Ansichten eines Informatikers

Kulturschock

Hadmut
10.1.2023 21:11

Vielleicht sind sie nur an Touristen angepasst.

Heute ist mir was Schlimmes passiert.

Die Restaurants auf Zypern sind gut. So richtig gut und erwartungsgemäß griechisch eher so in den typischen Touristengegenden, in Ayia Napa eins am anderen, während sie in den Gegenden der Einheimischen überraschenderweise oft etwas einfacher und gemäßigter sind, weil da vielleicht auch die Erwartungshaltungen etwas anders sind und die typischeren zypriotischen Gerichte etwas anders liegen, als die Touristen das erwarten. Ich hatte schon einige Male auch Spinat mit Reis oder gefüllte Paprikaschoten, beides sehr lecker und auch günstig, sehr bekömmlich, aber eben nicht so touristentauglich und vor allem ohne Grillaromen. Ich fress mich halt mal überall so durch.

Heute war ich mal wieder im Einkaufszentrum, was besorgen. Die haben da auch so eine einkaufszentrumstypische Fressecke mit so verschiedenen kleineren und mittleren Angeboten, aber nur wenig landestypisch. Es gibt auch ein (zumindest anscheinend, ich war noch nicht drin) gutes japanisches Restaurant, aber vieles ist eben auch FastFood der typischen Art. Eigentlich geht man da nicht zum Essen hin, ist auch teurer als woanders, aber wenn man halt mal so zum Einkaufen da ist, kann man da auch mal was essen. Ich hatte beschlossen, mit einmal quer rumzufressen und alles zumindest einmal auszuprobieren.

Heute war Pizza Hut an der Reihe.

Ja, ich weiß, nur Barbaren gehen zu Pizza Hut und so weiter. Ich bin bekennender Barbar. Aber ich war in meinem ganzen Leben bisher vielleicht zweimal oder dreimal bei Pizza Hut, höchstens einmal pro Kontinent.

Und ich habe seit Monaten keine Pizza mehr gegessen. Und wenn, dann etwas tiefgekühlt oder selbstgemachte, weil ich im Corona-Lockdown aus irgendwelchen Gründen bei den wenigen Restaurant-Besuchen nie in einer Pizzeria war. Was irgendwie damit zusammenhängt, dass ich normalerweise auch nicht alleine in eine Pizzeria gehe. Ich verbinde das irgendwie mit Geselligkeit, und war da in Karlsrune immer mit Freunden und in Berlin immer mit Kollegen in der Mittagspause. Schon ewig keine Pizza mehr gegessen, die nicht aus dem eigenen Backofen kam. (Wobei ich zugeben muss, dass ich den Teig auch nicht selbst mache, sondern auf die fertigen Teige aus dem Supermarkt zurückgreife, die man nur auspacken und auf dem Backblech auswickeln muss. Aber ich bin gut darin, die Zutaten dann gleichmäßig darauf zu verteilen, und auf meiner Pizza Hawaii ist einfach viel mehr Hawaii drauf als auf jeder fertigen Pizza. Auch wenn mir halb Italien dafür den Krieg erklärt, ich esse am liebsten Pizza Hawaii, und der echte Italiener in Karlsruhe, der die auch auf der Speisekarte hatte, sagte mir dazu, das sei auch völlig in Ordnung, weil es zwar ein paar Standardmodelle gibt, aber keine abschließend-ausschließliche Liste möglicher Pizzaversionen, sondern das Prinzip sei, dass man da drauf tut, was immer einem schmeckt und was gerade da ist, weil es historisch eine Methode war, Reste aus der Küche zu verwerten, und man deshalb grundsätzlich alles, was man heiß machen und essen kann, auch auf eine Pizza tun darf, ohne sich da irgendwie zu blamieren. Ich solle mir also nichts erzählen lassen und immer Pizza Hawaii essen, wann und sooft ich will.)

Also mal ausprobiert. Man muss sich da auch wieder sein Zeugs irgendwie zusammenstellen und sagen, welche Zutaten man drauf haben will. Ich bin zum ersten Mal in meinem Leben bei der Bestellung einer Pizza gefragt worden (ich erinnere an die Fragemarathons, die man bei Subway manchmal durchlaufen muss), welches Randprofil ich wünsche. Die haben da tatsächlich verschiedene Bauformen für den Pizzaboden, weil in Amerika ja auch eher so diese schaumstoffmattenartigen dicken Mafiatorten üblich sind und die Erwartungshaltungen divergieren. Man kann sich das aussuchen, und so wählte ich das tiefergelegte Modell, innen dünner Boden, mit dickem griffigem Rand außenrum, für alle Fälle zur Sättigung. So ein bisschen wie eine umgedrehte Frisbee.

Um es vorweg zu nehmen: Die Pizza war gut. Ich hatte nichts dran auszusetzen, bis auf den Umstand, dass sie mir nicht nur bereits (wie ein Kuchen) in acht Stücke geschnitten war, sondern falls mir das nicht reichte, zusätzlich zum Besteck noch ein Pizzaschneider (Griff mit großem Schneidrad) beigelegt war, falls ich sie noch kleiner in Streifen schneiden wollte (oder die Schnitte nicht nachhaltig waren), was ja eine schöne Geste ist. Aber muss der Pizzaschneider auf der Pizza drauf liegen?
Machen sie anscheinend, weil sie damit die Pizza geschnitten haben und das käseklebrige Ding nirgendwo sonst ablegen könnten, es wird auch nur auf einer Platte serviert. Dass ich noch ein Tellerchen mit normalem Besteck dazubekam, lag wohl vornehmlich daran, dass ich den Eindruck vermittelte, mit Messer und Gabel essen zu können, denn anscheinend wird das eher als Finger Food konsumiert, deshalb geschnitten in Stücke.

Gut, das wäre alles in Ordnung, das Ding war zu meiner Zufriedenheit und wurde mir an den Tisch geliefert wie bestellt. Bis auf den Pizzaschneider auf der Pizza nichts dran auszusetzen.

Aber dann passierte etwas, das mir das Gefühl vermittelt, mir flögen die Sicherungen raus, ich rutsche gleich unter den Tisch.

Die fragte mich tatsächlich, und ich habe extra rückgefragt, ob ich sie richtig verstanden habe, ob ich Ketchup oder Mayo zur Pizza haben möchte.

Ist wohl bei der Einkaufszentrumsjugend so üblich. Ich muss mal Rücksprache mit dem Italiener in Karlsruhe nehmen, ob die Toleranz bei den Zutaten wirklich so weit geht.

Nächstes Mal probiere ich den Japaner.