selbst hinter den Artikel stecken und der Name ein anderer sein.
Es ist aber lustvoll und reizend, einfach mal hypothetisch anzunehmen, sie wären Brüder gewesen, auch wenn das frei erfunden ist. Es würde nämlich verdammt gut passen.
Man findet per Google über diesen Hans-Josef Beth, so es eine Person dieses echten Namens überhaupt gibt, fast nichts, kein Bild, außer seine gelegentlichen Artikel. Aber eben doch, dass er beim BND nicht einfach nur Afrikanologe, sondern Leiter der Abteil Internationaler Terrorismus war.
Und auch im SPIEGEL findet sich ein Artikel über Terrorismus von 2002, in dem es zu 9/11 heißt:
Das ist die eine, die emotionale Seite des Abu Mussab al-Sarkawi. Die andere zeigt einen fanatischen Terroristen, der in der Hierarchie aufgestiegen und offensichtlich ein ausgezeichneter Organisator und Netzwerker ist – und sie beunruhigt die deutschen Dienste außerordentlich.
Die Auswertung der Abhörprotokolle lässt am Ende wohl nur einen Schluss zu: Spielte Deutschland vor den Anschlägen vom 11. September 2001 eine zentrale Rolle bei der Planung und Logistik, so ermöglichten im Frühjahr wieder Unterstützer aus Deutschland Hunderten Qaida-Kämpfern mit illegalen Pässen die Flucht aus Afghanistan. Und, noch schlimmer: Der Terrorist ohne Gesicht hat sich nach Einschätzung der Behörden nun daran gemacht, den Heiligen Krieg auch nach Deutschland zu tragen.
»Er ist der Mann, den man sich merken muss, wenn es um Deutschland und Europa geht«, sagt der Abteilungsleiter Terrorismus des Bundesnachrichtendienstes (BND), Hans-Josef Beth. Zwar gilt noch immer Bin Laden als Ikone des Terrors – die Koordination des Netzwerkes aber haben andere übernommen.
Nach amerikanischen Erkenntnissen hat al-Qaida jüngst ein neues Gremium geschaffen, dem Sarkawi und fünf weitere Kampfkommandanten angehören, die in unterschiedlichen Teilen der Welt als eine Art Regionalbeauftragte für künftige Operationen zuständig sind. Ende vergangener Woche vermeldeten die Amerikaner die Festnahme eines der sechs, des Saudis Abd al-Rahim al-Naschiri, der für die Region am Persischen Golf zuständig gewesen sein soll. Der Jordanier Sarkawi ist in dem Gremium der Warlord des Dschihad für Westeuropa – und derzeit »hoch aktiv« (Beth).
Und das ist nun elektrisierend.
Nicht nur weil Deutschland/Afghanistan so ein Thema ist.
Denn ich hatte in früheren Blogartikeln schon angesprochen, dass ich nicht nur einen Zusammenhang zwischen der Sabotage meiner Dissertation, den DDR-Spionen und der Parteifinanzierung der CDU gibt, sondern dass sich da ein direkter zeitlicher Zusammenhang zum Anschlag 9/11 von 2001 ergibt, also gerade so die Phase, als man mir die Diss abgelehnt hatte.
Denn 9/11 kam nicht so aus heiterem Himmel und unvorhersehbar, wie man das hingestellt hatte. Es ist ja inzwischen durchgesickert, dass die Deutschen da was abgehört und auch gelesen, sich aber nichts dabei gedacht hatten, und damit eine geheimdienstliche Erkenntnis, dass da eben gewisse Terroristen gerade Pilotenscheine machen, sich aber für das Landen nicht interessieren, bie den Deutschen einfach liegen geblieben ist. Hätte man es weitergeleitet, wäre 9/11 mit erheblicher Wahrscheinlichkeit verhindert worden. Die Deutschen haben es verschlampt, und das könnte bedeuten, dass die Deutschen den USA nach 9/11 etwas schuldeten.
Das heißt aber, dass die Täter schon vor dem Anschlag im Blickfeld der Geheimdienste gewesen sein müssen.
