Ansichten eines Informatikers

Mord, Blut und lecker Nudelsuppe

Hadmut
10.9.2022 11:23

Meine Filmempfehlung für die, die Amazon Prime abonniert haben.

Auf Amazon Prime kommen gerade zwei meiner Lieblingsfilme, die gegensätzlicher nicht sein könnten.

Tampopo

Ihr habt die Nudelsuppe nicht verstanden, wenn Ihr diesen Film nicht gesehen habt. Japanischer Kultfilm. Eigentlich eine Low Budget-Produktion, aber genial im Ergebnis.

Zwei Trucker fahren einsam auf der Landstraße und bekommen Hunger. Sie halten und landen in der Suppenküche der jungen Witwe Tampopo, die die Küche ihres verstorbenen Mannes betreibt.

Aber, ach. Tampopo ist eine lausige Köchin, ihre Nudelsuppe eine Katastrophe, ihr Leben ein Trümmerfeld, ihr Publikum eine üble Bande. Einer der Trucker bleibt da kleben und hilft ihr auf dem Weg zur perfekten Nudelsuppe. Sie muss durch härtesten Drill und zu Mitteln wie Spionage greifen, um alle Tricks und Schlichen herauszufinden. Garniert wird das ganze durch den Blick auf die vielen kleine Nebengeschichten, die am Rande passieren, die mit der Hauptstory eigentlich nichts zu tun haben, außer dass sie skurril sind und es immer um das Essen geht. Natürlich gibt es ein Happy End, Tampopo schafft am Ende die perfekte Nudelsuppe. Wer von diesem Film keinen Hunger bekommt, der ist schon tot.

The Dead Lands

Das genau Gegenteil. Ein mörderischer Kriegsfilm, in dem das Blut spritzt, teure Produktion, großes Kino, grandiose Bilder.

Neuseeland, Maori in der Zeit vor Ankunft der Weißen. Ein Stamm (die Guten) wird von einem anderen Stamm (die Bösen) überfallen, und die Männer samt und sonders abgeschlachtet. Alle? Nein, nicht alle. Ein Junge purzelt den Hang herab, wird übersehen und überlebt als einziges männliches Mitglied seines Stammes. Heißblütig und unüberlegt schwört er gegenüber den Ahnen Rache. Die Frauen halten ihm vor, dass das Wahnsinn sei, weil er einen Rachezug nicht überleben, wegen seines Eides aber auch nicht unterlassen kann, und mit ihm der letzte Mann des Stammes und damit der ganze Stamm verloren gehe. Er muss los, chancenlos, in den sicheren Tod, aber bekommt unerwartet Hilfe von zwei Seiten. Eine Hilfe ist der Geist seiner verstorbenen Großmutter, die ihm erscheint. Der andere ist ein – vermeintlicher – böser Geist. Es gibt einen Wald, der von einem bösen Geist besetzt ist, der jeden umbringt, der seinen Wald betritt. Die Bösen wagen es nicht und müssen außen um diesen Wald herum einen langen Umweg gehen. Wenn er sie noch einholen will, bleibt ihm nichts anderes übrig als die Abkürzung durch diesen Wald und die Konfrontation mit dem bösen Geist zu wagen. Auf den trifft er, aber der stellt sich als normaler Mensch, ein alter Krieger heraus, der nur noch seine Ruhe will und deshalb die Legende vom Geist befüttert, und jeden umbringt, der „seinen“ Wald betritt. Eigentlich will er ihn auch umbringen, aber ihm wird klar, dass er alt ist und seine Kampfkunst, sein Wissen über den Kampf mit ihm stirbt, wenn er es nicht weitergibt. Also hilft er ihm, eilt mit ihm den Bösen hinterher und bildet ihn dabei zumindest in den nötigsten Grundlagen als Krieger aus. (über die zeitliche Unlogik, dass eine Verfolgungsjagd und die Ausbildung eines Knaben zum Krieger eben nicht gleich lang dauern, sehen wir gütig hinweg und freuen uns über die Spannung des Films).

