Strafsteuer für Singles?
Ich fühle mich diskriminiert.
Eben kam gerade im Fernsehen, dass das schon wieder irgendwer (irgendwelche CDU-Parlamentarier) mit Steuervorteilen für „gleichgeschlechtliche Ehen” bzw. „eingetragene Partnerschaften” um die Ecke kommt, die dem Ehegattensplitting gleichgestellt werden sollen.
Hab ich das jetzt richtig verstanden, dass damit im Prinzip alle außer Singles Steuervorteile bekommen, also letztlich die Singles eine Strafsteuer draufbekommen?
Wurde ja neulich irgendwo berichtet, dass es immer mehr Singles gibt, inzwischen so richtig viele. Nette Zielgruppe, um denen einen Steuererhöhung aufzubraten, indem man einfach so tut, als würde man allen anderen Steuervorteile gewähren.
Dabei haben Singles ja bereits jetzt schon deutlich höhere Lebenshaltungskosten. Gab kürzlich irgendwo mal eine Untersuchung, die kamen auf einige hundert Euro pro Monat. Und natürlich größere Risiken und Probleme etwa bei Krankheit, Abwesenheit usw. Insofern müsste man eigentlich eher diese Zusatzkosten als Belastung absetzen können.
Ich fühle mich diskriminiert und benachteiligt.
22 Kommentare (RSS-Feed)
“Steuer kommt von Steuern im Sinne von lenken.”
Das ist eine sprachliche Eigenheit des Deutschen, die ich für ein großes Unglück halte. Ein Auto mit Motor und Bremse zu lenken macht Spass, aber nicht für die Fussgänger am Strassenrand.
Das Ehegattensplitting stellt sicher, dass Ehepaare mindestens nicht schlechter gestellt werden als Alleinstehende. Dieser Grundsatz hat in unserem schönen Land Verfassungsrang. Ausserdem sorgt es dafür, dass die Besteuerung eines Ehepaares nur von der Summe der beiden Einkommen abhängt, und nicht von deren Verteilung. (Warum sollten zwei Haushalte mit der gleichen Einkommenssumme unterschiedlich besteuert werden, wenn in einem beide gleich viel verdienen, und im anderen ein Alleinverdiener das gleiche erwirtschaftet ?)
Es lässt sich mit mathematischen Mitteln beweisen, dass diese Grundsätze ohne Ehegattensplitting (und den daraus entstehenden Splittingvorteil) nicht zu erfüllen sind, somit ist das ganze ein notwendiges Übel. (VWL Grundstudium. Ich hatte das ‘Vergnügen’ mir diesen Kram im Nebenfach anzuhören.)
Es ist nun seit wir nicht mehr von der Kirche oder anderen Fanatikern beherrscht werden nicht vernünftig zu erklären, weshalb eine gleichgeschlechtliche Ehe (oder wie man das Kind nun nennen will) anderen Grundsätzen unterliegen sollte, als eine klassische.
Man kann das pessimistisch “Strafsteuer” nennen, aber folgt man den oben formulierten Grundsätzen, geht es schlicht und einfach nicht anders.
“Insofern müsste man eigentlich eher diese Zusatzkosten als Belastung absetzen können. ”
Wieso denn das ? Besteuerung ist ein Instrument mit dem der Staat das Verhalten seiner Bürger lenkt. Der Staat möchte gerne, dass seine Bürger in Familien zusammenleben, die sich gegenseitig unterstützen (was den Staat im Ernstfall entlastet), und aus denen möglicherweise Kinder hervorgehen, bzw die welche versorgen können. Also “belohnt” er die natürlich.
@Oppi: Nein!
Man muss in der Nähe des Arbeitsplatzes wohnen, um Einkommen erzielen zu können. Damit habe ich höhere Erwerbskosten als zwei verheiratete Leute, weil ich die Miete allein zahlen muss. Die müsste ich beispielsweise von der Steuer absetzen können.
Deshalb sollte man statt von “Steuern” eher von “Gebühr”, “Belastung”, “Raub”, “Erpressung” und “Enteignung” sprechen. Das paßt begrifflich nämlich viel besser auf die Realität.
Ob Menschen allein, zu zweit oder als Rudel leben, sollte den Staat nichts angehen. Allein die Aufzucht von Kindern sollte steuerlich gefördert werden.
Was hast du gegen „gleichgeschlechtliche Ehen” bzw. „eingetragene Partnerschaften”?