Und das eben in genau dem Zeitraum, in dem mir urplötzlich die Dissertation abgesägt wurde (Frühjahr 1998). Zunächst ja nicht als Ablehnung, sondern als Kommando, sie einfach wegzuwerfen und eine neue, für andere nutzlose Dissertation zu schreiben, wie man ein Fakultätsnetzwerk teuer, aber unsinnig mit Sicherheitsgirlanden behängt und Weihnachtslieder dazu singt.
Was man nun von seinen Zuständigkeiten und auch von seinen Artikeln her sagen kann, insbesondere der im SPIEGEL, dass dieses Abhören der Terroristen vor 9/11 zwei Leute direkt involviert haben muss: Hans-Josef Beth und Otto Leiberich. Beth wegen Terror und Leibereich wegen Abhören vermutlich verschlüsselter Kommunikation. Denn wenn die Terroristen wie beschrieben über die Kontinente verteilt und vernetzt waren, spricht viel dafür, dass sie verschlüsselt kommunizierten.
Und das nun wieder würde diese komische Bundestagsanhörung 1997 erklären, bei der ich als Assistent dabei war: Der Versuch, Kryptographie in Deutschland gesetzlich zu verbieten. Mir fiel damals auf, dass die Veranstaltung seltsam hölzern wirkte: Alle Politiker wollten es, aber keiner wusste so genau, warum eigentlich. Als wären sie nur Stellvertreter. Strohmänner.
Wenn aber, wie oben beschrieben, der Terror aus Deutschland gesteuert wurde (und schon kurz nach 9/11 hieß es ja, dass einige der Terroristen aus Deutschland kamen. Mohammed Atta war an der TU Hamburg-Harburg und in Bremen.
Betrachtet man sich die Zuständigkeiten und Aufgabenteilungen zwischen BND und CIA, die sich an der Operation Rubikon/Minerva zeigte, wäre es die Aufgabe der Deutschen gewesen, sich um solche Leute im eigenen Land zu kümmern, namentlich des BND, obwohl der ja eigentlich ein Auslandsgeheimdienst ist. Anscheinend auch war dessen neue Aufgabe nach Wegfall der DDR nun der Terrorismus.
Zweifellos waren die Deutschen dabei, die Attentäter und andere abzuhören, haben es aber vermurkst und deshalb 9/11 nicht verhindert.
Und mittendrin müssen Hans-Josef Beth und (bis zu seiner Pensionierung, die schon deutlich früher war, denn der war ja schon pensioniert, als ich noch an der Uni war) Otto Leiberich gesteckt haben, beide nämlich als Leiter der jeweils verantwortlichen Abteilungen. Terror und Krypto/Abhören.
Denen muss zwischen 1998 und 2002 förmlich der Kittel gebrannt haben, und natürlich wollten die nicht, dass da Verschlüsselungsmethoden ans Licht kommen, die sie nicht brechen können. Denn ich hatte mir ja damals angeschaut, was es so gab und was so ging, und hatte beschrieben, was zu tun ist, damit es nicht mehr ging. Außerdem hätte ich dann ja weitergemacht.
Ich habe mich oft gefragt, warum die nicht einfach mit mir gesprochen haben. Denn kurioserweise wollte ich selbst dieses Kapitel über Kryptographie nicht in die Dissertation packen, weil es a) thematisch nicht zum Rest passte und es mir b) zu schade und wertvoll war, es in eine Dissertation zu schreiben, und damit todsicher zu begraben, weil es dann niemand jemals lesen würde. Ich hätte mich damals ohne weiteres darauf eingelassen, das wieder rauszunehmen. Oder auch, was rechtlich geht, die Dissertation für geheim zu erklären, womit sie dann nicht veröffentlicht wird. Welchen besseren Ritterschlag hätte es für einen Kryptologen gegeben, als seine Dissertation für geheim zu erklären?
Vielleicht schloss man das aus, weil Leiberich ja auch bei mir versucht hatte, mich zu rekrutieren, und ich mit „Danke, aber Nein, Danke“ reagiert hatte.
Die Sache würde erklären, warum da damals so ein Druck dahinterwar, so eine Dissertation zu versenken und ansonsten die Kryptoprofessuren mit Pfeifen zu besetzen.
War der Professor Thomas Beth inoffizieller BND-Mitarbeiter?
