Warum Mädchen-Pink?
Wenn man im Spielzeugladen an der Mädchen-Abteilung vorbekommt, erleidet der Verstand ob des feilgebotenen Schwachsinns Schüttelkrämpfe mit der Gefahr bleibender Schäden. Der überlebende Teil des Verstandes stellt Fragen:
Da gibt es ganze Regalwände voll mit jedem erdenklichen Krempel – und alles in Zucker-Rosa. Kugelschreiber, Poesiealbum, Schulranzen, alles in rosa. Nur rosa. Nichts als rosa. Auch Sportkleidung, Schuhe usw. alles im Barbie-Rosa-Look.
Dazu dann die ganze Palette an Kindchen-Schema rauf und runter, dämliche Ponys mit langen Mähnen und großen Glitzer-Kuller-Augen und dieser ganze unendlich dämliche Scheiß. Alles noch mit Schleifchen und Glitzersteinchen drauf, herausgeputzt bis in die Manga-Optik. Sogar von Notebook-Computern gibt es die Weibchen-Variante in Rosa, mit Herzchen oder „Swarovski-Kristallen” drauf. Und selbst die Unterwäsche für „große Mädels” kommt fast nie ohne diese dämlichen Schleifchen dran aus.
Die Frage ist: Wie herum verläuft da die Kausalitätskette?
Ist es so, daß der Handel der Kundschaft das quasi als Über-Marke eingehämmert hat, und man diesen ganzen Scheiß kauft, weil man es über Jahre so eingetrichtet bekam (und oft keine Alternative mehr dazu besteht)?
Oder ist es umgekehrt so, daß sich das Angebot nach der Nachfrage richtet und Mädchen evolutionär darauf programmiert sind, gewisse Rollen im Kindesalter spielerisch zu üben und deshalb so auf Baby-Puppen, Barbies und Verniedlichung und Versüßung stehen?
Hätte eine solche Einfarbigkeit auch mit anderen Farben funktioniert, etwa Hellblau oder Hellgrün? Warum gerade rosa? Hat das irgendeinen evolutionären Grund? Farbrezeptorische Bevorzugung? Nahrungspräferenzen?
Und warum spielt auch beim Nachwuchs von Menschenaffen der weibliche Nachwuchs lieber mit Puppen als der männliche?
24 Kommentare (RSS-Feed)
Stimmt, die Soziologen haben keine Ahnung. Sehr schön auch in Hadmuts Beitrag von neulich zu sehen, als er Bezug auf einen Soziologen nimmt, der keine Ahnung hat wie alles zusammen hängt, es aber reflexartig für sein Fachgebiet reklamiert. Da stimmte Hadmut noch zu. Seine Fragen führen das aber adabsurdum. Die Soziologen haben also, stimmt Manuel, keine Ahnung. Die Evolutionsbiologen, stimmt auch, sind ebenfalls ahnungslos. Das liegt aber daran, dass es sich nicht um ihr Fachgebiet handelt. Frag mal die Soziobiologen, die können das erklären.
Ich denke es ist eine Mischung aus den angesprochenen Möglichkeiten. Mädchen sind soziobiologisch auf Kinder aufziehen, Kinder versorgen, Kinder schützen programmiert. Das erklärt die Puppen. Dass die glitzern könnte an dem soziobiologischen Drang liegen sich hübsch zu machen. Weil die Aufgabe ist das Kinder groß ziehen, man braucht einen Versorger und der ist optisch fixiert. Die Kombination liegt nahe. Für das beobachtete Extrem sind aber vermutlich die Hersteller verantwortlich.
Nebeneffekt, kleine Mädchen laufen heute aufgedonnert rum, die Klamotten sehen nämlich genauso aus, wie vor 30 Jahren nur die Mädels auf der Herbertstraße. Und da wundert man sich wenn die sexuallen Übergriffe immer offener werden.
Andere Farbe, schwierig, ich glaube nicht. Lippen werden meistens rot geschminkt. Sozibiologisch-sexuell erklärbar. Pink ist eine Abwandlung davon, ich würde die Ursache in der selben Richtung vermuten.
Sexuall? Passiert das noch jemandem, dieses vermischen von Sprachen? Beim e und a passiert mir das in letzter Zeit dauernd. Oder werde ich alt?
Meine 6jährige Tochter fängt grade an, rosa zu hassen. Juchu. 😉
Das ist Mode.
