Frisch gemessert … messert … messert … messert …
Über einen Mord von heute, Grammatik und Anglizismen. [Nachtrag 2]
28-Jährige auf offener Straße erstochen – 41 Wunden
Da kann man dann auch korrekt gendern und Mordende oder Messerstechende schreiben, weil das eine Weile dauert. Wie die Zeitfrom present progressive oder past progressive im Englischen. (he was stabbing statt he stabbed).
Was mich gerade auf den messerscharfen Gedanken bringt, ob die Gendersprache, die hier politisch durchgesetzt wird, vielleicht schlicht und einfach ein dumm und falsch übersetzter Anglizismus ist.
Wir diskutieren ja hier schon lange darüber, warum linke so scharf auf eine Partizipiensprache sind. Fußgehende statt Fußgänger.
Mir geht gerade so der Gedanke durch den Kopf, ob das ein Übersetzungsfehler dummer Leute aus dem Englischen ist, weil wir in Sachen Gender denen ja alles nachmachen. Eigentlich gibt es diesen Effekt dort auch nicht, dass die alles progressive setzen. Das ist jetzt nicht allgemein so, dass die überall driving person statt driver sagen, weil die Nomen wie driver, teacher, butcher usw. im Englischen geschlechtsneutral sind. Es gibt aber so ein paar Spezialfälle. Beispielsweise sagen die ja nicht mehr Frau oder Mutter, sondern birthing person. Waraus man im Deutschen den Sekundärschwachsinn Gebärende machte, um das irgendwie zu übersetzen, weil es im Deutschen diese progressive Formen zwar nicht gleichartig gibt. Es gibt sie in unserem Sprachraum durchaus als Vergangenheitsform, nämlich im Latein und Griechisch als Perfekt und Imperfekt, im Deutschen als Perfekt und Präteritum.
Perfekt und Imperfekt in Latein und Griechisch sind eine schöne Unterschiedung, weil es im Perfekt um eine Handlung geht, die abgeschlossen wurde und die Betonung auf dem Ergebnis der Handlung liegt (Ich habe ihn umgebracht – nun ist er tot), während bei Imperfekt der Schwerpunkt darauf liegt, dass man etwas immer wieder oder über einen längeren Zeitraum gemacht hat (Ich erwürgte ihn – und es war furchtbar, die Geräusche, die er dabei machte, das Zappeln…), und die Tätigkeit selbst Gegenstand der Aussage ist. (Im Gegensatz etwa zu „Ich habe ihn erwürgt – deshalb hat die Leiche so einen roten Kopf, Ergebnis der Handlung.“). Im Altgriechischen gibt es noch den Aorist, für kurze, prägnante, punktförmige Handlungen (Ich habe ihn erschossen. – Bumm, und das war es. Fiel einfach um.) Je nach Art und Ablauf des Mordes sollte man die richtige Zeitform wählen. Und bei 41 Messerstichen wäre da schon der Imperfekt die Zeitform der Wahl, denn sowas dauert und legt die Betonung auf das Morden an sich, nicht das Ergebnis. Im Deutschen allerdings hat sich der Unterschied zwischen Perfekt (ich habe ihn umgebracht / Ergebnis: er ist tot) und Präteritum (ich brachte ihn um / Ergebnis: Ich bin erschöpft, das war anstrengend und hat gedauert) verschoben, weil man Sprache nicht mehr ordentlich erlernt, sondern das Perfekt eher so ein umgangssprachliches Ding wurde und das Präteritum fast nur noch im Schriftdeutsch vorkommt und gestelzt wirkt. (Ich gab 2007 den Hamlet auf der Waldbühne in Kleinhausen.)
Weil das Gendervolk, und allen voran deren Linguisten, aber ziemliche Sprachkrüppel sind und die Sprache nicht verstanden haben, herrschte da wohl eine ziemliche Hilflosigkeit, wie man dieses past oder present progressive im Englischen (to be …-ing) ins Deutsche ziehen sollte und kam dann auf die Partizipien, die ja eine attributive Verbform sind, weil es das im Englischen auch gibt (The flying dutchman), obwohl man auch im Englischen genau genommen zwischen Partizipen und progressive unterscheiden muss, denn The flying dutchman und The dutchman is flying ja zwei verschiedene Aussagen sind. Das haben die Genders und ihre Linguisten aber wohl übersehen (oder schlicht nicht verstanden) und dann diese dämliche Partizipiensprache als verunglückten Anglizismus eingeführt.
Nachtrag: Lobend hervorheben möchte ich in diesem Zusammenhang die deutsche Sprachversion von Das Schweigen der Lämmer, in der Hannibal Lecter sagt
” … ich genoss seine Leber mit ein paar Fava-Bohnen, dazu einen ausgezeichneten Chianti.”
Die korrekte Zeitform.
Nachtrag 2: Da fällt mir ein, auch die englische Originalversion legte Wert auf korrekte Grammatik und einen gewissen Sprachwitz, weil er dort am Ende des Films am Telefon zu Clarice Starling sagt
“I’m having an old friend for dinner.”
was doppeldeutig sagt, dass ein alter Freund zum Abendessen kommt, und dass der alte Freund sein Abendessen ist, weil er ja auf der Insel ist, auf der sein Gefängnisdirektor gerade weilt. Auch hier nicht I’ll have, wie wenn man einen Burger bestellt und runterschlonzt, sondern die Betonung auf die längere Handlung.