Ansichten eines Informatikers

Die evidente Verfassungswidrigkeit des Joachim Herrmann (CSU, Innenminister von Bayern)

Hadmut
30.5.2022 10:32

Zur Verletzung der Meinungsfreiheit.

Ich hatte vorhin, so kurz nach vier morgens, einen über Bayerns csuigen Innenminister Joachim Herrmann geschrieben:

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat zur bevorstehenden Konferenz der Innenminister von Bund und Länder vom 1. bis 3. Juni in Würzburg einen Aktionsplan gegen Desinformation vorgeschlagen. “Irreführende und falsche Informationen gefährden unsere Demokratie”, sagte Herrmann der Deutschen Presse-Agentur. “Wir brauchen verstärkt Maßnahmen gegen irreführende und nachweislich falsche Informationen.”

Herrmann will das Thema in Würzburg auf die Tagesordnung bringen. Er schlägt einen gemeinsamen Aktionsplan von Bund und Ländern gegen Desinformation und für eine wehrhafte Demokratie vor. Herrmann ist in diesem Jahr Vorsitzender der Innenministerkonferenz.
“Schüren von Hass keine schützenswerte Meinungsäußerung”

“Die bewusste und gezielte Verbreitung von Lügen in der Absicht, zu spalten und Hass zu verbreiten, ist keine schützenswerte Meinungsäußerung”, betonte Herrmann.

Die Amigo-Partei macht einen auf Wahrheit. So,so.

Ich hatte darin angesprochen, dass ich mich an eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erinnern kann, wonach auch unrichtige Meinungen geschützt seien, hatte es nur nachts um vier nicht gleich parat, hätte es raussuchen müssen. Liebenswerterweise hatten es einige Leser aber griffbereit, so dass ich nicht suchen muss.

Es ist (mindestens, das ist wohl auch nochmal irgendwo zitiert und wiederholt worden) der Beschluss vom 28.11.2011, 1BvR 917/09

Vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit umfasst sind zum einen Meinungen, das heißt durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägte Äußerungen. Sie fallen stets in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, ohne dass es dabei darauf ankäme, ob sie sich als wahr oder unwahr erweisen, ob sie begründet oder grundlos, emotional oder rational sind, oder ob sie als wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos eingeschätzt werden (vgl. BVerfGE 90, 241 <247>; 124, 300 <320>). Sie verlieren diesen Schutz auch dann nicht, wenn sie scharf und überzogen geäußert werden (vgl. BVerfGE 61, 1 <7 f.>; 90, 241 <247>; 93, 266 <289>). Der Meinungsäußernde ist insbesondere auch nicht gehalten, die der Verfassung zugrunde liegenden Wertsetzungen zu teilen, da das Grundgesetz zwar auf die Werteloyalität baut, diese aber nicht erzwingt (vgl. BVerfGE 124, 300 <320>). Neben Meinungen sind vom Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG aber auch Tatsachenmitteilungen umfasst, soweit sie Voraussetzung für die Bildung von Meinungen sind beziehungsweise sein können. Nicht mehr in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG fallen hingegen bewusst oder erwiesen unwahre Tatsachenbehauptungen, da sie zu der verfassungsrechtlich gewährleisteten Meinungsbildung nichts beitragen können (vgl. BVerfGE 61, 1 <8>; 90, 241 <247>). Allerdings dürfen die Anforderungen an die Wahrheitspflicht nicht so bemessen werden, dass darunter die Funktion der Meinungsfreiheit leidet. Im Einzelfall ist eine Trennung der tatsächlichen und der wertenden Bestandteile nur zulässig, wenn dadurch der Sinn der Äußerung nicht verfälscht wird. Wo dies nicht möglich ist, muss die Äußerung im Interesse eines wirksamen Grundrechtsschutzes insgesamt als Meinungsäußerung angesehen werden, weil andernfalls eine wesentliche Verkürzung des Grundrechtsschutzes drohte (vgl. BVerfGE 90, 241 <248>; stRspr).

