Ansichten eines Informatikers

Politisierte Presse

Hadmut
25.8.2012 11:18

Wisst Ihr, was mir heute bei der Morgenlektüre so negativ aufgefallen ist?

Wie stark die Presse Parteipolitik macht und damit gegen ihre Aufgaben und Pflichten verstößt.

  • Die WELT versucht krampfhaft, die Piratenpartei unter die 5%-Schranke zu reden. Irgendwer muss da nachgerechnet haben, wie es bei der Wahl so und so ausgeht und ein enormes Interesse entwickelt haben, dass es so und nicht so ausgeht.

  • Nun hatte doch Gertrud Höhler gerade ein Buch veröffentlicht, in dem sie den Stil der Kanzlerin Merkel kritisiert. Ich hab’s nicht gelesen, aber gemessen an dem, was darüber geschrieben wird, ist es wohl im Ton etwas misslungen aber in der Sache wohl gar nicht so falsch. Denn genau die darin kritisierte Methode des persönlichen Mordens aller mit nichtkonformen Meinungen, dieses alles als „alternativlos” hinstellen, dieses Erwürgen jeder Debatte, ist doch genau der Stil, mit dem gerade Politik gemacht wird, besonders bei Merkel und von der Leyen. Und Kritik ist berechtigt, denn es ist kein demokratischer, berechtigter Stil.

    Aber kaum ist das Buch vorgestellt, attackiert SPIEGEL Online Höhler ad personam. Auch das wieder der typische Stil, der sich in Deutschland in Politik und Wissenschaft längst ausgebreitet hat, nämlich nicht mehr in der Sache zu diskutieren, sondern Kritiker ad personam zu diskreditieren, die Kritik darüber unglaubwürdig machen zu wollen. Dabei ist die Kritik des SPIEGELs an Höhler vielleicht durchaus berechtigt und vertretbar. Vielleicht war sie wirklich nie ernsthaft Kohl-Beraterin und hat das nur behauptet. (Und selbst wenn sie Kohl-Beraterin gewesen wäre: Was heißt das schon?) Aber die Ära Kohl ist ja nun auch schon eine Weile her und die Dame turnt seither ja sehr fleißig durch die Talkshows. Bisher hat man sich daran nicht gestört. Aber kaum kritisiert sie Merkel direkt, wird sofort die Munition aus den Dossiers geholt und gefeuert. Was ja ironischerweise ihre Kritik am System Merkel bestätigt.

Was mich daran vor allem stört ist, dass die Presse hier nicht mehr der Meinungsvielfalt dient, sondern sie im Gegenteil gerade bekämpft, und sich wieder mal zum Parteienwerkzeug macht.

12 Kommentare (RSS-Feed)

lars
25.8.2012 12:06
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Aber das Gute ist doch immer noch dass beinahe jede Partei ihre Presse hat 😀
Eine gewisse Vielfalt ist also sichergestellt. Interessant wäre nun noch eine Gegenüberstellung von Auflagen zu Umfragewerten.


Raphael
25.8.2012 13:02
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Aber immerhin hat die Opposition ja auch ihre eigenen Zeitungen: http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Druck-_und_Verlagsgesellschaft#Beteiligungen


Wie Jan Fleichhauer in einem seiner Bücher mal klargestellt hat sind unter den Journalisten Anhänger der Grünen wohl die stärkste Guppe, auch bei “konservativen” Blättern wie der Welt. Da kann die Führungsriege auch nicht viel gegen ausrichten, die Beeinflussung durch die Ansicht des Autors kann da sehr subtil erfolgen.

Es gibt dafür auch Belege, zum Beispiel hier: http://ef-magazin.de/2010/05/13/2118-journalisten-sind-links-zweidrittelmehrheit-fuer-die-neue-bundeskanzlerin-claudia-roth-mit-der-spd-als-juniorpartner

Und wer hat bei den grünen unter anderen einen deutlichen Stein im Brett? Feministinnen. Und bei welcher Partei haben Feministinnen den größten Stein im Brett? Den Grünen.

Keine Partei hat eine so absurde und extreme Regelung wie das grüne Frauenstatut, dass im Namen der Gleichberechtigung erlassen wurde, damit aber wenig zu tun hat.


HF
25.8.2012 14:10
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Was ist an dieser Entwicklung verwunderlich? Die Auflagen sinken, der Werbekuchen wird von Google kannibalisiert. Die überlebenden Zeitungen sind weder dem wirtschaftlichen Erfolg noch den Lesern verpflichtet, schon gar nicht haben sie einen Verfassungsauftrag. Persönliche Bindungen der Herausgeber sind viel wichtiger geworden. Das Verhältnis von Zeitungen und Politik ist eine säkulare Variante des Bündnisses von Thron und Altar.


Hadmut
25.8.2012 14:24
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> schon gar nicht haben sie einen Verfassungsauftrag

Das stimmt nicht so ganz.

