Vom Ende der Fotokamera

Wie Nikon nervt.

Dass Nikon so einen Durchhänger hat, hatte ich beschrieben. Ich war ja früher von meiner D300s schwer begeistert, hatte danach aber einige Fehlkäufe oder Kameras, die an sich gut waren, aber überaus ärgerliche Detailfehler hatten. Nikon hat sehr gute Ingenieure, aber lausige Produktmanager. Borniert bis zum hinteren Anschlag.

Zwischendurch sah es so aus, als würden sie pleite gehen oder im Rahmen der japanischen Geschäftspolitik von Sony gefressen, sie scheinen sich mit dem spiegellosen Z-System – trotz der Corona-Krise, die ja auch noch dazu kam – zumindest halbwegs wieder gefangen zu haben, auch wenn die Aussichten nicht rosig sind. Man merkt, dass die inzwischen auf kleinerer Flamme kochen. Vermutlich wird das alte F-Bajonett und das Prinzip DSLR aufgegeben, und nur noch das Z-System entwickelt.

Nun hatte ich mir mit der Z50 zum ersten Mal seit langer Zeit wieder eine Nikon-Kamera gekauft, die mir Spaß macht, und die ich für gut halte, auch wenn sie wieder ein paar Ärgerlichkeiten hat. Das fängt damit an, dass sie keine Schutzkappe auf dem Blitzschuh hat (Pfennigartikel, aber ärgert), einen Micro-USB statt USB-C-Anschluss hat, und dass anscheinend noch nie jemand das Ding mal tatsächlich bei Selfie-Videoaufnahmen vom Stativ ausprobiert hat. Der Bildschirm klappt nämlich nach unten, und man sieht ihn nicht, wenn die Kamera auf einem Stativ montiert ist, weil sie nicht einfach so in der Luft hängen bleibt. Das Ding ist überhaupt nur dann zu gebrauchen, wenn man ein Zubehörteil eines Drittherstellers verwendet, nämlich eine Schiene, die das Stativgewinde an die Seite verlagert. Die aber ist zwar dünn, braucht aber schon etwas Metall, und verdeckt deshalb die Aufnahmeanzeige – roter Punkt am oberen Bildschirmrand. Es wäre einfach, den Punkt unten anzuzeigen, wenn die Kamera merkt, dass der Bildschirm rausgeklappt ist (merkt sie, weil sie auch sonst die Anzeige ändert), aber das machen sie nicht. Man hat den Eindruck, als ob Nikon seine eigenen Kameras nicht ausprobiert.

Nun kommt eine Z50 wegen des kleineren Sensors auch nicht an die Bildqualität der großen heran, aber grundsätzlich: eine schnuckelige Kamera, gut zu benutzen, und vor allem klein, leicht und günstiger als die Konkurrenzmodelle von Sony. Macht Spaß. Trotz der Mängel eine gute Kamera in der Gesamtsicht.

Dann kam die Zfc. Vintage-Look. Sieht völlig anders aus, unterscheidet sich technisch aber kaum von der Z50. Die verkaufen die gleiche Kamera in zwei verschiedenen Pelzen.

Heute haben sie die neue Z30 angekündigt.

Anscheinend ein neuer Aufguss, Sucher weggelassen, Bildschirm zur Seite, dafür zwei bessere Mikrofone.

Dass die auch fotografieren kann, wird nur noch ganz am Rande erwähnt. Es geht fast nur noch darum, awas für tolle Selfie-Videos das Ding macht und warum sie besser als ein Handy ist.

Und natürlich: Autos und Kameras kann man heute nur noch verkaufen, wenn die Werbebilder Schwarze zeigen:

Content creator and marketer @ErinOnDemand got a chance to try the new Nikon Z 30 early. She’ll be on YouTube Live at 3pm ET to talk about the experience and answer your questions!

We heard that @CathrinManning might drop in too!!

Don’t miss it👉 https://t.co/ERFxmLJA4L pic.twitter.com/XBI4FvSPqv

— NikonUSA (@NikonUSA) June 29, 2022

Und dann wird Youtube zugepflastert mit Videos von Leuten, die sich ganz fürchterlich darüber freuen, sich selbst aufzunehmen: Asiaten, Hispanics, Frauen, Schwarze. Erst am Ende des zweiten und im dritten Video kommt überhaupt kurz ein weißer Mann vor (1,2,3, und jede Menge Videos von Dritten, gleich am ersten Tag, die also unmöglich heute entstanden sein können).

Es geht nur noch um Eines: Um „Minderheiten“, die sich selbst darstellen. Mit der passenden Kamera dazu. Es werden zwar auch mal zwischdurch Obst und ein Hund aufgenommen, aber ansonsten geht es um nichts anderes als: Ich, Ich, Ich! Und das natürlich in Stereo und 4K.

Für weiße Männer gibt es dann die richtigen Kameras. Z9 und sowas.

Immerhin haben sie das Problem mit der Anzeige endlich bemerkt:

Ein deutlicher roter Rahmen um den Monitor bestätigt, dass Sie sich im Filmmodus befinden. Ein rotes Licht auf der Vorderseite bestätigt die Aufnahme.

Im Prinzip eine Z50, die umgestrickt wurde, um der Sony ZV-E10 Konkurrenz zu machen.

Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.

Andererseits: Wenn es Bedarf dafür gibt…

Immerhin kann das Ding angeblich auch über USB als Webcam fungieren und damit die gruseligen Notebook-Kameras ersetzen.