Ansichten eines Informatikers

Idee: Geld mit Verfallsdatum

Hadmut
14.12.2011 14:55

Vor dem Hintergrund der steigenden Inflation, der Staatsschulden, des Problems den Wirtschaftskreislauf ankurbeln zu müssen, der Piratenforderung des bedingungslosen Grundeinkommens, Hartz IV usw. kommt mir so ein Gedanke. Vielleicht blöd, vielleicht schlau. Man müßte mal überlegen, welche Auswirkungen das hat:

Wie wäre es denn, besonderes Geld auszugeben, das seinen Wert zeitabhängig verliert?

Wie man das dann implementiert, sei mal offen. Irgendwelches Kryptogeld. Oder Bankbuchungen, denen das Verfallsdatum anhaftet. Oder Geldscheine, denen ein Verfallsdatum aufgedruckt ist.

Ein Beispiel:

Man gibt dem Bürger 100 Spezial-Euro, die immer weniger wert werden. Also beispielsweise 20 Euro, die einen Monat lang gelten, 20, die zwei Monate lang halten, usw., daß von diesem Geld also jeden Monat 20 Euro weniger übrig sind.

Damit kann man die Liquidität erhöhen ohne langfristig die Geldmenge zu erhöhen und Dauerinflation zu erzeugen.

Was macht der Bürger mit dem Geld? Na klar, er gibt es aus bevor es verfällt. Für etwas was er braucht, oder eben auf Teufel komm raus. Oder verschenkt es jemandem, der gerade etwas braucht. (Was allerdings auf eine wechselseitige Verschuldung hinauslaufen könnte.) Oder verkauft es auf eBay für weniger Geld, das noch länger hält.

Für den Händler müßte das Geld dann so gebaut sein, daß er nicht auf dem verfallenen Geld sitzen bleibt, daß das Geld als beispielsweise nur noch taugt, um beim Finanzamt als Gewerbe- oder Umsatzsteuer abgeführt zu werden. Oder daß es im gewerblichen Verkehr (also das, worauf man die Umsatzsteuer erstattet bekommt) länger hält. Der Bürger wird also bereitwilliger einkaufen, weil das Geld dann sowieso nächsten Monat futsch ist, und es werden nicht Buchvermögen bei Banken angehäuft. Der Händler, der ja in der Regel Geld ans Finanzamt abführen oder selbst Waren einkaufen muß, kann das Geld verwerten und es deshalb annehmen.

Und nach Ende der Haltbarkeit ist das Geld so wieder beim Staat angekommen, es wurde also der Kreislauf angeregt und die Geldmenge wieder eingefangen. Oder es ist futsch und dann war außer den Herstellungskosten nichts gewesen.

Der Gegensatz dazu ist normales Geld, das die Leute sparen statt es auszugeben. Dadurch geht der Kreislauf über die Banken, die ihrerseits wieder enorme Schulden bei ihren Sparern haben, die dann irgendwann auch platzen (z. B. weil die Banken dafür Staatsanleihen aus Griechenland gekauft haben).

Funktioniert das oder gibt es ein Problem dabei?

33 Kommentare (RSS-Feed)

Usul
14.12.2011 15:02
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Du beschreibst ziemlich genau die Idee, die hinter mancher lokaler Alternativwährung steckt, z. B. dem Chiemgauer. Das mit dem Wertverfall steht im Abschnitt Gültigkeit:

http://de.wikipedia.org/wiki/Chiemgauer#G.C3.BCltigkeit


Hadmut
14.12.2011 15:06
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Oh. Und, funktioniert’s ?


Steffen
14.12.2011 15:08
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Na, bist zu unter die “Freigeldler” gegangen? Die Idee ist nämlich nicht neu:

http://de.wikipedia.org/wiki/Freigeld

Hmmmm… Also Geld das seinen Wert zeitabhängig verliert haben wir bereits. Nennt sich schlicht “Inflation”. Der Unterschied ist der, daß bei klassischer Inflation der nominale Zahlenwert erhalten bleibt, aber dafür die Preise der Waren steigen, während bei Schwundgeld die Preise stabil bleiben, aber das Geld verfällt. Sollte doch auf das gleiche rauslaufen, wie ich es verstehe?