Siehe:
http://de.wikipedia.org/wiki/Rosa_%28Farbe%29#Geschlechterzuordnung
Lustig ist auch der “die hab ich nicht gewählt”-Effekt: von ca 30-40 Mädels, die ich durchgehend seit der Grundschule bis jetzt Mitte 20 kenne haben 3 eine Pink-Affinität (auch nicht als “Phase”, das war schon immer so). Der Rest reagiert da genauso allergisch wie du auch.
Hatte auch so den Eindruck, dass da mehr die Eltern dran Schuld sind – sobald frau selber einkaufen darf, wird halt im Notfall “Jungskram” gekauft, einfach nur um rosa Pferdchen auf der Federtasche zu umgehen.
Würde mich aber auch mal interessieren, was da die Gründe der Marketingabteilung sind.
IIRC war das mit den Farben bis WW2 anders. Da war Blau für Mädchen und Rosa für Jungs.
Für Strampelanzüge oder auch in dem Alter, in dem Kinder eigene Wünsche äußern?
Wir sind im Grunde immer noch Jäger und Sammler. Mehrere hunderttausend Jahre lang lebten wir direkt in und von der Natur. Mit Anzug, Schlips und Aktienpaketen latschen wir erst seit wenigen Jahren herum. Nur ein Lidschlag der Evolutionsgeschichte des Menschen.
Was haben denn die Frauen nun mehrere hunderttausend Jahre lang gemacht, was war *wirklich* wichtig für sie? Genau. Beere suchen. Genauer gesagt, Beeren finden. Die guten roten Beeren im grünen Gebüsch. Rot! Aha! Deshalb lieben Frauen das Rötliche und das Rosa so. Jedenfalls noch im Kindesalter, bevor sie dann später sozialisiert werden, um nicht mehr Rosa, sondern reiche Männer zu mögen.
Männer mögen kein Rosa. Rötliche Beeren im grünen Laub zu entdecken, war für sie unwichtig. Männer waren für das Grobe zuständig.
Und weil dieser Rot-Grün-Kontrast für Männer so unwichtig war und ist, kommt die Rot-Grün-Schwäche statistisch auch bei 10% der Männer, aber nur bei 0,5% der Frauen vor.
Deshalb die Vorliebe der Mädchen für Rosa. So eine Idee.
Mag sein, dass es eine evolutionäre Tendenz gibt. Die Rosa-Seuche ist aber ein absolutes Konsumding und relativ neu. Ich kann mich nicht erinnern, dass in meiner Kindheit Mädchen jenseits des Strampelanzug-Alters besonders viel rosa Sachen hatten, auch nicht bei der Kleidung. Das eine oder andere rosa Kleidchen, auch mal mit Schleife (warum eigentlich nicht?), aber halt auch anderes. Und ein paar Jahre spätere waren sowieso ausgefranste Jeans und Armeeparkas schick, unisex …
hattest du das thema nicht schon im letzten jahr angerissen? das mit den rosa schleifchen überall an den mädchenklamotten? die suche auf deiner seite hat nix egeben. ich denke mich aber daran erinnern zu können, kann mich natürlich auch irren.
Doch, das hatte ich schon mal. Ich wollte aber mal nachhaken, ob’s da neue Meinungen gibt.
@Hadron: Und was war die evolutionäre Erklärung vor 100 Jahren, bevor die modischen Geschlechtszuordnungen rot/blau getauscht wurden? Frauen haben Heidelbeeren gesammelt, und Männer haben wilde Tiere geschlachtet?
Manche mögen das. Die sind sogar pinksliberal.
http://jennyger.blog.de/
Ja, scheint eine Mode, eine Seuche, also eine Modeseuche zu sein.
Das ist ein latch up. Ebenso wie eine Schaltung in einem Extremzustand festklemmen kann, so kann auch ein Mensch mit seinen Gedanken festklemmen, in einer Religion oder Ideologie oder Wahn. Hier ist es der Rosaismus. Auch eine Gruppe von Menschen kann das betreffen. Daraus resultieren dann Kriege. Sein wir also froh, daß es zur Zeit nur die Pinken gibt. Kein Gegner, kein Krieg.
Carsten
—
“Die herrschende Meinung ist immer die Meinung der Herrschenden.”
Karl Marx
Kann mich an eine EW Vorlesung erinnern, dieses rosa- blau Dingen ist eine reine kulturelle Erziehungsgeschichte. Sprich, Mädchen und Jungs wird so lange erzählt, welche Farbe sie gut finden, dass sie es später glauben. Meine, dass in anderen Kulturen andere Farben anerzogen werden, soweit das noch nicht globalisiert ist.
