Rumor-Marketing
Da schleicht sich so eine neue Form des subtilen Marketings ein, die ich allerdings höchst unterhaltsam finde.
Heute hat Nikon die neue D4 vorgestellt. Ein Brocken, der so bei 6.000 Euro rum liegen wird. Offiziell ist da vorher nichts rausgesickert, aber im Blog nikonrumors.com wabern – wie es bei anderen Modellen schon passierte – seit Wochen und Monaten Daten und unscharfe Produktfotos als Gerücht herum. Pssst, habt Ihr schon gehört? Angeblich kommt die neue … vielleicht dann und dann, womöglich hat sie diese Eigenschaften, mit einer Wahrscheinlichkeit von x wird sie am Tag y angekündigt. Konspirativ wie Schlemihl aus der Sesamstraße. Psssscchhhtt – Genauuuuu…
Sollt bei einem Technologie-Konzern wie Nikon, der in einem spionagegefährdeten Bereich arbeitet, die Sicherheitsmaßnahmen so mies sein, daß interne Produktfotos einfach so – und immer wieder – herausleaken? Und wo dann jemand die Typenbezeichnung mit einem schwarzen Kasten abdeckt? Wenn einer Bilder rausschmuggelt, warum sollte er die Typenbezeichnung abdecken?
Irgendwie kommt mir da so der leise Verdacht, daß es mittlerweile bei einigen Firmen zum Marketing gehört, offiziell gar nichts zu sagen und dann hintenrum Gerüchte und unscharfe Produktfotos, manchmal auch falsche Fotos von Designvarianten oder Phantasiefotos, in die Blogosphäre zu schleusen, damit die Fans sich schon mal warmlaufen und vorfreuen und nicht auf Konkurrenzprodukte springen. Es lag schon seit Tagen in der Luft und in den Gerüchten, wie die D4 aussehen könnte und daß sie heute offiziell angekündigt wird. Hätte aber kaum jemand mitbekommen, wenn nicht die ganze Foto-Szene schon seit Wochen auf den Termin gieren und lechzen würde, es gar nicht mehr abwarten konnte. So wird Spannung erzeugt, und so wurde dafür gesorgt, daß wirklich jeder Nikon-Fan weltweit heute die Lauscher auf vollen Empfang gestellt hatte. Wäre es Marketing, wäre es exzellent.
Und den nächsten Brüller haben sie auch schon gelandet:
Die Foto-Welt wartet mit Höchstpannung auf den Nachfolger der D700, vermutlich heißt sie dann D800. Alles wartet, alles spart, um dann wie wahnsinnig loszurennen und sie sofort zu kaufen. Offiziell angekündigt wurde bisher gar nichts. Offiziell ist die D700 das aktuelle Produkt und fertig. Trotzdem sickert schon seit Wochen mal hier mal da was durch, mal die Kenndaten, mal die Auflösung, mal ein angebliches Bild. Wo dann auch noch in den Foren abgestimmt wird, ob die Leute das Bild für echt halten und was sie von der Kamera hielten, wenn sie echt wäre. Meinungsumfragen zu Produkten, die es eigentlich noch gar nicht gibt. Meinungsprobelauf. Notfalls könnte man noch was korrigieren, wenn irgendwas nicht gut ankommt.
Und aktuell gibt es den nächsten Lacher, wieder mal so ein bisschen Futter für die Fans und Treibstoff für die Gerüchteküche: Offiziell gibt es von Nikon keine D800, das aktuelle Modell heißt D700, sonst ist nichts gesagt.
Auf der deutschen Nikon-Webseite gibt es aber seit der D4-Ankündigung heute ein neues Foto der Profi-Modellreihe. Und wenn man genau hinguckt und die Minibildchen verpixelt hochskaliert, dann sieht man, daß da an Stelle der D700 eine Kamera steht, die es (noch) gar nicht gibt. So verpixelt, daß man die Typenbezeichnung nicht lesen kann. Die aber – so ein Zufall – genau so aussieht wie die Bilder der angeblichen D800, die kürzlich schon auf ominösem Wege in die Gerüchteküchen gewandert sind.
So diese kleinen, subtilen Methoden, die Fans zu füttern, am Ball zu halten, Spannung dramaturgisch aufzubauen.
Aber eins muß ich zugeben: Es macht einen Riesen-Spaß. 😀
4 Kommentare (RSS-Feed)
Ja, Apple muß echt ein netter Laden sein, nun haben die schon zweimal einen Top-Secret-Prototypen in der Kneipe liegen lassen und den jedesmal mit wahnsinnigem Öffentlichkeitsinteresse zurückfordern müssen, und trotzdem ist noch keiner der „Schuldigen” öffentlich hingerichtet worden. Sind die nicht lieb?
Pssst. Ich habe hier ein Photo vom neuen Bundespräsidenten – ist noch nicht offiziell, und etwas unscharf …
Wenn wir einen scharfen Bundespräsidenten bekommen, ist mir die Inkompetenz egal. Leider schränkt das Mindestalter die Auswahl doch sehr ein …
Ist auch mein Eindruck, dass das inzwischen zum Marketing gehört. Genau wie bei Apple.