Dann sehe ich noch die Auswirkung, daß gewiefte Leute bei Schwundgeld es nicht konsumieren, sondern sich sofort rentable Sachwerte kaufen anstatt es zu sparen, also Immobilien oder Firmenbeteiligungen anstatt Sparkonto und Lebensversicherung. Während das “einfache Volk” sich denkt, das Geld verfällt und Sparen sei sinnlos, also schnell in Krempel wie Autos, Klamotten, Breitbildfernseher usw. ‘investieren’, und letztendlich ärmer als vorher dastehen. Könnte sein, daß ein Schwundgeldsystem zu noch viel größerer gesellschaftlicher Ungleichheit führen kann als das derzeitige System.


Hadmut
14.12.2011 15:29
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@Steffen: Nicht ganz das gleiche. Ich will ja das normale Geld nicht ersetzen, sondern nur einen geringen Teil als Sondergeld mit Verfall ausstatten.

Geld das durch Arbeit oder Produktion verdient wird, wo also eine Gegenleistung erbracht wurde, bliebe beständig. Geld, das ohne Gegenleistung erbracht wird (Grundeinkommen, H4 usw.) müßte innerhalb einer Frist verkonsumiert werden. Also gerade mit dem Ziel, nicht Geld ohne Produktivität (=Inflation) in Umlauf zu bringen. Nur der, der produziert/arbeitet, kann das Geld durch Einreichung beim Finanzamt als Steuer statt echtem Geld damit in dauerhaftes Geld umwandeln.


Hanz Moser
14.12.2011 15:31
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Ah, Silvio Gesells Freiwirtschaftslehre erreicht dich 😀

Vorsicht, wenn dich einer in dem Kontext auf die “Zinsknechtschaft” anspricht kommt nicht selten rechtslastige Esoterik hinterher 😉


anonym
14.12.2011 15:33
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“Man müßte mal überlegen, welche Auswirkungen das hat:”

Es hat die Auswirkung, dass man negative Nominalzinsen haben kann, man also nicht darauf angewiesen ist, Inflation zu haben, um negative Realzinsen zu bekommen. Es erweitert also die geldpolitischen Möglichkeiten.


anonym
14.12.2011 15:34
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Achja: Die Rendite für deutsche Staatsanleihen war wohl neulich kurzzeitig (nominal!) negativ …


Puri
14.12.2011 15:54
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Ich verstehe jetzt nicht was der Unterschied oder Vorteil zu “normalem” Geld wäre.
Auch wenn der Händler/Produzent das befristete Geld nur an den Staat weitergeben kann, dann ist für ihn das genauso wertvoll wie normales Geld. D.h. er hat exakt gleich viel normales Geld zur Verfügung das er frei ausgeben kann – der einzige der hierbei draufzahlen würde ist der Staat, denn letztlich würde es ja bedeuten, dass sich die so bezahlten Steuern/Gebühren in Luft auflösen. Im Endeffekt käme das lediglich einer Steuer/Gebührensenkung für diejenigen, die das befristete Geld vom Staat erhalten, gleich.
Problematisch wird es auch wenn der Händler mehr “befristetes” Geld hat, als er beim Staat in irgendeiner Form geltend machen kann – er würde dann dieses Geld schlichtweg nicht mehr akzeptieren.

Um die Inflation so zu bekämpfen, kannst Du auch einfach verlangen, dass der Staat jedes Jahr von seinen Einnahmen die Inflationsrate in Prozent verbrennt. Das wäre natürlich gerade in einem Exportland wie Deutschland vollkommen ausgeschlossen, denn solange wir einen Handelsbilanzüberschuss haben, führen wir mehr Waren (im Geldwert) aus als ein, und deshalb steigt die Geldmenge im Land natürlich – auch ohne selbst Geld zu drucken – an.


Svenska
14.12.2011 15:54
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Damit verbietest du Hartz IV-Empfängern, sich nach mehreren sparsamen Jahren mal ein neues Auto zu kaufen, da sie keine Vermögenswerte anhäufen können…


Stefan
14.12.2011 16:02
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Die Idee ist nicht ganz neu, mit regionalen Gutscheinen auch schon umgesetzt und ich finde sie nach wie vor schlecht.

