Propofol
Da hätte ich gestern wohl fast die Gelegenheit gehabt, endlich mal persönlich mit Michael Jackson zu singen.
So kann’s gehen.
Ich bin zwar nicht ernstlich krank, aber so richtig kerngesund bin ich auch nicht. Man sagt ja, dass wer sich für gesund hält, einfach nur noch nicht richtig untersucht worden ist.
Eines meiner Zipperlein ist die Magensäure. Zuviel des Guten. Das hat zwar den Vorteil, dass ich Allesfresser bin und mir wenig Sorgen machen muss, wenn ich mich durch irgendwelche asiatischen Straßenstände fresse, weil meine Magensäure so ziemlich alles kleinkriegt, aber eben auch den Nachteil, dass ich dazu neige, mich selbst zu verdauen (obwohl ich nicht schmecke). Selten Reflux, aber wenn, dann leicht so, dass ich mir die eigene Speiseröhre anätze, wenn ich nichts zu trinken griffbereit habe. Und es greift natürlich die Magenschleimhaut an.
Deshalb gehe ich so dann und wann im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen zu Magen- und Darmspiegelungen.
Über meine letzte von 2019 hatte ich im Blog berichtet (Innenansichten eines Informatikers), ebenso aber über meinen gescheiterten Versuch von 2021, aufgrund aktueller Beschwerden eine Magenspiegelung zu bekommen. Ich hatte mich seither mit Präparaten der Kategorie Protonenpumpenhemmer kuriert, wenn es zu arg wurde, weil ich nicht weiß, was ich von denen halten soll. Früher galten sie als Wundermittel, dann wurde von ihnen gewarnt, weil sie alles nur viel schlimmer machten, weil sich der Körper daran gewöhne und noch mehr produziere. Dann wieder hieß es, der Nutzen übersteige die Nachteile, und wenn man sie brauche und sie helfe, dann solle man sie auch nehmen. Ich versuche das deshalb knapp zu halten, und höchstens eine Zweiwochenpackung pro halbem oder ganzem Jahr zu nehmen, damit der Magen sich etwas erholt. Funktioniert auch meistens. Zwei Wochen eine kleine Pille, und dann ist es für eine Weile wieder gut.
Man muss es aber kontrollieren, weshalb ich alle paar Jahre zur Magen- und Darmspiegelung gehe. Was sich übrigens bewährt hat, weil man mir dabei schon Darmpolypen entfernt hat, von denen man mir sagte, dass sowas potentiell zu Darmkrebs führen könne.
Es gibt mutige (manche sagen: dumme) Leute, die das alles im Wachzustand machen. Es gibt Leute, denen das nichts ausmacht. Die schlucken das Endoskop einfach runter und fertig.
Bei mir geht das nicht, weil ich einen äußerst starken Würgreflex habe, was mitunter schon beim Zahnarzt zu Problemen führt, wenn es an die hintersten Backenzähne geht. Sogar beim Zähneputzen oder besonders mit so einem Zungenreiniger muss ich aufpassen, denn wenn ich zu weit nach hinten komme, löse ich den Würgreflex aus.
Bei einer ersten Darmspiegelung bekam ich damals „Dormicum“. Das Zeug ist übel. Man schläft währenddessen nicht richtig ein und wird hinterher nicht richtig wach. Ich kann mich erinnern, dass ich während der Darmspiegelung teilnahmslos auf dem Kontrollmonitor zugesehen hatte, und dann nach dem Aufwachen gefragt hatte, was für ein gruseliges gelbes Geschwür ich da in meinem schönen rosa Darm gesehen hatte. Antwort: „Das war ein Stuhlrest“. Man lernt ja immer dazu. Dafür war ich dann hinterher nur mit Mühe und Selbstbeherrschung in der Lage, in das bestellte Taxi zu steigen und mich von dem nach Hause fahren zu lassen, wobei mir zugute kam, dass die Arztpraxis einen Taxidienst an der Hand hatte, der eingewiesen war, weil sie bei denen ja ständig bedröhnte Patienten abholten, nach Hause brachten und achteten, dass die es auch bis in die Wohnung schaffen.
