Ansichten eines Informatikers

Annalena Baerbock, die Bayerische Justiz, die Zensur und die IT

Hadmut
10.6.2023 17:43

Absurdes aus dem Bayernland.

Oder die Frage: Kriecht die CSU gerade den Grünen so ganz tief rein, um eine schwarz-grüne Koalition vorzubereiten?

Ich bekam diese Woche zu meinem Aufruf, mir Informationen über Strafverfahren zu schicken, die die Grünen gegen Kritiker usw. betreiben. Einen Hinweis auf eine Meldung bei Epochtimes habe ich bekommen, der aber hinter einer Probezeit-Paywall steckt, und das war es mir dann nicht wert.

Bei einem ehemaligen AfD-Abgeordneten soll es eine Hausdurchsuchung gegeben haben, weil er sich ein „despektierliches Posting“ über Annalena Baerbock geleistet habe – nicht einmal selbst geschrieben, nur geteilt.

Zumal ich mich doch etwas wunderte, dass der Vorgang nur bei der Epochtimes und sonst nirgends erwähnt wurde.

Inzwischen ist ein weiterer Hinweis eingangen, auch bei Politically Incorrect gebe es einen Artikel dazu. Ob der eigene Informationen enthält oder aus der Epochtimes entnommen ist, kann ich nicht sagen, weil ich eben den Epochtimes-Artikel nicht kenne. Da sie aber daraus zitieren, nehme ich mal an, dass sie sich daran zumindest orientiert haben.

Darin steht aber, dass es um Johannes Normann in Unterfranken gegangen sei, und worin der Strafvorwurf liege:

Er bekam dafür eine Quittung und die Kopie eines Hausdurchsuchungsbeschlusses, dem er entnehmen kann, was er falsch gemacht hat. Da steht:

„Der Beschuldigte hat am 23.01.2023 um 0:54 Uhr bewusst und gewollt auf seinem öffentlichen Facebook-Profil ‚Johannes Normann‘ eine Bilddatei geteilt. Diese zeigt die Geschädigte Baerbock – Mitglied des Deutschen Bundestages und Bundesministerin des Auswärtigen der Bundesrepublik Deutschland – müde und mit zerzausten Haaren und trägt die Überschrift ‚Morgens halb 10 in Davos. Wenn es zu wenige Escort-Girls für deine Herren gab und du selber ran musstest.‘ Der Post nimmt Bezug auf die Berichterstattung zum Weltwirtschaftsforum im Januar 2023 in Davos, die auch die Verfügbarkeit und die Preise von Prostituierten thematisierte, und stellt die Geschädigte Baerbock als Prostituierte dar.“

Mir liegt eine Kopie dieses geteilten Bildes vor. Man sieht darauf, wie eine offensichtlich müde und übermüdete, deutlich zerzauste Annalena Baerbock auf einem anscheinend vornehmen Stuhl sitzt, Kontext und Umgebung nicht zu erkennen.

Und darüber steht „Morgens halb 10 in Davos. Wenn es zu wenige Escort-Girls für deine Herren gab und du selber ran musstest.“

Das Ding ist eindeutig als Witz erkennbar und bietet keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass das ernst gemeint oder eine Tatsachenbehauptung gewesen sein soll.

Leider steht im Zitat nicht mit dabei, worum es eigentlich geht. In der Überschrift ist von „Beleidigung“ die Rede, aber ich würde da schon gern wissen, was der konkrete Strafvorwurf ist, Beleidigung, Verleumdung, üble Nachrede.

Ich halte es an sich schon für unvertretbar, deshalb ein Strafverfahren zu eröffnen, weil jemand auf Facebook einen – wenn auch dämlichen – Bildwitz teilt. Vor allem halte ich es für verfassungswidrig, weil noch von der Verfassungsrechtsprechung zur Meinungsfreiheit gedeckt. In Kombination mit dem Bild ergibt sich nämlich ein sachlicher Anknüpfungspunkt. Denn Baerbock sieht auf diesem Bild wirklich nicht dienstfähig aus und auch nicht so, wie man als Außenministerin ein Land vertreten sollte. Die sieht auf diesem Foto wirklich aus, als hätte sie die Nacht durchgefeiert. Auch wenn sie bis spät in die Nacht gearbeitet haben möge, so geht man als Vertreterin eines Landes nicht in eine öffentliche Veranstaltung. Kämmen hätten schon drin sein müssen. Vor allem vor dem Hintergrund, dass wir als Steuerzahler angeblich einen sechsstelligen Betrag für eine Visagistin ausgeben.