1. Geld, das seinen Wert verliert, ist nichts anderes als Inflation. Nur dass sie in diesem Fall nicht variabel wäre.

2. Es würde nur funktionieren, wenn gewährleistet wäre dass jeder nicht nur Geld ausgibt, sondern auch ständig Geld einnimmt, das mindestens der Menge entspricht, die er zum leben benötigt. Nimmt man mal weniger ein, oder ist vielleicht nicht berufstätig und lebt von Ersparnissen (die es dann nicht mehr gäbe) wäre man entweder mittellos oder abhängig von (staatlichen?) Transferzahlungen, was ich beides für keine gute Alternative halte.

Wenn Du, wie Du im Kommentar sagst, nur einen geringen Teil mit dieser Funktion willst, wird jeder versuchen an den anderen, normalinflationären, Teil zu kommen. Weil aus Besitzersicht hätte ein geplant verfallendes Geld keinen Vorteil. Mit der Einschränkung des verfallenden Geldes auf nicht slebst verdientes Geld würde es wieder mehr Sinn machen, aber was ist nicht selbst verdientes Geld? Nach derzeitiger Politikrichtung zählen dazu auch Kapitalerträge. Das würde mehr Probleme als Nutzen bringen. Und wenn ich jetzt gezwungen werde Steuern zu zahlen und in 10 Jahren eine Transferleistung brauche, ist das dann nicht mien selbst verdientews Geld, das ich zurück bekomme?

Insgesamt sehe ich keinen Vorteil. Wird alles geplantinflationär ist es nichts anderes als eine geordnete, hohe Inflation. Wird nur ein Teil geplantinflationär ist der große Rest immer noch inflationär, inkl. der von Dir kritisierten Folgen.

Was hältst Du von einer Währung die wertgedeckt und nicht staatlich organisiert (Vertrauen) und deren Wert sich aus Rohstoffpreisen ergibt (weitgehende Ausschaltung der Inflation)?


anonym
14.12.2011 16:24
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“1. Geld, das seinen Wert verliert, ist nichts anderes als Inflation. Nur dass sie in diesem Fall nicht variabel wäre.”

Warum soll die nicht variabel sein? Und es wäre sehr viel einfacher steuerbar als die Inflation über die Zinsen (mit Umweg über die Geldmenge) zu steuern …

Naja, und die softwaretechnische Umstellung der Buchhaltungssysteme würde wohl Milliarden kosten …


Alex
14.12.2011 17:04
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@Svenska
Deshalb ist ja der springende Punkt zwei Sorten von Geld zu haben, das verfallende das man ohne Leistung bekommt, und das beständige für Leistung.
Und ich kann nicht erkennen, wieso ein H4ler (oder jemand der vom Grundeinkommen lebt) dazu veranlasst werden soll zu sparen, noch wieso die Gesellschaft jemanden Luxusgüter finanzieren soll.

Ein verfallendes Geld ohne Leistung unterscheidet sich letztlich von Gutscheinen nur dadurch, dass der einzelne in seiner Einteilung freier ist.


bravo
14.12.2011 17:21
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@ hadmut: Dus sagtest:
“Geld das durch Arbeit oder Produktion verdient wird, wo also eine Gegenleistung erbracht wurde, bliebe beständig. Geld, das ohne Gegenleistung erbracht wird (Grundeinkommen, H4 usw.) müßte innerhalb einer Frist verkonsumiert werden. Also gerade mit dem Ziel, nicht Geld ohne Produktivität (=Inflation) in Umlauf zu bringen.”

Glaubst Du denn, die Bezieher von Transferleistungen könnten jeden Monat einen Batzen davon in den Sparstrumpf stecken? In so einer Welt möchte ich auch leben.


Hadmut
14.12.2011 17:23
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Das war ne spontane Idee, über die ich noch gar nicht vertieft nachgedacht habe.

Kann ja durchaus sein, daß es ne bekloppte Idee ist…


m(
14.12.2011 17:26
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nennt sich: Inflation.


bravo
14.12.2011 17:47
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ok, das kann ich akzeptieren.
Schwundgeld mag im Kleinen funktionieren. Ich frage mich, wie die vielen Leute das schaffen sollen, die noch nicht mal mit einer Sorte Geld umgehen können.