Es spricht einiges dafür, dass Beth BND-Mitarbeiter war. Ein sehr entfernter zwar, denn der konnte ja über nichts die Klappe halten, hat alles rausposaunt, weil das Verlangen nach Aufschneiderei so groß war, aber es wäre deutlich plausibler, wenn er einen Bruder beim BND gehabt hätte. Das würde die Zusammenhänge erklären.
Und noch mehr.
Es würde erklären, warum Beth damals in England an die Entwicklung dieser analogen Funkgeräte mit Verschlüsselung für die Polizei kam, obwohl er dafür eigentlich völlig ungeeignet und unbefähigt war. Denn es ist ja inzwischen bekannt, dass der BND über deutsche Hersteller als Tarnfirmen westlichen Behörden schlechte, analoge Verschlüsselungsgeräte untergejubelt hatte. Was nun wieder den DDR-Kryptologen ermöglicht hatte, diese abzuhören. Beispielsweise auch den gesamten NATO-Verkehr, weil die NATO so dumm war, die Türkei als NATO-Partner zwar an der gesamten Kommunikation zu beteiligen, ihr aus Misstrauen aber nur schwache, abhörbare Geräte zu geben, also die Dummheit zu begehen, die eigene Kommunikation mit der Türkei schwach zu verschlüsseln, damit die Türkei teilnehmen kann.
Wenn Beth aber nur der Strohmann war, der dafür zuständig war, die in Deutschland entwickelte schwache Technik dort unterzujubeln, und nicht, sie zu entwickeln, würde das allerhand erklären.
Es würde vor allem einen unerklärlichen Vorgang erklären. Ich hatte doch lang und breit erzählt, dass ich 1994 ein Kryptotelefon entwickelt hatte. Eigentlich gar kein so großes Ding, denn die Verschlüsselungsbibliothek (vgl. RFC 1824) hatten wir ja am Institut einsatzbereit, ich habe dann eine Sprachkompression und eine Modemsteuerung dazu geschrieben. Beth rastete damals förmlich aus. Auf gar keinen Fall dürfe ich digital stark verschlüsselt Telefonieren, das sei alles Unfug, Unsinn, Mist, ich solle das sofort wieder auseinandernehmen und nicht mehr einsetzen. Nur die analoge Verschlüsselung, wie er sie damals für britische Polizei gebaut habe, sei der Sprache würdig, und ich hätte ihm gefälligst nachzueifern.
Was nun völliger Quatsch war. Wir hatten die digitale Verschlüsselungsbibliothek nach Art des Hauses, die wir damals für sicher hielten. Sogar Chipkarten und Chipkartenleser hatten wir dafür entwickelt. Und suchten Anwendungen.
Und dann baue ich das, es funktioniert auch, ist prototypen- und vorführtauglich, und Beth flippt aus, will, dass ich es vernichte, und Analoggehampel treibe, von dem jeder wusste, dass es nicht nur unsicher ist, sondern auch über Mikrofon und Lautsprecher eines digitalen Mobiltelefons wegen dessen Sprachkompression nicht funktionieren konnte. Was zum Geier trieb Beth damals, das zu verbieten? Absichtlich ein schwaches Verfahren zu diktieren und zudem, das digitale Kryptotelefon zu verbieten?
Das ganze ergibt nur einen Sinn, wenn Beth damals in die Abhöraktionen und das Gebot, nur analoge Geräte einzusetzen, die man brechen kann, involviert war.
Es würde erklären, warum Beth meine Dissertation damals von einem Tag auf den anderen von Auszeichnung auf „Schreib was anderes und schmeiß es weg“ und dann auf „Völliger Blödsinn, der ist für alles zu doof“ herabgestuft hat.
Hätte man mich damals gemäß der Wertung für zu dumm gehalten, hätte ich sofort eine Krypto-Professur bekommen, denn die hat man ja mit dummen Leuten besetzt, damit die nichts machen können. Man sagte aber vor Gericht, dass man keinen Ersatzprüfer stellen könnte, weil man keinen Professor habe, der gut genug wäre, sich fachlich mit mir anzulegen. Passt ja wohl nicht dazu, dass ich zu doof sein sollte, auch nur einen richtigen Satz in die Diss zu bekommen – insbesondere, nachdem man an dieser Fakultät reihenweise und wissentlich gröblichst falsche Dissertationen mit Auszeichnungen bewertet hatte, es war da völlig egal, ob etwas richtig oder falsch ist.
