Zum Stand der Informatik
Sieht nicht gut aus.
Nach exakt 365 Tagen Informatikstudium frage ich mich
1) was haben 95% der Studenten in einem Studium zu suchen? Die können sich nicht mal die Schuhe binden.
2) wie haben die das Abitur geschafft?
3) wieso muss ein Bandarbeiter diese Schaumschläger alimentieren?— Jonas Danner (@MrJonasDanner) October 11, 2021
Sowas in der Art haben mir andere Uni-Informatiker auch schon erzählt, das ist keine Einzelmeinung.
Ich bin mir nur nicht ganz sicher, was genau davon neu und was wovon verursacht wurde. Zu meiner Zeit waren Informatikstudenten fast alle männlich, und als solche hatten sie fast alle vorher Grundwehrdienst oder Ersatzdienst geleistet. Egal ob nun Bundeswehr oder Rettungssanitäter: Schuhe zubinden kann man dann, sogar die ganz langen Schnürsenkel. Eine Menge Leute waren damals der Meinung, dass die Bundeswehr zwar ein ziemlicher Scheiß war, aber man dann den Leuten halt doch sehr stark anmerke, wer direkt von Mutti an die Uni kommt und wer schon mal alleine und unter Stress war und selbst in der Lage ist, sich anzuziehen und seine Klamotten zusammen- und in den Schrank zu legen. (Gehört zu den ersten Dingen, die man bei der Bundeswehr lernt, seine Sachen zusammenzulegen – Hemden exakt auf DIN A4 – und so präzise und definiert in den Spind zu legen, dass man sich auch bei Alarm nachts um drei in völliger Dunkelheit sofort richtig anziehen kann.) Während man denen, die das nicht waren, doch oft sehr deutlich anmerkte, dass sie ohne Mutti aufgeschmissen sind. Ich fand das ja so abstrus, als man nach Verzicht auf die Wehrpflicht und der Kürzung des Abis auf 12 Jahre mit bis zu zwei Jahre jüngeren Studenten zu tun hatte und an den Unis Elternabende einführte oder die Studis da mit den Eltern anrückten. Das wäre uns damals nicht im Entferntesten in den Sinn gekommen. Kein Mensch wäre bei uns damals mit Mami oder Papi aufgekreuzt. Allerdings sagte mir mal jemand von der Uni, dass das auch ganz reale Gründe haben kann, weil man an der Uni manche Dinge unterschreiben muss, manche der Studenten da aber noch nicht volljährig sind (habe ich aber nicht verstanden, denn wenn man mit 6 eingeschult wird, müsste man 12 Jahre und 2 Monate später auch nach linker Arithmetik trotzdem 18 sein – oder schaffen sie heute nicht mal mehr das?) und man sich deshalb formal gesehen nicht mal selbst für eine Prüfung anmelden kann.
Abitur war damals noch ernsthaft.
Was mir jetzt allerdings nicht so neu vorkommt: Wir hatten damals – regulär nach dem zweiten Semester, für Wiederholer, Nachzügler, Feiglinge und sonstige Ausgebremste auch nach dem dritten und vierten Semester – die großen Matheprüfungen Analysis und Algebra, die auch Durchfallquoten zwischen 80 und 90 Prozent oder knapp drüber erreichten. Durchgefallen hieß zwar dann auch eine schriftliche Wiederholung und wenn die auch nicht klappte, dann noch eine mündliche zum Bestehen auf Professorengnade, aber das war auch bei uns damals schon auffällig, wie stark der Schwund im Vordiplom war. Im ersten Semester war es noch so voll, dass die Plätze selbst in den größten Hörsälen nicht reichten und wir auf der Treppe sitzen mussten (und selbst da wurde es mitunter eng, ich ärgere mich noch heute, dass ich damals nicht so einen Alu-Camping-Klappstuhl hatte, wie ich sie heute im Keller liegen habe).
Im zweiten Semester hatten dann alle einen Sitzplatz.
So ab dem dritten, jedenfalls nach den Matheprüfungen, hatte man dann leicht noch einen Platz neben sich für die Tasche und die Jacke.
Und im Hauptdiplom hatte man dann auch gerne mal eine komplette Sitzreihe im Hörsaal für sich. Oder zwei.
Insofern grüble ich, ob sich die Studenten so sehr verschlechtert haben, oder ob ihnen einen nur die Bundeswehr fehlt und der Schreiber des Tweets nach exakt 365 Tagen Informatikstudium nur die große Rausprüferei noch nicht miterlebt hat.
Falls es die große Rausprüferei noch gibt. Ich fürchte, die machen sie nicht mehr. Zumal das bei uns damals noch Vordiplom hieß und nach vier Semestern abgeschlossen sein sollte. Nach dem ersten Semester gab es nur eine Scheinklausur (Klausur für einen Schein, kommt als nicht auf die Note an, nicht eine Klausur nur zum Schein), damit man mal weiß, wie das so läuft, und nach dem zweiten, dritten und vierten Semester ging es dann mit den Prüfungen deftig zur Sache. Deshalb war ich auch so verärgert, als Annalena Baerbock einen auf große Völkerrechtlerin machte, und man dann dort für deren Vordiplom Politologie zumindest in dem, was ich da online noch finden konnte, nur solche Anwesenheitsscheine und Hausaufgabenscheine gesehen habe, aber keine einzige ernstliche Klausur. Das erklärt, warum so viel Kroppzeug Philosophie, Soziologie oder Politologie studiert, weil das selbst innerhalb der Akademikerinflation noch der unterste Bodensatz ist. Die Beliebigkeit des Gelabers.