Oppi
14.12.2011 18:31
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“Der Gegensatz dazu ist normales Geld, das die Leute sparen statt es auszugeben. ”

Bei Banken angespartes Geld liegt aber (dem Gedanken des Systems Zins nach) nicht im Tresor rum und modert vor sich hin, sondern die Bank soll es in Form von Krediten an Unternehmen reinvestieren, also dem Wirtschaftskreislauf wieder zuführen (wobei sie natürlich dem Sparer garantieren muss, es im Bedarfsfall an ihn wieder zurückzuzahlen).

Wenn Geld verfallen würde, würde ganz sicher mehr ausgegeben, das bedeutet aber auch dass viel weniger bis gar nichts gespart würde, was die Möglichkeiten der Unternehmen, sich durch Fremdkapital zu finanzieren, empfindlich einschränken würde. Für große Projekte wäre dann quasi nie Kapital vorhanden.


Heavy
14.12.2011 18:37
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Es gab vor kurzem in der Zeit einen interessanten historischen Artikel dazu: http://www.zeit.de/2010/52/Woergl

Heute werden vergleichbare Effekte durch andere Mechanismen erreicht. Staatlich kontrollierte (Mindest-)Inflation, Vermögenssteuern, Kapitalertragssteuern, Sonderabgabe für Reiche, …


yasar
14.12.2011 18:40
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Also das funktioniert nicht, Zumindest dann nicht, wenn das geld nicht mehr verfällt, sobald es beim Händler ist:

Dann wird es wie in den Staaten mit galoppierender Inflation Wechselstuben geben, die das verfallende Geld in etwas beständigeres, wie z.B. Devisen, oder in diesem Fall “staibles” geld tauschen.

Die Wechselstuben haben dann ein Händlernetzwerk, die sich gegenseitig Waren im Kreis herum verkaufen und damit das “flüchtige” Geld in “stabiles” Geld konvertieren.

Und sollte man das flüchtige Geld nur noch beim Staat “ausgeben” können, werden sich entweder die händler weigern “zuviel” von dem flüchtigen Geld anzunehmen oder es werden sich Geldwäscher äh -wechsler etablieren, die das flüchtige Geld an unternehmen vermitteln, die es “ausgeben” können. letztendlich wird es dazu führen, daß das Steueraufkommen in dem Maße kleiner wird, in dem “flüchtige” Geld auf den Markt geschmissen wird. Auf lange Sicht aso weniger Steuereinnahmen, was imho nicht wirklich sinnvoll ist.


Rainer
14.12.2011 18:43
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Es passt vielleicht ganz daher, aber hier ist eine andere Idee, wie man die wachsende und ungerechte Vermögungsverteilung verhindern kann:
http://draketo.de/licht/politik/visionen/die-erste-million-ist-die-schwerste-den-strukturellen-fehler-unseres-wirtschaftssystems-aufheben

Denn das eigentliche Problem, dass Geld nicht wieder in den produktiven Kreislauf eingeht, wird doch gerade durch solche riesigen Vermögen forciert. Ob man nun Inflation oder verfallenes Geld hat, dürfte hier weniger entscheidend sein. Ich kann obigen Artikel nur unterstützen. Leider wird es nie dazu kommen.


Robert Sander
14.12.2011 19:25
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Wären da Sachgutscheine für Transferleistungsempfänger nicht sinnvoller?


Stefan
14.12.2011 19:50
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Große Vermögen geben Geld in den Kreislauf durch
– Gehälter
– Gebühren/Provisionen für die Vermögensverwaltung
– Konsum
– Steuern (90% des Steueraufkommens von großen Vermögen, gestern. n-tv, Das Duell, FDP-Politiker, von Linken-Politiker unwidersprochen)
– Spenden

Die großen Vermögen für alles verantwortlich zu machen ist die von Politikern geschürte und wenig substantiierte Neidschiene.

Keiner würde sich darüber aufregen dass einer mehr hat, wenn keiner zu wenig hat. Die Idee eines Grundeinkommens ist daher grundsätzlich nicht falsch.


