Ansichten eines Informatikers

Von wegen April, April

Hadmut
2.4.2023 0:13

Leider war ich nur für einen Tag Milliardär.

Aber in dem einen oder anderen Punkt seid Ihr mir alle auf den Leim gegangen. 😀 Über ein beachtliches Detail.

Viele, aber nicht alle haben es gemerkt: Der Artikel mit dem Klimaschutz-Patent war natürlich mein Aprilscherz dieses Jahres.

Was mich daran besonders freut, ist nicht, dass viele den Artikel für bare Münze haben, sondern dass sie es so wohlwollend getan haben. Niemand hat mir die Patentanmeldung übel genommen, alle so „ich freue mich so für Sie“, „ich gönne es Ihnen so“, „endlich den richtigen“. Ich habe da ein ganz schlechtes Gewissen bekommen, dass ich Leute, die es so gut mit mir meinen und sich so für mich freuen, so schamlos genarrt habe.

Viele haben aber gemerkt, dass da was nicht stimmt, und dann auf das Datum geguckt.

Es war nicht alles Scherz

Was mich daran aber so amüsiert hat, war folgendes: Viele schrieben nämlich, dass sie mir das alles abgenommen hätten bis zu der Stelle mit den gelöschten Dateien. Etwa so:

Guten Morgen Herr Danisch,

bis zum Loeschen der Dateien zum Stromsparen gegen Gebuehr hab ich’s geglaubt…
Sehr gut ausgedacht und überzeugend ruebergebracht!

Der Brüller ist: Gerade diese Stelle war kein Scherz. Die war echt. Ich hatte das sogar extra drangeschrieben und zitiere mich mal eben selbst:

Ich bin ja vor ein paar Tagen schier vom Stuhl gefallen vor Lachen, durfte aber vor dem heutigen Tage noch nichts sagen, als mir ein Leser – wirklich, ehrlich, und das ist jetzt kein Scherz, wirklich wahr – schrieb, dass sie in ihrer Firma eine Anweisung bekommen haben, aus Klimaschutzgründen nicht mehr benötigte Dateien zu löschen, um Strom zu sparen.

Das war der wahre Kern, den Rest habe ich nach Mitternacht dazuerfunden. Und deshalb hatte ich es extra drangeschrieben, dass das kein Scherz ist, womit ich doch eigentlich indirekt gesagt hatte, dass der ganze Rest ein Scherz war. Drolligerweise haben mir die Leser die Lügengeschichte geglaubt bis zu dieser Stelle, an der die Wahrheit kam, und die haben sie mir dann nicht mehr geglaubt und nachgedacht.

Vor einigen Tagen schrieb mir tatsächlich ein Leser oder auch eine Leserin, dass sie in einem Unternehmen die Anweisung bekommen hatten, nicht mehr benötigte Dateien zu löschen, um zugunsten des Klimas Energie zu sparen.

Kein Scheiß, kein Scherz.

Das wollte ich eigentlich an dem Tag bloggen, als ich mir in den Finger geschnitten hatte. Als ich dann da im Krankenhaus in der Notaufnahme saß und darauf wartete, dass ich dran komme, ging mir das so durch den Kopf. Und da fiel mir auch ein, dass ich noch einen Aprilscherz bräuchte und noch keine Idee dafür hatte. Der nächste Gedanke war, dass ich die Sache mit den zu löschenden Dateien bloß nicht am Samstag oder überhaupt in der Nähe des 1. Aprils bloggen dürfte, weil mir das keiner glauben würde. Das würde jeder sofort für einen Aprilscherz halten.

Und dann kam mir die Frage: Warum eigentlich nicht?

Ein Aprilscherz beruht normalerweise darauf, etwas Erfundenes so zu präsentieren, dass man es für wahr hält. Ach, dachte ich mir da in diesem etwas trostlosen Flur mit den Schmerzensschreien im Hintergrund, machen wir es doch mal umgekehrt. Stellen wir doch mal etwas Wahres so dar, dass es jeder für einen Scherz hält.

Und eigentlich ist das ja auch nicht schwer. Unsere Realität ist so absurd, dass es eigentlich schon reicht, sie einfach am 1. April zu publizieren. Ein bisschen ausschmücken noch.

Und dass mir die Leute die erfundene Story glauben bis zu eben der Stelle, an der die Wahrheit kommt, und dann nicht mehr, zeigt mal wieder, dass die Satire mit unserer Realität nicht mehr mithalten kann.

War ich besoffen?

Doch einige Leser fragten an, ob ich besoffen gewesen wäre oder von den Desinfektionsmitteln für die Hand genascht hätte.

So ähnlich.

Also, Trinken tue ich ja immer noch nicht, besoffen von Alkohol oder berauscht von Isopropanol war ich nicht. Aber ich gebe es zu, euphorisiert und angetrieben von weit härterem Stoff, der sehr enthemmend wirkt.

Das ZDF nämlich hat ja gerade seinen 60. Geburtstag und feiert den in peinlichster Piefigkeit und Einfallslosigkeit. Dashalb kam ab etwa 0.30 Uhr am 1.4. – mehr hatten sie nicht zu bieten, und in der Mediathek ist es auch nicht zu sehen – einen Musikrückblick mit den besten Auftritten aus „Disco“:

Die ZDF-Kultnacht – Das Beste aus Disco Stars, Hits und Gags mit Ilja Richter. Musikdokumentation, Deutschland 2003

Licht aus – Spot an! Das ZDF wird 60 und erinnert an disco, seine legendäre Musikshow. Die Kultnacht fasst Highlights aus 133 Folgen zusammen, die von 1971 bis 1982 gesendet wurden.

Es gibt ein Wiedersehen mit ABBA, T. Rex, Neil Diamond, The Sweet, Marianne Rosenberg, Middle of the Road, Rod Stewart, Boney M., Status Quo, Slade, Udo Jürgens, Cat Stevens, Blondie, Falco, Les Humphries Singers, Bonnie Tyler, Hot Chocolate, Kim Wilde und anderen.
HD-Produktion

Und das war nicht nur meine Zeit, sondern die hatten auch einfach viel bessere Musik als heute. Und gleich zu Anfang kam „Butterfly“ von Danyel Gerard, erschienen im Januar 1971 und lief damals wie blöde im Radio. Da war ich so vier oder fünf Jahre alt, als ich das aufgeschnappt habe, als ich gerade alt genug war, um erstmals bewusst Musik zu hören und wiederzuerkennen, und das war dann nicht nur mein Ohrwurm und Lieblingslied, sondern auch meine allererste Schallplatte. Die Single.

Und als ich beim Rumzappen auf dieses Lied stieß, war mir klar, dass das genau die richtige Sendung für mich und die zu begehende Missetat ist, und dann kam ein tolles Lied aus meiner Jugend nach dem anderen, und dazu habe ich dann den Aprilscherzartikel geschrieben. Deshalb könnte das vielleicht so gewirkt haben, als hätte ich gesoffen, aber es war einfach nur die gute Musik der 70er. Mama Loo und sowas. Missetat begangen.