Ansichten eines Informatikers

Der Staat hat keine Grundrechte gegen den Bürger

Hadmut
25.12.2022 14:46

Wie oft habe ich das im Blog schon geschrieben, dass die Regierung immer wieder versucht, Grundrechte ins Gegenteil zu verdrehen und als Recht des Staates gegen den Bürger darzustellen?

Unzählige Male.

Immer dasselbe Prinzip, und vor allem immer dann, wenn SPD, Grüne, Linke ein Totschlagargument brauchen: Der Staat könne gegen die Bürger etwas tun, immer das, was gerade politisch gebraucht wird, weil es um irgendein Grundrecht gehe, das der Staat gerade schützen müsse, und in der Regel wird das dann als ein Anspruch irgendeiner kaum oder auch nicht existierender Randgruppe dargestellt, den der Staat zu erfüllen habe und damit die große Keule gegen die Gesellschaft auspacken könne, dürfe, geradezu müsse, und wer dies nicht stillschweigend hinnimmt, ist dann einfach ein „Verfassungsfeind“.

Dabei ist das gleich doppelt falsch.

Denn erstens ist das Volk der Souverän, der Normgeber und der Staat in Form seiner drei Staatsgewalten der Grundrechtsverpflichtete, es kann also nicht zu einer Situation kommen, in der der Staat daraus Rechte für die Regierung gegen den Bürger ableiten kann.

Und zweitens sind Grundrechte ein Abwehrrecht gegen den Staat und kein Handlungs- oder anderer Anspruch. Es kann daher keiner einen Anspruch gegen den Staat auf Handlung gegenüber einem Dritten haben. Schon gar nicht, wenn dieser Dritte, ein anderer Bürger, keiner der Staatsgewalten angehört und damit von der Bindung nicht erfasst wird. Deshalb ist das auch Unsinn und schlicht falsch, wenn das Bundesverfassungsgericht zu irgendwelchen Mindestsätzen von Hartz IV/Asylgeld urteilt, weil es kein Grundrecht darauf gibt, dass der Staat anderen das Geld abnimmt und man es bekommt. Weder als Anspruch gegen den Staat, noch als Recht des Staates, es anderen abzunehmen. Im Gegenteil würden Grundrechte vor zu hohen Steuern schützen.

Umso erstaunlicher, dass das Bundesverfassungsgericht gerade Berlin in genau diesem Punkt abgewatscht hat:

Es geht offenbar um diesen Beschluss vom 4.10.2022, veröffentlicht mit Pressemitteilung vom 21.12.2022:

Wesentliche Erwägungen der Kammer:

Die Verfassungsbeschwerde ist insgesamt unzulässig.

1. Das beschwerdeführende Land Berlin ist nicht beschwerdeberechtigt. Es kann sich weder auf die Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG) noch auf Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG berufen. Zwar ist das tarifvertragliche Handeln kollektiv ausgeübte Privatautonomie. Auch betätigt sich das Land als Privatrechtssubjekt, soweit es Personen auf arbeitsrechtlicher Grundlage beschäftigt. Doch ergibt sich daraus keine Ausnahme von dem Grundsatz, dass sich juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht auf Grundrechte berufen können. Das Land ist hier keine eigenständige, vom Staat unabhängige oder jedenfalls distanzierte Einrichtung, die – wie etwa Rundfunkanstalten, Universitäten oder Kirchen – unmittelbar dem durch ein spezifisches Grundrecht geschützten Lebensbereich zuzuordnen wäre und in diesem Lebensbereich den Bürgerinnen und Bürgern zur Verwirklichung ihrer Grundrechte diente. Es wäre mit dem vorrangigen Sinn der Grundrechte, den Schutz der Einzelnen vor Eingriffen der staatlichen Gewalt zu gewährleisten, nicht mehr vereinbar, die Grundrechtsfähigkeit auf juristische Personen des öffentlichen Rechts weiter auszudehnen. Es könnte vielmehr dazu führen, dass die Grundrechte in ihr Gegenteil verkehrt werden, wenn Grundrechtsschutz zugunsten der öffentlichen Hand damit letztlich gegen die Bürgerinnen und Bürger gewendet wird.

[…]

Manchmal habe ich fast den Eindruck, dass da irgendwer im BVerfG mein Blog liest.