Ansichten eines Informatikers

Zur Gender-Geheim-Fatwa der Uni Kassel

Hadmut
10.12.2021 13:41

Völlige Rechtswillkür.

Ich hatte doch gestern schon angesprochen, dass die Uni Kassel eine Pressemitteilung herausgegeben hat, wonach die ein Rechtsgutachten zu der Frage eingeholt hätten, ob man in Hochschulprüfungen Gender-Sprache verlangen darf.

Das Gutachten selbst veröffentlichen sie nicht, fassen es aber sehr kurz als „eigentlich ja nicht, aber doch schon“ zusammen.

Bereits in dieser Zusammenfassung entdecke ich aber erhebliche, eigentlich sehr schwere Fehler und Verfassungsverstöße, die ich nicht nur kommentieren möchte. Es ist dabei elementar, nicht nur zu sehen, ob die Fehler schon im Gutachten waren oder erst in der Zusammenfassung reingedichtet wurden, und wie das begründet wird, ob man da überhaupt bestehendes Recht betrachtet oder frei gefaselt hat.

Diese Suppe ist nicht ohne Pfeffer, denn der Autor ist jetzt auch nicht irgendwer, sondern, wie sie schreiben:

Erstellt wurde das Gutachten von dem renommierten Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Michael Sachs. Sachs ist Staats- und Verwaltungsrechtler und ehemaliger Mitdirektor des Instituts für Deutsches und Europäisches Wissenschaftsrecht der Universität zu Köln.

Das ist wohl dieser hier, reinrassiger Elfenbeintürmer, gibt beim Beck-Verlag die Literatur zu Grundgesetz, Verwaltungsverfahrensgesetz und zur Examensklausur heraus. Das hätte einigen Wumms, wenn der sich an fundamentalem Prüfungs- und Verfassungsrecht verhaut oder die Grundlagen nicht kennt. Allerdings hatte ich ja schon in der Informatik mit Professoren zu tun, die den Inhalt ihrer „eigenen“ Bücher nicht kannten, und warum sollte es den Juristen da besser gehen?

Wenn der aber Professor und Herausgeber von so wichtigen Büchern ist, müsste der das doch eigentlich gewohnt sein, dass sich andere das dann auch anschauen, was der so schreibt.

Aber ich kann dem ja auch nicht blind irgendwas Böses oder Schlechtes unterstellen. Vielleicht war das ja auch alles korrekt und richtig, was er da gegutachtet hat, und die Uni biegt sich das nur als Zusammenfassung so hin, dass sie sich ihr Genderhinterloch offen hält.

Es wäre also fundamental wichtig, dieses Gutachten und seine Begründung zu lesen. Weil man nur so erkennen kann, ob die Fehler schon im Gutachten waren, oder erst mit der Zusammenfassung der Uni Kassel da reinkamen.

Aber, ach.

Ich hatte gestern abend bei der Uni Kassel Auskunftsersuchen nach Presserecht, hilfsweise nach Informationsfreiheitsrecht gestellt.

Heute morgen kam die Antwort:

Sehr geehrter Herr Danisch,

eine Weitergabe des Gutachtens an die Öffentlichkeit ist nicht vorgesehen. Dem steht vor allem das Urheberrecht des Autors entgegen.

Freundlich grüßt Sie

[…]

Universität Kassel
Kommunikation, Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Mönchebergstr. 19 D-34109 Kassel

Was ist denn das für ein Blödsinn?

Die Auskunftsansprüche aus Presse- und Informationsfreiheitsrecht sind nicht auf das beschränkt, was „zur Weitergabe an die Öffentlichkeit vorgesehen“ ist, denn da braucht man sie ja nicht. Die sind ja für das da, was sie nicht von selbst rausgeben.

Und ein Urheberrecht steht einer Herausgabe auch nicht entgegen, denn beides sind gesetzliche Ansprüche, die ihre gesetzlichn normieren Ausnahmen haben, aber nicht das Urheberrecht. Das Urheberrecht kann auch als einfach gesetzliches Recht nicht die Pressfreiheit brechen. Es kann nur insofern wirken, als man dann die Gutachtensstellen nicht weiter veröffentlichen kann, weil mangels Erstveröffentlichung das Zitatrecht nicht anwendbar ist. Wenn aber einer, noch dazu Jurist und Staatsrechtler, in einer solchen Streitfrage ein Rechtsgutachten an eine Universität erstellt, dann muss der ohnehin wissen, dass das zu Diskussionen führt und den Auskunftsansprüchen unterliegt, es liegt also in der Natur des Auftrags und seiner Annahme, dass er dann auch mit der Verwendung seines Gutachtens einverstanden ist.

Und wenn die Uni Kassel meint, das sei nur intern und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt – dann hätte sie es auch nicht per Pressemitteilung an die Öffentlichkeit tragen und dessen Inhalte mitteilen dürfen. Damit macht sie es nämlich zum Bestandteil ihres öffentlichen Auftretens.

In Hessen ist das Informationsfreiheitsrecht ein Teil des Datenschutzrechtes. §§ 80-89 des Hessisches Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes.