Umsomehr, als das ja auch keine seriöse Veranstaltung, sondern das Weltwirtschaftsforum war.

Es besteht also durchaus ein sachlicher Anknüpfungspunkt und keine frei erfundene isolierte Aussage, und je höher jemand steht, desto mehr muss er auch aushalten können. Ich halte es juristisch nicht für vertretbar, daraus einen Straftatvorwurf zu drehen. Ganz abgesehen von der Frage, ob wir nicht gerade Wichtigeres zu tun haben, als die Justizkapazitäten auf Majestätsbeleidigung zu verheizen. Vielleicht ist aber auch gerade das die Absicht.

Die Hausdurchsuchung und die IT

Halte ich schon den Strafvorwurf für unhaltbar, umsomehr die Hausdurchsuchung.

Die ist nicht nur unverhältnismäßig, eine Hausdurchsuchung samt Beschlagnahme, weil jemand ein Witzbild geteilt hat, mir ist auch nicht klar, welchem Rechtszweck die überhaupt dienen soll.

Denn nach StPO (§§ 94 ff., §§ 102 ff) dienen die Hausdurchsuchung und die Beschlagnahme der Sicherstellung von Beweismitteln.

Das wäre in gewisser Weise einzusehen, wenn jemand einen Erpresserbrief gedruckt oder eine Bombe mit einer Anleitung aus dem Internet gebaut hat. Dann könnte man auf dem PC vielleicht die Softwarespuren finden. Oder auch Kinderpornos auf der Festplatte, solche Dinge.

Wie aber will man mit der IT aus der Wohnung nachweisen, dass jemand einen Facebook-Post geteilt hat?

Mit viel gutem Willen könnte man noch argumentieren, dass man über die Browserlogs nachweisen könnte, dass derjenige gerade bei Facebook eingeloggt war. Aber ist das überhaupt beweisrelevant? Bestreitet er überhaupt, es getan zu haben?

Rechtfertigt es ein „Teilen eines Tweets“, die gesamte IT aus der Wohnung zu beschlagnahmen?

Aus den PI-Artikel:

In dem Durchsuchungsbeschluss heißt es, die Maßnahme „steht/stehen in angemessenem Verhältnis zur Schwere der Tat und zur Stärke des Tatverdachts und ist/sind für die Ermittlungen notwendig“. Dies allerdings möchte ich in aller gebotenen Zurückhaltung gegenüber dem Mühewalten der Justiz bezweifeln.

Die Tat selbst steht zweifelsfrei fest und bedarf keiner Sicherstellung von Computern. Sie wird vom Angeschuldigten Normann nicht bestritten. Gegenstand einer möglicherweise kontroversen strafrechtlichen Auseinandersetzung wird wohl eher die Frage sein, ob die Darstellung die Grenze zur Strafbarkeit überschreitet, oder darunter zurückbleibt, und ob der Tatverdächtige mit Beleidigungsvorsatz gehandelt hat. Das wäre Voraussetzung für eine Strafbarkeit seines Verhaltens.

Zudem erlaube ich mir die Spekulation, dass die Hausdurchsuchung möglicherweise nicht angeordnet worden wäre, falls Johannes Normann nicht aktives Mitglied der AfD wäre. Das sieht offenbar der AfD-Bundestagsabgeordnete Petr Bystron ähnlich, der laut „Epoch Times“ zu dem Kriminalfall Normann erklärt:

Das ist schon wieder ein Fall der Einschüchterung der Opposition. Die Fälle gehen schon in die Tausende. Bürger werden mit polizeilichen Maßnahmen überzogen, damit sie mit ihrer Kritik an der Regierung zum Schweigen gebracht werden. Hier geht es um eine Systematik, mit der die Staatsmacht die Menschen zum Schweigen und auch um ihre Verdienstmöglichkeiten bringt. Es gibt tausende Blogger und Plattformen, die demonetarisiert wurden von den Plattformen. Aber es ist natürlich der Druck der Regierung, denn eine Plattform wie YouTube oder Facebook hat erstmal als Unternehmen überhaupt keinen Grund, jemanden, der erfolgreich tätig ist, zu demonetarisieren. Das passiert immer nur bei den regierungskritischen Seiten. Das passiert aufgrund des Drucks der Regierung. Und es passiert auch, weil man die Opposition mit solchen Durchsuchungen in aller Öffentlichkeit vor den Augen der Nachbarn stigmatisieren will.“