Steffen
14.12.2011 20:11
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Noch eine Sache, eher allgemeine Kritik am Schwundgeld, und nicht direkt zu Hadmuts Vorschlag:

Schwundgeld hört sich in der Theorie erstmal vernünftig an. Leider sind die meisten Leute was Geld angeht extrem unvernünftig; sie spielen Lotto, gehen ins Casino, machen bei Schneeballsystemen mit; konsumieren ohne nachzudenken ob sie es sich leisten können …

Eine der stärksten Emotionen ist Angst; bei Angst wird nachgewiesenermaßen der Vorderlappen im Gehirn heruntergefahren und das ganz archaische Fluchtprogramm wird aktiviert. Angst ist die Quelle vieler sehr irrationaler Entscheidungen. Schwundgeld nun dürfte erheblich mehr Angst induzieren als die klassische Inflation. Bei klassischer Inflation wird vom Zahlenwert her mein Geld ja nicht weniger; das gibt die Illusion, daß ich nichts verloren habe. Beim Schwundgeld hängt laufend das Damoklesschwert über mir, daß ich mich beeilen muss, ansonsten wird das Geld wertlos.

Ich bin mir ziemlich sicher, daß Schwundgeld es also skrupellosen Betrügern noch viel leichter machen kann, Leute abzuzocken. In Richtung: “Schnell!!! Schnell in unseren Fonds investieren, bevor das Geld abgelaufen ist!” Heutzutage ist ja bereits eine der beliebtesten Maschen bei Finanzbetrügern, zeitlichen Druck auszuüben: “Schnell!!! Schnell in unseren Fonds investieren bevor die Zinsen fallen! Morgen kann es schon zu spät sein!”


Fabian
14.12.2011 21:58
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Geld hat aber auch die Funktion einen Wert aufzubewahren. Wenn du das künstlich nimmst, dann gehen diejenigen, die das brauchen in irgendwelche Realwerte, was zum einen erst zu unerwünschten Fehlallokationen führen könnte (kein normaler Mensch braucht kiloweise Silber und Gold) und zum zweiten auf Dauer dazu führt, dass niemand mehr wirkliche Werte gegen Schwundgeld rausrücken wird, was dann dazu führt das Geld nicht nur seine Wertaufbewahrungsfunktion sondern seine generelle Tauschfunktion verliert.


Felix
14.12.2011 23:54
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google mal willem buiter negative nominal interest rates.


Stefan W.
15.12.2011 5:26
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Wenn ein Geldschein 100 € Nennwert hat, die aber zu 2/5 bereits verfallen sind, und in 3 Tagen verfallen wieder 20 € – was ist jetzt mit dem Händler? Bekommt er noch 100 € dafür? Warum soll er mir dann nicht Waren im Wert von 100 € überlassen?

Wenn Aldi mir die Waren nicht überlässt, aber Lidl tut es, dann laufen alle zu Lidl, also muss Aldi nachziehen.

Wenn der Verfall aber alle betrifft, dann muss Aldi prüfen, ob sie das Geld selbst noch rechtzeitig loswerden, und dann wird das Geld schon kurz vor dem Verfall weniger wert sein, und es braucht komplizierte Umrechnungstabellen. Wenn der Handel gezwungen wird das Geld zum Nennwert bis zum Schluss anzunehmen – was ist dann mit dem Kunden – muss er Samstag abend einen 100€-Schein, der nur noch 20€ wert ist, als Wechselgeld akzeptieren, der am Sonntag komplett wertlos ist?

Eine Schnapsidee.


Arne
15.12.2011 13:10
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Das Freigeld betrachtet leider diverse Probleme nicht, z.B.
– eigentlich stetiger Wertverlust vs. fixem Nominalwert
– Was ist mit Schulden?
– Verwaltungsaufwand
– effektiv x-fach parallel gültige Zahlungsmittel
– Fälschungssicherheit

Das “Wunder” von Wörgl war an sich nichts anderes als ein kreditfinanziertes Wachstum, sprich nichts anderes als Geldschöpfung. Was nämlich nicht im Artikel steht: das Wörgl Geld hat das normale ja nicht ersetzt, sondern lief parallel. Es wurde also nur zusätzliches Kapital in Umlauf gebracht, das vor allem nur regional gültig war und damit regional wirkte.
Das ist ein viel größerer Hebel, als mancher denkt und der stärker wirkt als der Schwundeffekt. Diese Regionalgelder bilden die Wirtschaftskraft einer Region ab und halt nicht wie normales Geld die durchschnittliche Wirtschaftskraft des gesamten Währungsraums.
Was auch nicht im Artikel stand: was passierte denn bei Einzug des Wörgl Geldes? Vermutlich haben den letzten die Hunde gebissen.

