Ansichten eines Informatikers

Aus drei mach keins

Hadmut
9.11.2022 20:07

Vom Sterben und Siechen des Flughafen BER.

Berlin hatte mal drei funktionierende Flughäfen, Tempelhof, Tegel und Schönefeld.

Berlin hat es geschafft, die drei funktionierenden Flughäfen in einen zu verwandeln, der nicht richtig funktioniert, und dafür noch 10 Jahre Verspätung zu brauchen.

Zu meinem Kommentar schreibt mir ein Leser:

Hallo Herr Danisch,

ich hatte … [ich anonymisiere das mal, nur soviel: Er scheint zu wissen, wovon er redet] … zu tun und kann Ihnen eins voraussagen: Sollte in Westpolen ein Luftdrehkreuz entstehen, ist der BER erledigt. Das liegt nicht nur an den von Ihnen zutreffend beschriebenen Planungsmängeln, sondern vor allem am falschen Standort. Es war immer klar, dass ein Luftdrehkreuz im Osten Deutschlands, soll er sich rentieren, mehrere Ballungsräume bedienen muss, also entweder Berlin-Leipzig-Dresden oder Berlin-Hamburg-Magdeburg. Die Standorte lauteten daher Sperenberg oder Stendal. Der Raum Berlin allein trägt kein Luftdrehkreuz und ein Shithole erst recht nicht. Daher sind auch die Vorstellungen des Herrn Faulenbach völlig abwegig.

Ein Luftdrehkreuz in Westpolen ist schon seit längerer Zeit im Gespräch, übrigens kurzzeitig auch auf der deutschen Seite bei Wriezen als rein private Investition. Ein Flughafenstandort bei Posen würde die Räume Berlin, Posen, Stettin und Warschau bedienen und hätte gute Chancen, vorausgesetzt, die Schienenanbindung würde optimiert. Eigentlich ein Fall für den Transrapid, der ja mal den geplanten Standort Stendal mit Hamburg und Berlin verbinden sollte. Im Falle Posen täte es von Berlin aus freilich auch ein Radwanderweg …

Beste Grüße

Man muss sich ja immer auch klar machen, dass nicht der einzige, aber ein wesentlicher Grund für die zehnjährige Verzögerung des BER die Großmannssucht der Politik war, die die Flughafen so umgebaut haben wollte, dass auch der A380 andocken kann, obwohl wohl niemals ein A380 dort landen wird und dieselben Parteien uns heute einreden, wür müssten auf das Fliegen verzichten, um das Klima zu retten. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, da landen nicht mal kleinere Flugzeuge von A380-Strecken. Der BER ist ein Provinzflughafen, dem es auf den Wecker geht, provinziell zu sein, der jetzt gerne groß sein will, als würden A380 kommen, und nur die Billigflieger vertreibt, die man als Provinzflughafen so bekommen kann.

Wenn ich die Leserzuschrift so lese, scheint es mir, als hätte der BER nie eine Chance gehabt zu prosperieren. Man wollte einen Hauptstadtflughafen haben, aber hat wohl nicht bedacht, dass diese Hauptstadt nicht einmal vor Corona und Klima einen Flughafen tragen konnte. Klar, Tegel war toll, gemütlich und praktisch. Und hat funktioniert. Und Schönefeld war hässlich und einer der charakterlosesten Flughäfen, die es überhaupt je gab, hatte einen Charme irgendwo zwischen Waschbetongarage und Lagerhalle, aber er funktionierte.

Warum funktionierten die?

Weil sie schon gebaut waren und eben schon funktionierten, der laufende Betrieb damit so günstig war, dass man wenigstens die Billigflieger anziehen konnte. Sie funktionierten eben als Provinzflughäfen.

BER war so teuer und wurde durch Unfähigkeit und Verzögerung noch so verteuert, dass er sich als Provinzflughafen nicht halten kann, und es zum Großflughafen schlicht nicht reicht. Dann noch Corona, Klima und Inflation.