Beim zweiten und dritten Mal (ich bin umzugsbedingt jedesmal bei anderen Ärzten gewesen) bekam ich dann Propofol.
Propofol erschien mir bisher als sehr gut. Ruckzuck ist man weg, bekommt von der ganzen Sache überhaupt nichts mit, und wacht dann wieder auf. Man liegt dann noch etwa eine halbe Stunde rum, ist belämmert, ich fühle mich dann immer sehr licht- und blendungsempfindlich und mag die Augen nicht aufmachen, um nicht in Deckenlampen oder Sonne zu blicken. Ich habe schon (wie im 2019-Artikel beschrieben) einer Arzthelferin beim Aufwachen eine dumme Antwort gegeben, kann mich aber erinnern, dass ich mir da so richtig überlegen, genial und witzig vorkam. Das gehört zu den Nebenworkungen von Propofol: Es wirkt euphorisierend und wird angeblich von manchen deshalb – niedrig dosiert – sogar als Droge eingesetzt. Ich kann mich aber auch erinnern, in einer großen Praxis mit mehreren Behandlungszimmern im Aufwachraum gelegen zu haben, mit vielen anderen Leuten, abgetrennt durch Paravents. Man sieht sich nicht, aber man hört sich. Und der Punkt ist eben, dass man nach einer Darmspiegelung furzen muss wie Conan der Barbar. Weil sie einem den Darm aufpumpen. Die blasen da Luft rein. Das riecht dann auch nicht, weil der Darm ja im wesentlichen leer und gut ausgewaschen ist, aber man liegt da mit einem gefühlten Dutzend Leuten in einem Raum, sieht sie nicht, und gibt ein Furzkonzert, weil ständig irgendwo einer laut furzen muss. Mit einer euphorisierenden Droge im Blut. Hurra! Das war wirklich lustig.
Und nach einer halben Stunde nach dem Aufwachen merkt man kaum noch etwas, nach einer Stunde ist die Sache erledigt. Man darf zwar (und das ist gut so) an dem Tag kein Auto mehr fahren, nicht mal Fahrrad, keine Maschinen mehr führen, und schon als Verkehrsteilnehmer sehr aufpassen (sich abholen lassen oder zumindest auf dem kürzesten Weg mit Taxi oder ÖV zurück), aber ich habe mich da immer ganz normal gefühlt, bin erst mal was essen gegangen.
Deshalb fand ich die Magen- und Darmspiegelungen bisher auch immer harmlos, denn man merkt davon ja eigentlich gar nichts. Man kriegt es ja gar nicht mit.
Unangenehm ist die Darmentlehrung vor der Darmspiegelung, weil das Zeug, das man trinken muss, auch wenn es da verschiedene gibt, trotz der zugesetzten Geschmacksstoffe, die zumindest einen gewissen Zitronengeschmack vorgaukeln sollen, einfach widerlich schmeckt. Am besten gekühlt und immer als großes Glas einfach runterstürzen, bevor die Zunge merkt, wie es schmeckt. Irgendwo habe ich gelesen, dass das einfach Salze sind, die der Darm nicht aufnehmen kann, und die abführende Wirkung einfach darauf beruht, dass große Mengen Wasser dahin kommen, wo normalerweise kein Wasser hinkommt, und nicht etwa medikamentös abgeführt wird, sondern wirklich nur mechanisch durch die Spülung des Darms. Apropos Spülung. Mit der schließt man dann eine innige Freundschaft.
Was nicht heißt, dass das immer harmlos ist. Bei einer früheren Magenspiegelung kam es zu einem Unfall, mir ist dabei nämlich überschüssige Magensäure in die Lunge gelaufen und hat die Lunge verätzt (verdaut), der Lungenarzt meinte aber, es wäre nicht schlimm, kein Problem, das länger als ein paar Tage andauere.