Das muss in direktem Zusammenhang mit Abhöraktionen gestanden haben, und dem Zeitverlauf nach muss es die zur Causa 9/11 gewesen sein, die die Deutschen damals verbockt haben.
Und es würde noch etwas anderes erklären, worauf sich die Richterin, die am Verwaltungsgericht Berichterstatterin war, keinen Reim machen konnte, was nicht mal das Justiziariat der Uni selbst verstand:
Beth hatte eine enorm lange Ablehnungsschrift geschrieben, in der sogar Leiberich erwähnt und gebauchpinselt wird, 18 Seiten lang. Sowas gibt es sonst nie. Inhaltlich geschrieben, als wollte er jemandem Befehlausführung nachweisen und sich beliebt machen. Er versuchte aber mit allen Mitteln, diese und die Korrekturexemplare geheim zu halten, nicht mal ich als Betroffener dürfte die sehen, man dürfe mir nur das Ergebnis mitteilen. Rechtlich völliger Schwachsinn ohne jede Grundlage. Jeder Prüfling hat – schon wegen der Rechtswegsgarantie – das Recht, die Prüfungsgutachten einzusehen, damit er sich wehren kann. Sogar das Justiziariat schrieb der Fakultät, da habe der Danisch nicht nur Recht, sowas gäbe es gar nicht, es sei auch nicht einzusehen, was die „weiterführenden Ideen“ in einem Prüfungsgutachten zu suchen hätten, mit denen Beth zu begründen versuchte, warum man die Gutachten geheimhalten müsse.
Schließlich wurde es der Richterin zu blöd. Sie wies die Uni an, die Gutachten und Korrekturexemplare nach § 99 VwGO dem Gericht vorzulegen, wo ich sie nach § 100 VwGO einsehen könne. So lief es dann, ich musste ins Geschäftszimmer des Verwaltungsgerichts, um zu erfahren, warum meine Diss überhaupt ablehnt worden war. Beth hatte die Gutachten doppelt eingetütet, versiegelt und dick beschriftet, dass nur die Richter, nicht aber ich die einsehen dürften.
Wie eine Geheimsache.
Die Richterin sagte aber, das sei alles unbeachtlich, wenn sie dem Gericht vorlägen, dürfe ich sie auch einsehen.
Ich hatte gefragt, ob es sowas öfters gäbe, und sie sagte, nein, so etwas hätten sie überhaupt noch nie erlebt und könnten sich da auch überhaupt keinen Reim drauf machen, vor allem, weil die Uni ja auch keine greifbare Begründung dafür vorgelegt hätte.
Das ergibt nur Sinn, wenn Beth sich für so eine Art IM, Inoffizieller Mitarbeiter, Außenmitarbeiter, Amateurspion hielt. Für wen schreibt der 18 Seiten und warum bauchpinselte der u.a. Leiberich oder schreibt „weiterführende Ideen“, wenn es doch angeblich niemals jemand zu sehen bekommen sollte? Das Ding war der Bericht über die Ausführung des Befehls an den Bundesnachrichtendienst.
Das würde sehr gut passen, wenn die damals von den Amis Druck bekommen haben, da abzuhören und aufzuklären, was in Deutschland da abläuft, und das dann noch versemmelt und 9/11 verschuldet haben, und in dieser Phase einen vorwitzigen Kryptologen mit sturer Gesinnung nicht gebrauchen konnten.
Und es würde erklären, warum sogar ein Verwaltungsgerichtsvorsitzender, Ex-Mitarbeiter des Bundesverfassungsgerichts, den Prozess manipuliert und sogar das Sitzungsprotokoll fälscht, indem er es später verändert neu aufspricht und die Bänder austauscht. Das sind schon Geheimdienstmethoden.
Und die ganze Nummer wäre in der Tat weitaus plausibler, verständlicher, nachvollziehbarer, wenn Beth einen Bruder gehabt hätte, der beim BND für die Terrorabwehr zuständig war und die damals dringend damit beschäftigt gewesen wären, Al Quaida abzuhören. Das nämlich würde dann das Dreieck Thomas Beth, Hans-Josef Beth, Otto Leiberich erklären. Und wieso Thomas Beth überhaupt eine Nummer in der Kryptographie werden konnte. War er jemand, den der BND in die Kryptoszene eingeschleust hatte?