In § 81 Abs. 1 Nr. 6 steht sogar, dass es auch für Hochschulen gilt, aber mit Ausnahmen:

Universitätskliniken, Forschungseinrichtungen, Hochschulen, Schulen sowie sonstige öffentliche Stellen, soweit sie nicht in den Bereichen Forschung und Lehre, Leistungsbeurteilungen und Prüfungen tätig werden,

„Tätig“ heißt aber, dass es um einen konkreten hoheitlichen Akt geht. Eine konkrete Prüfung. Man kann sich also beispielsweise nicht die Prüfungsaufgaben und Musterlösungen anschauen (vor allem nicht vor der Prüfung), oder die Korrekturen und Noten danach. Würde die Uni in einem konkreten Streitfall ein Gutachten einholen, ob eine Prüfungsantwort eines Prüflings falsch oder richtig ist, dann wäre das nach dieser Formulierung wohl von der Akteneinsicht ausgenommen.

Holt sie aber ohne Bezug auf einen konkreten Prüfungsfall ein allgemeines Rechtsgutachten ein, ob man in Prüfungen Gendersprache verlangen kann, dann ist das noch kein „tätig“ werden, weil es allgemein ist und nicht in Bezug auf einen konkreten Prüfungsvorgang steht.

§ 84 erläutert das dann auch näher, wonach behördliche Entscheidungsprozesse vor Auskunftsansprüchen geschützt sind, Gutachten und Stellungnahmen Dritter aber regelmäßig nicht unter diesen Schutz fallen.

Das ist dann auch der zentrale Knackpunkt:

Dieser Kölner Professor Sachs (zudem im Ruhestand) ist eben nicht Mitglied der Uni Kassel und für die nicht als Prüfer tätig. Deshalb kann sein Rechtsgutachten auch nicht unter „im Bereich Leistungsbeurteilungen und Prüfungen tätig“ fallen, denn das ist er ja nicht. Er prüft hier niemanden und beurteilt niemandes Leistung, sondern erzählt der Uni was über (seiner Ansicht nach) geltendes Recht.

Warum geben die das nicht heraus?

Stellt sich die Frage nach der Motivation.

Die Uni Kassel ist ja, wie eigentlich ganz Hessen, oder zumindest deren Hochschulen, im Gender-Wahn. Trotz CDU-Bouffier. Oder vielleicht gerade deshalb. Oder vielleicht auch einfach, weil hessische Forschungsministerin Angela Dorn von den Grünen ist.

Und die Grünen benutzen grundsätzlich alles, um ihren Schwachsinn durchzudrücken. Eigentlich genau das, wovor die Freiheit von Forschung und Lehre schützen sollte.

Wenn dieses Gutachten also nun, wie die das in der Pressemitteilung suggerieren, zumindest per Hintertür das Fordern von Gendersprech in Prüfungen für rechtmäßig halten würde, dann müssten die doch allen Anlass und alle Ursache habe, das Gutachten herauszuposaunen und allen mitzuteilen. Hurra!

Tun sie aber nicht.

Warum ist unklar. Aber nachdenken kann man ja darüber. Und da fallen mir derzeit drei Möglichkeiten ein:

  1. Das Gutachten ist so schlecht und offenkundig fehlerhaft oder Murks, dass es nicht vorzeigbar und nicht tageslichttauglich ist, und sie damit sich oder den Gutachter lächerlich machen würden.
  2. Im Gutachten steht was anderes, als sie das nach ihrer Zusammenfassung haben möchten. Vielleicht steht ja einfach drin „Sorry, geht nicht, ist unzulässig und nur unter engsten Randbedingungen überhaupt in Betracht zu ziehen“, was ja korrekt wäre und geltendem Prüfungsrecht entspräche, ihnen aber nicht in den Kram und die politischen Anweisungen passt, und dazu führt, dass die Antifa und der AStA die Uni niederbrennen.
  3. Vielleicht hat der Gutachter selbst reingeschrieben, dass das auf keinen Fall weitergegeben werden dürfe.

    Das kenne ich ja aus der Informatik zu Genüge, dass Professoren es schon als Standard ansehen und für normal halten, dass Gutachten willkürliche Gefälligkeitsgutachten sind, für die man den zugrundeliegenden Sachverhalt erst gar nicht prüft und blind schreibt, was der Kollege gerne haben will, das dann aber versucht, geheim zu halten, weil man ja weiß, dass man es erstunken und erlogen hat.

    Warum sollte das bei den Juristen besser sein als bei den Informatikern?

    Vielleicht sieht der das ja selbst so, dass sein Geschreibsel besser nicht ans Tageslicht findet.

Da gehen ziemlich faule Dinge um.

Mit Recht und Demokratie hat das jedenfalls nichts mehr zu tun. Und der Prüfling darf dort dann auch nicht erfahren, auf welcher Grundlage da eigentlich was von ihm gefordert wird.

Völlig absurd, völlig gaga.

Aber wie sagt man in Hessen so schön? „Und wer diese Werte nicht vertritt, der kann jederzeit dieses Land verlassen, wenn er nicht einverstanden ist.“

Davon, dass man die Werte, die man gefälligst zu vertreten hat, und deren Zustandekommen und Begründung auch erfahren oder gar nachprüfen darf, davon sagen sie da nichts. Man hat zu befolgen, was der Staat einem diktiert, und fertig.