Davon abgesehen ist es normal, dass man dann ein leichtes Kratzen im Hals hat, weil da das Endoskop drin war, aber nicht schlimm.
Gestern war es anders
2021 hatte ich keine Magenspiegelung bekommen, weil ich ja früher nicht in die Privatversicherung gekommen war, immer noch in der Gesetzlichen bin, und da den Höchstsatz zahle (obwohl ich Single bin). Manche Leser meinen allerdings, ich solle froh sein, in der Gesetzlichen zu sein, so wie die Preise in der Privaten gerade steigen. Andere meinen, Singles seien in der Privaten besser dran, aber eben auch nur dann, wenn sie in jungen Jahren gewechselt haben. Und 2021 und wohl auch noch 2022 gab es irgendeinen Streit zwischen den Gastroenterologen und den Krankenkassen, weil die wegen der Corona-Pandemie und zusätzlichen Schutzmaßnahmen zusätzliche Kosten hatten, die Kassen die aber nicht zahlen wollten. Und die Gastros deshalb gestreikt und lange Zeit fast nur noch Privatpatienten behandelt haben.
Ich wartete also schon länger auf eine Spiegelung, bekam aber keinen Termin. Fragt man rum, bekommt man eigentlich immer dieselbe Antwort: Keine Termine per E-Mail, oft auch keine Telefonisch. Nur online, und da dann entweder gar keine oder nächster freier Termin im Juni oder Juli.
Ich hatte aber von einer mir bisher unbekannten Methode erfahren, an einen Termin zu kommen, und noch dazu das Glück gehabt, dass bei einem Arzt ganz kurzfristig ein Termin frei war (womöglich eine Absage), und deshalb einen Termin in zwei Tagen bekommen und dazu den Hinweis, ich möge das wie einen Sechser im Lotto zu schätzen wissen.
Also war ich gestern morgen zu einer Magenspiegelung in einer Arztpraxis. Weil ich das ja schon ein paarmal mitgemacht habe, ohne vorheriges Aufklärungsgespräch. Und weil es diesmal nur eine Magen- und keine Darmspiegelung war, ich auch vorher kein Abführmittel nehmen und den Darm leeren musste. Nüchtern kommen, 6 Stunden vorher nichts mehr essen, 1 Stunde vorher auch nichts mehr trinken.
Also ging ich dahin, habe noch die älteren Befunde mitgenommen, dachte mir so, dass ich das mache, wie immer. Hinlegen, Piekser in den Arm, Hauptsicherung raus, dann irgendwo wieder aufwachen, noch eine halbe Stunde auspennen, und fertig. Wieder gehen.
Aber, ach.
Beim Aufwachen merkte ich gleich, da stimmt was nicht.
Ich habe mich selbst durchgezählt und kam zu dem Schluss, hier stimmt einiges nicht.
- Dröhnende Kopfschmerzen, fühle mich auf einmal richtig krank und erschlagen.
- Unterlippe halb schmerzhaft, halb taub, deutlich geschwollen, verletzt, kleiner Riss in der Vorderseite, leicht salziger Wundgeschmack.
- Richtig dolle Halsschmerzen, der Rachen wund
- Schüttelfrost. Obwohl es nicht kalt war und ich nicht gefroren habe, hatte ich Schüttelfrost.
- Als ich es sagen wollte: Stimme weg. Konnte nur flüstern, Stimmbänder komplett ausgefallen.
- Etwas zuviel Aufmerksamkeit um mich herum.
Irgendwie merkt man das, wenn die Leute sich mehr um einen kümmern als normal, etwas nervös sind. Die Helferin fragte gleich, wie es mir geht, und sogar der Arzt selbst schaute rein und erkundigte sich, und sagte etwas zu meiner Verblüffung, nämlich dass Danisch und Magenspiegelung gar nicht gut zusammengehe, künftig soll ich mich dafür in ein Krankenhaus begeben.
Und dann bekam ich auch noch eine Infusion. So eine Halbliterflasche. Keine Ahnung, was drin war. Vielleicht gar nichts, nur die Salzlösung, um Flüssigkeit zuzuführen. Vielleicht als Plazebo, weil ich ruhig liegen bleiben sollte, bis das durchgelaufen sei.