…ich fühle mit dir.
warum haben männer nur zwei, drei paar schuhe und frauen ein dutzend und mehr? warum ist der herrenbereich in klamottenläden weniger als 1/3 so groß wie der, der frauenabteilung? schon die präsentation des angebots ist unterschiedlich. wer kauft die kinderklamotten? in der regel die mütter. die kennen sich auch gut aus in ihren abteilungen.
das thema hat, glaube ich, ganz viel mit kundenpsychologie, verkaufsstrategie, warenpräsentation, kundenführung u.v.m. zu tun. über die geschlechterzuordnung von kleiderfarben lässt sich einiges an geschichtlichem hintergrund und entstehungsvermutungen finden.
mein kleiner scheißer (mädchen) ist jetzt 8 monate alt und wird aller vorraussicht nach ohne fernseher und aggressiver werbung aufwachsen. frag einfach nochmal in 2-3 jahren nach, wie es uns ergangen ist. und, wir hatten das glück, dass wir einen großteil der babyklamotten gebraucht von freunden bekommen haben. da waren welche von jungs und mädchen dabei: alles schön bunt. die ganze farbpalette hoch und runter. wenn ich sie anziehe, geschieht das zweckmäßig nach temperatur und witterung. es wird das angezogen, was auf dem jeweiligen stapel ganz oben liegt und mir in den schubladen als erstes in die finger kommt.
aber die geschlechterbezogene wirkung von farben und deren abweichung kann schon komische gedankengänge hervorrufen. männer in rosa poloshirts sehen einfach nur furchtbar sch*** und verweichlicht aus. 😉
Männer in rosa Poloshirt, mit Kajalstift und Eyeliner, und noch mit Goldkettchen um den Hals…
Also meine Tochter hat nie Rosa gemocht. haben wir da jetzt etwas falsch gemacht?
@Hadron:
“Und weil dieser Rot-Grün-Kontrast für Männer so unwichtig war und ist, kommt die Rot-Grün-Schwäche statistisch auch bei 10% der Männer, aber nur bei 0,5% der Frauen vor.”
Klingt plausibel, ist aber falsch. Die Gene für Rotempfindlichkeit und Grünempfindlichkeit liegen beim Menschen alle auf dem Teil des X-Chromosoms, der beim Y-Chromosom fehlt. Frauen haben 2 X-Chromosome und evtl. fehlerhafte Gene sind immer noch in Kopie vorhanden. Beim Mann werden bei einem Defekt jedoch nur fehlerhafte Sehpigment-Proteine synthetisiert und er eine Rot-Grün-Schwäche. Bei Frauen tritt Rot-Grün-Schwäche nur auf, wenn der Fehler auf beiden X-Chromosomen vorliegt. Die genauen Zahlen: 9% Männer und 0.8% Frauen betroffen. 0.09*0.09=0.0081, also ziemlich exakt X-chromosomal gleichverteilt.
Ähnliches gilt für viele Blutgerinnungsfaktoren, weshalb Bluter meist männlich sind.
Was das spielen mit Puppen usw. betrifft: Hier wirkt das Kindchenschema. Kindliche Proportionen wirken als Schlüsselreiz und verstärken das Fürsorge- und Kümmerungsverhalten. Besonders ausgeprägt bei Tierarten mit langer Aufzuchtzeit. Das wirkt auch über Arten hinweg. So finden wir auch Hundewelpen, Katzenkinder usw. “süß”. Diese Verhaltensweisen können aber auch abtrainiert bzw. abgemindert werden, was durch geschlechterspezifische Soziologisierung häufig geschieht. Wenn wir Männer dann aber Vater werden, kommt’s glücklicherweise meist wieder zurück. 😉
Ich versteh das jetzt nicht ganz, Hadmut: auch wenn DU dieses ganze Glitzer-Glubschaugen-Schleifchen-Zeugs scheußlich findest – das ist doch nur eine ganz subjektive Einzelmeinung.
Die Fraktion derer, die das ganz toll und niedlich finden, die wird wohl ganz subjektiv die Objekte deiner Begierde wiederum hassen.
Bei der Frage nach den Hintergründen für die Vorlieben kommt man meist auf den Grundstreit: nature or nrture. Anerzogen, durch Erwartungshaltung hervirgerufen oder genetisch und hormonell bedingt…ein immerwährender Streit.