Es gibt genug Heteropartnerschaften ohne Kinder und da beschwehrst du dich weshalb nicht über sie Steuervorteile?
@Heinz: Ich hab nichts gegen Homo-Ehen. Ich habe was dagegen, dass sich wieder mal eine Lobby durch Lobbyismus selektive Steuervorteile verschafft.
@ Oppi
volle Zustimmung
bzw. was ist mit den gleichgeschlechtlichen Paaren, in denen ein Kind aus vorheriger Ehe mitgebracht wurde – dürfen die auch kein Steuervorteil haben? – wieso nicht?
PS.: Ja ich weiß wieso nicht – die chr. Kirchen haben einfach immernoch viel zu viel Einfluss 🙁
@Joe: Ach ja. Und wie nennst du dann aus Steuern bezahlte Förderung? Benutzt du Straßen? Benutzt du Straßen-, Eisen- oder U-Bahn? Gehst du ins Theater? Guckst du manchmal öffentlich-rechtliches Fernsehen? Oder gehst du einfach mal im Stadtpark spazieren?
Ja, Steuern sind eine Enteignung im eigentlichen Sinne. Aber die Steuergelder frisst der Finanzminister doch nicht persönlich auf!
@Hadmut: Ja, das ist eine Lobby. Aber außnahmsweise mal glaube ich an dieser Stelle, dass sie recht haben. (Diese Position weicht allerdings davon ab, dass diese Lobby _immer_ recht hat.)
Lobbyismus ist nur dann schlecht, wenn man selbst keine Lobby hat. Und da wir den Lobbyismus so schnell nicht hinter uns lassen werden, sollte man eher dagegen was tun, als gegen Lobbyarbeit im Allgemeinen.
Doch. Lobbyarbeit ist dann schlecht, wenn sich einzelne Bevölkerungsgruppen auf Kosten anderer bereichern.
@Phil: “Steuer kommt von Steuern im Sinne von lenken.”
Das ist typisches Nachplappern ohne selbst zu reflektieren. Mag sein, dass das ursprünglich da herkommt – hat aber heute keine relevanz, da nicht mehr so verwendet. Beispiel Lohnsteuer: eine Steuer, damit die bestraft werden, die Arbeiten? Also als Anregung des Staates, weniger zu Arbeiten? Oder: die Schrittweise Erhöhung der Tabaksteuer (“um ein Ausweichverhalten der Raucher zu vermeiden”).
Das ist übrigens auch eine verbreitete Unart bei Dissertationen und anderen Arbeiten, sich einem Themengebiet über sprachliche Herkunft zu nähern, statt es nur inhaltlich zu erfassen.
@unwichtig: Zumal es nicht mal sprachlich stimmt.
Steuer kommt nicht von Steuern, sondern vom althochdeutschen stiura, was Stütze, Unterstützung bedeutet.
Weil man früher die Steuerruder an Schiffen auf so eine Stütze baute, hat sich daraus „steuern” als Lenken eines Bootes entwickelt. Die Steuer im Sinne der Abgabe ist aber das ältere Wort, und sprachlich hat sich Steuern im Sinne von Lenken daraus entwickelt und nicht umgekehrt.
Es ist also Unfug, dass Steuern Steuern heißen, weil sie steuern sollen. Einfach nur platt dahergeschwätzt.
Früher hieß das auch anders, beispielsweise den Zehnten.
Zumal ich zu bedenken gebe, dass das Ehegattensplitting und andere Steuervorteile für Ehepartner vor dem Hintergrund einer Familienpolitik zu sehen ist: Wer Kinder großzieht, hat höhere Belastungen und soll dafür steuerliche Erleichterungen genießen können (was bis hin zur Zahlung von Kindergeld geht). Nun haben wir aber eine ziemlich niedrige Geburtenrate, was bedeutet, dass auch viele Ehen kinderlos bleiben. Wozu sollen diese dann steuerliche Vorteile in Anspruch nehmen können? Ich sehe keinen Unterschied zwischen einem Singlehaushalt und einer kinderlosen Ehe – höchstens auf Seite des verfügbaren Einkommens, sofern beide Partner arbeiten.
@Oppi: Der Staat hat nicht “das Verhalten seiner Bürger zu lenken”. Ein Blick ins Grundgesetz zeigt Ihnen, dass jeder Bürger das Recht hat, seine Persönlichkeit frei zu entfalten.