Ich weiß aber nicht, ob irgendein Verwandschaftsverhältnis zwischen Hans-Josef und Thomas Beth bestand.
Ich weiß nicht mal, ob der Name Hans-Josef Beth überhaupt echt oder ein Deckname ist, der nur zufällig so ins Schwarze trifft.
Ich weiß es nicht.
Noch nicht.
Nachtrag:
Ach, eins habe ich noch vergessen. Im SPIEGEL-Artikel von damals, 24.11.2002, findet sich die Beschreibung, dass die Attentäter im Vorfeld zur Tarnung Schlüsselworte eingesetzt hatten, eben weil sie abgehört wurden:
Als Abu Ali einem Sympathisanten berichtete, er wolle eine neue, gut abgeschottete »Firma« gründen, bot der angesichts seiner Kenntnisse im »Labor« Hilfe an. Was die Firma dann im Angebot führen sollte, besprachen die Islamisten mit Abu Mussab al-Sarkawi am Telefon: »schwarze Pillen« etwa, die einer der Beteiligten später als Synonym für Sprengstoff dekodierte, »russische Äpfel« (Handgranaten) oder »kleine Mädchen« (gefälschte Führerscheine).
In einer Art Etymologie des Untergrundes entschlüsselten die mithörenden Ermittler nach und nach die Sprache des Dschihad: »Sieben Meere« etwa passte für Schengen-Visa, die »Universität« war ein Synonym für Gefängnis, »Eichelfrüchte« die Munition für eine Faustfeuerwaffe. Einen Reisepass nannten die Islamisten demnach »eine Tänzerin«.
Dutzende Mudschahidin wurden von Deutschland aus mit perfekten »Tänzerinnen« ausgestattet und nach Europa geschleust, etliche davon, wie Aschraf al-D., auch nach Deutschland. Der Mann, den die Brüder »Noor« rufen, meldete sich im Februar bei Abu Ali im Ruhrgebiet zurück. Der machte den einstigen Frontkämpfer gleich mit den Feinheiten des Einsatzes in der westlichen Welt vertraut: »Die Hunde hören mit«, zürnte er und klagte metaphorisch, sein Fuß sei bereits »in Gips«. Vor Abu Alis Tür stand schon das Observationsteam des Bundeskriminalamtes.
Ende April kam dann das Aus für den umtriebigen Mann aus Deutschland. Bei der bislang größten Razzia gegen militante Islamisten wurden er und ein Dutzend weitere Verdächtige festgenommen, sie sitzen in Einzelarrest in den Hochsicherheitstrakten von Köln-Ossendorf oder Stuttgart-Stammheim. Die Bundesanwaltschaft, die davon ausgeht, dass ein Anschlag kurz bevorstand, will im kommenden Frühjahr Anklage erheben. Die Anwälte der Inhaftierten weisen die Vorwürfe mit Verweis auf falsche Interpretationen zurück: »Die Gespräche kann man so oder so auslegen«, sagt Sebastian Siepmann, der Abu Ali vertritt.
Dass nun ein Großteil der deutschen Telefonkumpane von Abu Mussab al-Sarkawi nicht mehr ansprechbar ist, behindert die Ermittler kaum. Längst lauschen sie nicht mehr nur im deutschen Äther. Sie haben Sarkawis Satellitentelefone ausgemacht, und von wo aus der Jordanier auch jetzt noch Unterstützer irgendwo auf der Welt anruft, läuft er Gefahr, belauscht zu werden.
Das würde, wären Beth & Beth Brüder, sehr deutlich erklären, warum der eine Beth, nämlich der Professor und Thomas, so hochgegangen ist, als ich ein simples aber effektives und nach unserem damaligen Wissensstand nicht zu brechendes Kryptotelefon gebaut hatte. Er fluchte schon über PGP, was die Terroristen aber wohl nicht einsetzten, weil sie das Gesprochene bevorzugten.
Sollten die beiden tatsächlich Brüder oder Cousins sein, wäre das natürlich ganz grotesk gewesen, wenn der eine versucht, die Terroristen abzuhören, und der Doktorand des anderen Kryptomethoden publiziert, mit denen man das verhindern kann.