Ist der Schutzbereich der Meinungsfreiheit einmal eröffnet, findet dieses Grundrecht zwar seine Schranken in den allgemeinen Gesetzen, wozu auch die Strafnorm des § 90a Abs. 1 Nr. 1 StGB zählt, gegen die keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (vgl. BVerfGE 47, 198 <232 f.>). Doch haben die Gerichte bei Auslegung und Anwendung der die Meinungsfreiheit einschränkenden Vorschrift im Einzelfall ihrerseits wiederum dem eingeschränkten Grundrecht Rechnung zu tragen, damit dessen wertsetzende Bedeutung auch auf der Rechtsanwendungsebene gewahrt bleibt (vgl. BVerfGE 7, 198 <208 f.>; 93, 266 <292>; 124, 300 <342>; stRspr). Zwischen Grundrechtsschutz und Grundrechtsschranken findet eine Wechselwirkung in dem Sinne statt, dass die Schranken zwar dem Wortlaut nach dem Grundrecht Grenzen setzen, ihrerseits aber aus der Erkenntnis der grundlegenden Bedeutung dieses Grundrechts im freiheitlich demokratischen Staat ausgelegt und so in ihrer das Grundrecht begrenzender Wirkung selbst wieder eingeschränkt werden müssen (vgl. BVerfGE 7, 198 <208 f.>; BVerfGE 124, 300 <332 u. 342>). Allein die Wertlosigkeit oder auch Gefährlichkeit von Meinungen als solche ist kein Grund, diese zu beschränken. Demgegenüber ist es legitim, Rechtsgutsverletzungen zu unterbinden (vgl. BVerfGE 124, 300 <332 f.>). Verboten werden darf mithin nicht der Inhalt einer Meinung als solcher, sondern nur die Art und Weise der Kommunikation, die bereits den Übergang zur Rechtsgutsverletzung greifbar in sich trägt und damit die Schwelle zu einer sich abzeichnenden Rechtsgutverletzung überschreitet (vgl. BVerfGE 124, 300 <342>). Ist diese Schwelle überschritten, erfordert die Bedeutung der Meinungsfreiheit in einem zweiten Schritt eine fallbezogene Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und dem Rechtsgut, in dessen Interesse sie eingeschränkt ist (vgl. BVerfGE 93, 266 <293 ff.>). Bei Staatsschutznormen ist dabei besonders sorgfältig zwischen einer – wie verfehlt auch immer erscheinenden – Polemik auf der einen Seite und einer Beschimpfung oder böswilligen Verächtlichmachung auf der anderen Seite zu unterscheiden, weil Art. 5 Abs. 1 GG gerade aus dem besonderen Schutzbedürfnis der Machtkritik erwachsen ist und darin unverändert seine Bedeutung findet (vgl. BVerfGE 93, 266 <293>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 29. Juli 1998 – 1 BvR 287/93 -, NJW 1999, S. 204 <205>).

Wenn Herrmann also sagt

“Die bewusste und gezielte Verbreitung von Lügen in der Absicht, zu spalten und Hass zu verbreiten, ist keine schützenswerte Meinungsäußerung”

dann ist das so nicht haltbar, weil nicht das „Lügen“ an sich, sondern erst die „bewusst oder erwiesen unwahre Tatsachenbehauptung“ diesen Bereich verlassen kann.

Zu spalten ist dagegen nicht nur nicht verboten, sondern im Gegenteil durch den demokratischen Prozess geschützt, denn es gibt keinen Grundsatz der Demokratie, dass alle einer gemeinsamen, vorgegebenen Meinung sein müssen und etwa dieselbe Partei im Sinne einer leninistischen linken Einheitspartei wählen müssten, selbst wenn sie unter verschiedenen Handelsnamen wie SPD, Grüne oder CSU auftritt. Das Wesen der Demokratie beruht ja gerade darauf, unterschiedlicher, auch gegnerischer Meinung zu sein, denn sonst bräuchte man ja keine Wahlen mehr (in Berlin ist man da weiter, da führt man schon keine ernstlichen Wahlen mehr durch).

Ich komme also zu dem Schluss, dass Joachim Herrmann verfassungswidrig ist.

Und dass er sich gegen die Verfassung wendet, indem er in der Absicht, zu spalten und Hass auf die zu verbreiten, die nicht seiner Meinung sind, Fake News zum Verfassungsrecht in der Öffentlichkeit und in der Innenministerkonferenz verbreitet. Gemessen an seinen eigenen Worten, müsste man also Joachim Herrmann verbieten.

Was ist der eigentlich von Beruf?

Er ist Jurist. Rechtsanwalt.

Ich schimpfe zwar immer wieder gerne auf Studienabbrecher und Durchfaller, die ihr Studium in einem Zeitraum nicht hinkriegen, in der die Amerikaner vor 50 Jahren die Mondlandung geplant, gebaut und durchgeführt haben, aber ich muss leider zugegeben, dass die Dichte von Juristen, bei denen die Staatsexamen auch nicht viel gebracht zu haben scheinen, verblüffend hoch ist.

Ich habe den Eindruck, dass die Wirkung juristischer Staatsexamen gegen Rechtsirrtümer deutlich geringer als die der COVID-19-Impfung gegen eine Erkrankung ist. Ja, sie mildern etwas die schweren Verläufe ab, und der dokumentierte Nachweis verschafft einem gelegentlich Zugang und geht oft mit seltsam anmutenden Körperbedeckungen einher. Aber wirklich schützen tun sie nicht, und die Nebenwirkungen sind auch nicht gut erforscht.

Der zentrale Unterschied ist aber: Die COVID-19-Impfung muss man auffrischen, damit sie anhält.