Als ich sagte, dass ich mich so kaputt fühle und mir die Lippe weh tut, hat man mir dann gesagt, dass die Spiegelung zwar letztlich funktioniert habe, ich aber auch in der Narkose ungewöhnlich stark gewürgt habe. Man habe deshalb mehr Propofol geben müssen. Die Verletzung an der Lippe sei eine Folge des Würgens. Man bekommt ja vor der Narkose so ein Mundstück in den Mund gesteckt, im Prinzip ein ovales Stück Rohr zum Draufbeißen, damit die das Endoskop zwischen den Zähnen durchschieben können. Das sei halt der Negativ-Abdruck auf den Lippen. Das kam mir aber etwas komisch vor, weil ich dieses Beißstück als sehr breit und glatt in Erinnerung hatte.
Der Schüttelfrost sei eine normale Nebenwirkung von Propofol. Der Körper reagiere damit auf das Absinken des Blutdrucks. Der Schüttelfrost war dann auch kurz nach Anlegen der Infusion wieder weg.
Einige Zeit später, die Infusion durchgelaufen, war ich dann auch wieder in der Senkrechten, fühlte mich aber ziemlich geschlaucht.
Zum Abschlussgespräch beim Arzt, das Ergebnis der Spiegelung erfahren. Eigentlich sähe es besser aus als in den Befunden der früheren Spiegelung, aber die Magenschleimhaut sei nicht ganz frisch, entzündet. Daher die Beschwerden. Er habe eine Probe entnommen, abschließende Klärung nach Eingang des Laborberichts.
Er wiederholte: Danisch und Magenspiegelung, das gehe nicht gut zusammen. Ich hätte sehr, sehr stark gewürgt, und man habe mehr Propofol geben müssen.
Und dann sagte er etwas, worauf ich nicht gleich reagiert habe, worüber ich erst auf der Heimfahrt nachdachte: Die Grenze zwischen „ist noch zu wach“ und „atmet nicht mehr“ sei bei mir sehr, sehr dünn, das kenne man so nicht. (Könnte vielleicht daran liegen, dass ich keinen Alkohol trinke, zumindest hat eine Anästhesistin mir das nach einer Operation mal gesagt, dass das der Grund dafür sein könnte, warum Narkosemittel bei mir deutlich wirken, während sie manchmal Alkoholiker auf dem Tisch hätten, die man mit Narkosemittel vollpumpt und die dann immer noch wach sind.)
Auf dem Heimweg habe ich überlegt: Woher weiß der, dass die Grenze zu „atmet nicht mehr“ bei mir sehr dünn sei? Der kannte mich nicht, ich war noch nie bei dem, und in den Befunden und der Überweisung, die ich mitgebracht habe, stand auch nichts davon. Das kann ja nur heißen, dass genau das auch passiert ist. Dass die deshalb alle so ein bisschen nervös und durch den Wind waren.
Ich habe inzwischen mal etwas gegoogelt, gelesen, auch einen Notarzt befragt.
Das ist schon allgemein bei Propofol so, dass die Grenze zwischen ausreichend und zu viel sehr dünn ist. So heißt es beispielsweise hier:
Zwar ist Propofol aufgrund der kurzen Halbwertzeit gut steuerbar, problematisch ist allerdings die geringe therapeutische Breite. Das heißt: Der Dosisbereich zwischen Unter- und Überdosierung ist relativ gering, die optimale Dosis befindet sich in einem sehr engen Rahmen.
Wird Propofol überdosiert, so können die Folgen dramatisch sein. Die Nebenwirkungen wie Blutdruckabfall, Atemdepression bis Apnoe und Bradykardie können einen schweren Verlauf annehmen und zu Koma sowie zum Tod durch Herzstillstand führen.
