Picard
Ich bin zufrieden.
Das Ende war mehr oder weniger absehbar. So wie man sich bei Fernsehkrimis in ARD und ZDF beim Blick auf die Uhr sicher sein kann, dass der, der ein, zwei Minuten vor Ende der Sendezeit im Verhörzimmer sitzt, auch der Mörder ist.
Ich hätte zwar erwartet, dass Picard in seinem Androiden-Körper stirbt, und sein biologischer Körper reaktiviert wird, nachdem man nun weiß, dass er doch nicht am irumodischen Syndrom leidet, sondern das eine Borg-Modifikation war. Dass man einen Weg findet, die „Jungen“ per Transporter auch wieder zu heilen, nachdem sie per Transporter infiziert wurden (was übrigens eine recht gute Idee war), war allerdings naheliegend. Insofern fand ich die letzte, zehnte Folge auch nicht so spannend, sondern eher die neunte.
Dass man Data in der ersten Staffel nun schon zum zweiten Mal sterben lässt, Brent Spiner dann in der zweiten Staffel künstlich in anderen Rollen auftreten lässt (der braucht wohl Geld…) und der dann in der dritten Staffel wieder als Data auftaucht wie einst Bobby Ewing unter der Dusche oder Spock auf Genesis ist schwierig, aber wohl dem Umstand geschuldet, dass man doch noch eine ordentliche Legacy-Staffel hinbekommen wollte und der da nicht fehlen durfte. Und wenn sogar die eigentlich total geschrottete NCC-1701-D wieder auftauchen kann, dann … naja. Man schaut es ja zur Unterhaltung, und nicht, dass alles logisch und stringent ist. Außerdem würde man sich ja ärgern, wenn sie nicht auf die Fans hörten, und dann muss der Fan-Wunsch eben auch mal stärker als die Logik sein. Bobby Ewing war ja auch gestorben, was die Zuschauer nicht akzeptierten, und stand dann einfach unter der Dusche mit der Begründung, seine Frau habe sich seinen Tod nur eingebildet.
Lassen wir die Logik also einfach mal weg. Es geht um Unterhaltung.
Und so gesehen fand ich die dritte Staffel recht gut und spannend, auch die Charaktere viel stimmiger und logischer als in den ersten beiden. Und tatsächlich mit einer Story, die zwar auch nicht sehr logisch ist, aber doch eine spannende Unterhaltung bot.
An sich haben mir alle drei Staffeln – mehr oder weniger – gefallen. Entgegen der Meinung der meisten Leute fand ich auch die erste Staffel eigentlich ganz gut, obwohl sie sich schon deutlich vom normalen TNG-Universum entfernt hatte und ich mit der komischen Data-Verabschiedungsorgie gar nichts anfangen konnte. Die Story der zweiten Staffel fand ich in weiten Teilen misslungen, weil auf die persönlichen Probleme Picards abgehoben. Deshalb nimmt man einige Unlogik in Kauf, um die Verirrungen wieder einzufangen. Die dritte Staffel war mir eigentlich nur zu finster gedreht, ansonsten hat aber alles gepasst, vor allem fand ich die Charaktere durchgehend gut gebaut und auch besetzt. Das hat einfach von vorne bis hinten gestimmt. Zu Amanda Plummer als Bösewicht hatte ich ja schon geschrieben. Beverly Crusher war etwas farblos, aber dass die auf einmal schießen kann wie der Teufel und dann cool sagt “in 20 Jahren ist viel passiert” war ein Lacher.
Sehr elegant fand ich auch den Schluss, also man sehr stimmig und sehr passend den Ansatz an eine neue Serie sehr, sehr passend und stimmig hinbekommen hat, und das auch noch so, dass alle alten Charaktere dann zu Gastauftritten kommen können. Ich habe allerdings gelesen, dass das nicht, wie es wirkt, der Plan für eine neue Serie von Paramount ist, sondern die Drehbuchautoren von Picard Paramount eine neue Serie “Star Trek Legacy” geradezu aufzwingen wollen, weil das Ende von Picard so perfekt nach neuer Serie aussieht, als wäre es der Pilotfilm und die Erwartungshaltung hoch ist. Allerdings ist die neue Crew, die sie da zusammengestellt haben, so gut zusammengestellt – und das trotz erkennbarer Frauenflut und Frauenförderung, aber zur Abwechslung mal richtig gut besetzt – dass eine neue Serie damit sehr, sehr gut möglich wäre. Und dass Jeri Ryan eine hervorragende Schauspielerin ist und als Seven of Nine eine der besten Figuren in der gesamten Star Trek-Saga abgegeben hat, hatte ich ja schon gesagt. Und die hatte ja damals schon Kate Mulgrew als Kathryn Janeway geradezu weggeblasen. Mulgrew war ja schon nur zweite Besetzung nach Geneviève Bujold, die ja angeblich nach eineinhalb Tagen Dreharbeiten hingeschmissen hatte, weil sie mit der Hektik und dem Leistungsdruck bei Dreharbeiten für Fernsehserien nicht klarkäme. Tatsächlich mussten dann einige der Aufnahmen von Voyager mit Mulgrew noch einmal gedreht werden, und es ist ulkig, sie doppelt mit zwei verschiedenen Janeways zu sehen. Ich konnte mit Mulgrew/Janeway aber nie viel anfangen.
Auch die Figur und den Schauspieler von Picards Sohn, Jack Crusher, fand ich sehr gut besetzt, der kam erst so richtig als Schmuggler und fragwürdige Person rüber und hatte da einfach auch den richtigen Blick drauf. Auch Sidney La Forge (nur die andere Film-Tochter wird von der echten Tochter von Geordi La Forge-Schauspieler Levar Burton) ist sehr gut besetzt, auch wenn die bisher noch nicht viel zu tun bekam.
Hat mir alles in allem sehr gut gefallen.
Und macht Lust auf mehr, in der Hoffnung, dass Hollywood wieder etwas die Kurve aus dem Woke-Wahn schafft. Ich habe ja gedacht, jetzt reichts, als in der zweiten Staffel Seven mit Raffi rumknutschte, Operation Lesbenglück, aber offenbar hat man beide Charaktere für die dritte Staffel „reparierŧ“, so wie man Data wiederbelebt hat, und aus Raffi eine Klingonen-affine Kämpferin und aus Seven eine toughe Brückenoffizierin gemacht.
Und da sie nun in der dritten Staffel ein Menge Mist wieder aufgeräumt haben, und zu einer klassischen Struktur zurückgefunden haben, würde ich sagen, dass es so gerne weitergehen kann.