Das steht zwar nicht explizit in der Verfassung drin, zumal die Verfassung nur die drei Staatsgewalten und nicht die (privatrechtliche) Presse bindet, aber die Presse nimmt einige Rechte für sich in Anspruch wie Pressefreiheit, Informantenschutz, Presserecht, Auskunftsanspruch usw. Und diese Rechte, die die Presse in Anspruch nimmt, fallen nicht vom Himmel, sondern beruhen darauf, dass die Presse gewisse demokratiefördernde Aufgaben wahrnimmt. Die Presse ist zwar nicht verfassungsrechtlich verpflichtet, das zu tun, aber ihre Sonderrechte erkauft sie sich eben damit, dass sie diese Verpflichtung annimmt und erfüllt.


Horst Schulte
25.8.2012 14:31
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Parteipolitik haben die Medien eigentlich doch schon immer gemacht. Vielleicht fällt uns Bloggern das jetzt stärker auf, weil wir, falls wir über Politik bloggen, ja ebenfalls meistens nichts anderes tun als Politik zu machen – unsere Politik.

So ist das Geschäft. Die sich mit der Bedeutung des Internets stark entwickelnde Transparenz stellt die Menschen scheinbar immer weniger zufrieden mit dem gegenwärtigen Zustand von Politik. Es entstehen immer stärker fokussierte und von der Politik abgewandte Meinungen, die zudem immer radikaler vorgetragen werden. Davon wiederum sind die Medien nicht ausgenommen.


Karl Marx
25.8.2012 21:06
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Wie stark die Presse Parteipolitik macht und damit gegen ihre Aufgaben und Pflichten verstößt.

Die Presse ist zwar nicht verfassungsrechtlich verpflichtet, das zu tun, aber ihre Sonderrechte erkauft sie sich eben damit, dass sie diese Verpflichtung annimmt und erfüllt.

Wer ist denn deiner Meinung nach der “Vertragspartner” bei diesem Kauf? Ich jedenfalls fühle mich nicht als Vertragspartner und wenn die Presse etwas schreibt, was mir nicht passt, dann kritisiere ich das, was sie schreibt, und nicht ihren vermeintlichen Vertragsverstoß.


Milo
26.8.2012 14:21
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Es gibt durchaus differenzierte Kritik an Höhler, wie hier auf Telepolis: http://www.heise.de/tp/artikel/37/37507/1.html

Ich würde diesen Kritikpunkten durchaus zustimmen. Eine einzige Person kann nicht ein ganzes Staatsgebilde umformen. Das scheint Höhler aber zu behaupten. Im Grunde sagt sie wohl, dass die CDU an sich gar nicht das Problem sei, sondern die autokratische Kanzlerin. Das ist eine unsinnige Behauptung, denn diese Partei lässt es ja zu, dass die Kanzlerin die Richtung unumschränkt vorgibt. Sie scheut die Diskussion. Das System Merkel ist offenbar für viele profitabel. Wenn es ein Demokratiedefizit gibt, dann hat es die Partei insgesamt und nicht nur die Vorsitzende.

Telepolis stimmt Frau Höhler in vielen Kritikpunkten an Merkel übrigens zu. Insofern finde ich das eine ausgewogene Auseinandersetzung mit Höhler.

Laut Telepolis schiebt Höhler die Merkelsche “Alternativlosigkeit” allerdings auf die ostdeutsche Herkunft der Kanzlerin. Das ist nun wirklich barer Unsinn. Alternativlos gab sich auch schon Gerhard Schröder. Und die Orientierung auf die “Mitte”, wie im Artikel angesprochen, gehört zur Überlebensstrategie der großen Parteien. Die CDU würde mit einem stärker konservativen Profil in einem 20-Prozent-Ghetto landen, weil ihre Wählerbasis schmaler geworden ist. Daher vermeidet Merkel und mit ihr ein Großteil der Partei extremere Standpunkte. Nur so können sie Wahlergebnisse über 30 Prozent ermöglichen. Das ist kein Problem der ostdeutschen Wurzeln Merkels, sondern der bundesdeutschen Gesellschaft.


Jüksel
26.8.2012 14:27
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Das lässt sich auch hier sehr gut nachlesen: http://www.nachdenkseiten.de/?p=840


Joe
27.8.2012 23:39
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Früher hatten wir das Usenet, aber heute ist die “Qualitätspresse” für das Abdrucken von Loser-Trollpostings zuständig:

http://www.sueddeutsche.de/leben/maennliche-singles-traurige-isolierte-einsame-gestalten-1.1449349


yasar
28.8.2012 8:47
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“Hängen vor dem Fernseher, spielen Computerspiele, trinken Dosenbier und essen Fastfood.”

Aha. Wußte ich gar nicht, daß die männlichen Singles da so stereotyp sind. 🙂


yasar
28.8.2012 8:47
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Nachtrag. War das nicht eher der Stereotyp des Computer-Nerds?