Die Antwort dürfte stark vom Weltbild abhängen. Wer für eine allgemeine Gleichheit der Geschlechter einsteht, dem dürfte es nicht passen, daß solche “Girlie”-Eigenschaften angeboren sein sollen. Also behauptet der den rein äußeren Einfluß als entscheidend.
Dagegen bin ich mir sicher, daß die allermeisten Eltern beobachten werden, daß trotz ganz neutraler Behandlung gewisse Vorlieben der Buben und Mädchen immer wieder auftreten – ganz unversehens.
Nun kann man da entweder dagegen ankämpfen und den Mädels den Bagger in die Hand drücken, oder man nimmt es hin und geht sogar drauf ein. Da gibts (noch) einige Freiheit für die Eltern. Jeder so, wie er mag.
(Übrigens bin ich durchaus froh, daß da ein “anderes” Geschlecht existiert, daß sich in seinen Eigenschaften und seinem Verhalten so deutlich von uns Männern unterscheidet. No problem mit pink und Schleifchen.)
Aktuell scheinen sich Marketingwellen immer mehr aufzuschaukeln. Während früher verschiedene Trends auch mal nebeneinander abliefen, wird heutzutage einiges gleichgeschaltet. Dazu gehört der aktuelle rosa (schreiend!) Trend. Wo früher rosa eine Pastellfarbe war, erkennt man neben der im aktuellen rosa gekleideten Person kaum noch die Feuerwehr in Einsatzkleidung.
Der Glitzerkram ist dagegen für alle Kinder faszinierend. Jungen bekommen den aber weitgehend abtrainiert, außer wenn es um Glasmurmeln geht. Und was die Modebildchen angeht: Manch einer würde sich gerne ein Mangamädel sozusagen als Pferdchen für Große an den Monitor oder auf das Laptop kleben. Mit zunehmendem Alter sinkt aber der Hormonpegel stark genug, so dass man widerstehen kann.
Das Ganze ist bei den Jüngeren dann auch noch gruppenzugehörigkeitsstiftend. Wenn alle blinkende Stifte und rosa Mappen haben fühlt man sich zusammengehörend. Dann noch Markenklamotten und fertig ist die Gruppe. Wenn einem sowas am Arsch vorbei geht oder man sich das nicht leisten kann oder will, ist man dann halt draussen. Zum Glück war früher die Gruppe der Kapitalismus- und Konsumablehner bei uns in der Mehrheit. Bezog sich zwar nur auf Markenprodukte, aber damit war die Versandhausjeans oder der selbstgestrickte Pullover kein Problem.
Ein voll seriöser Artikel zum Thema der genau deinen Nerv treffen sollte: http://www.urbia.de/magazin/familienleben/warum-lieben-maedchen-rosa
Zitat: “„Rottöne waren schon immer Frauensache, Blau gehört seit jeher in die Männerdomäne. Diese Informationen sind in unseren Genen gespeichert“, stellt Professor Harald Braem, Farbforscher am Institut für Farbpsychologie im hessischen Bettendorf, fest. Schlicht, weil Frauen im Sammlerzeitalter Beeren gesucht haben, während die Männer eher Himmel und Wasser im Blick hatten. Darauf sind wir heute immer noch geeicht.”
@Stefan Das ist Quark. Frauen stehen auch auf Blau. Genauso stehen Männer auch auf (dunklere) Rottöne, also die Farbe der Beeren (oder hast du schon mal mädchenrosa Beeren gesehen?).
Darüber hinaus kann man davon ausgehen, dass die Männer beim Sammeln und die Frauen auch bei der Jagt geholfen haben. Damals gab es nämlich (meist) noch keinen Überfluss und es ging jeden Tag ums überleben.
Mit allem, was wir von Naturvölkern wissen, können wir mit Gewissheit davon ausgehen, dass beide Geschlechter an allen Aufgeben mehr oder weniger stark beteiligt waren.
Diese evolutionäre Interpretation von Verhalten sollte man ganz stark hinterfragen. Natürlich ist viel Verhalten evolutionär geprägt, aber deswegen ist nicht alles was mit mit dem Schema Jäger und Sammler erklären kann richtig.
Die Wissenschaft weiß das selber noch nicht, weder die Soziologen noch die Evolutionsbiologen haben darauf eine Antwort, die bewiesen wäre. So ist zumindest mein Stand der Dinge. Der Mensch ist eben ein sehr komplexes Lebewesen und die Wirkmechanismen die in ihm vor sich hin blubbern sind nicht annähernd wirklich verstanden.