Rassismus in den Berliner Verkehrsbetrieben
Uuuuh. [Nachtrag]
Also, die Sache ist die. Die Fahrkartenkontrolleure in der Berliner U-Bahn sind jetzt nicht die feingeistigsten und empfindsamsten Menschen, sonst könnte man den Job nicht machen. Sie sind zudem meist physisch, psychisch und sogar ethnisch eher robust veranlagt.
Ärger hatte ich mit denen bisher nur ein einziges Mal. Als ich hier noch in einer Firma arbeiten ging, hatte ich natürlich ein Abo, Dauerkarte, jährlich abgebucht. Da bekommt man dann eine kontaktlose Chipkarte, und wenn der Kontrolleur kommt, hält man die an sein Lesegerät, und gut is’.
Das Problem an diesen Karten ist, dass sie eben nicht völlig unkaputtbar sind, und man nicht jährlich eine neue bekommt. Als meine also schon etliche Jahre im Geldbeutel auf dem Buckel hatte und abgenutzt war, ging sie irgendwann kaputt. Kaputt im Sinne von „gestern ging sie noch, heute geht sie nicht mehr“.
Und weil sie nicht mehr ging, musste ich dann wie ein ertappter Schwarzfahrer – glücklichweise am Zielbahnhof, wo ich sowieso hin wollte, unglücklicherweise da, wo mich Kollegen deshalb sehen könnten, die da auch aussteigen – mit denen aussteigen und wurde auch von denen so in die Zange genommen. Ich bekam einen Zettel aus dem Thermodrucker, auf dem stand, ich sei beim Schwarzfahren erwischt worden. Ob sie verrückt geworden seien, fragte ich, ich habe ein Jahresabo, ich kann gar nicht schwarzfahren, selbst wenn ich die Karte zuhause vergesse.
Ja, meinten sie, das sei zwar richtig, aber sie seien nicht richtig in die Bedienung des Gerätes eingewiesen worden. Das sehe zwar auch vor, dass jemand mit defekter oder fehlender Karte gefunden wird und dann nur in der Zentrale das Abo überprüft wird, das wüssten sie aber nicht, wie man das auf dem Gerät eingibt. Sie hätten es probiert, dabei aber versehentlich die Option Schwarzfahrer eingegeben und da gäbe es dann kein Zurück mehr. Deshalb müsste ich es jetzt so nehmen. Da war der Danisch sauer. Hat mich einiges an Mühe und Datenschutzgespräch gekostet, das aus deren Datenbank wieder rauszukriegen und die BVG davon zu überzeugen, dass das Datenschutzrecht mit der Möglichkeit, unrichtige Daten löschen zu lassen, sogar für die Berliner Verkehrsbetriebe gelte. Wollten sie nicht glauben, dass sie geltendem Recht unterlägen. Sie doch nicht.
Andererseits haben sie auch ihre Vorteile und mir schon beachtliches Vergnügen beschafft, weil viele der Kontrolleure eben bullig-türkisch sind, und die lassen sich feministisch nicht so einschüchtern. Die nehmen dann auch Feministinnen ohne Fahrschein mit.
Nun haben sie Ärger am Hacken, weil der amerikanische Opernsänger Jeremy Osborne die BVG wegen Rassismus verklagt.
Zur Hautfarbe muss man dann eigentlich nichts mehr sagen, die ist dann schon klar, zumal er ja anscheinend Oper, schwarz und rassismus eng verküpft. Die Kategorie von Leuten, die überall Rassismus sehen.
Jeremy Osborne ist viel rumgekommen. Er hat in Baltimore gelebt und in New York, in Nizza und in Wien. „Aber in keiner Stadt habe ich mich im öffentlichen Personennahverkehr so unsicher gefühlt wie in Berlin“, sagt Osborne. Die Kontrolleure würden in Berlin offenbar meinen, „sie dürften jeden so belästigen, wie es ihnen gerade gefällt.“ […]
Die U-Bahn in Nizza und Wien kenne ich nicht, aber in den USA funktioniert das System anders, da wird man durch Barrieren beim Betreten und Verlassen der Bahnhöfe und nicht in den Bahnen kontrolliert. Insofern schon mal Blödsinn, das miteinander vergleichen zu wollen.
In der U-Bahn-Linie 2, zwischen den Bahnhöfen Spittelmarkt und Hausvogteiplatz, seien vier Kontrolleure in seinen Waggon gestiegen. Sie trugen Zivilkleidung. Er habe einen von ihnen daher nach einem Ausweis zum Nachweis der Berechtigung für die Kontrollen gefragt. Dann eskalierte die Situation.
Osborne bestätigte der Berliner Morgenpost hierzu die Version, die er bereits dem „Observer“ geschildert hatte. Ein Sprecher der BVG wollte sich am Sonntag nicht dazu äußern.
Der „Observer“ zitiert bezüglich des mutmaßlichen Angriffs aus einem Bericht des Unternehmens, das von der BVG für die Kontrollen beauftragt wurde. Osborne zog sein Ticket demnach „sehr langsam“ hervor. Außerdem habe er die Kontrolleure – drei von ihnen waren dem Bericht zufolge türkische Staatsbürger – als „Ausländer“ geschmäht. […]
Auch Osborne selbst wies die Darstellung zurück, dass er die Kontrolleure als „Ausländer“ beschimpft habe. Die Kontrolleure hätten vielmehr seinen Ausweis geschnappt und ihn gezwungen, die U-Bahn zu verlassen.
Auf dem Bahnsteig habe einer der Kontrolleure – offensichtlich aufgrund seiner dunklen Hautfarbe – zu ihm gesagt: „Black Lives Matter ist für dich doch nur eine Entschuldigung“. Die Bewegung „Black Lives Matter“ setzt sich gegen Rassismus gegenüber „People of Colour“ (PoC), also Menschen mit dunkler Hautfarbe, ein.
Nach Osbornes Schilderung schubste einer der Kontrolleure ihn außerdem gegen eine Metallbank. Er habe Schürfwunden erlitten, die im Krankenhaus behandelt worden seien.
Das beruhigt mich jetzt ungemein, dass da mal nicht Deutsche als Rassisten beschimpft werden können, sondern Türken mit einem schwarzen Amerikaner aneinander geraten sind.
Erinnert mich aber irgendwie an die Causa Gil Ofarim.
Nachtrag: Ach, Mist, den schönsten Satz habe ich jetzt vergessen:
Die BVG sieht sich nicht zum ersten Mal mit dem Vorwurf rassistischer Übergriffe durch Kontrolleure ausgesetzt. Im Dezember 2020 hatte ein nigerianisch-US-amerikanischer Staatsbürger nach einer Fahrkartenkontrolle mehrere Knochenbrüche erlitten.