Steuern dienen ausschließlich der Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs des Staates, und werden OHNE ANSEHEN DER PERSON von allen erhoben, die den jeweiligen Steuertatbestand erfüllen. Der gerne genannte “Lenkungsaspekt” ist eine hohle populistische Phrase.
“Wer Kinder großzieht, hat höhere Belastungen und soll dafür steuerliche Erleichterungen genießen können (was bis hin zur Zahlung von Kindergeld geht).”
Was das betrifft, so gibt es eben Kindergeld oder die einkommensteuerlichen Kinderfreibeträge. Das Ehegattensplitting kommt eher von der Überlegung, dass der “Ernährer” das Einkommen und die Hausfrau die Hausarbeit hat, also aus dem traditionellen Rollenverständnis.
Daher ist die Forderung nach dem Splitting für *alle* Partnerschaften nur konsequent, wenn man an diesem Rollenverständnis festhalten will. Das kann mit einer Art gemeinsamen Veranlagung des gesamten Haushaltes (einschließlich der Kinder) auf die Spitze treiben, wenn man will.
Beim ALG II ist das bereits geschehen. Dort besteht, was einkommenslose Bedarfsgemeinschaftsmitglieder betrifft, eine Unterhaltspflicht. Dann kann man argumentieren, dass die Steuerpflicht diese nicht dadurch unterläuft, dass dem erwerbstätigem Teil durch Einzelveranlagung der Unterhalt übermäßig erschwert wird.
@dochpalese: Schon richtig, aber im von Ihnen genannten “traditionellen Rollenverständnis” ist ein Elternteil (zumindest vorübergehend) erwerbslos, weil er sich um die Kinder kümmern muss. Außerdem müssen sich auch Singles um ihren Haushalt und ihre Einkäufe kümmern – ohne es mit einer zweiten Person aufteilen zu können.
Was das “traditionelle Rollenverständnis” mit nur “einem Ernährer” und der “Hausfrau” angeht: Das ist ein billiges Klischee! Meine Großeltern, Großonkel und -tanten mussten (!!!) beide arbeiten, um genug zum Leben zu haben, denn vom Staat gab es kaum etwas – trotz bereits bestehender Sozialversicherung. Dabei mussten sie selbstvertändlich noch die Kinder großziehen.
Frauen mussten schon immer auf dem Hof mitarbeiten oder haben nach der Industrialisierung in den Fabriken gearbeitet, damit die Familie genug zum Leben hatte. Auch wenn sie verglichen mit einem Mann meist weniger verdient haben: Die “Hausfrau” ist Luxus des Wirtschaftswunders aus der Nachkriegszeit.
Ein guter Kommentar dazu im Tsp: http://www.tagesspiegel.de/meinung/diskussion-um-die-homo-ehe-familie-ist-wo-kinder-sind/6973732.html
Soweit ich das mitbekommen habe, geht es bei dem Vorschlag in erster Linie darum, dass die eingetragenen Lebenspartnerschaften vom Staat bereits jetzt in ihren Pflichten den Ehepaaren gleichgestellt sind, beispielsweise was gegenseitige Unterhaltpflicht oder Zurechnung zu einer Bedarfsgemeinschaft im SGB II angeht. Daher ist nicht mehr begründbar, wieso sie in den steuerlichen Vergünstigungen nicht ebenfalls Ehepaaren gleichgestellt werden.
Allerdings besteht die gleiche Asymmetrie auch bei Paaren, die unverheiratet mit gemeinsamen Kindern leben.
Eine andere Frage ist natürlich, ob man den Quatsch mit dem Ehegattensplitting nicht gleich abschaffen sollte. Es kann ja nicht Sinn der Sache sein, dass eine alleinerziehende berufstätige Mutter Steuervergünstigungen finanziert, die sie selbst nur dann nutzen könnte, wenn sie ihr Kind gegen einen Mann eintauschte.
ja aber warum sollte denn die Gemeinschaft Singles bevorzugen? Steuervorteile sollten ja eigentlich denen zugute kommen, die aus Sicht der Gemeinschaft einer Förderung bedürfen, weil diese Gemeinschaft sich was davon verspricht.