Als völliger medizinischer Laie habe ich mir daraus den Verdacht zusammengereimt, dass die, wie sie ja auch andeuteten, aufgrund meines sehr starken Würgreizes, mehr Propofol gegeben und dabei überdosiert haben. Das würde dann nicht nur erklären, warum ich mich wie erschlagen gefühlt habe, sondern auch den Schüttelfrost, der bei 1% auftrete. Ich hatte keine Uhr im Blick, aber mir kam es nämlich auch so vor, als wäre ich deutlich länger in Narkose gewesen als sonst mit Magen- und Darmspiegelung zusammen. Ich bin viel später aus der Praxis gegangen als ursprünglich geplant. Nochmal Thieme:
Propofol ist ein kurz und rasch wirksames Injektionsnarkotikum, das nur für die parenterale Anwendung verfügbar ist. Bereits 10 bis 20 Sekunden nach der Injektion tritt die Wirkung ein und dauert bei einmaliger Applikation lediglich 8 bis 9 Minuten an. Die Eliminationshalbwertzeit beträgt zwischen 1 und 3 Stunden.
Ich kann die Bemerkung des Arztes nicht anders interpretieren, als dass es zum Atemstillstand gekommen sein muss. Sonst könnte er das ja nicht wissen, dass bei mir die Grenze sehr dünn sei.
Das an sich sehe ich jetzt noch nicht so kritisch, wie es sich anhört, denn wer Narkosen gibt, muss auch damit umgehen können, obwohl es ja Leute gibt, die der Meinung sind, dass das nur Anästhesisten machen dürften, die das und nichts anderes machen.
Was aber wäre dann, wenn es dazu käme?
Man hatte mir zwar vor der Narkose eine „Sauerstoffbrille“ unter die Nase und einen Pulsoximeter an den Finger. Aber aus irgendwelchen Gründen, die ich noch nicht verstanden habe, war ich nach der Narkose bis in die Nacht völlig zugerotzt, als hätte ich einen ganz schweren Schnupfen, obwohl gestern morgen die Nase noch völlig frei war und sie es auch seit heute morgen wieder ist. Und der Stunden-Schnupfen wurde noch nicht erfunden. Wenn das aber irgendeine Nebenwirkung der Narkose oder Untersuchung war, dass mir die Nasenschleimhäute durch Anschwellen und Rotz zugegangen waren (Ich bin heute nacht wegen eines völlig ausgetrockneten Mundes durch Mundatmung aufgewacht und haben was trinken müssen, seit dem Aufstehen ist aber alles wieder völlig normal und frei.), dann hilft auch eine Sauerstoffbrille in der Nase nicht viel.
Ich vermute deshalb, dass mir wegen Überdosierung des Propofols die Atmung ausgesetzt, dann der Pulsoximeter am Finger Alarm geschlagen hat (dafür ist er ja da), und man mich dann notfallmäßig intubiert hatte. Das könnte vielleicht erklären, warum mir der Hals so weh tat und ich gestern den ganzen Tag über nur flüstern, aber nicht mit Stimme sprechen konnte.
Weil ich mich über die seltsame Verletzung an der Lippe gewundert hatte und die nicht recht zur Form des – völlig glatten – Beißstückes passen wollte, und sich im Spiegel dann als exakt zentriert und die Schwellung als rechteckig herausgestellt hat, ich bei einem unkontrollierten Draufbeißen aber wohl kaum exakt gerade und mittig gebissen hätte, und Würgen auch etwas anderes ist als ein Beißkrampf etwa wie bei einem epileptischen Anfall, habe ich einen Notarzt gefragt, ob bei hektischer Intubation die Unterlippe verletzt werden kann. Antwort:
Kann ich mit einem ganz klaren Ja beantworten!
Das kommt, wenn man die Unterlippe unter dem Laryngoskop, also der Griff mit Spatel, um den Kehlkopf einzusehen, einklemmt.
Das sollte eigentlich mit zunehmender Erfahrung nicht mehr passieren, ist aber trotzdem manchmal im Notfall unter schwierigen Bedingungen leider nicht ganz zu vermeiden.