Gemeinsam rollen sie die Bande der Bösen von hinten auf, es gibt viele Tote. Eine ganze Bande brutaler, bösartiger, muskelbepackter Typen im besten Mannesalter sieht sich von einem alten Mann und einem schmächtigen Knaben angegriffen. Die Maori-Version von Die Hard.

Die Kampfszenen sind blutig, aber einfach grandios gedreht. Vor allem zeigen sie, wie Maori kämpften und wie man diese Waffen, die im Museum zu sehen sind und von denen man sich nicht so ganz vorstellen kann, wie diese Waffen eingesetzt werden oder gar gefährlich sein sollen, als effiziente und tödliche Kriegswaffe eingesetzt werden. Und der Darsteller des bösen Geistes ist einfach der Brüller, was nicht von ungefähr kommt. Der war in Herr der Ringe schon der Ork-Chef (und ich glaube, auch Kampf- und Stunt-Trainer) und ist abonniert auf hässliche schreckliche Krieger, und der bekommt da wirklich seine Paraderolle. Eigentlich ist der die Hauptrolle und der Knabe der Sidekick und Storylieferant.

Ich war 2018 in Neuseeland und kam in einem Maori-Show-Dorf mit einem der Krieger in den Touristenshows im Gespräch, weil ich den am Abend zuvor schon bei einer ganz anderen Veranstaltung am anderen Ende der Stadt gesehen und deshalb gefragt hatte, ob er hier wohnt oder wie es kommt, dass er an zwei Orten zu sehen ist. Nöh, sie seien eben Freiberufler, vergleichbar mit Tänzern, die von den Veranstaltern gebucht werden und ihnen den Krieger machen, und tagsüber ist er eben im Dorf gebucht und abends hat er noch den Job in dieser Show in der Stadt. Das ist halt so sein Arbeitstag, im Baströckchen rumzuhüpfen und den Touristen die Zunge rauszustrecken. Aber ja, es sei auch ihre Art und Weise, ihre Kultur und ihre Kampfkünste aufrecht zu erhalten, denn mit normalen Jobs gehe sowas ja nicht. Viele Maori hätten deshalb mindestens als Hobby oder kleinen Nebenerwerb irgendwas in der Show- und Tourismusbranche, weil ihnen das Umfeld und Anlass gibt, ihre alten Lebensweisen zu pflegen. Es sei also nicht nur Touristenshow, sondern für sie selbst auch wichtig und „echt“, und wenn sie damit Geld verdienen, umso besser. Und weil er eben freiberuflicher Experte in Maori-Kampftechniken war, fragte ich ihn, ob der Film The Dead Lands plausibel und realistisch sei. Und er sagte, oh ja, der sei wirklich sehr, sehr gut und sehr realistisch. Die hätten da wirklich sehr viel Arbeit, Mühe und wissenschaftliche Arbeit reingesteckt, dass das auch alles historisch korrekt und zutreffend ist (bei den „Uniformen“ der Bösen hätte ich meine Zweifel, aber ansonsten ist es wohl sehr echt), und insbesondere die Kampfszenen seien sehr sorgfältig choreographiert, und man habe viele Maori-Experten (ich weiß nicht mehr, ich glaube, er sagte, er war da auch mit beteiligt) konsultiert, damit das historisch, kulturell und kampftechnisch korrekt ist. Natürlich schon aufgepimpt, damit es ein spannender Film wird und ins Kino passt, Neuseeland habe ja schließlich eine großartige Filmindustrie, aber die Kampftechniken seien nicht nur korrekt, sondern auch für sie wichtig, weil es das vorher noch nie gegeben hat, dass man das so ausführlich und konkret dargestellt hat. Aus Maori-Sicht sei dieser Film absolut top und der beste.

Und es ist ein optisch sehr, sehr eindrucksvoller und sehr spannender Film. Aber nichts für empfindsame Gemüter, da geht es zur Sache.