Mir ist klar dass das in der Realität oft anders ist. Ich wollte jetzt nur mal ein paar mehrheitsfähige Argumente für solche Förderung von Singles hören, anstatt immer; warum etwas fälschlicherweise gefördert werden würde…
Ist es nicht immer dasselbe? Es wird eine Ungerechtigkeit (richtigerweise) erkannt und soll dann durch eine andere Ungerechtigkeit (unrichtigerweise) ersetzt werden: Ich fände es durchaus sinnvoll, das Ehegatten-Splitting in der jetzigen Form abzuschaffen, denn ein Trauschein allein zeugt noch keine Kinder. Anstatt dann aber zusätzlich zu kinderlosen (heterosexuellen) Ehepaaren auch noch kinderlose (homosexuelle) Partnerschaften zu Nutznießern der Ungerechtigkeit zu machen, sollte der Staat eher diejenigen unterstützen, für die das Ehegatten-Splitting ursprünglich mal eingeführt wurde, nämlich die Kinder. Das behaupten doch CDU, CSU und FDP immer so vehement, dass das dafür gedacht sei… 😉
Meiner Meinung nach sollte also die alleinerziehende Mutter oder der alleinerziehende Vater für die aktive Brutpflege ebenso belohnt werden wie das schwule/lesbische Paar mit (Halb-)Adoptivkind oder das klassische Ehepaar mit zwei Kindern. Die heute so zahlreichen DINKi’s aber (Double Income No Kids) sollten wie alle anderen Menschen auch -Trauschein hin oder her- lernen mit ihrem Einkommen auch ohne Papa Staat auszukommen.
Mein Vorschlag stellt zwar die Singles auch nicht besser als heute, aber immerhin wären dann mal Planung und Gesetzesrealität einigermaßen im Einklang miteinander, wenn aus der Trauscheinförderung eine Kinderförderung wird. 🙂
Schwule Grüße, Niko
Nunja,
auch die Abschaffung des Splittings für DINKs wird von denen als Ungerechtigkeit eimpfunden. Insbesondere dann, wenn diese gerne Kinder hätten, aber es aus welchen Gründen auch immer nciht funktioniert.
Man kann es halt nicht jedem Recht machen und irgendeiner wird es halt als imemr ungerecht empfinden.
Ich bin ja der Ansicht, daß man einfach ein Familieneinkommensplitting machen sollte:
Man erklärt der Steuerbehörde, wer alles zur Familie gehört udn das gemeinsame einkommen wird durch die Anzahl der Familienmitglieder geteilt udn entsprechend besteuert.
Allerdings sollte die Sache auch einen Haken haben: Die Familienmitglieder sind dann auch füreinander verantwortlich, sowas wie “Gütertrennung” gibt es dann nicht oder nicht in dem Umfang wie jetzt und jeder hat Anrecht auf “seinen Anteil” am Familieneinkommen.
Steuer kommt von Steuern im Sinne von lenken.
IMHO ist es für den Staat (als ganzes, nicht als Behörde) von Vorteil, wenn seine Bürger in Partnerschaften zusammen leben.
Die Vorteile sind u.a.:
* gegenseitige Pflege in Falle einer Krankheit
* Teilung von Ressourcen (Wohnung, Auto, etc.)
* Teilung von Wissen
* Psychologischen Rückhalt
Im Prinzip ist dies gut. Man könnte statt Steuervorteilen natürlich auch fordern, dass “Single-Angebote” verbessert werden, z.B. indem Stammtische und Angebote wie Car-Sharing gefördert werden.
> Ich fühle mich diskriminiert und benachteiligt.
Diskriminieren bedeutet ja erst einmal, dass unterschieden wird. Der Natur des Menschen entspricht es, dass dabei auch eine Wertung in besser und schlechter erfolgt.
Zu jeden Vorteil gehört auch ein Nachteil, der insbesondere aus dem nicht erhalten des Vorteils besteht.
Die Frage ist also eher ob der Vorteil/Nachteil gerechtfertigt und moralisch vertretbar ist.
Ich befürworte die Förderung von Lebenspartnerschaften (auch in Form einer Ehe) durch den Staat (als Behörde), da ich denke das dies der Gesellschaft insgesamt förderlicher ist.
Eine andere interessante Frage ist, ob die gesetzlichen Formen der Lebenspartnerschaft (Ehe, eingetragene Partnerschaft) in dieser Form noch sinnvoll sind, und ob die gesetzlichen Vorgaben zum Steuerrecht (insbesondere was wie besteuert werden darf) sinnvoll sind.