Der Schwundeffekt ist nichts anderes als Geld-Inflation, die aber einen sehr viel stärkeren Wahrnehmungseffekt bewirkt, daher der schnellere Umlauf. Problematisch ist dabei auch die Behandlung von Schulden, die bei normaler Inflation auch real weginflationiert werden. Bei Schwundgeld dürften Schuldscheine bald eine dritte Parallelwährung darstellen.

Ergebnis wären viele kleine Regionalwährungen mit Schuldverschreibungen vermutlich hauptsächlich aus dem öffentlichen Sektor, die zueinander die Kaufkraftunterschiede über Wechselkurse ausgleichen würden.

Kommts euch ab hier wieder bekannt vor? 😉


kalle
15.12.2011 18:17
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Scheint mir nicht zu Ende gedacht. Eine ähnliche Situation haben wir jetzt schon. Das einfache Tagesgeld was keine Zinsen abwirft und auch der Inflation unterliegt und Anlagevermögen, was mehr Zinsen generiert als die Inflation auffressen könnte.

Das Problem ist ja nicht das alle Leute nur sparen. Die Mehrheit reinvestiert, für Miete, Lebensmittel, Jahresurlaub usw. Die die aber insgesamt das größte Vermögen besitzen, sparen. Sie müssen das auch gar nicht ausgeben und wenn sie es müssten gäbe es stabile Anlageformen wie Immobilien. Schwundgeld bräuchte von denen keiner.

Zudem kann man beide Währung ja jederzeit eintauschen, also auch das schnell an Wert verlierende Umlaufgeld in Spargeld tauschen.

Das spannenste Experimente in dieser Richtung ist meinen Meinung nach Bitcoin. Keine Finanzaufsicht, kein Staat kann hier kontrollierend eingreifen. Jeder ist selbst Bank, in dem er für Transaktionsicherheit sorgt und dafür indirekt bezahlt wird.

Die Anonymität ist auch dort natürlich nicht wirklich da, aber das Dilemma konnte bisher noch keine digitale Währung ernsthaft auflösen.

Das spannende ist aber, dass dieses Experiment hier mal tatsächlich live mit tausenden Mitglieder gobal durchgeführt wird und nicht nur theoretische Überlegungen bleiben oder in einem kleinem abgestecktem lokalen Kreis getestet wird.


Hadmut
15.12.2011 18:27
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@kalle: Wieso „zu Ende gedacht” ?

Das war ein spontaner Gedanke, der direkt ins Blog geblubbert ist. Der war noch nicht mal zu Anfang gedacht.


kalle
15.12.2011 22:02
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Ist doch nur eine Floskel 🙂

Das fand ich sehr interessant:
http://chaosradio.ccc.de/cre182.html


HF
16.12.2011 10:01
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Warum gleich das Geldsystem ändern? Der starre Blick darauf ist Teil des Problems. Es gab – früher einmal – auch andere Mittel, um die zähe Endphase des Monopoly-Spiels zu unterdrücken und das Spiel für alle in Gang zu halten: ein progressives Steuersystem und die Erbschaftsteuer.
Alles ersatzlos abgeschafft.
Wenn die Kapitalkonzentration für eine feindliche Übernahme des Staates ausreicht, dann tut man das eben, holt damit gleichzeitig die Legislative und das Gewaltmonopol ins Portfolio, und kann mit diesen Assets auf ganz neue Art wirtschaften. Ohne nervende Kunden, ohne Kosten für Produktionsanlagen, ohne Absatzrisiko.


Arne
16.12.2011 12:02
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Ich muss mich korrigieren, der Schwundeffekt entspricht nicht wirklich einer Inflation.

Vielmehr würde an sich eine Besteuerung des Barvermögens stattfinden. Quasi eine Nicht-Umsatzsteuer. Dies dann auch noch stichtagsbezogen und mit einer 100%igen Strafbesteuerung.


Andreas Spengler
16.12.2011 13:08
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> Für große Projekte wäre dann quasi nie Kapital vorhanden.

Und damit dann auch keine Arbeitsplätze mehr…

Dass der Mitarbeiter beim Opel (um nur mal ein Beispiel zu nennen) überhaupt noch produktiv und damit rentabel arbeiten kann, liegt schlicht und ergreifend an den immensen Investitionen in den Maschinen, mit denen er arbeitet…