Ich habe sowas noch nie live gesehen, nehme aber mal an, dass man dann, wenn so ein Notfall vorliegt, zwar nicht mit Gewalt, aber mit einem gewissen Durchsetzungswillen zur Sache geht. Wie sonst sollte man auch auf einen Atemstillstand reagieren als zu intubieren und irgendwas daran anzuschließen, Beutel oder Maschine? Gut zureden?
(Wusstet Ihr eigentlich, dass die alten Ägypter in ihrem Werkzeugkasten zum Einbalsamieren von Mumien einen Haken für den Rachen hatten, der verblüffende Ähnlichkeit mit einem Laryngoskop hat?)
Es wirkt, als hätten die da ihre Notfallmaßnahmen gekannt und im Griff gehabt, aber vielleicht nicht ständige Übung darin. Das war vielleicht der Grund für die Bemerkung, dass ich das künftig in einem Krankenhaus machen lassen sollte. (Es erinnerte mich an eine Begebenheit vor 33 Jahren im Krankenhaus, als mir eine Schwesternschülerin mit Rettungswagenerfahrung erzählte, dass man die Art und Weise, wie mir der Katheter für die Chemo am Schlüsselbein vorbei gelegt wurde, im Rettungswagen nicht anwenden dürfe, sie aber – noch – nicht wisse, warum das verboten ist. Törichterweise hatte ich dann den Anästhesisten, der mir das Ding gelegt hatte, danach gefragt, weil ich es wissen wollte, und der sagte, dass das zu einem Pneumothorax führen könne, wenn man zu tief sticht, und der in einem OP kein Problem sei, in einem Rettungswagen aber sehr wohl. Deshalb würden diese Katheter auch in einem OP gelegt, was mir bis dahin übertrieben schien. Die arme Lernschwester hat für meine Frage einen Höllenärger bekommen, sowas dürfe man doch einem Patienten auf gar keinen Fall sagen. Woraufhin ich damals sauer wurde und gebeten habe, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich Wissenschaftler bin und sowas grundsätzlich wissen wolle. An diese Situation musste ich spontan denken.)
Mir geht es heute wieder deutlich besser. Der Hals tut deutlich weniger weh. Die Stimme klingt zwar noch stumpf und heiser, ist aber zumindest stimmlich wieder da. Die Nase ist wieder frei. Die Lippe ist zwar noch immer taub oder pelzig an der Vorderseite, aber der Bereich ist zurückgegangen und merklich abgeschwollen.
Das geht mir heute natürlich durch den Kopf. (Spässle, denn gestern ist es mir ja auch schon „durch den Kopf“ gegangen.) Da war ich möglicherweise gestern nicht weit weg davon, Gelegenheit zu bekommen, mit Michael Jackson zu singen. Und dann nicht bei Stimme zu sein. Wie ärgerlich wäre das gewesen.
Jedenfalls habe ich meine Laienmeinung über Propofol jetzt etwas neu justiert. Und muss auch für die Zukunft nochmal den Nutzen und die Risiken der Magenspiegelung neu abwägen.
Und auch über den oft geäußerten Vorwurf, dass zu viele Leute in ein Krankenhaus gingen, womit sie doch besser zu einem niedergelassenen Arzt gehen sollten. Das hört sich so nach Ping Pong an. Keiner will mich haben, jeder schickt mich zum anderen.
Ich habe nun gehobenes Verständnis für die Forderung, dass auch Propofol-Schläfchen eigentlich einen Anästhesisten erforderten, der sich nur darum und nichts sonst kümmert. Obwohl die da in der Praxis anscheinend richtig und rechtzeitig reagiert haben, sonst würde ich jetzt ja nicht bloggen. (Danke, Michael, nimm Dir auch was von den Keksen, können wir nachher nochmal Billie Jean probieren, die Stimme kommt wieder?) Wenn man allerdings weiß, dass die Gastroenterologen von den Kassen nicht einmal die Kosten für die zusätzlichen Hygienemaßnahmen wegen der Corona-Pandemie ersetzt bekamen…