Der BER hat kein funktioierendes Geschäftsmodell.

Hätte man stattdessen Tegel ein bisschen renoviert, hätte das funktionieren können. Man hätte da sogar noch das ursprünglich geplante zweite Sechseck hinbauen können.

Und wenn jetzt noch die Polen ein Drehkreuz aufmachen, werden sie uns schon allein deshalb das Geschäft abnehmen, weil sie in Sachen Energie, Lohnkosten, Steuern, Schikane besser dastehen. Der BER steht am Standort mit dem Standortnachteil Deutschland.

Bin mal gespannt, was sie daraus machen. Ob sie den BER auf Dauer subventionieren, oder ob der irgendwann pleite geht, dicht gemacht wird und als Ruine rumsteht oder zur Flüchtlingsunterkunft wird, denn Flüchtlinge in Hangars einzuquartieren, damit hat Berlin Erfahrung.

Aus drei mach keins.

Klotüren

Auch das soll nicht unerwähnt bleiben:

Hallo Hadmut,

daß der BER eine Mißgeburt ist, darin sind sich wohl viele einig. Ich hatte seinerzeit, als der Wechsel von TXL zu BER anstand, gehofft, daß man am BER auf’s Klo gehen könne, ohne diese siffigen (und zum Greifen ungeschickten) Griffe anfassen zu müssen. Pustekuchen, die Klinken und die schweren Türen sind fast noch schlimmer als in TXL. Platz hat man auch nicht eben mehr als früher.

Ich bin kürzlich zweimal in Paris CDG gewesen. Der hat keinen sonderlich guten Ruf, weite Wege usw. Trotzdem, die Toiletten sind 1A. Automatische Schwingtüren – man muß nichts anfassen außer dem Riegel der eigenen Zelle – und gut Platz für 2 Koffer in jedem Zellchen. Auch die Waschbecken usw. – trotz aller überkandidelten Sächelchen, die unsere Nachbarn so lieben, wirkten auf mich einladender als die dunkelgraue Hölle am BER.

Warum können wir so etwas nicht? Warum hapert’s bei den einfachsten Sachen, nämlich beim Pinkeln usw.? Gehen Architekten und Ingenieure nie auf’s Klo?

Beste Grüße,

Ich bin auch zweimal auf CDG umgestiegen, fand den irgendwie schäbig und abgewohnt, aber funktional, habe da sofort alles gefunden, weil ordentlich ausgeschildert, hat getan, was ich erwartet habe. Zumal die Fahrt von einem Terminal zum anderen mit dem Bus zur größeren Flughafenrundfahrt gerät, aufgrund der riesigen Distanzen. Grundsätzlich fand ich den in Ordnung, erfüllt den Zweck, ich habe nichts zu meckern. Auf die Toiletten habe ich nicht geachtet, weiß nicht mal, ob ich dort überhaupt war.

Aber ja, es sind diese vielen kleinen Details am BER, wie eben schwere Türen (wohl Brandschutz), siffige Türklinken und dergleichen, die aus wirklich jeder Pore ausschwitze und den Eindruck hinterlassen, dass der Flughafen von Gnomen entworfen wurde, die in ihrem Leben noch nie gereist sind.

Es könnte aber ein generelles Problem deutscher Architektenausbildung sein, denn auch viele der Häuser, in denen ich die letzten Jahre gewohnt habe, Neubauten, hatten katastrophale Entwurfsfehler, mal kleine, mal große.

Ich bin mal gespannt, wie lange der BER in Betrieb bleibt, und ob er jemals die schwarzen Zahlen erreicht.

Wenn die Polen es schaffen, einen ordentlichen Flughafen zu bauen, den günstig zu betreiben (woran ich keinen Zweifel habe), und noch einen guten, flotten Zubringerverkehr zu organisieren, dann gewinnen die automatisch, schon wegen der hohen Energie- und Lohnkosten in Deutschland.

Es war ein Fehler, Tegel und Schönefeld zu schließen.