Nur mal so aus dem Strafrecht: Eine „Umschau“ ist nicht zulässig. Es ist rechtswidrig, wenn die Polizei sich in einer Wohnung umschaut um zu sehen, ob man nicht noch etwas anderes findet. Es muss genau bestimmt sein, wonach man sucht. Deshalb halte ich diese Praxis der Polizei, bei Vorwürfen von Handlungen in Social Media gleich die ganze IT-Ausstattung mitzunehmen für rechtswidrig und willkürlich, denn man kann ja schlecht die gesamte IT einsetzen, um einen Facebook-Post zu teilen.

Auch die Argumentation, dass es sich um „Tatwerkzeuge“ handelt, halte ich für hanebüchen und unhaltbar. Man reißt ja bei der Festnahme eines Mörders auch nicht die Lampen von der Decke und die Stromleitungen aus der Wand oder die Heizung aus dem Keller mit der Begründung, dass er ohne Licht oder im Kalten den Mord nicht hätte durchführen können, die Lampe also Tatwerkzeug sein müsste.

Wenn einer Tausende Kinderpornos auf einer Festplatte speichert, bin ich gerne bereit, die Festplatte als Tatwerkzeug anzusehen. Weil es ja ein Trägermedium geben muss. Aber einen PC zum Tatwerkzeug für ein Teilen anzusehen, das ist doch schon sehr, sehr weit hergeholt.

Was mich besonders störte war aber das Foto, mit dem erst Epochtimes und dann Politically Incorrect aufmachte: Ein Polizist trägt einen Riesenserver raus. 16 Einschubfestplatten, komisch in dieser Bauform. Wer glaubt denn, dass man einen solchen Riesenserver verwendet, um auf Facebook einen Post zu teilen?

Schaut man sich das Bild aber genauer an, dann ist das ein Servergehäuse mit 16 CDROM-Laufwerken. Sonst könnte man es auch nicht so einfach tragen. Das muss eher was mit Raubkopierern zu tun haben.

Sowas gibt es doch schon ewig nicht mehr. Und was hat das mit Facebook zu tun?

Anscheinend nichts. Denn der Dateiname der Bilder (verschiedene Auflösungen und Ausschnitte) lautet nach dem Schema

urn-newsml-dpa-com-20090101-151203-99-73052_large_4_3_Be_002.jpg

was darauf hindeutet, dass sie nicht aus einer Bilddatenbank entnommen sind, sondern von dpa stammen, aber aus dem Jahr 2009. Was zur verwendeten Technik mit den 16 CD-Brennern passen würde, aber nicht zur Meldung. Also ist das Bild, durch das ich auf die Sache aufmerksam wurde, insofern Fake (oder „Schema“), weil es zu einer völlig anderen Meldung gehört. Die Google-Bildersuche scheint das auch nicht zu kennen.

Der Text deutet jedenfalls darauf hin, dass man da die gesamte IT ausgeräumt hat, was nicht nur rechtswidrig wäre, sondern eben auch auf Einschüchterung und Behinderung hinausläuft.

Das ist inzwischen eine gängige Praxis der deutschen Justiz (auch in Berlin sehr beliebt), dass man politische Strafverfahren, von denen klar ist, dass man sie nicht durchhalten kann oder dass sie verfassungswidrig sind, so gestaltet, dass schon die Ermittlungen die Strafe vorwegnehmen, weil die kein Gericht mehr aufheben kann.

Damit sind wir in einem Zustand angekommen, wie er für den Sozialismus kennzeichnend ist: Schikane und Sabotage der Opposition und der Kritiker. Und schaut man sich den Fall Lina E. an, dann gehört auch verprügeln und zumindest die Inkaufnahme von Todesfällen mit zum Programm.

Wir sind im System der politischen Verfolgung angekommen. In dem Zustand, in dem die Staatsanwälte krimineller sind als die Angeklagten.

Mal sehen, ob man noch mehr über die Sache erfährt.

Ich wüsste ja zu gerne, von dem da die Strafanzeige kam.